Unbekanntes Erzgebirge IV


Publiziert von lainari , 23. Mai 2020 um 10:41.

Region: Welt » Deutschland » Östliche Mittelgebirge » Erzgebirge
Tour Datum:10 Mai 2020
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 5:30
Aufstieg: 550 m
Abstieg: 550 m
Strecke:15 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto oder Bus nach Frauenstein
Kartennummer:1:33.000, SK Nr. 03 Osterzgebirge

Silberbergbau zwischen Frauenstein und Reichenau
 
Vor einem angekündigten Wetterwechsel fahre ich heute nach Frauenstein. Im Stadtgebiet gibt es einige Parkplätze zur Auswahl, ich stelle mein Auto jedoch recht weit am Stadtrand ab. Über eine Anliegerstraße verlasse ich das Siedlungsgebiet und gehe zur Anhöhe des Sandberges. Hier befindet sich die Station 2. Ordnung Nr. 79 der Königlich Sächsischen Triangulierung. Dann wende ich mich Richtung Gimmlitztal.
Noch auf dem Höhenrücken befindet sich an der Waldkante das Grubenfeld Goldene Scheibe. Die Geologische Specialkarte weist hier zwei Gänge der edlen Quarzformation (eq) auf, die zur Silbergewinnung durch zwei Erbstolln vom Tal her, einen Oberen Stolln und mehrere Schächte abgebaut wurden. Der Bergbau begann hier im 16. Jh. und erreichte zum Ende (vermutlich 19. Jh.) eine Tiefe von 105 m. Der Bergbau auf diesem Grubenfeld war jedoch wenig ertragreich und wurde meist unter Zubuße betrieben.
Am Talboden des Gimmlitztals angekommen, erkunde ich den einstige Standort der Rat(h)smühle (1495-1970) und ihren Mühlgraben. In der Nähe muss sich bis Mitte des 16. Jh. auch eine Schmelzhütte befunden haben, darauf lassen historische Unterlagen und Schlackefunde schließen. Weiter talaufwärts befinden sich die restaurierten Grundmauern einer Silberwäsche. Diese wurde vom sächsischen Kartografen Oeder 1600 bereits als alte Silberwäsche erfasst, war aber noch bis zum Bergbauende 1887 in Betrieb. Nach der Besichtigung folge ich dem Antriebsgraben der Silberwäsche bis zur Kummermühle. Hier wurde einst das Wasser über einen Teich aus der Gimmlitz gefasst. Nach dem Bau der Kummermühle (auch Sandmühle) 1720 als neue, zusätzliche Silberwäsche wurde wahrscheinlich das bereits dort genutzte Wasser direkt talwärts zur alten Silberwäsche abgegeben. Der Mühlgraben der Kummermühle diente nach dem Bergbauende bis 1945 der Stromerzeugung. Nun folge ich diesem Antriebsgraben talaufwärts. Durch eine geringe Talneigung musste das Wasser jeweils recht weite Strecken herangeführt werden, um eine ideal nutzbare Aufschlaghöhe zu erreichen. Das recht große Mühlrad der Kummermühle maß 8,40 m im Durchmesser, also musste der Graben dort etwa eine Höhe von 9,5-10 m über dem Talboden erreichen. Nach dem Fassungspunkt dieses Grabens folgt nun der einstige Standort der Finsterbuschmühle (1786-1971). Die Mühle wurde einst als Ölmühle gebaut. Sie diente später als Stellmacherei und produzierte Ski für die deutsche Wehrmacht. Nach dem Krieg etablierte sich bis zum Abriss des Objektes ein Autokarosseriebau. Auch deren Mühlgraben erkunde ich bis zum einstigen Fassungspunkt. Später knickt der Weg nach links ab und führt leicht bergwärts.
 
Im Wald wird hier die Halde des Tiefen Gnade Gottes Erbstolln sichtbar. Das dazugehörige Mundloch ist eingeebnet. Das Grubenfeld Gnade Gottes wurde nachweisbar von 1529-1817 betrieben. Es lieferte hauptsächlich Kupfererze aus denen auch Silber extrahiert werden konnte. Ein mit gekreuzten Hämmern markierter Stichweg führt im Wald zu Halde und Pinge eines einstigen 45 m tiefen Tagesschachts der auf den Erbstolln hinab führte. Von hier gehe ich bis zur Waldkante und biege auf einen asphaltierten Flurweg auf.
 
Nach Überqueren der Staatsstraße gelange ich zum Grubenfeld Friedrich August. Dieses war ein sehr ergiebiges Bergwerk, das mehrere silberhaltige Gänge der eq- und der kb-Formation abbaute. Der Ertrag soll beispielsweise von 1711-1883 bei 4.600 t Erz mit einem Silbergehalt von 0,25 %, somit bei 11,6 t Reinsilber gelegen haben. Der für das Feld zentrale Linsen Treibe Schacht erreichte zum Schluss eine Tiefe von 205 m. Er war zunächst mit einem Pferdegöpel und später mit einer Dampfmaschine ausgestattet. Vom Grubenfeld aus, laufe ich über Flurwege nach Reichenau ins Tal der Bobritzsch hinunter. Neben der Freiwilligen Feuerwehr sind das verbrochene/verwahrte Mundloch und die verrohrte Rösche des Tiefen Friedrich August Erbstolln zu sehen.
 
Nun gehe ich wieder bis zu einen Querweg hinauf, der zum Grubenfeld Friedrich Christoph hinüberführt. Dieses war ebenfalls ein ergiebiges Bergwerk, das mehrere silberhaltige Gänge der eq-Formation abbaute. Silberlieferungen nach Freiberg wurden hier ab 1520 dokumentiert. Der Ertrag soll beispielsweise von 1787-1834 bei 1.300 t Erz mit einem Silbergehalt von 0,22 %, somit bei 2,8 t Reinsilber gelegen haben. Das Grubenfeld wurde 1834 mit dem Feld Friedrich August vereinigt und bis 1887 betrieben.
An dieser Stelle vielleicht noch ein kurzer Exkurs zur Bedeutung von Silber. Dieses war bis etwa 1870 Währungsmetall und besaß einen Wertunterschied zu Gold von „nur“ 1:14. Durch die Festlegung von Gold als Währungsmetall und dessen künstliche Aufwertung mit einem Wertunterschied von zunächst 1:100 verlor Silber danach drastisch an Bedeutung.
 
Über Flurwege gelange ich zurück nach Frauenstein, wo sich nun ein Stadtbesuch anschließt. Vom Marktplatz aus gehe ich hinauf zur Erkundung der sehenswerten Burgruine. Der Eintritt ist kostenpflichtig und ermöglicht auch einen Besuch des im Schloss untergebrachten Silbermann-Museums, das dem weltberühmten Orgelbauer gewidmet ist.
Der Name Frauenstein wurde 1218 erstmals urkundlich erwähnt. 1272 wird dann erstmals das Castrum Vrowenstein konkret genannt. Bei der Burg handelt es sich um eine um 1200 erbaute Grenzburg zwischen der Markgrafschaft Meißen und Böhmen. Die ersten namentlich bekannten Inhaber der Burg stammten aus der Familie derer von Siden. 1585-1588 wurde direkt außerhalb der Burgmauer ein Renaissanceschloss errichtet, das bessere Wohnbedingungen bot. Seit dem Stadtbrand von 1728 ist die Burg schließlich Ruine.
Im Schloss schaue ich mir, von einer engagierten Mitarbeiterin erläutert, die interessanten Ausstellungsteile zum Orgelbauer Gottfried Silbermann, seinen im Elsass im selben Gewerk tätigen älteren Bruder sowie zur Burg- und Stadtgeschichte an.
Anschließend laufe ich bis zum einstigen Bahnhof der 1972 stillgelegten Schmalspurbahn Klingenberg-Colmnitz - Frauenstein (sächs. KF-Linie) und kehre dann zum Auto zurück.
Auf der Rückfahrt mache ich einen Abstecher ins Bobritzschtal und sehe mir noch das Mundloch des Tiefen Friedrich Christoph Erbstolln an.
 
 
Die pausenbereinigte Gehzeit betrug inkl. Burgruine und Silbermann-Museum 5 h 30 min.
Die absolvierte Strecke ist größtenteils als Wanderweg markiert und fast durchgängig als T1 zu bewerten.

Tourengänger: lainari


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