Wandern auf Rügen, Teil IV: Von Sellin via Granitz nach Binz

Entgegen meiner sonstigen Gewohnheiten wollte ich heute mal keine Rundtour, sondern eine Streckenwanderung gehen. Ziel war die Granitz, ein stark bewaldeter und relativ hügliger Bereich zwischen Binz und Sellin, zwei bekannten Seebädern, die zu den meistbesuchten Ferienorten auf Rügen zählen. Zwischen den beiden Orten verkehrt der Rasende Roland, eine historische Schmalspurbahn, die mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit von 30 km/h durch die Landschaft tuckert. Die Bahnfahrt von Binz nach Sellin dauert dann trotz der kurzen Strecke immerhin 28 Minuten - es ist aber eigentlich nicht weit.

Start der eigentlichen Tour ist also am Bahnhof in Sellin, von wo ich ich erst mal mitten durch die Siedlung in Richtung Meer gegangen bin, überwiegend bergauf, denn auch bei Sellin fällt die Außenküste stark ab. Der Ort besticht durch die vielen Hotels und Pensionen im sog. Bäderstil, die die kommunistische Zeit halbwegs überstanden haben und danach gründlichst renoviert wurden; vor Plattenbauten und ähnlichen Hässlichkeiten blieb Sellin in dieser Phase zumimdest im Zentrum weitgehend verschont, die heutigen Tourismusmanager arbeiten aber mit Hochdruck dran. Am Hochufer angekommen, bin ich erst mal hinunter zur Seebrücke gegangen, wo auch Tauchgänge in einer Tauchglocke angeboten werden - voll ausgeprägte touristische Infrastruktur also... Obwohl, ich brauch nicht lästern, der Kaffee in dem Gebäude im historischen Stil kam nämlich grad recht.

Jetzt aber ab in die Botanik! Die Wanderung folgt erstmal für einige Zeit dem Hochuferweg in Richtung Binz; aufgrund des sehr trüben (aber meist trockenen) Wetters war eine nennenswerte Aussicht heue nicht gegeben. Geprägt wird der Weg von zahlreichen, meist sehr kurzen An- und Abstiegen, so dass eine exakte Berechnung der zurückgelegten Höhenmeter nicht möglich ist. Irgendwann ist der schön gelegene Schwarze See erreicht, dessen Ufer ich zu meinem Erstaunen für mich allein hatte.
Weiter ging's nun auf zunehmend breiten Forstwegen zur Wegspinne bei der Kreuzeiche. Hier bin ich nicht der Beschilderung zum Jagdschloss Granitz gefolgt, sondern bin nach links in Richtung Sellin abgebogen. An der Bahnlinie wieder nach rechts und am Waldrand zu den nächsten Häusern. Die von dort zum Schloss führende Straße ist einigermaßen steil, oben war es dann mit der relativen Ruhe auch dahin...

Das Jagdschloss selbst ist im Inneren nicht mehr mit Originalen ausgestattet, alle Sachen von Wert wurden nach dem Krieg entweder (meist von russischen Truppen, z.T. auch erst später) geplündert oder von den Alteigentümern in Sicherheit gebracht - wie sooft in Ostdeutschlands Schlössern. Spektakulär hingegen ist die Wendeltreppe auf den Schlossturm, der schon zur Entstehungszeit nur als Aussichtsturm diente - einen militärischen Hintergrund hatte der Bau (aus dem frühen 19. Jhdt.) nämlich nie.
Im direkt unterhalb gelegenen, einfach bewirtschafteten Biergarten (es gibt Getränke und Wurst vom Grill) war ein Imbiss notwendig, anschließend bin ich auf der geteerten, für den öffentlichen Verkehr gesperrten, Straße hinunter nach Binz gegangen, wo ich in der Nähe des Bahnhofs herausgekommen bin.

Fazit:
An sich recht schöne Wanderung, die bei besserem Wetter aber natürlich mehr Spaß gemacht hätte.

Die Zeitangabe ist ab dem Bahnhof Sellin gerechnet, abzüglich der Kaffeepause und der Zeit am Schloss bleibt eine reine Gehzeit von 2h40 übrig.