Volcàn Villarrica (2840m)


Publiziert von Alpin_Rise , 5. März 2013 um 21:38.

Region: Welt » Chile » Región de Los Lagos
Tour Datum:13 Januar 2013
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS-
Wegpunkte:
Geo-Tags: RCH 
Aufstieg: 1400 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Skistation Villarrica, leider keine öffentlichen Busse dorthin. Entweder man hängt sich einer offiziellen Tour an (mühsam zu organisieren, relativ teuer), nimmt sich ein Taxi (teuer), reist per Autostop (unzuverlässig) oder geht zu Fuss (langwierig, ca. 15km, 1000hm)
Unterkunftmöglichkeiten:Tausende in Pucon

Der Vulkan Villarica ist ein Ideal: Seine perfekte Kegelform wird gekrönt von einem kleinen Krater, daraus steigt oft ein fieses Räuchlein, das den Be(rg)steigenden das Leben schwer machen will. Zuoberst ist als Tüpfelchen auf dem i das brodelnde Erdinnere zu hören, manchmal sogar zu sehen.
Kein Wunder, wollen viele, manchmal zu viele dem Feuerberg aufs Haupt steigen. Doch ganz so trivial ist das nicht, denn der Feuerberg umhüllt sich mit einem Eismantel. Die meisten Aspiranten sehen sich am Berg das erste Mal mit Steigeisen und Pickel bewehrt. Dies und die beachtlichen 1400 Höhenmeter bis zum Gipfel lassen wohl mehr als die Hälfte scheitern - an unserem Gipfeltag waren gerade mal eine Handvoll von über Hundert KandidatInnen erfolgreich - der Villarica hatte nur kurz mal ausgeatmet...

Angeblich auf Grund zahlreicher Unfälle in der Vergangenheit muss man sich zur Besteigung einer geführten Gruppe anschliessen oder sich ein "Permit" besorgen. Diese Bewilligung bekomme man im Büro der Forst- und Nationalparkbehörde CONAF in Pucón - leider sind dessen Öffnungszeiten nicht besonders kundenorientiert, geschlossen bleibt z.B. von Freitag 19 Uhr bis Montag 9 Uhr... darüber hinaus vermietet in Pucon offiziell auch kein Ausrüster Steigeisen, Pickel und Helm (!) an Aspiranten ohne Permit. Diese Ausrüstungsgegenstände werden am CONAF-Posten bei der Sessellift Bergstation - in unserem Fall akribisch - kontrolliert. Wir kamen dann an der Eintrittspforte zum Nationalpark dank einem SAC-Ausweis aka" licencia de guia" und einem CH-Pass einfach zu unserem "Permit" - wahrscheinlich hätte sogar die Identitätskarte genügt...



"Gas"glück und perfekte Verhältnisse am Bilderbuch-Vulkan

Trotz all dieser bürokratischen, zeitraubenden Widrigkeiten konnten wir mit einer geführten Gruppe zum Ausgangspunkt hochfahren. Mit Kontrollposten beim Parkeingang und unfähigen Vorfahrern standen wir also sonntags um etwa 8 Uhr endlich bei der verlassenen Talstation des Skigebiets auf ca. 1400 m. Nachdem wir alles daran gesetzt haben, ohne eine geführte Gruppe auf den Vulkan zu steigen, konnten wir denn auch gleich losziehen. Der Aufstieg ist von der Routenführung her simpel: eine Erosionsrinne überqueren und unter dem Lift zur Bergstation des linken (östlichen) Sessellifts (. Hier vorbei am Kontrollposten der CONAF und etwas östlich haltend zum Wrack einer anderen Bergstation. Nun zur Gletscherzunge und über ein kurzes Steilstück (max. 35°) auf den "Vulkankragen". Diese flachere Passage wird nach links (Südosten) durchquert, bevor es zuletzt nochmals steil (kurz bis 40°) entlang einer Schneezunge oder (bequemer) auf einer Rippe mit unverschämt griffigem Gestein zum Kraterrand geht, Ankunft ca. 11.30.
Dort lassen sich die meisten Besteiger (meist unfreiwillig) nieder und verzichten auf eine Besichtigung des Kraters und Besteigung des höchsten Punktes genau gegenüber. Wir konnten den Krater auch nicht ganz umrunden, da die )Schwefel?)Gasfahne stationär einen Teil des Kraterrandes unbegehbar machte. Indem wir uns von beiden Seiten näherten, konnten wir trotzdem das typische Grollen, Fauchen und die Hitze aus dem Schlund spüren - ich bildete mir sogar ein, ganz unten etwas Lava schimmern zu sehen, was aber durch die hoch stehende Sonne und den Rauch nicht sicher zu bestimmen war.

Wir blieben noch eine gute Stunde sitzen und genossen das besondere Ambiente und die (etwas dunstige) Aussicht. Just in dem Moment, als wir uns zum Abstieg bereit machten, drehte der Wind und drückte die (scheinbar giftigen) Gase in über die Aufstiegsroute. Glücklicherweise konnten wir nach unten flüchten, der grosse Pulk war in dem Moment noch ca. 100 Hm vom Gipfel entfernt - hinauf geschafft hats mutmasslich niemand mehr.
Im Abstieg enthüllte sich auch das Geheimnis, warum alle Agenturen ihre Klienten in hochgebirgstaugliche Goretex-Ausrüstung stecken: die meisten rutschen den Vulkan auf dem A...llerwertesten runter, im pflotschnassen Firn bildeten sich dadurch richtige Rutschkanäle! So (oder auf den Füssen, um etwas Würde zu wahren) erreichten wir dann auch in einer guten Stunde wieder den Ausgangspunkt. Dort offerierten geschäftstüchtige Chilenen lautstark Bier und andere Erfrischungen, womit uns die qualvoll lange Wartezeit auf unseren Gruppentransport etwas versüsst wurde.

Schwierigkeit und Jahreszeit: Eine Besteigung ist keinesfalls ein Spaziergang, aber auch keine ernsthafte Bergtour. Als Bewertung passt etwa WS-. Das heisst, eine Gletschertour mit kurzen steileren Stellen, die sehr verhältnisabhängig sind. Ist im Frühsommer (Nov/Dez) oft Trittschnee anzutreffen, dürfte der Vulkan im populären Februar und im März oft Blankeisstellen aufweisen. Wer dann das erste mal auf Steigeisen steht, hat vielleicht kein gutes Erlebnis...

Ausrüstung: Wir hatten extrem warmes Wetter, dadurch konnte der Firn bereits morgens um 10 schön aufweichen und Steigeisen waren überflüssig. Dies dürfte aber nur bei perfektem Trittschnee der Fall sein, das eine Steilstück war für uns gerade noch knapp ohne Eisen begehbar, ein paar Tage später sicherlich blank. Warum man auf einer Firntour einen Helm braucht, erschliesst sich mir immer noch nicht, evtl. hat das mit dem rasanten, oft unkontrollierten Abstiegsstil zu tun. Ohne die Dreifaltigkeit Steigeisen, Helm und Pickel kann aber der Kontrollposten am Berg nicht passiert werden.
Ansonsten normale Wanderausrüstung, winddichte Jacke und Ersatz(unter)hosen, für all jene, die den Chilenischen Abgang pflegen. Wir hatten mit etwas mehr als einem Liter Wasser pro Person viel zu wenig dabei, zum Glück fanden wir im Abstieg in der Nähe des Kontrollpostens Wasser.

Kosten, Kontrollen, Permit: wir haben alles in allem (Transport, Leihmaterial, Nationalparkeintritt) genau die Hälfte des Preises der günstigsten geführte Tour (diese kosteten umgerechnet 70 US-Dollar pro Person) bezahlt. Dafür mussten wir die Agentur Aguaventura überreden, uns ohne Permit die Ausrüstung zu vermieten und uns keine geführte Tour zu verkaufen. Das funktioniert in Spanisch, Französisch oder Englisch. Am besten in allen drei Sprachen, je nach dem, wer bedient. Die Guides/Verkäufer sind kompetent und das Material von guter Qualität und top gewartet, welch Überraschung!

Der Königsweg einer Villarrica-Besteigung könnte so aussehen: Auf eigene Faust mit Mietwagen/Taxi möglichst früh los (die meisten Agenturen starten viel zu spät), am schlafenden Kontrollposten (oder einige Meter daneben) vorbei und um Sonnenaufgang auf dem Gipfel ankommen. Dann wieder runter, die Massen kreuzend und zum Kaiserfrühstück ins Trawén und dann mit einer Cerveza artesanal an den schwarzen Vulkansandstrand ausspannen gehen!

Winterkaiserweg wäre dann die Besteigung mit Ski bei idealen Schneeverhältnissen, die Überschreitung Nord-Süd muss ein Traum sein!

Tourengänger: Alpin_Rise, Bergzottel


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Kommentare (4)


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MaeNi hat gesagt:
Gesendet am 6. März 2013 um 11:53
Tolle und faszinierende Eindrücke! Danke dafür!
N&M

t2star hat gesagt:
Gesendet am 6. März 2013 um 16:28
Hallo Rise,
eine super Bericht! Da bist du mir doch glatt die Arbeit abgenommen - wollte den Bericht auch schon längst mal geschrieben haben, deswegen habe ich gerade noch eine Kurzfassung und ein paar Fotos zum Geschmack-machen dazugehängt.
Fröhlichen Gruß,
Bernd

Vauacht hat gesagt: Toll
Gesendet am 6. März 2013 um 18:56
Gratulation zu diesem Bilderbuchvulkan und Danke fuer die tollen Bilder! (auch an t2star :)

Dieser Kegel haette mir auch gefallen!

Bertrand hat gesagt:
Gesendet am 14. März 2013 um 16:49
Belles images et joli récit, comme toujours...cela me rappelle de vieux souvenirs, en 1992 (!) on n'y croisait pas grand monde mais c'était déjà "solo con guia" et on avait déjà obtenu le passage avec les cartes du CAS en affirmant que c'était justement une "tarjeta de guia" ! Et ça sentait déjà très mauvais...


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