Auf zwei Gipfel des Scharfensteins


Publiziert von Bergmax , 7. August 2021 um 18:42.

Region: Welt » Deutschland » Westliche Mittelgebirge » Sonstige Höhenzüge und Talgebiete
Tour Datum: 1 August 2021
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 0:45
Aufstieg: 100 m
Abstieg: 100 m
Strecke:Parkplatz - Brücke - Zaun - Feld - Terrassen - Südgipfel - westlicher Pfad - Hauptgipfel - östliche Umrundung - Zaun - Brücke - Parkplatz
Zufahrt zum Ausgangspunkt:A49 Parkplatz Sonnenborn (von Süden kommend) oder Parkplatz Scharfenstein (von Norden kommend)
Kartennummer:opentopomap.org

Gipfelerfolge im Basaltgebirge von Kassel

Für den Alpinisten mit gehobenen Ansprüchen findet sich in dem eher nur regional bekannten Bergland südlich von Kassel eine besondere Herausforderung. Das Basaltgebirge des Scharfensteins bildet gleich drei ungemein markante & entsprechend herausfordernde Gipfel. Mir sollte es immerhin gelingen, zwei davon zu erklimmen, eine Leistung, die Ihr sicher zu würdigen wisst.

Von Süden kommend, ermöglicht einzig der sogennante Sonnenborn-Parkplatz einen erträglichen Zustieg. Bereits vom Ausgangspunkt aus sind die höchsten Gipfel des Scharfensteins zu sehen, dessen Aura sicherlich nicht hinter jener der großen Alpen-Berggruppen wie etwa der Mischabel-Gruppe zurückstehen muss - auch wenn es wohl nur wenigen vergönnt ist, einen Vergleich zu ziehen.

Die erste Herausforderung der Besteigung ist die Überquerung der A49. Hätte man hier nicht mit einer Brücke nachgeholfen, würde der Erfolg des Unternehmens gleich zu Anfang infrage gestellt. So aber bleibt es bei 100 dm zusätzlichem Aufstieg, vorausgesetzt, man ist ausreichend resistent gegen Lärm. Gegenüber gilt es, den richtigen Zustiegspfad zu entdecken. Im Falle eines Fehlers drohen ernsthafte Schwierigkeiten durch Gestrüpp und Gestank. Hat man aber erst den richtigen Weg entdeckt, gelingt auch die Überwindung des 30 dm hohen Eisenzauns problemlos, denn es gibt eine nicht versperrte Luke.

Den Fuß des Bergmassivs erreiche ich nach etwa 2500 dm anspruchsvoller Wanderstrecke, teilweise weglos, etwaige Zaunhindernisse südlich umgehend. Die unterste Felsbastion kann ich umgehen, bevor eine erste Kletterei durch einen ca. 40 dm hohen Kamin ohne Sicheungsmöglichkeiten erfoderlich ist. So erreiche ich eine Terrasse mit bereits recht beeindruckender Aussicht. Mutig erkraxele ich eine etwa 80 dm hohe liegende Wand und muss enttäuscht feststellen, dass ich auf einem Sporn stehe und der direkte Übergang zum immernoch hoch aufragenden Südgipfel durch eine ca. 40 dm tiefe Scharte versperrt ist. Also klettere ich zurück, umgehe der Sporn bereits recht exponiert westwärts und gelange so endlich an den Fuß des "einfachsten" Aufstiegs zum Südgipfel.
Eine gewagte und dennoch recht schöne plattige Kletterei über anstrengende 120 dm bringt mich mit erheblichen Mühen auf den Südgipfel des Scharfensteins, ca. 3000 dm hoch, und mit äußerst beeindruckendem Tiefblick in den sogenannten Kessel, der sicher etwa 250 dm tiefer liegt.

Der Gipfelerfolg hat meine Motivation, dem höheren Hauptgipfel noch einen Besuch abzustatten, erst richtig geweckt. Nach genauer Überprüfung des Zeitplans entschließe ich mich, einen Versuch zu wagen. Mit größter Vorsicht klettere ich von Südgipfel wieder in die Scharte hinab - Sicherungsmöglichkeiten wären übrigens vorhanden - und kämpfe mich auf einen dschungelartig verwachsenem Pfad südwestlich um das halbe Gebirge herum, bis ich endlich einen möglichen Aufstieg zum Hauptgipfel ausfindig mache. Ein gruselig ausschauender, nasser und mückenverseuchter Kamin zieht anstrengende 70 dm hinauf zu einem Plateau unter dem eigentlichen Gipfelaufbau. Trotz der beachtlichen Tiefblicke in den Kessel können mich die letzten 30 dm Kletterei zum alles überragenden Hauptgipfel (3040 dm) nicht mehr aufhalten. Ein sagenhaftes Gefühl, wenigstens einmal im Leben hier oben zu stehen!

Natürlich ist auch im Abstieg aüßerste Vorsicht angebracht. Mangels Seil kommt ein Abseilen nicht infrage, sodass ich wieder stichfrei durch den Kamin abklettern muss. Um die erfolgreiche Besteigung zu vollenden, möchte ich den Bergstock gerne noch umrunden. Der Abstieg in nördlicher Richtung hat aber einige Tücken und prompt leiste ich mir in einem unaufmerksamen Moment einen Ausrutscher - den mir meine Kleidung auch prompt sehr übelnimmt. Trotz alldem gelingt es mir, gesund wieder in sicheres Terrain am Nordfuß des Scharfensteins zu gelangen.
Der Weg östlich um das Massiv herum erfordert nochmals Kondition, dafür hat man aber die Möglichkeit, einmalige Fotos von der Schauseite des Scharfensteins mit seiner ca. 250 dm hohen Westwand zu machen.

Verschwitzt und müde, aber glücklich, erreiche ich nach anstrengenden 45 min Bergtour wieder meinen Wagen auf dem Parkplatz Sonnenborn.

Zu guter Letzt noch ein paar Worte abseits aller Satire.

Der Scharfenstein, ein zwar winzig kleines, aber bemerkenswert gegliedertes Klettermassiv aus Basalt, hat neben den zwei beschriebenen Gipfelchen, die im I. Grad erklettert werden können, noch einen weiteren freistehenden Turm. Die sogenannte Schiefe Anna verlangt immerhin Kletterei im III. Grad.

Gut gefallen hat mir die freie und tatsächlich recht aussichtreiche Lage der Felsen.
Der Gesamteindruck wird leider getrübt durch das viele Gestrüpp und auch durch die schmuddeligen Zustände auf den beiden Autobahnparkplatzen, welche in Deutschland eher die Regel als die Ausnahme sind.



Tourengänger: Bergmax


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