Petrohrad, Petršpurk a Šprymberk


Publiziert von lainari , 29. September 2019 um 16:49.

Region: Welt » Tschechien » Rakovnická pahorkatina
Tour Datum:15 September 2019
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CZ 
Zeitbedarf: 5:15
Aufstieg: 370 m
Abstieg: 370 m
Strecke:18,5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto oder Bus bis Petrohrad, die einzigen zwei Zughalte von GWTR sind nicht wandergeeignet (nur werktags, früh um 5 nordwärts und abends um halb 9 Uhr südwärts), Hinweis: Aufgrund des Streckenumbaus dort derzeit gar kein Zugverkehr sondern NAD (Schienenersatzverkehr)
Kartennummer:mapy.cz

Petersburg² und Springenberg
 
Schönes Frühherbstwetter animierte mich, eine Wanderung in einer neuen, weiter entfernteren Region zu unternehmen. Dazu begab ich mich erstmals in die Hügellandschaft Rakovnická pahorkatina (Rakonitzer Bergland). Die Fahrt verlief ereignisreich. Zunächst versuchte ein selbstmordgefährdeter Waschbär mit dem plötzlichen Auftauchen auf der Straße seinem Dasein ein Ende zu setzen. Ein Rehbock tat es ihm später gleich. Beide Versuche konnte ich durch rechtzeitiges Abbremsen um Haaresbreite vereiteln. Später, eingelullt von aus dem Radio plätschernden in tschechischer Sprache vertonten internationalen Hits, war ich kurz unaufmerksam und schlug eine falsche Richtung ein. Mit einem improvisierten kleinen Umweg fand ich schließlich zurück in die richtige Spur. Unterwegs war dann gerade Hochzeit der Hopfenernte, was einige langsame Traktorgespanne und mit der roten Erde der Umgebung verschmutzte Straßen bescherte. Dennoch recht zügig erreichte ich meinen geplanten Startpunkt im Ort Petrohrad (Petersburg). Dort parkte ich das Auto am Finklův rybník (Finkl-/Finkelteich). Von der namensgebenden Finkl-/Finkelmühle sind heute keine Spuren mehr erhalten. Wie die Namen schon andeuten, fand die heutige Tour komplett im einstigen Sprach- und Siedlungsgebiet der Deutschböhmer statt. Petersburg erhielt 1873 Bahnanschluss durch die Hauptstrecke der k.k. privilegierten Eisenbahn Pilsen - Priesen - Komotau (EPPK). Heute wird der Ort nur noch von zwei werktäglichen Alibi-Schnellzughalten von GWTR bedient. Eine Inaugenscheinnahme am Bahnhof Petrohrad (žst) ergab, dass der Zugverkehr derzeit wegen Gleisbauarbeiten ruht. Wegen der fehlenden Reisemöglichkeit per Zug hat man bereits den Beginn des Wanderweges in die Ortsmitte zurückgezogen. Einige Publikationen weisen aber noch den Bahnhof als Beginn des Wanderweges aus. Ich passierte diesen daher unmarkiert auf einer Anliegerstraße und ging auf einem Flurweg weiter. Dieser brachte mich zum großen Schloss, das heute als psychiatrische Einrichtung genutzt wird. Das Schloss ließ Jaroslav Libštejnský z Kolovrat 1560 als Ersatz für die nahe, unbewohnbar gewordene Burg errichten. Später wechselte es in den Besitz der Familie Černín z Chudenic, denen die Ländereien dann bis 1945 gehörten. Sie veranlassten den von 1697-1703 währenden, durch Giovanni Battista Alliprandi geleiteten barocken Umbau des Schlosses. An der Waldkante zu Füßen des alten Burgberges ist heute das Naturschutzgebiet PP Háj Petra Bezruče (Petr-Bezruč-Hain) ausgewiesen. Der Name geht auf einen tschechischen Dichter zurück. Der direkte Weg hinauf zur Burg ist als cesta Českých svatých (Weg der Tschechischen Heiligen) mit entsprechenden Stationen ausgestaltet. Ich ignorierte diese Aufstiegsmöglichkeit und nahm den Weg über das kleine Fahrsträßchen Richtung Stebno. Die Landschaft bestach durch Einzelfelsen und Felsgruppen sowie viele alte Laubbäume. Die Felsenlandschaft in den Wäldern rund um Petrohrad ist ein beliebtes Boulder-Revier mit ca. 3000 Routen. Kurz vor Stebno schaute ich mir am Ende einer Wiese ein altes Mord- oder Sühnekreuz an und lief dann zurück bis zur 900-jährigen Sommereiche Petrohradský dub, die bisweilen auch Selský dub (Bauern-Eiche) genannt wird. Der Baum hat 9 m Stammumfang und ist 28 m hoch. Nun folgte ich einer roten Wanderwegmarkierung und stieg bergwärts. Unterwegs passierte ich die kleine Felsenhöhle Dračí sluj. Auf dem Berg angekommen, wurde der Blick zunächst auf die barocke Rotunde der kaple Všech svatých (Allerheiligen-Kapelle) gelenkt, die auf den Resten der hrad Petršpurk (Petersburg) errichtet wurde. Die Burg wurde erstmals 1356 als Besitz von Petr z Vrtby urkundlich. 1358 wurde ein Petr z Janovic als Inhaber beurkundet. Nach wechselvoller Geschichte wurde sie 1559 als wüst beschrieben, was zeitlich in etwa mit dem Bau des neuen Schlosses zusammenfällt. Ein als Aussichtspunkt genutzter Turmsockel und der Ruinenrest auf dem Gipfel sollen künstliche Beigaben aus dem Zeitalter der Naturromantik sein. Originale Mauerreste sind lediglich als unscheinbare Fundamente neben der Kapelle und als geringe Außenmauerreste an der westlichen Flanke erhalten geblieben.
 
Nach der Besichtigung und einer kleinen Pause stieg ich auf dem rot markierten Weg vom Berg hinunter und bog auf einen grün markierten Weg ein. Auf der folgenden, recht abwechslungsreichen Wegstrecke musste ich durch fortlaufende Richtungswechsel des Weges recht aufmerksam sein. Nach einer längeren Wanderzeit nahm ich den Abstecher hinauf auf den Berg Vlčí hora/Vlčí kopec (Wolfsberg) in Angriff. Ein Wallrest am östlichen Bergzugang wies auf den Burgplatz hradiště u Bílence/hradiste Vlčí hora hin. Der Berg war gemäß archäologischer Funde in der Jungsteinzeit, der Bronzezeit und der Hallstattzeit besiedelt. Die Befestigung wird der Únětická kultura (Aunjetizer Kultur, 2300-1550 v. Chr.) aus der Frühen Bronzezeit zugeschrieben. Im Gelände waren einige relativ frisch angelegte archäologische Profile vorzufinden. Am Westende des Berges endete der markierte Weg am Aussichtspunkt výhled nad Šprymberkem, an dem man heutzutage keinen Ausblick mehr hat. Also kehrte ich zum östlichen Bergfuß zurück und lief noch ein kleines Stück auf dem grünen Wanderweg bevor ich links abbiegend einem unmarkierten asphaltierten Forstweg folgte. Als dieser im Verlauf auf eine Schranke traf, bog ich nach links in ein Tälchen ab. Auf der links danebenliegenden Bergzunge lokalisierte ich die einstige Burganlage hrad Šprymberk (Burg Springenberg). Die Burg wurde erstmals 1363 als Besitz von Bohuněk z Šprymberk urkundlich, der auch als Erbauer angesehen wird. Bereits 1483 wurde sie als wüst beschrieben. Der langgezogene Bergrücken trägt Reste von zwei Vorburgen und eines recht kleinen Hauptgebäudes am Ende des Sporns. Nach Besichtigung der Wall- und Grundmauerreste ging ich zum Hauptweg zurück und verließ den Wald. Auf einer alten Fahrstraße kam ich nach Bílenec (Wilenz/Willenz). Hier stieg ich zur kostel sv. Maří Magdalény (Kirche der hl. Maria Magdalena) hinauf und besuchte den Friedhof des Ortes. Zurück im Ort, hielt ich auf die Hauptstraße I/6 zu und ging ein kurzes Stück auf dem breiten Randstreifen. Dann konnte ich auf den Verlauf der alten Fahrstraße abbiegen und wanderte gemütlich zum Finklův rybník zurück. An seinem Ende schaute ich noch nach den großen denkmalgeschützten Gebäuden der einstigen pivovar Petrohrad (Dampf-Brauerei Petersburg). Nach einem Imbiss aus der Kühltasche trat ich schließlich die Heimreise an.
 
Die pausenbereinigte Gehzeit betrug 5 h 15 min.
Die Strecke ist mit überwiegend mit T1 zu bewerten.
Die absolvierte Besichtigung von Petršpurk, Vlčí hora und Šprymberk ist als T2 einzuschätzen.

Tourengänger: lainari


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 46261.kml Manuell gezeichnete Wegstrecke

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