Ridge Peak - Pyramid Mountain


Publiziert von Delta Pro , 12. August 2009 um 20:31.

Region: Welt » Canada » British Columbia
Tour Datum:11 Juni 2009
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CDN 
Zeitbedarf: 3:30
Aufstieg: 920 m

Anstrengende Nachmittagstour über einen langen Kraxelgrat auf zwei Gipfel in absoluter Einsamkeit
 
Da Berge im einsamen Kanada nur in seltenen Fällen einen Namen erhalten, ihre Formen aber dennoch zur Besteigung locken, sind die hier beschriebenen Gipfel frei nach dem Bauchgefühl benannt, wieso auch nicht? Die Tour in den wilden Tombstone Mountains stellte für mich ein Höhepunkt der Alpinwander-Erlebnisse in Kanada dar. Über Felsgrate zu kraxeln, die noch kaum je ein Mensch begangen hat, sich die Route ohne jegliche Hilfsmittel wie eine Karte oder eine Beschreibung auf eigene Faust zu suchen, sich auf keinerlei Trittspuren verlassen zu können, fand ich schon immer einer der schönsten Eindrücke beim Erkunden einsamer Bergregionen.
Die Rundtour stellt einige Anforderungen an die Orientierung und sollte bei schlechter Sicht nicht angegangen werden. Die technischen Schwierigkeiten halten sich in Grenzen, einzelne Kletterstellen wechseln sich mit längeren Gehpassagen ab. Der Fels in dieser Region ist mässig stabil und das häufige Moos passt viel mehr zum Alpinwanderer und als zum Kletterer. Und im Vergleich zu Kraxeltouren in Europa kommt noch eine andere Herausforderung hinzu: Hier muss man sich immer vor wilden Tieren in Acht nehmen, besonders im dichten Busch könnte man einfach einen Bären aus den Träumen holen, oder über einen Elch stolpern. Tatsächlich war das Erlebnis mit der Rentierherde auf der Tundra zwischen Ridge Peak und Pyramid Mountain sehr eindrücklich…
 
Nach der Tour auf den Goldensides Mountain heute morgen liess mich sglider an diesem Spätnachmittag alleine springen. Und springen reicht gleich zu Beginn der Tour nicht aus: Um an den Fuss der Berge zu gelangen muss erst der während der Schneeschmelze reissende North Klondike River überquert werden. Ohne Hosen und mit den Tewas an den Füssen wate ich durch den hüfttiefen, eiskalten und reissenden Fluss. Jenseits des Klondikes steht man in undurchdringlichem, unberührtem Wald – mitten in der Wildnis, auf einen Schlag. Bald hat mich der Wald verschluckt, die Sicht beträgt keine fünf Meter, selbst die Richtung zu den Bergen zu halten ist schwer. Schliesslich kämpfe ich mich durch undurchdringliche Büsche, so lautstark wie nur möglich, um die Bären und Elche auf meine Ankunft aufmerksam zu machen. Nach gut zwanzig Minuten erreiche ich erleichtert, aber schon ziemlich ausgepowert die rettende Tundra. Bei schwülem Wetter, die Mücken scharen sich zu Dutzenden um mich, steige ich in Kraft zehrendem, weichem Moos gegen den markanten, formschönen und langen NE-Grat zum Ridge Peak – ich bezeichne ihn aufgrund meiner Begehung einfach als Delta Ridge. Schaut man nur von der Ferne und hat keinen Zugang zu einer Kartenansicht, kann man sich in Distanzen gewaltig täuschen. So benötige ich eine geschlagene Stunde, um nur die ersten 200 Höhenmeter bis an den Beginn des Grates abzuspulen.
 
Dann wird’s spannender: Einen ersten abweisenden Aufschwung begehe ich in Kletterei in brüchigem Gestein, und dann auf einem Grasband nach links (kurz T6). Weiter links ausholend ginge es einfacher, denn auch der Elch, dessen Spuren ich folge, hat es auch irgendwie geschafft. Durch moosiges Gelände, in dem immer wieder Kraxelpassagen eingestreut sind, geht es weiter. Eine nächste brüchige Stufe übersteige ich durch ein erdiges Kamin und brüchige Felsen. Bald kann man auf ein neckisches Türmchen klettern (II auf 6m). Ein Mini-Steinmann zeigt an, dass ich nicht ganz der erste bin, der die Delta Ridge begeht. In abwechslungsreichem Aufstieg geht es weiter hinein in die immer alpinere Landschaft. Am Schluss erreicht man über Geröll und einige kurze Felsaufschwünge (T5, I-II) den Gipfel des Ridge Peak (Steinmann, der Gipfel scheint, wenn, dann von der Südseite her bestiegen zu werden).
 
Abstieg über Geröll und Wiesen auf die weite Hochebene zwischen Ridge Peak und Pyramid Mountain. Die Tundra ist teilweise noch schneebedeckt und fast durchgehend sumpfig. Bald sehe ich eine Rentierherde mit einem guten Dutzend Tieren vor mir grasen. Ich entschliesse mich, sie grossräumig zu umgehen. Da ich Gegenwind habe, bemerken die Rentiere mich erst, als ich nur noch rund hundert Meter von ihnen entfernt bin. Aus den Alpen bin ich mich gewohnt, dass Wildtiere in solchen Fällen das Weite Suchen, oder dann bockig stehen bleiben (Steinböcke). Erstaunt beobachte ich, wie sich die Rentierherde aufspaltet um sich in koordinierten Schachzügen in meine Richtung zu bewegen. Wie Truppen auf dem Schlachtfeld kommen die einzelnen Gruppen federleicht trabend näher, ziehen sich dann wieder auf die Seite zurück und machen das Feld frei für den anderen Flügel. Schliesslich wird es mir mulmig und ich entscheide mich, den Tieren anzuzeigen, dass ich ein Einsehen habe und mich auf die Flucht begebe. Quer durch den Sumpf renne in der Falllinie bergab und versuche dabei, so mit dem Wind zu spielen, dass ich die Tiere im Rücken habe. Dies zeigt schliesslich Wirkung und die Rentiere ziehen davon. Der Weg auf den Pyramid Mountain ist wieder frei und ich steige auf meine ursprüngliche Route zurück.
 
Über einen steiler werdenden Geröllhang erreicht man den schönen Gipfel (T3). Abstieg über den gut begehbaren Ostgrat und dann durch steile Geröllflanken und moosige Hänge zurück gegen den Klondike River. Diese Route bietet keine technischen Schwierigkeiten und wäre für den Aufstieg eine Alternative, wenn man nicht über den Grat kraxeln will. Bevor ich wieder in das buschige Dickicht eintauche, halte ich aufmerksam Ausschau nach wilden Tieren – mir ist nach der Begegnung mit den Rentieren jetzt noch weniger wohl, mich durch den unübersichtlichen Wald zu wühlen. Der Kampf mit der Vegetation geht gut und bald höre ich das Rauschen, des Flusses, nach dem man sich orientieren kann, und rieche den Rauch von Feuern am Zeltplatz. Die Durchquerung des North Klondike Rivers ist mit müden Beinen noch etwas anstrengender - aber trotzdem ein toller Abschluss der spannenden Tour.
 

Tourengänger: Delta


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