Kleine Odyssee in den Waadtländer Alpen


Publiziert von Zaza , 16. Juli 2008 um 20:49.

Region: Welt » Schweiz » Waadt » Waadtländer Alpen
Tour Datum:16 Juli 2008
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo les diablerets
Kartennummer:1285

Warum eigentlich nur erfolgreiche Touren eintragen? In den Bergen muss man (zumindest ich) öfters mal die Segel streichen. Aber manchmal kann man daraus mehr lernen als aus einer gelungenen Tour. Heute war wieder mal einer von diesen Tagen.

Die alte Weisheit der Alpinisten:
1) come back alive
2) come back friends
3) reach the summit
(mit strikt einzuhaltender Reihenfolge) ist ja auch für Alpinwanderer eine sinnvolle Maxime...

Unsere Idee war, von Les Diablerets auf der Normalroute (gemäss SAC-Führer) auf den Culan zu steigen und dann je nach Schneelage weiter bis zum Sommet des Diablerets zu queren. So starteten wir denn kurz nach 8 schwerbeladen, denn es galt, den ganzen Krempel wie Steigeisen, Pickel und Gurt mitzuschleppen.

Zunächst ging es auf einem steilen Wanderweg bis zur Hütte La Laya und zum Chalet Vieux von Marnèche. Als wir uns durch das triefend nasse Steilgras gegen die Culan-Wand hinauf mühten, bemerkte mein Begleiter einen Spalt im Plastik seines Schalenschuhs. Während wir die Wand auf der Suche nach dem Einstieg absuchten, wurde klar, dass seine Schuhe kurzum auseinander fallen würden. Also galt es schleunigst, zurück in sichereres Gelände zu kommen. Kurz vor dem Chalet Vieux löste sich die Laufsohle definitiv - zum Glück nicht früher, sonst wäre es auf den Schneefeldern heikel geworden.

Während mein Begleiter nun auf dem Wanderweg zurück nach Les Diablerets abstieg, wollte ich doch noch einen Versuch machen, den Einstieg zu finden. Diesmal halt auf der Variante rechts, von La Daille aus. Dazu geht man vom Chalet Vieux auf einem abschüssigen Pfad (Ketten) bis gegen La Daille und steigt nun erneut gegen die Wand an. Hier ist der Einstieg rasch zu erkennen. Über Felsstufen steigt man auf ein ausgesetztes Grasband, das gegen links zu einem Couloir zieht. Kurz vor dem Couloir endet das Grasband und man muss ein sehr ausgesetztes felsiges Band weiter queren. Am Einstieg hängt ein kurzes Kabel; das einzige Zeichen, dass dies wohl die richtige Route ist. Dummerweise lief hier auch noch Schmelzwasser über die Felsen hinab, so dass mir die Sache dann doch zu heikel schien. Also Segel streichen und retour nach Les Diablerets. Das nächste Mal probiere ich es wohl von Pierredar aus...

Hinweise zur Route:
Die Beschreibung im SAC-Führer ist (im unteren Teil) nicht ganz einfach zu interpretieren. Grundsätzlich muss man das markante Couloir ersteigen, das etwa bei 578.150/128.200 mündet. Man kann es aber nicht von ganz unten ersteigen, sondern muss es von rechts oder von links über abschüssige Grashänge etwas weiter oben erreichen. Die Variante von rechts (La Daille) ist vermutlich einfacher zu finden, aber ausgesetzter. Von der im Führer erwähnten Holzkonstruktion auf dieser Route habe ich nichts mehr gesehen.

Die Route (gemäss SAC-Führer: L) würde heute wohl mit T6 bewertet und scheint nur wenig begangen zu werden. Man begeht sie mit Vorteil bei trockenen Verhältnissen, was freilich bei dieser Hanglage nicht ganz einfach ist. Zumindest empfiehlt es sich, den Abschluss der Schneeschmelze abzuwarten.

Eine wesentliche Information aus dem alten SAC-Führer zu dieser Route: "De nombreux touristes se sont égarés, en général trop à droite. Le bon itinéraire est raide, par endroit dangereux, mais sans aucune difficulté."

Update August 2008
Günter hat die gleiche Route kürzlich begangen, vgl. seinen Bericht hier. Seine Einschätzung, dass der Aufstieg nach La Borne nicht heikel und auch für den Abstieg geeingnet sei, teile ich nicht so ganz. Jedenfalls ist es wichtig zu wissen, dass die Schwierigkeitsbewertungen des SAC-Führers in dieser Region mit grosser Vorsicht zu geniessen sind...eine III in einer L-Route klingt nicht logisch.

PPP-Faktor:
WSCH- für mich, WSCH+ für Jeff...

Tourengänger: Zaza



Kommentare (1)


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AnderL hat gesagt: Umkehr/Abbruch gehört zum Leben
Gesendet am 17. Juli 2008 um 16:43
Finde sehr gut, dass auch von den Touren berichtet wird wo die Tour abgebrochen wurde. Wenn dazu noch der Entscheidungsprozess detalliert beschrieben wird, nach welchen Kriterien etwa gehandelt wurde, ist dass vom grossen pädagogischen Wert (Beispiel) und hilft weniger Erfahrenen eventuell eine richtige Entscheidung über den Tourabbruch, bzw eine Umkehr zu treffen.
Grüsse,
Andrei


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