Durch den Őrség-Dschungel zum Hársas-tó


Publiziert von ABoehlen , 8. Dezember 2009 um 20:02.

Region: Welt » Ungarn » Nyugat-Dunántúl (Westtransdanubien)
Tour Datum: 1 Oktober 2009
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: H 
Zeitbedarf: 4:00
Aufstieg: 100 m
Abstieg: 100 m
Strecke:Szentgotthárd - Rábakethely - Hársas-tó - Máriaújfalu - Szentgotthárd
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit der Raaberbahn (GySEV) oder der ÖBB nach Szentgotthárd
Unterkunftmöglichkeiten:Vándor Fogadó & Pizzéria, Lokomotív Panzió beim Bahnhof Szentgotthárd
Kartennummer:Österreichische Karte 1:50'000, Blatt Jennersdorf, Nr. 193 (bisher), 5101 (neu)

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Der Reiseführer "Westungarn" des Michael Müller Verlages bezeichnet die Őrség als jene Gegend Westungarns, die die grösste Niederschlagsmenge abkriegt, aber davon haben wir bis jetzt nichts gemerkt. Ein schöner Tag nach dem anderen wurde uns beschert, sodass man sich schon richtig daran gewöhnt hat! Umso grösser daher das Erstaunen, als es während der morgentlichen Einkaufstour an diesem Donnerstag plötzlich vom Himmel schüttet. Allerdings ist der Platzregen nur von kurzer Dauer, denn nachdem wir zurück in der Pension sind, um die neu erworbenen Fressalien auszupacken, drückt bereits wieder die Sonne durch die Wolken. So steht einer letzten Wanderung nichts mehr im Wege.

Durch die inzwischen vertraute Hauptstrasse von Szentgotthárd geht es ostwärts, über den trotz Regen weiterhin trockenen Zsida patak in den Ortsteil Rábakethely hinein. Die am Vortag in Graz gekaufte neue Ausgabe des topografischen Kartenblattes Jennersdorf zeigt dort einen Weg, der in die grossen Wälder hinaufführt. Auf der alten Karte mit Stand 1930 ist dieser zwar auch schon drauf, verläuft dort jedoch durch weites offenes Gelände. Solche Situationen sind mir aus dem Studium alter und neuer italienischer Kartenblätter (z.B. des Ossola-Gebietes) zwar bestens vertraut, dennoch ist es immer wieder spannend, neue solcher wilder, sich ausdehnender Waldgebiete zu erkunden.

Der Weg beginnt dort, wo die Sallai Imre utca und mit ihr Rábakethely endet. Teilweise als tief eingefressener Hohlweg, die Fahrrinnen oft stark erodiert, zieht er sich den sanft ansteigenden Hang hinauf. Die Vegetation rechts und links ist teils dschungelartig dicht und passend dazu werden wir von Hundertschaften blutrünstiger Mücken umschwärmt. Im Hotelzimmer stünde die rote Flasche Anti-Brumm... Da wir bisher keinen Ärger mit Insekten hatten, dachte natürlich keiner daran, diese einzupacken - ein ärgerlicher Irrtum!

Die Karte zeigt nur eine, relativ direkt verlaufende Wegspur. Die Realität ist aber natürlich, wie so oft komplizierter. Immer wieder gelangen wir an Abzweigungen und Kreuzungen und angesichts des riesigen, unübersichtlichen Waldgebietes ist es sehr wichtig, sich die verschiedenen Situationen gut einzuprägen, um falls nötig den Rückweg wieder zu finden. Die Qualität des Weges ändert relativ häufig zwischen trocken und gut begehbar und nass, schlammig oder überwuchert. Alles in allem kommen wir aber recht gut voran.

Irgendwo oben auf dem Hochplateau tauchen schliesslich überraschend weiss-grün-weisse Wegzeichen auf. Eine dazu passende Route ist aber selbst auf der Freizeitkarte "Dreiländer Naturpark Raab-Őrség-Goričko" nicht erkennbar, während die österreichische topografische Karte im Ausland sowieso keine markierten Routen zeigt. Daher orientieren wir uns lieber weiterhin nach dem Gelände und nehmen jenen Weg, der am passendsten zur Situation auf der Karte scheint. So gelangen wir im Tal des Hársas patak schliesslich wieder ans Tageslicht und sind so auch fürs erste die Mückenplage los. Ein Schild klärt einem dort darüber auf, dass es sich beim Gelände, das wir eben verlassen, um ein Naturschutzgebiet handelt, welches nur mit Erlaubnis zu betreten ist. Sorry, aber leider steht halt auf der andern Seite des Waldes keine solche Tafel...

Etwas weiter unten müsste sich nun der Teich Hársas-tó befinden. Dieser ist auf allen bisher erwähnten Karten übrigens nicht eingezeichnet. Nur der Stadtplan von Szentgotthárd, den man uns im Tourist Office überreicht hat, zeigt eine kleine Ecke davon unten rechts, und in der interessanten Broschüre "Szentgotthárd, Őriszentpéter és térsége - programajánló 2009" ist er ebenfalls erwähnt.

Die Information stimmt, denn bald stehen wir am Ufer. Linkerhand führt ein schöner, offensichtlich neuer Weg mehr oder weniger dem Ufer entlang. Ab und zu stossen wir auf Tische und Bänke und an einem dieser schön gelegenen Picknickplätze legen auch wir den Mittagshalt ein.

Der See fügt sich harmonisch in die Waldlandschaft ein und ist offenbar fischreich. Jedenfalls beobachten wir diverse Angler, die geduldig auf Beute warten. Welche Fischarten sich in diesem Gewässer tummeln, wird vielleicht dereinst auf den hölzernen Informationstafeln längs des Weges erläutert. Zur Zeit sind sie aber noch leer und stehen wohl erst seit kurzer Zeit hier.

Über den Staudamm gelangen wir auf die andere Seite und folgen dort dem Strässchen nach Máriaújfalu hinunter, von wo wir durch die ruhige Kis utca wieder nach Rábakethely zurückkommen, wo sich der Kreis schliesst. Dieses Schlendern durch Nebensträsschen ungarischer Dörfer ist überaus interessant und lehrreich. In den Gärten wachsen die verschiedensten Paprika- und Peperonisorten um die Wette und an den Eingangstoren fordern interessante Warnungen unsere Sprachkenntnisse heraus: "Vigyázzi a kutya harapi" bedeutet z.B. wörtlich gib-acht der Hund beissend. (Das Suffix "i", welches zur Bildung von Adjektiven benutzt wird, kennen wir ja schon von der Busgesellschaft "Vasivolán".) Von selbigem Umstand wird teilweise auch so gewarnt: "Figyelem a kaput". Auf Deutsch, in der Manier der empfehlenswerten Kauderwelsch-Sprachführer hiesse das also etwa: Achtung das Tor+Akkusativ. Sollte einem dies zu kompliziert sein, so sagt der skizzierte Hundekopf mehr als tausend Worte!

So bricht unser letzter Abend in Szentgotthárd herein. Ein wie immer hervorragendes Nachtessen im Vándor Fogadó geniessen wir an der offenen Türe bei angenehmen Temperaturen. Davon dass schon Oktober ist, merkt man nichts. Erst recht nicht, als es zu wetterleuchten beginnt, der Donner erst in der Ferne grollt, und es bald in der Nähe kracht und knallt und dazu ein gehöriger Regen herniederprasselt. Also ob der Sommer in Ungarn nie zu Ende ginge...

Tourengänger: ABoehlen, Stini


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