Vlčí hora (Wolfsberg)


Publiziert von lainari , 9. Februar 2014 um 14:32.

Region: Welt » Tschechien » Šluknovská pahorkatina
Tour Datum: 8 Februar 2014
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CZ 
Zeitbedarf: 3:30
Aufstieg: 270 m
Abstieg: 270 m
Strecke:15,5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto oder Zug der ČD (nur am Wochenende) bis Panský
Kartennummer:1:33.000, SK Nr. 40 Naturpark Zittauer Gebirge oder 1:50.000, KČT Nr. 13 Šluknovsko a Česke Švýcarsko

Licht und sehr viel Schatten
 
Wegen uneinheitlicher Wetterprognosen, die von sonnig bis bedeckt und stürmisch reichten, stand für heute keine Aktivität auf dem Programm. Ein strahlender Morgenhimmel ließ mich Umdenken. Nach einem gemütlichen Frühstück begab ich mich zu einer lange geplanten Tour in den tschechischen Teil des Lausitzer Berglandes nach Panský (Herrnwalde). Am kleinen Bahnhof, wo sich die von Mikulášovice dolní nádraží (Niedernixdorf) kommende Strecke der einstigen Nordböhmischen Industriebahn nach Rumburk (Rumburg) und Krásná Lípa (Schönlinde) verzweigt, stellte ich das Auto ab. Züge verkehren auf diesen Strecken nur am Wochenende. Ich durchquerte den Ort und lief an der Straße nach Staré Křečany (Alt Ehrenberg) hinüber. Hier folgte ich der Markierung des Radweges 211 aus dem Ort heraus. Am Ortsrand sorgte ein landwirtschaftlicher Betrieb mit Schrott von alten Maschinen und Fahrzeugen sowie Dreck für einen ersten unschönen Akzent. Der folgende Flurweg, nachts überfroren und jetzt angetaut, war etwas schwierig zu begehen. Teilweise grenzte die Benutzung an eine Schlammschlacht. In Sichtweite von Krásná Lípa befand sich eine von Müll und Altreifen gesäumte große Halle, ein altes Militär- oder Fabrikgelände. Davor orientierte ich mich auf der Karte. In der Halle, die trotz fehlender Tore nicht vollständig einsehbar war, hörte ich plötzlich Geräusche. Da sie ein Aufenthaltsort zwielichtiger Gestalten schien, setzte ich leise pfeifend meinen Weg fort. Dann erreichte ich den Bahnhof von Krásná Lípa (Schönlinde). Von hier aus ging ich zum Ortskern mit dem Marktplatz hinunter.
 
Wenige Schritte später im Tal der Křinice (Kirnitzsch) war Schluss mit krásná und lustig - ich befand mich in einem slumartigen Areal aus Fabrikruinen, verkommenen Gebäuden und vermüllten Grundstücken. Die wenigen normalen Anwesen werden allesamt von aggressiven Hunden bewacht, anders ist das Eigentum hier scheinbar nicht zu schützen. Vor einem völlig abgewohnten Haus mit Textilverkauf stieg ein junger Asiate mit Anzug und Sonnenbrille in einen 7er BMW. In einiger Entfernung krakeelte später eine Frau auf einem Balkon. Ein Mann, Typ Frührentner im Trainingsanzug, stand auf einer Brücke und lamentierte betrunken. Als ich auf die Brücke einbog, um dem Wanderweg zu folgen, verstellte er mir den Weg und forderte Zigaretten und Bier. Als Zeichen, nichts dergleichen mitzuführen, zuckte ich mit den Schultern und drehte die leeren Handflächen nach vorn. Daraufhin stieß er mich mit einer Hand vor die Brust. Meine Reizschwelle beim vollgelabert werden liegt ziemlich hoch, aber Anfassen geht gar nicht! Entsprechend unamüsiert und entschlossen, dem Treiben ein schnelles Ende zu bereiten, muss ich wohl ausgesehen haben, denn er räumte das Feld, ohne dass irgendein Wort oder eine Handlung notwendig gewesen wäre. Die Alte krakeelte indes weiter. Nach einer Weile auf dem Weg am Rande der Siedlungsfläche von Krásný Buk (Schönbüchel) gehend, liefen zwei Männer einer dunkelhäutigen Minderheit - sichtlich betrunken - langsam vor mir auf dem Weg in die gleiche Richtung. Einer hatte einen Metallgegenstand in der Hand. Als ich zum Überholen ansetzte, erkannte ich das Schwert einer Kettensäge mit Kette in seiner Hand. Auf gleicher Höhe fing er an damit rumzufuchteln, wurde aber von seinem Kumpel am Arm festgehalten. Ich glaube nicht, dass es mir gegolten hatte, aber ich war wild entschlossen hier mit heiler Haut rauszukommen. Ich ließ beide hinter mir und fotografierte unterwegs nur mal schnell aus der Hüfte, um niemanden zu provozieren. Wer konnte wissen, aus welchen Löchern hier noch jemand hervorkam. Eine Tafel des Lehrpfades war völlig mit Farbe übersudelt worden und ein historischer Brunnentrog war vermüllt. Es mag ja sein, dass diese Leute schwierige Lebensumstände haben, aber das Verhalten scheint nicht finanziell sondern mental begründet zu sein. Aus vielen von ihnen bewohnten Häusern wird der Müll einfach aus dem Fenster in den Garten geschmissen - wenn sie sich so wohlfühlen?! Ich überquerte eine Straße, passierte noch ein paar Anwesen und nach einer letzten hä(u/s)slichen Müllkippe war ich wieder in der Natur.
 
Aufatmen - nun stieg ich zur Krásný Buk (zřícenina) (Burg Schönbuch) hinauf. Die Anlage datiert vermutlich aus dem 13. Jh. Sie wurde, weil sie Ausgangspunkt von Raubzügen der Besitzer war, 1339 vom Oberlausitzer Sechsstädtebund zerstört und ist seither Ruine. Außer dem kreisförmigen Wallgraben und dem Fundament eines unbewohnbaren Turmes (zu geringer Durchmesser) sind keine Reste mehr aufzufinden. Nichtsdestotrotz ein schöner Ort, an dem ich eine Sitzgruppe für die Mittagsrast nutzte. Heute wollte ich einmal Mini-Frikadellen eines namhaften Herstellers probieren - frei von Geschmacksverstärkern und Konservierungsstoffen. Ein Blick auf die Zutatenliste erwies sich als Appetitzügler - Flohsamenschalen - was immer es ist, es klingt nicht lecker. Weiterhin sollten vier Sorten Zucker enthalten sein - Leute wir reden hier von Fleischwaren nicht Bonbons…
Essbar waren sie immerhin. So gestärkt lief ich, der roten Markierung folgend, weiter nach Sněžná (Schnauhübel). Ich passierte das obere Ortsende und stieg in ein Tälchen ab. Unten traf ich auf ein Idyll von Umgebindehäusern. Dahinter mühte ich mich nach Vlčí Hora (Wolfsberg) hinauf. Die Anwesen hier, viele davon Wochenendgrundstücke, waren sehr gepflegt. Weiter bergwärts gehend, kam ich im Wald zum Studánka Veronika (Veronika-Brunnen). Über einen verschneiten Pfad erreichte ich den Vlčí hora (vrchol) (Wolfsberg). Der Berg ist ein Basaltkegel und wird von einem Aussichtsturm gekrönt. Auf der Rückseite des Berges lief ich schließlich nach Panský hinunter. Am dortigen Bahnhof endete meine Licht-und-Schatten-Rundtour.
 
Die pausenbereinigte Gehzeit betrug 3 h 30 min.
Die Strecke ist mit T1+ zu bewerten. Das „Plus“ steht bei Alleinreisenden für Survival-Erfahrung im urbanen Ruinendschungel.

Tourengänger: lainari


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T1

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