Mutwiler Tobel, Niederbüren (SG): Rot wie das Feuer, Grün wie die Nessel, klar wie das Wasser

Von Kreuzlingen zweieinhalb Velostunden entfernt liegt Niederbüren (SG). Ich wähle die Route über Lengwil, Illighausen, Klarsreuti, Mattwil, Leimbach, Sulgen, Kradolf, Bischofszell. Von dort dann den Radweg nach Niederbüren. In Niederbüren folgt man dem Dorfbach entgegen der Fließrichtung rechts. Der Weg führt einen durch das Holzlager eines Sägewerks, wo mich heute eine Schar neugieriger Hausgänse begrüßt. Kurz danach der Parkplatz, wo man sein Velo abstellen kann. Eine Holzbrücke führt über den Dorfbach, der eigentlich Arneggerbach heißt. Der Weg führt einmal zum Schützenhaus, oder aber, wenn man die nächste Betonbrücke quert, weiter am Bach entlang. Zu beiden Seiten ist das Tal von bewaldeten Steilhängen begrenzt, aber hier ist das Tal noch breit und licht und wird als Weide und Wiesengrund genutzt. Der Arneggerbach darf hier seine Kurven ziehen, da ein Stück Kies abtragen und dort Sand anhäufen. An verschiedenen Stellen sieht man, dass er vor kurzem wohl fast einen halben Meter höher war. An seinem Ufer gedeihen Brennnessel und Löwenzahn, ein Zeichen, dass das Wasser Nitrate führt. Ein Mitbringsel aus den gedüngten landwirtschaftlichen Gebieten im Oberlauf des Bachs? Trotzdem scheint die Wasserqualität noch gut. Weiter hinten, im Mutwiler Tobel, fliegt an einer versteckten Stromschnelle eine Wasseramsel auf. Sie taucht und jagt auf Sicht, da kann das Wasser nicht so schlecht sein. Mir laufen auch vier Frösche über den Weg, davon 3 junge. Deren Haut ist empfindlich. Der Weg führt an den Schießscheiben vorbei, die auf einer Wiese stehen. Schließlich erreiche ich ein offenes Holzhaus. Das Dach ist mit Ziegeln gedeckt, es gibt sogar einen Kamin über der Feuerstelle, Tische und Stühle. Da kann man sich auch mal unterstellen, wenn man von einem Schauer überrascht wird. Eine Treppe aus Rundhölzern führt von der Hütte an den Bach, hinter der Hütte gibt es undeutliche Pfade, die mir später den Rückweg erleichtern. Südlich der Hütte erhebt sich eine Felswand aus Nagelfluh. Da geht es weiter. Ein Pfad führt an ihren Fuß. Hier sieht man rotvioletten Mergel unterhalb der Nagelfluh hervorleuchten. Er liegt im Hochwasserbereich, entsprechend wird der Fels unterschwemmt. Folgt man dem Fels, liegt zwischen der steilen Felswand und dem Arneggerbach ein schottriger, von Bäumen, Sträuchern und Gräsern bewachsener Bereich aus Hangschutt. Von den Steilfelsen tropft es wie Regen auf die Krone des Hangschutts. Diese Felsen sind ein Lebensraum für sich. Ein Spezialist an der Grenze zum Absturz ist der Kies-Steinbrech, von dem ich zwei schöne Rosetten im Fels entdecke. Vielleicht wird er dieses Jahr blühen. An einer Stelle ist der Böschungswald gerodet. Hier kommt man rasch ans Ufer. An dieser Stromschnelle schrecke ich eine Wasseramsel auf. In der Flusskurve oberhalb ist am Ufer erkennbar, dass sich der Bach hier direkt durch den violetten Mergel schneidet. Nur von der Oberansicht sicht er braungelb aus, vielleicht durch Kalkablagerungen. Nach der Kurve wird eine vielleicht zwanzig Meter hohe Wand sichtbar, waagrecht liegender Mergel, von dem immer wieder große Brocken abgestürzt sind und entweder auf dem Hangschutt liegen oder auf im Bachbett. Im Waldstück direkt vor dieser hohen Wand steige ich auf und erreiche oben einen Pfad, dem ich nach rechts folge, parallel zum Bach, aber höher. Ich komme an markierten Bäumen vorbei: Nummer 8, Nummer 7. Hier steige ich nicht ab, ich weiß, hinter der Kante sind Steilwände. Ich folge Wildspuren, bis ich eine Stelle erkenne, wo sie absteigen. Und so komme ich haargenau bei der Hütte raus, von der aus ich den Weg in den Mutwiler Tobel begonnen habe. Das ist erst der Anfang.
Hier ein Video, das einen Eindruck vom Mutwiler Tobel vermittelt:
https://www.youtube.com/watch?v=W4WIM23djUQ