Casamance-Tour I: Exkursion zu den Diola in Mlomp
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Allgemeine Infos zu den Tourberichten
Casamance-Tour I: Exkursion zu den Diola in Mlomp
Casamance-Tour II: Stadtwanderung in Ziguinchor
Casamance-Tour III: Umrundung der Ile des oiseaux
Vor einem Jahr lernte ich dank eines Hochzeitsbesuchs die Casamance im südwestlichen Zipfel Senegals kennen. Zur sowohl historisch als auch kulturgeographisch faszinierenden Region, die seit Jahrzehnten separatistisch gestimmt ist und quasi als "Jura" des Senegals angesehen werden kann, möchte ich mit drei ausgewählten Touren Einblick geben. Diese Touren sind für einmal keine Berglauftouren – zum Summit-Sammeln muss man auch nicht in den mehrheitlich topfebenen Senegal reisen. Die höchste Erhebung Senegals, der
Nepen Diakha, ist 581 m hoch und liegt 500 km weiter östlich an der Grenze zu Guinea. Der Aufenthalt hat mir einen engen Kontakt zur Bevölkerung ermöglicht – ich war froh, dass ich nur zweitweise in die Touristenrolle schlüpfen musste. Der Wechsel vom Hotel am Fluss in die Stadt war gewöhnungsbedürftig: Mit einem Schritt wechselte ich jeweils von der Ersten in die Dritte Welt – und umgekehrt. Mein Afrika-Bild hat einige einschneidende Revisionen erfahren. Die Casamance ist eine wunderschöne Gegend – arm und reich zugleich.
Senegal gilt für westafrikanische Verhältnisse seit der Unabhänigkeit von 1960 als politisch stabiles und – bis auf den Casamance-Konflikt – ruhiges Land. Auch im Casamance-Konflikt kommt die Künstlichkeit der (von den ehemaligen Kolonialmächten bestimmten) afrikanischen Staatsgrenzen zum Ausdruck, da sich die in der Basse Casamance lebende Ethnie der Diola "eher ihren Verwandten im angrenzenden Guinea-Bissau zugehörig fühlen als zum senegalesischen Staatswesen, in dem die muslimischen Wolof und Toucouleur die wichtigsten Führungsposition inne haben" (Krings 2006: 183). Die Casamance-Region, die ursprünglich von den Portugiesen kolonisiert wurde, unterscheidet sich historisch, geographisch und kulturell deutlich vom wirtschaftlichen Kernraum um die Hauptstadt Dakar. Die Entfernung zum wirtschaftlich-politischen Zentrum Senegals und die zunehmende Desertifikation (Verwüstung) resp. deren Folgen führen zu einer prekären wirtschaftlichen Situation in der Casamance.
Die drei Touren sind alle in und um Ziguinchor, dem Hauptort der Casamance, angesiedelt.
Infos zu Tour I:
Exkursion durch das Dorf Mlomp auf den Spuren der animistischen Diola-Kultur.
Von Ziguinchor (Infos zur Stadt siehe
Casamance-Tour II: Stadtwanderung in Ziguinchor) mit einem sog. Septplace (ein auf 7 Plätze erweiterter alter Peugeot) über die gut ausgebaute R20 50 km nach Mlomp. Die Strasse führt weiter bis nach Cap Skirring, wo man auch direkt mit dem Flieger landen und im für "Erstweltler/innen" erbauten Retortenferienghetto den weissen, atlantischen Strand konsumieren kann. In Oussouye verlassen wir die R20 und lassen uns 10 km später in der Diola-Ortschaft Mlomp (12 m), ausgesprochen Mūlomp, absetzen. Das Warten des Fahrers ist im ausgehandelten Preis (42'000 CFA, ca. 80 CHF) inbegriffen.
Die Diola sind eine Ethnie, die es auch im benachbarten Gambia und Guinea-Buissau gibt. In Senegal leben die Diolas, ca. 1 Million, vorwiegend in der Casamance. Obwohl der Senegal mehrheitlich muslimisch ist (ca. 90%), sind die Diolas zum grössten Teil Katholiken. Viele Spuren, vor allem die foret sacré (heilige Haine), deuten auf eine noch ziemlich ausgeprägte Bedeutung des Animismus hin. Die Diolas sind überwiegend im landwirtschaftlichen und informellen Sektor tätig.
"Physisch-geographisch ist die Region aufgrund ihres Niederschlagreichtums und des weitläufigen Ästuars des Casamance-Flusses ein agrarischer Gunstraum für die Reisproduktion" (Krings 2006: 186). Der Reisanbau durch die Diola ist der älteste in ganz Afrika. Die Diola haben Techniken der Entsalzung von Böden und Deichbaumassnahmen im Bereich des Casamance-Flusses hoch entwickelt und gewinnen so Nassreis (Oryza sativa). Doch die zunehmende Desertifikation (Verwüstung) Westafrikas führt dazu, dass die Abflussmengen des Casamance-Flusses verringert werden und in der Folge die Böden versalzt sind. So mussten in den letzten Jahren viele Reisanbauflächen aufgegeben werden. Die Casamance gehört "aufgrund der risikoreichen Lebensumstände für die Mehrheit der Bevölkerung zu der im Zeitalter der ökonomischen Globalisierung ausgegrenzten Restwelt" (Krings 2006: 192). Reis ist in Senegal (wie in fast ganz Westafrika) ein Grundnahrungsmittel. Doch die einheimische Landwirtschaft ist nicht in der Lage, den Bedarf zu decken (Jirát 2010). Obwohl der Senegal die Möglichkeit hätte, selbst genug Reis für den Eigenbedarf zu produzieren, muss der Staat aktuell 80% seines Bedarfs an Reis für 250 Mio. CHF vor allem aus Thailand, Indien und Pakistan importieren... (Mbaye 2012). Dieser Umstand geht noch auf die von französischen Kolonialmacht durchgeführte Umstellung der senegalesischen Landwirtschaft auf Erdnüsse und Baumwolle zurück. Zu einer Änderung dieser Abhängigkeit fehlte bisher der politische Wille. "Die Reisimporte sind für manche PolitikerInnen ein sehr lukratives Geschäft geworden. Sie verdienen kräftig an den Gewinnen aus den Importsteuern mit und haben keinerlei Interesse daran, das System zu ändern", meint der senegalesische Agraringenieur Souleymane Bassoum (Jirát 2010).
In Mlomp besichtigen wir im Zentrum ein animistisches Museum und ein komplett aus Lehm erbautes Haus (das einzige zweistöckige). In der Folge führt uns ein an Ort und Stelle gebuchter guide auf einem verschlungenen Fussmarsch an heiligen Hainen vorbei. Viele Affenbrotbäume (Baobabs), Kapokbäume (Fromager) mit Brettwurzeln, Ölpalmen u. v. a. m.
Die Diola haben eine starke kulturelle Identität und streben seit jeher nach Autonomie. 1943 führte die auch als "Heilige Johanna der Casamance" verehrte Aline Sitoé Diatta den Widerstandskampf gegen die französische Kolonialmacht an. Dieser Konflikt ist der Ursprung der auch heute noch spürbaren separatistischen Bestrebungen in der Casamance. In den Wäldern rund um Ziguinchor sind noch immer Rebellengruppen des MFDC aktiv. Darum ist eine gute Tourenplanung auf Quellen aus der Bevölkerung angewiesen.
Das Septplace bringt uns müde und ausgetrocknet retour nach Ziguinchor.
Quelle:
Thomas Krings (2006): Sahelländer. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.
Jan Jirát (2010): Der Weg beginnt ganz unten. WOZ, 18.03.2010.
Sanou Mbaye (2012): Senegal – Mythen und Fakten. Le Monde diplomatique, 02/18, S. 10.



Vor einem Jahr lernte ich dank eines Hochzeitsbesuchs die Casamance im südwestlichen Zipfel Senegals kennen. Zur sowohl historisch als auch kulturgeographisch faszinierenden Region, die seit Jahrzehnten separatistisch gestimmt ist und quasi als "Jura" des Senegals angesehen werden kann, möchte ich mit drei ausgewählten Touren Einblick geben. Diese Touren sind für einmal keine Berglauftouren – zum Summit-Sammeln muss man auch nicht in den mehrheitlich topfebenen Senegal reisen. Die höchste Erhebung Senegals, der

Senegal gilt für westafrikanische Verhältnisse seit der Unabhänigkeit von 1960 als politisch stabiles und – bis auf den Casamance-Konflikt – ruhiges Land. Auch im Casamance-Konflikt kommt die Künstlichkeit der (von den ehemaligen Kolonialmächten bestimmten) afrikanischen Staatsgrenzen zum Ausdruck, da sich die in der Basse Casamance lebende Ethnie der Diola "eher ihren Verwandten im angrenzenden Guinea-Bissau zugehörig fühlen als zum senegalesischen Staatswesen, in dem die muslimischen Wolof und Toucouleur die wichtigsten Führungsposition inne haben" (Krings 2006: 183). Die Casamance-Region, die ursprünglich von den Portugiesen kolonisiert wurde, unterscheidet sich historisch, geographisch und kulturell deutlich vom wirtschaftlichen Kernraum um die Hauptstadt Dakar. Die Entfernung zum wirtschaftlich-politischen Zentrum Senegals und die zunehmende Desertifikation (Verwüstung) resp. deren Folgen führen zu einer prekären wirtschaftlichen Situation in der Casamance.
Die drei Touren sind alle in und um Ziguinchor, dem Hauptort der Casamance, angesiedelt.
Infos zu Tour I:
Exkursion durch das Dorf Mlomp auf den Spuren der animistischen Diola-Kultur.
Von Ziguinchor (Infos zur Stadt siehe

Die Diola sind eine Ethnie, die es auch im benachbarten Gambia und Guinea-Buissau gibt. In Senegal leben die Diolas, ca. 1 Million, vorwiegend in der Casamance. Obwohl der Senegal mehrheitlich muslimisch ist (ca. 90%), sind die Diolas zum grössten Teil Katholiken. Viele Spuren, vor allem die foret sacré (heilige Haine), deuten auf eine noch ziemlich ausgeprägte Bedeutung des Animismus hin. Die Diolas sind überwiegend im landwirtschaftlichen und informellen Sektor tätig.
"Physisch-geographisch ist die Region aufgrund ihres Niederschlagreichtums und des weitläufigen Ästuars des Casamance-Flusses ein agrarischer Gunstraum für die Reisproduktion" (Krings 2006: 186). Der Reisanbau durch die Diola ist der älteste in ganz Afrika. Die Diola haben Techniken der Entsalzung von Böden und Deichbaumassnahmen im Bereich des Casamance-Flusses hoch entwickelt und gewinnen so Nassreis (Oryza sativa). Doch die zunehmende Desertifikation (Verwüstung) Westafrikas führt dazu, dass die Abflussmengen des Casamance-Flusses verringert werden und in der Folge die Böden versalzt sind. So mussten in den letzten Jahren viele Reisanbauflächen aufgegeben werden. Die Casamance gehört "aufgrund der risikoreichen Lebensumstände für die Mehrheit der Bevölkerung zu der im Zeitalter der ökonomischen Globalisierung ausgegrenzten Restwelt" (Krings 2006: 192). Reis ist in Senegal (wie in fast ganz Westafrika) ein Grundnahrungsmittel. Doch die einheimische Landwirtschaft ist nicht in der Lage, den Bedarf zu decken (Jirát 2010). Obwohl der Senegal die Möglichkeit hätte, selbst genug Reis für den Eigenbedarf zu produzieren, muss der Staat aktuell 80% seines Bedarfs an Reis für 250 Mio. CHF vor allem aus Thailand, Indien und Pakistan importieren... (Mbaye 2012). Dieser Umstand geht noch auf die von französischen Kolonialmacht durchgeführte Umstellung der senegalesischen Landwirtschaft auf Erdnüsse und Baumwolle zurück. Zu einer Änderung dieser Abhängigkeit fehlte bisher der politische Wille. "Die Reisimporte sind für manche PolitikerInnen ein sehr lukratives Geschäft geworden. Sie verdienen kräftig an den Gewinnen aus den Importsteuern mit und haben keinerlei Interesse daran, das System zu ändern", meint der senegalesische Agraringenieur Souleymane Bassoum (Jirát 2010).
In Mlomp besichtigen wir im Zentrum ein animistisches Museum und ein komplett aus Lehm erbautes Haus (das einzige zweistöckige). In der Folge führt uns ein an Ort und Stelle gebuchter guide auf einem verschlungenen Fussmarsch an heiligen Hainen vorbei. Viele Affenbrotbäume (Baobabs), Kapokbäume (Fromager) mit Brettwurzeln, Ölpalmen u. v. a. m.
Die Diola haben eine starke kulturelle Identität und streben seit jeher nach Autonomie. 1943 führte die auch als "Heilige Johanna der Casamance" verehrte Aline Sitoé Diatta den Widerstandskampf gegen die französische Kolonialmacht an. Dieser Konflikt ist der Ursprung der auch heute noch spürbaren separatistischen Bestrebungen in der Casamance. In den Wäldern rund um Ziguinchor sind noch immer Rebellengruppen des MFDC aktiv. Darum ist eine gute Tourenplanung auf Quellen aus der Bevölkerung angewiesen.
Das Septplace bringt uns müde und ausgetrocknet retour nach Ziguinchor.
Quelle:
Thomas Krings (2006): Sahelländer. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.
Jan Jirát (2010): Der Weg beginnt ganz unten. WOZ, 18.03.2010.
Sanou Mbaye (2012): Senegal – Mythen und Fakten. Le Monde diplomatique, 02/18, S. 10.
Tourengänger:
fuemm63

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