Lunae Montes - Teil 11 - Hotel Margherita


Publiziert von detlefpalm , 9. Juni 2019 um 17:52.

Region: Welt » Uganda
Tour Datum:11 Februar 1981
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: EAU 
Zeitbedarf: 2 Tage

Eis am Äquator, Viertausender in Afrika. Die von Ptolemäus erwähnten Lunae Montes als große Attraktion. Die Schneemassen der Mondberge speisen die sagenumwobenen Quellläufe des Nil. Die Legenden um Burton, Speke, Emin Pascha, Stanley und Livingstone beflügeln die Phantasie. Entlang des Weges: Kilimanjaro, Mount Meru, die Virunga Vulkane und Mount Elgon. Und alles was dazwischen liegt. Terra incognita, 1980 - 1981

Hotel Margherita

Nur noch die Natur liegt zwischen mir und den Mountains of the Moon. Keine Flugtickets, keine Grenzbeamten, keine Autopannen, Roadblocks, Geldsorgen, oder erratische Reisebegleiter. Im Margherita Hotel in Kasese ziehe ich den Ruwenzori Guide aus der Tasche, schon zig-mal gelesen.

Außerdem geht mir Heinrich Harrer durch den Kopf. Harrer, einer der Erstbesteiger der Eiger Norwand, schrieb:

Nichts wundert einen am Ruwenzori. Dort muss der Schöpfer einen Moment lang die Nerven verloren haben. Er bekam es offensichtlich satt, immer nur Ordnung zu schaffen, Licht von der Finsternis zu trennen, funktionsfähige Wesen zu entwickeln und Land aus dem Wasser zu heben. Nach sieben Tagen pedantischen Schaffens und streng eingehaltener Ruhe hat er sich einen Scherz erlaubt und in die 100 Kilometer lange und halb so breite Gebirgskette, einen Grad nördlich des afrikanischen Äquators, verlegt.

Das meiste, was der Besucher hier sieht, existiert anderswo nicht. Ein Paradies der Mutationen entstand.


Und weiter:

Gut gekleidet und sorgfältig untergebracht, könnte man die ständige Kälte, den Nebel, die Nässe und das dauernde Gurgeln irgendwelchen Wassers vielleicht überstehen. Aber das Schweigen, der Anblick simpler Pflanzen und Büsche, die hier ins Riesenhafte vergrößert sind, der dumpfe Geruch von Pilzen und Moosen und das Wissen, dass im dichten Dschungelteppich Würmer hausen, die einen Meter lang werden können – das alles greift einem kalt ans Herz und treibt den Besucher von diesen außerirdischen Höhen zurück.


Anthony, der Kellner, hilft bei den Vorbereitungen, weiß wer kommt und geht. Das Foto von mir und den foothills der Ruwenzoris bekommt er nicht hin; er hat noch nie durch den Sucher einer Kamera geguckt; das Objektiv zeigt immer in den Himmel. Ich probiere ein Selfie. Die Rollei 35 hat eine manuelle Entfernungseinstellung, meine Kenntnisse der Physik verlassen mich: einfache oder doppelte Entfernung bei Spiegel-Fotos?

Ibanda

Wann kommt endlich John Matte? Ich werde ungeduldig. Ich war 12 Kilometer nach Ibanda gelaufen, um den Hüter des Mountain Club of Uganda zu treffen. John Matte hält die Schlüssel zum Ruwenzori. Von Hütte zu Hütte hatte ich mich durchgefragt, der Menschenpulk um mich herum wird immer größer, man hatte versprochen, ihn zu holen. Es wird still, einige der Umstehenden zeigen auf den schmächtigen älteren Mann neben mir, der seit 10 Minuten neben mir steht.

Ich darf in das Hüttenbuch schauen. Vor vier Wochen war eine Geo-Expedition hier, ohne Gipfelbesteigung. Vor acht Wochen der deutsche Botschaftsrat aus Kampala. Ein Waldläufer aus Neuseeland treibt sich noch in der Gegend herum, ohne Gipfelambitionen.

Die Verhandlungen ziehen sich hin. Zwei Träger werden mich begleiten, bis zum Bujuku See. Jeder erhält 50 USh pro Tag, nach Schwarzmarktkurs also einen Dollar. Fernerhin muss ich besorgen:

  • Decken
  • Pullover
  • Kochtöpfe
  • eine Panga
  • Säcke zum Tragen
  • Cassava Mehl
  • Fisch für jeden Tag
  • Erdnüsse
  • Zigaretten (zwei pro Person und Tag)

Kochtöpfe und Panga kann ich von John mieten, zum Wucherpreis. Ich entdecke einen Eispickel, in Klarsichtfolie verpackt, von der Geo-Expedition; dazu uralte Steigeisen, Zehnzacker. Die Steigeisenbindungen zerfallen bei Berührung zu Staub.

In Kasese muss ich auf der Polizei unterschreiben, Rettungs- und Krankenhauskosten für die Träger zu bezahlen. Meine eigenen Rettungskosten stehen nicht zur Debatte, meine Rettung ist nicht vorgesehen. Ich erhalte einen Bezugsschein für einen Liter Benzin für meinen Kocher; das Benzin gibt's kostenlos. Ich stocke die Einkaufsliste mit zwei Ananas und den letzten erhältlichen Dosen Corned Beef auf, kaufe Extraportionen Zigaretten, als Anreiz im Fall von Schwierigkeiten. Der Quartiermanager im Margherita leiht mir Hoteldecken; der Mietpreis scheint mir höher als der Kaufpreis.

Am nächsten Morgen in Ibanda schüttelt John den Kopf. Das mit den Decken ist nichts. Die letzte Expedition konnte keine Decken beschaffen; stattdessen gab sie den Trägern 50 USh pro Tag extra, und die Träger fanden das toll. Mir ist unklar, wie man sich mit Geldscheinen warm halten kann; ich erkläre mich einverstanden mit den zusätzlichen Zahlungen. Die Decken sind ja schon bezahlt. Nach Pullovern fragt niemand mehr.

Dann stellt John mir meine Begleitung vor: Kenneth Baluku, sein Sohn, und Salary Kibaya.

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Tourengänger: detlefpalm


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