Nállangáisi, 1595m Westflanke: Lyngens Traumberg Nr. 2!


Publiziert von danski , 10. Mai 2016 um 20:04.

Region: Welt » Norwegen
Tour Datum:20 April 2016
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Ski Schwierigkeit: SS
Wegpunkte:
Geo-Tags: N 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 1700 m
Abstieg: 1700 m
Strecke:In Holmbukta - Goverdalen - Rundvatnet - Nállangáisi Westflanke; Abfahrt dito inkl. Gegenaufstieg

Nachdem wir den Stortinden "Gárjelgáisi", DEN Traumberg auf der nördlichen Lyngen-Halbinsel, in unsere Norwegische Gipfelsammlung aufnehmen konnten, brauchten wir erst einmal einen Ruhetag, den wir dem Studium weiterer Gipfelziele auf der südlichen Halbinsel widmeten. Denn mittlerweile sind wir umgezogen und bewohnen nun für die kommende Woche ein traumhaftes Holzhaus mit allem Komfort in Hatteng. In der einschlägig bekannten Literatur hat uns eine Aufnahme der Westfanke des Nállangáisi, 1595m sofort in den Bann gezogen. Seiner majestätischen und freistehenden Berggestalt wegen, gilt er manchem Kennern als der schönste Gipfel in Lyngen. Seine Lage im Zentrum der Halbinsel macht ihn zu einem Gipfelziel mit dem längsten Zustieg. Das sollte für uns jedoch alles andere ein Hindernis sein.

Für die grossen Gipfel muss man in Lyngen nicht in aller Herrgottsfrühe starten. So verlassen wir unser an der Strasse parkiertes Auto erst kurz nach 07:00. Wir folgen dem Lauf der Storelva, deren steiniges Bachbett immer noch gut eingeschneit ist. Bei Goverdalen lösen Bergföhren die knorrigen Birken ab. Ein verwunschener Ort! Gewaltige Felsblöcke sind hier einst heruntergedonnert und dienen im Sommer als Spielplatz für Boulderer. Wir ziehen zügig weiter ins Tal zwischen Bálggesvárri und dem beeindruckenden Lakselvtindane Massiv, das mit seinen Felsnadeln, steilen Couloirs und zerschrundenen Gletschern an Chamonix erinnert. Den Nállangáisi bekommen wir erst nach über 2 Stunden zu Gesicht. Wow, was für ein Berg! Auf den Gipfel zu gelangen erscheint uns als recht verwegen und in der Führerliteratur wird wärmstens empfohlen, ihn nur gesichert zu besteigen. In erster Linie statten wir ihm aber eh einen Besuch ab, um seine äusserst ästhetische Westflanke zu fahren. Nach über 4 Stunden erreichen wir auf ca. 900m das Ende des Skiaufstiegs. Über uns verengt sich die Westflanke zu einem veritablen Couloir, das mit einer Steilheit von 45° aufwartet. Danach öffnet es sich in eine gleichmässige Flanke, deren Steilheit sich irgendwo zwischen 40° und 45° bewegt. Davon sehen wir aber vorerst noch nichts. Durch die Steilheit erscheint alles verkürzt, doch es sind immer noch 600HM bis zum oberen Ende der Westflanke. Zuerst kämpfen wir uns mühsam über Lawinenschnee hoch, dann wir die Schneedecke zunehmend konsistenter. Das Couloir ist wie üblich auf dieser geringen Meereshöhe rasch bewältigt. Rechterhand begleitet uns der komplett in Schnee-Blumenkohl eingepackte Westgrat. Auf ca. 1400m entdecken wir eine steile Schneerampe, die auf den Grat führt. Besteht doch noch eine Chance, den Gipfel zu besteigen??? Wir wägen vorsichtig ab und wagen einen Versuch. Noch steiler als am Stortinden arbeiten wir uns hoch. Ein fast senkrechter Schneewulst versperrt uns nur wenige Meter unter dem Grat den Weiterweg. Ich hätte zwar eine Schaufel dabei, doch sich an dieser sehr exponierten Stelle ungesichert auf Eis stehend durchzugraben, ist dann doch zu viel des Guten. Wir klettern also wieder, was uns auch fordert. Statt Trübsal zu blasen, nehmen wir das Couloir auf die Westschulter, ca. 1520m in Angriff. Wow, was für ein grandioses Unterfangen! Weiss und blau sind die absolut dominierenden Farben und der Schnee ist einmal mehr unglaublich luftig. Das würde ein Fest von Abfahrt geben!

Ich darf als erster ran. Es gibt wohl nichts schöneres als etwas derart perfektes in strahlendem Sonnenschein zu fahren! Ich ergebe mich dem Sog der Tiefe und schmiere einige lässige Kurven durch die gleissend weisse Rinne. Leider sind die folgenden Hänge eine etwas herbe Enttäuschung. Es sieht zwar alles perfekt aus, doch unter einigen Zentimetern weissem Gold verbirgt sich eine Kruste. Halt typischer Westflanken-Schnee... Der Flaschenhals im unteren Drittel muss mit technischem, also weniger flüssigem, skifahren bewältigt werden. Endlich können wir den Lawinenschnee linkerhand umfahren und ziehen zum Schluss noch ein paar versöhnlich grosszügige Kurven. Doch so schnell geben wir unsere tägliche Dosis Lyngen-Powder nicht auf! Gegenüber des Nállangáisi erspähen wir einige einladende Nordhänge, die genau das versprechen, was wir uns schneetechnisch erhofften. Nach gut 250HM Aufstieg stehen wir am Rande einer nicht allzu hohen Wächte, die uns den Sprung in den Pulvertraum ermöglicht. Tom nimmt etwas Anlauf und hängt für Sekundenbruchteile in der Luft, bevor er in einer Schneestaubwolke verschwindet und irgendwelche Urlaute von sich gibt. Na also, da hätten wir ihn gefunden, den perfekten Schnee! Ich tue es Tom gleich und komme ebenso in Fahrt. Kurz halten wir inne und bewundern unsere Linien. Doch der eyecatcher Nummer 1 ist natürlich immer noch der Nállangáisi, dem wir immer mal wieder einen Blick zurückwerfen, bevor er endgültig aus unseren Augen verschwindet. Unerwartet mühelos gestaltet sich der Rückweg. Es läuft bis am Schluss wie geschmiert und so treffen wir nach ziemlich genau 10 Stunden beim Auto ein. Was für ein Tag! Dass wir den Gipfel nicht erreicht haben, kratzt uns überhaupt nicht. Nächstes Mal nehmen wir Seil und Sicherungsmaterial mit!

Tourengänger: danski


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