Lesen ist Silber, selber Gucken auch (III)


Publiziert von lainari , 28. Dezember 2017 um 20:19.

Region: Welt » Deutschland » Östliche Mittelgebirge » Sonstige Höhenzüge und Talgebiete
Tour Datum:26 Dezember 2017
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 1:15
Aufstieg: 80 m
Abstieg: 80 m
Strecke:3,5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis Waldhaus Hertigswalde
Kartennummer:1:30.000, SK Nr. 90 Sebnitz und Umgebung + Geoportal Sachsen 1:4.514 (siehe Text)

Historischer Silberbergbauversuch bei Hertigswalde
(Westlausitzer Hügel- und Bergland)
 
Nachdem ich „zufällig“ von einem Silberbergbau bei Hertigswalde gelesen hatte, bestand meine Weihnachtslektüre aus der Sichtung der Bestandsverzeichnisse des Bergarchives Freiberg. Dort wurde ich tatsächlich fündig.
Hertigswalde liegt bei Sebnitz an der Grenze des Lausitzer Berglandes zum Westlausitzer Hügel- und Bergland. Hikr kennt jedoch als auswählbaren Bereich nur die Oberlausitz und das Elbsandsteingebirge, erstere kein eigentliches Gebirge, sondern ein Naturraum. Wie ich aber einer vergangenen Diskussion entnommen hatte, sei die Einteilung der Gebirgsregionen Deutschlands bei Hikr abgeschlossen. Da der Normaltourist die Region zwischen Elbe und Sebnitz ohnehin in ihrer Gesamtheit als Sächsische Schweiz wahrnimmt, sei die richtige Zuordnung nur am Rande erwähnt.
Zum Aufspüren des gesuchten Bereiches eines Silberabbauversuches hilft die Geologische Specialkarte des Königreiches Sachsen No. 85 Section Sebnitz Kirnitzschtal von 1888. Im Bereich links der alten Hohen Straße nach Tomášov (Thomasdorf) an einer Richtung Tanečnice (Tanzplan) ansteigenden Bergzunge ist ein Diabasgang (Mikrogabbro) im umgebenden Granodiorit eingezeichnet. Dieser könnte Ziel eines Bergbauversuches gewesen sein. Der sächsische Kartograph Oeder verortet hier schon um 1592 einen „Silber Busch“. Aus dem Jahre 1771 ist in Archivakten ein Riss eines Unverhofft Glück Tiefer Erbstolln hinterlegt, der eine Länge von 30 Lachtern (etwa 60 m) aufweisen soll. 1794 wird möglicherweise an gleicher Stelle ein Silberwald Erbstolln und Fundgrube neu gemutet. Bereits 1799 wird der Bergbau schließlich wegen Erfolglosigkeit eingestellt. Das Areal ist auf dem Detailausschnitt der Reliefkarte des Geoportal Sachsenatlas verzeichnet und gut erkennbar. Zur Spezifik des dort eingezeichneten Stollens komme ich später.
 
Während andere Leute in zweiter oder gar dritter Schicht zur Einnahme des Festtagsmahles noch in die Gasthäuser und Restaurants strömen, habe ich mein schmackhaft gebratenes Felltierviertel längst vertilgt und mache mich am verlockend sonnigen Nachmittag des zweiten Weihnachtsfeiertages auf zu einem Silber-Quickie. Auf angenehm leeren Straßen komme ich zügig zum Waldhaus nach Hertigswalde. Das dortige Gasthaus hat erfreulicherweise dank einer tschechischen Inhaberschaft wieder geöffnet. Es ist das zweite Gasthaus des Ortes, das nach diesem Modell arbeitet. Man stellt also nicht mehr nur das Servicepersonal, sondern übernimmt selbstständig die Regie, was von den Besuchern, gemessen an der Zahl der geparkten Fahrzeuge, offenbar gut angenommen wird. Ich gehe auf der alten Hohen Straße bergwärts Richtung Grenze. Rechter Hand wurde einst ein Steinbruch betrieben, der später als Hausmülldeponie des Kreises Sebnitz genutzt wurde. Heute ist das umzäunte Areal begrünt. An einem an der Waldkante nach links abzweigenden Weg biege ich hinein und folge dem aussichtsreichen Weg. Aber auch der Blick in den bergwärtigen Wald lohnt sich bereits, weil hier Pingen einer sehr frühen Bergbauepisode auszumachen sind. In den Unterlagen des 18. Jh. wurden diese Relikte bereits als alter Bestand vermerkt. Ich halte im Wald in etwa nordwärts auf die als Weide genutzte Lichtung der Silberplatte zu und umrunde diese einmal. Schon wenig unterhalb der Grasnarbe steht hier das hellgraue Granitgestein an. Möglicherweise war die Grasnarbe einst noch dürftiger, das wäre auch ein denkbarer Grund für die Namensgebung. Nun inspiziere ich den Hang des Silberbusches über dem Hertigswalder Bach und wende mich dabei Richtung Grenze. Das Areal ist einst eingehend bergmännisch untersucht worden und weist als Folge davon einige Schürfgräben und -mulden auf. An der Grenze teilt sich der Bach fächerförmig in seine Quellarme auf. Der orografisch linke besitzt unmittelbar hinter der Grenze einen größeren Schwemmkegel, der offenbar Ziel einer Seifentätigkeit böhmischer Bergleute war und Raithalden aufweist. Ich gehe ein Stück an der Grenze hinauf, um dann nochmals den Silberbusch zu durchqueren. Am Südwestabhang finde ich einen Wasseraustritt an einem vermeintlich verbrochenen Mundloch vor, was sich mit der Eintragung des Stollens auf der Detailkarte deckt. Es ist aber keine dazugehörige Haldenschüttung ausgeprägt und die Lage relativ hoch am Hang mit nur etwa 5 m Gebirgsüberdeckung harmoniert nicht mit einem Erbstollen. Eine alte Beschreibung macht eher die angrenzende kleine Schlucht als Ausgangspunkt wahrscheinlicher. Einer Nachmessung zufolge hätte man von dort mit einem Vortrieb Richtung Südosten versuchen können den Diabasgang zu erreichen und später möglicherweise die alten Pingen zu unterfahren. Am oberen Ende der Einkerbung befindet sich jedenfalls ein heute als Teich ausgeprägter kleiner Kessel. Der Damm des Teiches könnte aus Haldenmaterial bestehen. So oder so, Silber hat hier offenbar niemand gefunden. Ich gehe nochmals von Norden auf den bewaldeten Höhenrücken und steige zur Hohen Straße hin ab. Gemütlich schlendere ich anschließend zum Waldhaus Hertigswalde zurück und beende dort meine kleine Erkundung.
Fazit: Nicht überall wo Silber draufsteht ist auch Silber drin gewesen…
 
Ich wünsche allen LeserInnen ein herzliches „Glück Auf!“ bzw. „zdařbůh!“ für das Jahr 2018!
 
Die pausenbereinigte Gehzeit betrug 1 h 15 min.
Die Weglospassagen im Wald sind mit T2 zu bewerten, die restliche Strecke mit T1.
 
Informationsquellen:
Bestandsverzeichnisse Bergakten/Risse (Archivwesen Sachsen)
Reliefkarte: Geoportal Sachsenatlas (Detailausschnitt)
Historische Karte: Geologische Specialkarte des Königreiches Sachsen No. 85 Section Sebnitz Kirnitzschtal (Deutsche Fotothek)

Tourengänger: lainari


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