Ausbildungswoche *Fels&Eis* in Bellinzona und Glärnischgebiet


Publiziert von Nicole , 11. August 2010 um 14:15.

Region: Welt » Schweiz » Glarus
Tour Datum: 2 August 2010
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Hochtouren Schwierigkeit: L
Klettern Schwierigkeit: V (UIAA-Skala)
Zeitbedarf: 5 Tage
Strecke:Schänis-Bellinzona-Schänis/Schänis-Klöntal bis P870, Aufstieg zur Glärnischhütte-Glärnischfirn-Abstieg
Unterkunftmöglichkeiten:Glärnischhütte SAC 055 640 64 00 Jugendherberge in Bellinzona

Lern-, Erfahrungs- und Erlebnissreiche Ausbildungstage unter dem Motto *Ausbildungswoche in Fels und Eis* vom 2. bis 6. August 2010 liegen bereits hinter uns.

Lieber Leser - dieser Bericht beschränkt sich mehrheitlich zu meinen persönlichen Sichtweisen, Anmerkungen sowie Kommentare.

Ich freute mich schon lange auf diese Ausbildungstage, denn das Highlight sollte am 4. Tag die Besteigung, meines lang gehegten Wunsches, das Vrenelis Gärtli sein. Leider fiel dieser Wunsch Sprichwörtlich ins Wasser! Zwei Tage vor Kursbeginn eine Hiobsbotschaft, Lisbeth musste zum Notfallarzt wegen starken Rückenschmerzen. Es stellte sich eine Discus-Hernie zwischen 4. und 5. LWS heraus. Keine Chance den Kurs abzuhalten!

1. Tag
Ausbildungsinhalt: Grundausbildung Klettern im Schwierigkeitsgrad 4-5b / Knotenlehre, Seilhandhabung, Abseil- und Sicherungstechniken, Einrichtung von Standplätzen
Ort: Oberhalb Bellinzona (leider weiss ich den genauen Standort nicht)
Unterkunft: Jugendherberge Bellinzona

Der Treffpunkt war um 9 Uhr beim Frigg Sport in Schänis. Nach Programm wären wir nach Mettmen gefahren zu den Klettergärten Widerstein mit 2 Übernachtungen im Naturfreundehaus. Die Wetterverhältnisse zwangen den Tourenleiter, Frigg Hauser, eine Verschiebung ins Tessin, dort war schöneres Wetter vorhergesagt. So fuhren wir alle im Buss über den San Bernardino nach Bellinzona direkt zum Klettergarten (von Norden her gesehen, Links von Bellinzona).
Nach einer eher kurzen und dürftigen Kletter-Grundhandhabung (wir alle waren Anfänger!), gings direkt an die Wand. Fabi sicherte mich, denn sie hatte etwas Hallenklettererfahrung, und so versuchte ich die ersten Meter in einer 4c-Route. Auf halber Strecke polterte es wenige Meter weiter weg von mir, Christian rutschte die Wand hinunter und holte sich tiefe Schürfwunden an Handgelenk, Unterarm und Fingerkuppen ein. Verunsichert und etwas erschrocken seilte ich mich ab. Frigg machte keine grossen Anstalltungen dem Verletzten zu helfen. So holte ich rasch mein Verbandsmaterial hervor und half Christian zu einer Erstversorgung.
Nach diesem Vorfall kletterten wir alle mit noch mehr Respekt aber zum Glück gab es keine weiteren Ausrutscher. Um ca. 18 Uhr fuhren wir zu unserer Unterkunft, der Jugendherberge in Bellinzona, und bezogen die Zimmer.
Natürlich wusste ich, dass andre am 2. August Geburtstag hatte, aber Fabi und ich machten den ganzen Tag keine Anstallten, denn vor dem Abendessen in einer nah gelegenen Pizzeria, überraschten wir andre mit einem Kuchen! Die Überraschung war wohl gelungen :-). Der Abend wurde feucht-fröhlich und gab allen Gelegenheit sich näher kennen zu lernen.

2. Tag
Ausbildungsinhalt: Vertiefung Klettertechnik, Standsicherungen, Mehrseillängen
Ort: Klettergarten in Umgebung Bellinzona für Mehrseillängen
Unterkunft: Jugendherberge Bellinzona

Nach einem stärkenden Frühstück ging es zu einem anderen Klettergarten, welcher anscheinend besser für Mehrseillängen sei. Dieser musste zuerst gesucht werden und bot, beim ersten Augenschein vor Ort, nicht gerade optimale Bedingungen. Wenigstens war das Wetter wunderschön und schwül-heiss. Etwas planlos demonstrierte Frigg eine Standsicherung und eine Standsicherung + Technik einer Mehrseillängen-Seilschaft. Nach einer Demonstration sollten wir sogleich selber ran...na ja....zuerst mussten geeignete Routen für alle gesucht werden. Dies hiess sich durch Abhalde und Dornengebüsch zu kämpfen. Die Zeit war aus diesen Gründen schon weit fortgeschritten und um ca. 12 Uhr brannte die Sonne gnadenlos auf uns nieder und heizte die dunklen Granitplatten auf zischende Temperaturen auf. Mir wurde alsbald übel und ich flüchtete in den Schatten zu der Seilschaft von andre und Christian. Die Beiden hatten bereits eine Mehrseillänge durchgeklettert und übten an einem Flaschenzug. Durch die Verletztungen war Christian, verständlicherweise, nicht top motiviert. So puschte mich andre an mit ihm die ca. 70 Meter Wand hoch zu gehen. Zu Beginn dachte ich, ne das schaffe ich nie, aber mit etwas "Zieh-Hilfe" von andre ging es Meter um Meter hoch. Die Granitplatten boten kaum Hand- und Fussgriffe und es war heiss. Trotzdem, wir alle schafften diese Wände und sassen schlussendlich glücklich am Kletterende.
Zuerst seilte Frigg andre ab, welcher in der Mitte einen Stand einrichtete. So ging es flott ins Abseilen und zugegeben DAS machte richtig Spass!
Der Nachmittag war weit fortgeschritten und nach einigen Diskussionen, da es an der Führung happerte, entschlossen wir uns in ein Grotto zu fahren, um die Sicherungsverankerungen mit Klemmgeräten theoretisch, bei kühlen Getränken, zu lernen.

3. Tag
Ausbildungsinhalt: Grundausbildung im Gelände, Gehen über Felsblöcke, Verankerungen im Eis, Umgang mit Eiswerkzeug, Steigeisen Gehtechnik // Theorie in: Navigation 1. Teil
Ort: Aufstieg zur Glärnischhütte und Glärnischfirn
Unterkunft: Glärnischhütte

Ausgemacht war Abfahrt um 05:30 Uhr in Bellinzona. Die Wetterprognosen im Norden sagten für den 3. Tag noch besseres Wetter an, so wollten wir den Tag ausnutzen und früh die Rückreise nach Schänis angehen.
Wir 5 Ladys standen fix-fertig um 05.25 Uhr, wie ausgemacht, vor der Jugendherberge...tja wo ist wohl Frigg, sicher noch den Buss holen. Es wurde 05:40...05.50...keine Spur von den Männern! Frigg hatte verschlafen und andre wie auch Christian keinen zusätzlichen Wecker gestellt. Kurz vor 6 Uhr kam Frigg angerauscht, 5 Minuten später andre, tja und WO bleibt Christian? Unser Nepal-Erprobte brauchte morgens etwas länger und kam um 06:30 Uhr mit Espresso in der Hand und montierter Stirnlampe (wieso auch immer?!) um die Ecke. Verständlicherweise waren wir alle, milde ausgedrückt, säuerlich! Und so fehlte uns diese Stunde natürlich den ganzen Tag.
In Schänis hiess es kurz den Rucksack umzupacken und, fals nötig, Proviant aufzufüllen. Weiter ging es mit Bus ins Klöntal ca. zu P870. Frigg organisierte das Taxi (055 640 11 77), welches uns bis zur Alp Chäseren fuhr. So konnten wir etwas Zeit wett machen. Unterwegs hatte es einige Gruppen, wie sich später heraus stellte, von J&S.
Eine Toilettengelegenheit benutzten Fabi und ich mit Info an Frigg. Nach Verrichtung war dann plötzlich Frigg, andre und Christine nicht mehr zu sehen (ohne Info!). Gut, ich kannte ja den Weg aber dennoch sollte ein Tourenleiter mindestens eine Info abgeben und nicht einfach loslaufen. Vielleicht sehe ich dies etwas "eng".
Aus früheren Aufstiegen zur Glärnischhütte, wusste ich, dass es eine kleine Stelle mit Kettensicherung gab. Frigg und die beiden Männer liefen flott und machten keine Anstallten ab und wann die Gruppe aufschliessen zu lassen. Aus Beobachtung von Maja, Sabine und Christine sah ich, dass die Trittsicherheit noch in Übung war. Selbstverständlich, aus meiner Sicht, half ich meinen Kameradinnen in der kleinen Schlüsselstelle. Dies brauchte etwas Zeit und plötzlich kam Frigg uns entgegen. Ein, zwei Sprüche meinerseits war wohl zuviel an Frigg und so herrschte eine angespannte Stimmung. Selbst leitete ich Jahre lang Sportkurse und absolvierte den SVEB1 (Erwachsenenbilder) und aus Sicht einer Frau, betrachtete ich die Tourenleitung von Frigg mit anderen Augen.
Angekommen in der Glärnischhütte konnten wir uns kurz Verpflegen und für die Gletscherausbildung am Nachmittag einrichten. Der Aufstieg bis zum Glärnischfirn ist mit WEISS-ROT-WEISS Markierung gekenntzeichnet. Teils ist der Weg mit T3+ einzustufen und bei feuchten Bedingungen mit nötiger Vorsicht zu begehen (Ausrutschgefahr!).
Beim Gletschereinstieg blühte Frigg förmlich auf und erklärte sehr ausführlich die Steigeisenhandhabung, Eispickeleinsatz sowie gehen auf Blankeis. Des Weiteren vermittelte er uns die korrekte Handhabung mit Eisschrauben, Abseilsicherungen bzw. Verankerungen in Eis und Schnee. Diese Lektionen waren sehr interessant und lehrreich! Das Wetter verschlechterte sich minütlich und uns allen wurde rasch kalt. So entschieden wir, um kurz vor 18 Uhr, den Abstieg in die Hütte zu tätigen. In der Hütte angekommen stand fast schon das Essen auf dem Tisch und erwartete uns. Übrigens ein Lob an die Crew der Glärnischhütte - super nett und 1A Verpflegung!
Nach Schlagbezug, wir waren zu siebt in einem 20iger-Schlag, galt es Theorige in Navigation-Technik zu lernen. Für mich war dies der AUGENÖFFNER schlecht hin!! Darin werde ich mich ab jetzt üben, üben, üben und anwenden, anwenden, anwenden.
Die Wettervorhersagen waren alles andre als vielversprechend und die Besteigung des Vrenelis Gärtli mehr als ungewiss. Den Vorschlag dies am 5. Tag zu machen, stiess auf kein Gehör! So hiess es, wenn es okay wäre, würde uns Frigg früher am Morgen wecken, ansonsten Frühstück um 7 Uhr.

4. Tag
Ausbildungsinhalt: Navigation Teil 2, Anseiltechnik auf dem Gletscher, Spaltenrettung, Selbstaufstieg im Treppenhaus, Einrichtung von Flaschenzügen
Ort: ausschliesslich in der Hütte / es regnete den ganzen Tag wie aus Kübeln!
Unterkunft: Glärnischhütte

Es war keine Überraschung, dass der Aufstieg zum Vrenelis Gärtli Sprichwörtlich ins Wasser fiel! Für mich zwar traurig, aber über 20-60 cm Neuschnee in widrigen Verhältnissen und Null Sicht, hätte ich das Vreni unter keinen Umständen erklimmen wollen!
Der nette Hüttenwart spielte nach dem Frühstück einen Kletterfilm, auf Leinwand ab. Dieser Film war eindrücklich und nahm uns zumindest 1.5 Stunden des langen Hütten-Theorietages ab. Danach vertieften wir nochmals die Navigation, gefolgt von Anseiltechniken auf dem Gletscher. Am Nachmittag hätte es nach Draussen gehen sollen für die Spaltenrettung und Selbstauftieg/Selbstrettung. Als die J&S Gruppen halb verfrohren und klitschnass zurück kamen, beschloss Frigg auch diese Ausbildung im trockenen Treppenhaus abzuhalten. Es war uns allen recht!
Ein langer Hüttentag ging zu Ende und da wir kein Handy-Empfang hatten, wussten wir nicht wie stark das Unwetter tatsächlich im Glarnerland wütete.

5. Tag
Nach dem Frühstück nahmen wir den Abstieg ins Klöntal, begleitet von Regengüssen, unter die Bergschuhe. Der Weg war nicht zu unterschätzen und bot einige Ausrutschstellen. Angekommen auf der Alp Chäseren, entschlossen wir den ganzen Abstieg zu Fuss zu gehen.
Als Alternativ-Programm vereinbarten wir in die Kletterhallte im SGU in Näfels zu gehen. Der Eintrittspreis von Fr. 20.- trugen wir selbst. Um ca. 16 Uhr war Kursende im Sportgeschäft Frigg. Nach Abgabe des Mietmaterials wurde pro Person Fr. 45.- für die Tessinfahrt verlangt. Leider suchte ich nachträchlich vergebens in den AGB's diese Kilometerpreisrechnung. Dies hinterliess am Schluss einen bitteren Nachgeschmack, da es weder in den Kursunterlagen vermerkt noch mündlich vor Abreise informiert wurde. Wir waren uns einig, hätten wir dies gewusst, so wären wir im eigenen PW oder mit ÖV ins Tessin gefahren!

Fazit:

Gelernt habe ich viel und ich kann JEDEM solch einen Grundausbildungskurs wärmstens empfehlen.

Touren-Teilnehmer:
andre, Christine (Lernende von Frigg Sport), Christian, Fabienne, Maja, nicole und Sabine

Tourengänger: Nicole, Andre


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Kommentare (2)


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Felix hat gesagt: sehr interessant - und aufschlussreich ...
Gesendet am 12. August 2010 um 22:16
Hast da ja viel erlebt, liebe Nicole - Unterschiedliches ...

Wünsche dir bei gutem Wetter deinen so gewünschten Aufstieg aufs Vreneli!

glg Felix

Nicole hat gesagt: Geduld....
Gesendet am 12. August 2010 um 23:46
bringt vielleicht Vrenis :-), lieber Felix!

Zum Glück laufen die Berge nicht davon...höchstens die Gletscher schmilzen ab...aber irgendwann stehe ich auch in diesem Gärtli.

hG Nicole


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