Müllertal-Trail


Publiziert von Günter Joos (gringo) , 21. Januar 2024 um 20:39.

Region: Welt » Luxemburg
Tour Datum:17 Dezember 2023
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Zeitbedarf: 6 Tage
Strecke:110
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Tier mit dem Bus zum Grenzort Irrel. Dort umsteigen, Bus nach Echternach in Luxemburg
Unterkunftmöglichkeiten:Über Campingplätze, Jugendherbergen, Hotels, Gaststätten alles vorhanden.

Würde man sich so das Land Luxemburg vorstellen? Wir kurven in wildem Auf und Ab durch düstere Wälder, pechschwarze Schatten von steilen Felswänden huschen am Busfenster vorbei. Die letzten Kilometer einer langen Anreise, hier auf der Landstraße zwischen Echternach und  Beaufort, und damit auch schon in Luxemburg. Nur jetzt eben leider bereits im Dunkeln, denn die Tage sind kurz, eine Woche vor Weihnachten.
Luxemburg also – ein Land ohne nennenswerte Berge. Und doch lockt uns ausgerechnet  hier eine Landschaft von außergewöhlicher Schönheit. Das Müllerthal, auch als die Kleine Luxemburgische Schweiz bekannt, erstaunt seine wandernden Entdecker mit in üppigen Buchen- und Mischwäldern hinaufragenden Sandsteinfelsen, eine mystische Welt für sich,  garniert mit idyllischen Bachtälern, schnuckeligen Dörfern und Gehöften. Imposante  Burgen und Schlösser tun das Ihre hinzu. Dreh- und Angelpunkt  ist das mittelalterlich geprägte Städtlein Echternach. Im Bus nach Beaufort sind wir schon mittendrin in der Region Müllerthal, und wir sind gespannt, wie das alles morgen bei Tageslicht aussehen wird.
 
17.12.2023
Um 9 Uhr geht´s los am Marktplatz in Echernach. Es ist neblig, für die Jahreszeit nicht allzu kalt, eher klassisches Novemberwetter, inzwischen oft auch im Dezember normal geworden. Den Auftakt bestimmt die Architektur. Besagter Marktplatz, die imposante St.-Willibroad-Basilika, die Klosteranlage mit ihren enormen Ausmaßen,  im  Stadtpark der Rokokopavillon. Dann wandern wir entlang des Grenzflusses Sauer, vorbei an der Brücke nach Deutschland, am deutschen Ufer der Ort Echternachbruck. Die Landstraße wird überquert, wir treten in einen von Felsen durchsetzten Märchenwald.Umgestürzte, moosige Baumstämme sind wie in einem Mikado kreuz und quer über den mit Felsblöcken überstreuten Waldboden verteilt. Efeu rankt von hohen Felstürmen und -wänden herab.  Gleich könnte ein Schwarm Elfen aus dem den Wald umwabbelnden Nebel zu uns herabgeschwebt kommen. Veitcheslee, Roudeschleff und Alkummer sind Felsformationen, die den Vorgeschmack darauf geben, was uns die nächsten Tage, insbesondere im zentralen Abschnitt des Müllerthal-Trails erwarten soll. Der Pfad klettert und fällt,  gebietstypische Sandsteintreppchen dienen als Steighilfen. Wir passieren den Ort Rosport, der mit Kirche, Schlosspark und dem Chateau Tudor ebenfalls mit baulichen Sehensürdigkeiten aufwartet. Damit nicht genug, die Wallfahrtskapelle Girsterklaus beim gleichnamigen Weiler gehört zu den ältesten Marienwallfahrtsorten Luxemburgs. Interessant finden wir auch den zugehörigen Friedhof mit Gräbern teils aus dem vorletzten Jahrhundert.
Das Wunder der Nebellichtung will sich auch bei der Wallfahrtskapelle nicht einstellen, und so marschieren wir bei konstant bleibender Luftfeuchtigkeit über schöne Wald- und Wiesenpfade bis an unser Tagesziel. Das an den Hang geklebte Moersdorf lässt sich idyllisch ans Ufer der derzeit reichlich Wasser transportierenden Sauer herabfallen. Das Warten auf dem Bus verkürzen wir uns mit einer Einkehr in der direkt am Sauerufer situierten Veloberge. Das Gasthaus befindet sich im historischen Gebäude einer ehemaligen Mühle. Sicher auch ein toller Ort zum Übernachten.
Bis wir wieder in Echternach sind, ist es bereits dunkel. Wir bummeln noch ein wenig durch das vorweihnachtliche Städtlein mit seinem mittelalterlichen Charme. Ein guter Einkehrtip ist dort die Brasserie "An Haal", die mit bodenständiger lokaler Küche aufwartet und auch gerne von Einheimischen besucht wird.
 
18.12.2023
Mit dem Bus geht´s zunächst wieder hinaus nach Moersdorf, wo die gestrige Etappe beendet wurde. Um bis zur Verzweigung nicht den gleichen Weg zurücklaufen zu müssen, folgen wir der Empfehlung meines Büchleins und nehmen für den ersten Kilometer Route M1, welche oberhalb von Moersdorf durch einen wunderschönen Zauberwald führt. Die moosbehangenen Bäume erscheinen im Nebel fast schon gespenstisch. Wir wissen es noch nicht, doch das war dann schon eines der wenigen Attraktionen, welche diese Etappe zu bieten hat. Im Nachhinein würden wir sagen, von allen Müllertal-Trail-Teilstrecken ganz klar die verzichtbarste. 
Heute hat sich Patrick zu uns gesellt, Udos Cousin. Wir wandern flott, was allein schon durch die Wegbedingungen gut möglich ist, denn diese Etappe macht kaum Höhenmeter und  verläuft fast aussschließlich auf breiten Forst- und Teerwegen. Die Route führt häufiger über offenes Wiesengelände, wo mein Büchlein entsprechende Aussichten ansagt, die wir aufgrund des Nebels aber nicht haben. Dafür Rauhreif, auf Bäumen, Sträuchern und Wiesen, wirklich schön anzusehen. Da sich Udo und Patrick nicht alle Tage sehen, finden ensprechend lange Gespräche statt und ehe wir´s uns versehen, finden wir uns auf dem finalen Abstieg durch einen Hohlweg, der uns zum Echternacher See hinabgeleitet. Kurz zuvor traten dann auch die einzigen Felsformationen dieser Etappe in Erscheinung, welche aber im Vergleich, was gestern schon war, und was die folgenden Tage noch kommen soll, vernachlässigbar sind. Nichtdestotrotz fügt sich auch diese Etappe in ein stimmiges Gesamtbild, welches uns die verschiedenen Aspekte einer Region präsentiert. Nebst dem Ausgangsort Moersdorf, hatten sich uns dabei mit Mompach und Herborn zwei weitere regionaltypische Ortschaften erschlossen. 
Der Echternacher See wurde künstlich angelegt, hat hierfür aber recht große Ausmaße. Wir wandern weiter bis ins Zentrum und halten Einkehr in einer Musikkneipe mit rockigem 70er-Sound Patrick verabschiedet sich von uns, denn schließlich hat er doch noch ein gutes Stündchen zu fahren. Das "An Haal" hat heute leider Ruhetag, weitere Restaurants öfnen entweder erst später, oder scheinen uns mit den verdreckten Wanderklamotten einen Tick zu nobel. Wir entscheiden wir uns somit mal zum Vesper in unserem Hüttchen in Beaufort, wo es schließlich auch gemütlich ist.

19.12.2023
Der Luxemburger Busfahrplan hat den Nachteil, dass er Störungen und Ausfälle erst am Fahrtag anzeigt. So ist derzeit die Straße zwischen Waldbillig und Müllerthal gesperrt. Auftakt also zwei km in der Dämmerung auf verkehrsfreier Straße abwärts,unter uns gurgelt es aus einer tiefen Waldklamm. Leider ist die Baustelle kurz vor Müllerthal dann komplett abgesperrt, auch für Fußgänger. Also, querfeldein den steilen Waldhang hoch, einen Stacheldraht überwindend, und darauf hoffend, dass uns jenseits des Zaunes nicht etwa Stier Egon auf die Hörner nimmt. Die Wiese ist dann glücklicherweise Stier- und tierfrei und jenseitig stoßen wir auf einen Forstweg. Unser Gespür ist richtig, denn dieser geht hinab nach Müllerthal. Fast etwas weltvergessen versteckt sich der idyllische Weiler im  dunklen Waldtal der Schwarzen Ernz. Hier geht sie also endlich los, die Königsetappe des Müllerthal-Trails.
Vorbei am historischen Lokal Heringer Millen, und nach einem kurzen Waldanstieg hinab zur Schwarzen Ernz, die sich hier mittels drei nebeneinander tosender Kaskaden in den Schießentümpel ergießt. Ein mit Moosen und Farnen bewachsener Brückenbogen aus dem Jahr 1879 überspannt die Szenerie. Wenngleich es sich hier um die höchsten Wasserfälle Luxemburgs handelt, sollten bezüglich der Dimensionen  keine falschen Erwartungen geweckt werden. Das tut der Eindrücklichkeit dieses Ortes keinen Abbruch, wenngleich die idylle durch die Nähe zur Straße einen Knacks erhält. Nach gebührlichem Innehalten überqueren wir besagte Straße, wo uns gleich schon prächtige Felsformationen empfangen. Der mit Sandsteintreppchen durchsetzte Waldpfad verbleibt zunächst  allerdingsweiterhin in Straßennähe. 
Am Parkplatz bei den Consdorfer Millen schickt uns der Wegweiser dann aber in das friedliche Tal des Härdbaches, weg nun von der Straße. Bald schon wird der behäbige Forstweg verlassen. ein abenteuerlicher Pfad setzt an. Im Rittergang und im Deiwepetz zwängen wir uns mitsamt unseren Rucksäcken durch enge Felsspalten, wobei es in Letzterem kurz mal stockdunkel wird. Bei dieser Passage könnten die Stirnlampen theoretisch noch in den Rucksäcken verbleiben. Für die anstehende Kohlscheuer werden sie unabdingbar. Wir erspähen unter uns einen idyllischen Picknickplatz. Die Erkundung der  Kohlscheuer also erst nach ausgiebigem Vesper, mit dem Risiko, mit vollgeschlagenem Ranzen in einer stockfinsteren Felsspalte hängenzubleiben. Durch die Kohlscheuer führt ein Rundweg, weshalb unsere Rucksäcke am Ausgangspunkt verbleiben Für Klaustrophoben ist das wohl nichts, doch geht es schlussendlich nicht enger zu, als in den vorhergenenden Spalten. Die Kohlscheuer ist jedoch deutlich länger, und wie gesagt, ein gutes Wegstück geht durchs Stockfinstere. Der sehr steile Anstieg hinauf zur Spalte ist übrigens die einzige Passage auf dem Müllerthal Trail, dem sich unsere vierbeinige Beglieterin Sheela verweigert.
Auch in der Fortsetzung soll es heute nie langweilig werden. Zu spektakulären Felsformationen gesellen sich gurgelnde Bäche und ursprüngliche Wälder. In Berg- und Talbahnmanier schlängeln sich mit schönen Stein- und Holztreppchen ausgebaute  Pfade durch diese verwunschene Märchenlandschaft.
Die Tage sind derzeit kurz und diese Etappe mit knapp 22 km die längste des Trails. Es gab heute viel zu sehen und zu fotografieren, die eine oder andere Rast noch, und so kommt es, dass wir die letzten 3 km bis Echternach im Dunkeln zubringen. Gar nicht schlimm, die Lampen haben wir ohnehin dabei. Im Schluß zu erwartet uns gar ein prächtiger Ausblick auf das erleuchtete Echternach mit der dezent in gelbliches Flutlicht getauchten Basilika. 
Heute hat das "An Haal" wieder geöffnet, und so beschließen wir den Wandertag mit einem herzhaften Luxemburger Bissen. "Kniddelen mat Speck an Kompott an Zalot" für mich, ein saftiger Wildschweinburger für Udo. Wetter heute: spätherbstliches Feuchtklima bei leichten Plusgraden. Das geht auf Dauer durchaus in die Knochen und so freut man sich am Ende auf eine warme Stube ... :-)

20.12.2023
Merklich kürzer, als gestern, aber ebenso eindrücklich,  so schließt sich Kreis Nummer zwei, welcher der landschaftlich ergiebigste der drei Müllerthal-Wanderzirkel ist. Aus Echternach noch nicht weit raus, überrascht uns die Wolfsschlucht als prächtiges Naturmonument. Unter senkrecht aufragenden Felswänden hindurch trippeln wir die steilen Sandsteinstiegen hinab in den Schluchtengrund, wo wir uns von den majestätischen Sandsteinfelsen umschlossen sehen. Mittels Pfadanlage kann ein Aussichtspunkt erklommen werden,  mit herrlichen Weit- und vor allem Tiefblicken. 
Wir profitieren heute von einem anderen Licht, der Nebel hat sich nämlich verzogen, der Himmel zeigt so manch blaue Lücke. Die zuvor mystische, aber auch etwas drückende Stimmung weicht einer gewissen Aufheiterung.
Das Amphitheater Breechkaul, und die zuvor durchschrittenen Höhlen sind dann nicht etwa des Herrgotts Werk, denn hier wurden einst Mühlensteine abgebaut. Zeit jetzt für eine Vesperpause. Dann steigen wir hinaus auf die Hochfläche, passieren dort die Ortschaft Berdorf. Übers offene Gelände pfeift ein kaltes Lüftchen, doch jenseits des Ortes werden wir glücklicherweise von einem zauberhaften Bachtal aufgenommen und sind damit auch wieder raus aus dem Wind. Ein unserer Ansicht nach doch überdimensioniertes Brückenkonstrukt geleitet in der Schwebe über die Klamm hinweg. Hier, wie auch an vielen anderen Bachläufen der Region Müllertal finden sich viele kleine Sandsträndchen, häufig liegen umgestürzte Bäume und Äste verkeilt über dem Bachbett.
Im Abstieg Richtung Consdorfer Millen werden die Felsen weniger, um 13.30 h treffen wir in Müllerthal ein. Ein kurzes Bad in einer Gumpe der Schwarzen Ernz bringt Körper und Geist wieder auf Vordermann. Wir nehmen den Bus zurück nach Echternach und halten Einkehr zu Apfelstrudel und Kaffee in unserem "An Haal". Für den heutigen Abend beschließen wir, in Beaufort zu bleiben und dem Restaurant der unserem Campingplatz benachbarten Eishalle ("Aispist") einen Besuch abzustatten. Kullinarisch ist das dort nicht der Burner, dafür können wir während des Essens beim Training des örtlichen Eishockeynachwuchses zuschauen.

21.12.2023
Der heutige Wandertag wird uns Bogen eins des dritten und letzten Zirkels des Müllerthal-Trails erschließen. Die Wetterprognose ist die schlechteste für diese Woche und so sollen wir es auch erleben. Ein feiner, aber überaus penetranter Nieselregen geht zusammen mit  Sturmwind.  Schlussendlich können wir uns glücklich schätzen, denn andernorts wird Sturmtief "Zoltan" gewaltige Schäden anrichten, wie wir nachträglich erfahren sollen.
Es dunkelt noch, als wir in Waldbillig aus dem Bus steigen, Mit der Erfahrung von vorgestern ist der obere Feldweg rasch erreicht, um 8.30 h sind wir bereits in Müllerthal. Zunächst wieder vorbei am Schießentümpel steigen wir nun, ohne die Straße queren zu müssen, auf einer spektakulär angelegten Treppenanlage bergan. Der anregende Naturpfad trippelt vorerst abermals nahe zu einer Straße. Da diese aber derzeit gesperrt ist, profitieren wir von einer auf diesem Teilstück sonst wohl kaum vorhandenen Ruhe.
 Der Kallektuffquell ist dann die erste landschaftliche Höhepunkt. Mitten im Sandstein eine veritable Karstquelle anzutreffen, scheint mir etwas verwunderlich. Zunächst ist da ein glasklarer Tümpel, weiter unten rieselt dann das Wasser über die Tuffformation wie aus einem Schwamm in ein weiteres Becken. Holzstege helfen anschließend über ein Waldmoor hinweg, im klaren Bach neben uns schimmert sandiger Grund. Die Holzplanken sind durch die Nässe glitschig, bedürfen einer gewissen Vorsicht. Die Eindrücklichkeit der Landschaft legt sich dann vorerst zurück, Einen guten Frühstücksplatz finden wir am Ufer eines Moorsees, wo das Sumpfgebiet Ripsmuer beginnt. Kurz darauf betreten wir einen mit grünen Moosteppichen ausgelegten, verwunschenen Wald. Oben auf einer Felsformation besichtigen wir eine in den Sandstein geritzte Sonnenuhr.
 Mit dem 382 m hohen Houiberg wird der höchste Punkt des Müllerthal-Trails überschritten. Dies und der weitere Gang übers offene Hochplateau hinweg wird denkbar garstig, wir sind hier stürmschen Winden und feinem, durchdringendem Sprühregen voll ausgesetzt. Das Wiedereintauchen ins nächste Waldtal ist wie eine Rettung, es wird wieder erträglicher. Das Tal der Weißen Enz zeigt sich überaus malerisch, ist aber leider auch wieder ein Straßental. Bevor wir nach Larochette hinuntersteigen bietet sich uns an einem Aussichtspunkt ein schöner Blick über den mittelalterlich geprägten Ort mit seiner dominanten Burg hinweg. Eingezwängt in ein felsiges Waldtal, und nicht nur vom Namen her mit französischem Flair, könnte man sich hier auch in den Vogesen wähnen. Die Ortsbesichtigung muss wegen des Wetters leider etwas oberflächlich ausfallen. Wir ziehen eine gemütliche Einkehr im Café de la  Place am Hauptplatz dem Wind und dem Regen vor. Später geht´s mit dem Bus zurück nach Echternach.

22.12.2023
Larochette, 8.30 h in der Früh. Noch ein kurzer Sprung in die Bäckerei, dann auf zur letzten Etappe! Ein stimmiger Auftakt, der  Waldanstieg aus dem Ort heraus,  mit einem letzten  Blick auf Burg und Städtle. Danach nimmt die Spannung erstmal ab, und es bleibt eine zeitlang ähnlich unspektakulär, wie  an unserem zweiten Wandertag, wobei wir heute, da kein Nebel, tatsächlich auch Weitsichten haben. Gewelltes, plateauähnliches Bergland, welches von schmalen Waldtälern durchschnitten ist. Mich erinnert das an die nahe Eifel und meine Vermutung ist dahingehend, dass es sich hüben wie drüben geologisch um das gleiche "Gebirge" handeln könnte.
Erst nach dem an ein Forsthaus erinnernden Haus Berens tauchen wir wieder hinab in ein  hübsches Waldtälchen, nämlich das des Haupeschbaches. Wegen der leicht unsicheren Wetterlage vespern wir unter einem Felsdach (in der Sächsischen Schweiz würde man es Boofe nennen) im Wald mit Blick auf den unter uns schlummernden, dunklen Seespiegel des Aleweihers. 
Bislang schienen wir zu dieser ungewöhnlichen Jahreszeit die einzigen Müllerthal-"Truehiker", doch jetzt treffen wir tatsächlich eine junge Belgierin, die  auch ebendies im Sinn hat. Wir wandern nun ganz nah an unserem Standort Beaufort vorbei. Da es uns für die Besichtigung des Ortskerns bislang an Zeit und Tageslicht mangelte, nehmen wir den kurzen Abstecher . Das Ganze scheint uns recht überblickbar, und so wandern wir gleich weiter, zunächst an der bekannten Burg vorbei. Fast alle Burgen werden nachts angeleuchtet, und jetzt erst verstehen wir, warum wir diese von Beaufort aus nie sehen konnten. Sie steht nämlich unterhalb der Ortschaft, sozusagen im Loch. Ungewöhnlich, wie wir finden, thronen Burgen doch sonst fast immer exponiert auf Anhöhen. Das sich nebenan befindliche Renaissanceschloss ist vom Weg aus nur teilweise einsehbar. Dort lagern übrigens über 3000 Liter der lokalen Likörspezialität Cassero in Fässern.
Unterhalb von Beaufort wird das Tal des Haupeschbaches geradezu zauberhaft. Erneut erheben sich Felsfluchten hüben wie drüben,  Steinblöcke verschiedener Größen spicken das Bachbett und werden von kleinen Kaskaden und  Stromschnellen um- und überspült. In der Folge müssen wir den Wasserlauf mehrmals über ausgelegte Felsstufen queren.
Das enge Tal weitet sich und wir finden uns in einem hübschen Wiesengrund wieder. Der Hallerbach leitet hier einen Landschaftswechsel ein. Schließlich treten wir hinaus in ein noch breiteres Tal. Dieses ist von bewaldeten Bergzügen begrenzt,  die Schwarze Ernz schlängelt sich durch sattgrüne Auenwiesen, auf denen Herden pechschwarzer Kühe friedlich weiden. Richtig, wir sind jetzt wieder im Müllerthal. Die Landschaft, das trübe Wetter und jetzt das  fast schon schaurig erscheinende herrschaftliche Anwesen von Haardhaff - einen Moment lang glaube ich, wir seien in Schottland .... aber nein doch, wir sind in Luxemburg ... 
Der Ort Müllerthal - zum letzten Mal jetzt. Das bedarf einer Abschiedszeremonie, und so "gönnen" wir uns ein kurzes  Bad im Schießentümpel. Kaum wird man wohl eine andere Zeit im Jahr finden, wo dies völlig ohne Publikum möglich ist, und kaum wird wohl das Bad belebender ausfallen, als bei den aktuellen Wassertemperaturen ...
Eigentlich war noch eine Einkehr in der für ihre lokalkolorierte Haute Cuisine bekannten Heringer Millen geplant, doch die ist leider gerade am Schließen. So besteigen wir eben mitsamt unserer belgischen Wanderin, die inzwischen auch hier eingetroffen ist, den Bus nach Echternach. Wo wir heute wohl einkehren werden? Im "An Haal" bietet die Karte eine weitere, bislang noch nicht ausprobierte lokale Spezialität. Ich bestelle aufs Geratewohl, und serviert wird mir dann gekochter Vorderschinken an einem raffiniert angerichteten, leckeren Bohnenmus.
 
Fakten zum Müllerthal-TraiL:
Der 110 km lange Fernwanderweg erschließt dem Wanderer die Landschaft der sogenannten Kleinen Luxemburger Schweiz. Er tut dies auf eine ungewöhnliche Weise, denn er bildet drei aneinadergereihte Kreise. Jeder Halbbogen eines Kreises entspricht einer Tagesetappe, Im normalem Tempo gegangen. wird man dabei kaum mal über 6 Nettostunden kommen. Somit sind 6 Tagesetappen das Maß der Dinge für alle Wanderer mit mittelmäßigem Trainingsstand, ohne sich dabei beeilen oder überfordern zu müssen. Der erwähnte ungewöhnliche Wegverlauf erlaubt eine hohe Flexibilität. So kann die Route sowohl als Streckenwanderung mit Übernachtungen an den jeweiligen Tageszielen, als auch von einem fixen Standort aus gemacht werden. Letzteres ist in erster Linie dem hervorragend funktionierenden ÖV-System zu verdanken, welches obendrein noch für sämtliche Benutzer kostenlos ist.
Im gemäßigten Klima, moderater Seehöhe, sowie frei von wirklich alpinen Schwierigkeiten, kann der Müllerthal-Trail eigentlich ganzjährig gemacht werden, wobei in den Wintermonaten durchaus ein paar Besonderheiten zu beachten sind, siehe unten.
Die Reigon Müllerthal befindet sich in der östlichen Mitte des Landes, und grenzt östlich und nördlich an Deutschland.  Die Region gehört nicht zu den Ardennen, welche sich im Norden des Landes befinden. Das Landschaftsprofil ist mener Meinung nach am ehesten mit der benachbarten Südeifel zu vergleichen. Im Landschaftsbild dominieren imposante Felsformationen aus  Sandstein, sowie wildromantische Bachtäler,, welche sich dem Wanderer durch eine oft sehr spannende Wegführung erschließen. Insbesondere der zentrale Teil des Weges (Route 2) kann diesbezüglich mit antemberaubenden Erlebnisbildern aufwarten. Auch im Kreis der Route 3 finden sich sehenswerte Felslandschaften, sowie einige Burgen. Bei Route 1 ist der Bogen über Rosport die ideale Eingehtour mit einem attraktiven Querschnitt des auf dem Müllerthal-Trail Erlebbaren. Den zweiten Bogen via Mompach hingegen würde ich im Nachhinein besehen eher durch eine der Zusatzschleifen ersetzen.
Zusatzschleifen: Mit zusätzlichen etwa 75 Wanderkilometern lässt sich die Grundroute erweitern. Diese bilden bei den Routen 2 und 3 von dort aus abgehende Bögen, welche meist als Tagestouren machbar sind.
Der Müllerthal-Trail im Winter
Luxemburg grenzt an Rheinland-Pfalz, die Seehöhen in der Region Müllerthal bleiben stets unter 400 m. Insofern sollten allzu große Schneefallereignisse die Seltenheit sein. Dass Schnee liegen kann, und vor allem, dass Wegteile im Winter vereist sein können, liegt auf der Hand. Wir hatten für solche Fälle unsere Grödeln mit, auch wenn wir sie wegen einer eher warmen Westwetterlage während unserer Wanderwoche dann doch nicht gebraucht haben. Die deutlich kürzeren Tage, vor allem im Hochwinter, müssen beachtet werden, d.h. zeitiger Aufbruch, weitgehend zügiges Gehen, keine allzu langen Pausen. Eine Stirnlampe im Gepäck ist obligatorisch und unabdingbar, falls es doch einmal vor Tourenende schon dunkel werden sollte. Waldarbeiten werden meist in den Wintermonaten durchgeführt und können Sperrungen mit Umleitungen mit sich bringen, daraus resultierend möglicherweise auch einen zeitlichen Mehraufwand. Es kann häufig neblig sein. Der große Trumpf dieser Jahreszeit aber ist die Einsamkeit, was sich natürlich in einem Notfall auch mal ins Negativ verkehren könnte.
Der Müllerthal-Trail mit Hund
Gleich wie beim Menschen, so können auch Hunde gut trainiert oder untrainiert, geschickt und mutig, oder eben zaghaft und wenig agil sein. Zudem muss vorab abgeklärt werden, ob die jeweilige Unterkunft Haustiere zulässt. Mit unserer Wanderhütte auf dem Campingplatz in Beaufort fanden wir eine solche, die uns zu unserer vollsten Zufriedenheit diente.
Literatur
Als Leitfaden diente uns das im Conrad-Stein-Verag erschienene Büchlein über den Müllerthal-Trail, Autor Thorsten Hoyer. Beschreibungen und abgedruckte Kartenabschnitte reichen für eine gute und sichere Beehung vollkommen aus. Dennoch empfehlen wir als Eränzung die Besorgung der in den Tourist-Infos für 4 € erhältliche Wanderkarte, welche zusammen mit einem kleinen Info-Leaflet herausgegeben wird.

Tourengänger: Günter Joos (gringo)


Galerie


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