Seil für Skitour über Gletscher?


Publiziert von N_Altitude, 15. Februar 2019 um 14:10. Diese Seite wurde 3404 mal angezeigt.

Sali zäme!
Mich würde mal interessieren, wie es andere so halten bezüglich der Handhabung "mit oder ohne" Seil bei Skitouren, die über Gletscher führen.

Bekanntlich gibt es ja 'harmlosere' Gletscher, aber auch eher spaltenreiche Gletscher. Lassen wir die "ganz" harmlosen Gletscher, bei denen man nicht mal im Sommer einen Spalt sieht, weg. Wir nehmen auch an, dass die Sicht gut ist, und keine unsicheren Personen dabei sind und es rein um die Spaltensturzgefahr geht.

Hier nun die Frage nach Eurer Praxis:
Wenn Ihr im Winter (Februar bis Mai) mit Ski über einen Gletscher geht:
a) habt ihr gar kein Seil oder Gstältli dabei, weil es ist ja alles gut zugeschneit
b) habt ihr ein Seil und Gstältli dabei, aber im Rucksack
c) habt ihr ein Seil im Rucksack und das Gstältli an mit 'Nabelschnur'
d) geht ihr immer angeseilt
e) anderes: ..............

Ich habe mir meine Meinung eigentlich schon gebildet, es gibt ja auch Lehrmeinungen (z.b. im SAC-Buch Bergsport Winter) und auch die (verschiedenen) Meinungen von Bergführer. Was mich aber interessiert, ist, wie Du bzw. Ihr es handhabt.

Ich bin gespannt auf Eure Rückmeldungen!

Herzliche Grüsse,
Nick



Kommentare (12)


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pete85 hat gesagt:
Gesendet am 15. Februar 2019 um 14:54
Ich gehe zwar keine Skitour, aber der vernünftige Bergsteiger geht am Seil über den Gletscher und fährt bei gewissen Gletschern auch am Seil mit Ski ab!

Gruß,
pete.

أجنبي hat gesagt:
Gesendet am 15. Februar 2019 um 17:41
Anseilen ist für mich abhängig vom jeweiligen Gletscher (und der Tageszeit und der Schneemenge), aber: Gschtältli immer an, dazu Schlinge und Schraubkarabiner. 30m-Seil am Rucksack. Angeseilt hab ich bislang auf Ski so gut wie nie.

Alpin_Rise hat gesagt: RE:
Gesendet am 18. Februar 2019 um 11:48
bin genau gleicher Meinung wie أجنبي. Gletscher mit längerer Spaltenzone und nennenswerten Spalten = Gstältli angezogen, Material befestigt, Seil griffbereit beim letzten der Gruppe im Rucksack.
Ausnahme: perfekt eingeschneiter Gletscher bei guten Verhältnissen, guter Sicht und vielen Spuren, Abfahrten in bestehenden Spuren. Beispiel: Sustenhorn / Gwächtenhorn im Frühling, schneereiches Jahr, gute Abstrahlung und zeitige Abfahrt.

Die Touren, auf denen ich auf Ski angeseilt aufgestiegen bin, kann ich an einer Hand abzählen. Abgefahren am Seil noch nie. Seil und Skitour ist für mich also eine absolute Ausnahmesituation.
Meine Faustregel: Ich begehe keinen Gletscher, bei dem im Vornherein klar ist, dass am Seil abfahren müssen. Ist das der Fall, stimmen für mich die Verhältnisse nicht bzw. der Gletscher ist für mich nicht für Ski geeignet.

Es gilt immer, das Risiko Spaltensturz gegen die anderen Risiken abzuwägen. Insbesondere die Abfahrt am Seil braucht viel Disziplin, Kommunikation und gute Skitechnik, sonst wird die Seilführung (gestreckt!) schnell vernachlässigt und vor allem steigt das Mitreiss- bzw. Sturzrisiko.
Ausserdem ist man langsamer unterwegs; gerade in Seraczonen und bei Frühlingsverhältnissen ein potentielles Risiko.

Drei Tipps für Ski auf Gletscher, einfach umzusetzen aber oft vernachlässigt:
- Abfahren in Spaltenzonen konsequent in bestehender Spur, auch wenn unverspurtes Gelände lockt. Grössere Abstände einhalten. Kein Sammeln oder nur an sicherem Ort.
- Pausen nur an sicheren Stellen. Wenn nicht klar, ob sicherer Ort, Gruppe nicht sammeln sondern genügend Abstand halten. Ski nie ausziehen.
- Eine eigene, neue Spur nur mit Geländekenntnissen Sommer oder nach eingehendem Luftbildstudium (aktuelle Fotos!) legen.

G, Rise

Chrichen hat gesagt:
Gesendet am 15. Februar 2019 um 17:53
Die Frage würde mich auch interessieren. Bis anhin habe ich Gletscher mit potentiell grossen Spalten vollständig gemieden. Kleinere Gletscher, die aber durchaus auch einige Spalten haben (können), bin ich nach Variante a) gegangen und zwar z.T. auch im Alleingang. Beispiele sind: Pizolgletscher, Lang Firn am Gemsfairenstock, Glatschar da Maighels am Piz Borel, Tellingletscher am Petersgrat, Schlossfirn und Blüemlisalpfirn zwischen Engelberger Lücke und Brunnistock. Dabei habe ich darauf geachtet, dass die Gletscher gut eingeschneit sind. Ich glaube diese Kategorie Gletscher werden bei genügend Schnee standardmässig ohne Seil gemacht und habe auch niemanden mit Seil gesehen. Man möge mich aber gerne korrigieren, falls es anders wäre.
Prinzipiell denke ich Gstältli im Rucksack macht wenig Sinn. Wenn dabei sollte es wohl auch an sein. Wegen der Einschneiung sind vor allem auch regionale Unterschiede, die von Winter zu Winter variieren können zu beachten.

wildchip hat gesagt:
Gesendet am 15. Februar 2019 um 21:45
Bei der Planung von Skihochtouren suche ich mir die leichtesetn Gletscher aus, also spaltenarme.

Dann spähe ich die Route mit Satellitenfotos aus möglichst unterschiedlichen Aufnahmezeitpunkten aus, wo die Spalten sind.

Wenn ich alleine unterwegs bin, nehme ich oft kein Seil mit. Oder 30 m Halbseil.

Wichtig ist auf gute aktuelle Einschneiung zu achten, den Gletscher schon zu kennen, oder aktuelle brauchbare Verhältnisinformationen zu besitzten, und den Gletscher nach Strahlungsnacht zu betreten und mittags verlassen zu haben.

Ich erlaube mir unter solchem Vorgehen einfache Gletschertouren alleine.

Klettergurt mit Bandschlingen, Karabiner, zwei Eisschrauben, lege ich immer beim Betreten eines Gletscher an, um im Fall von Restrisko noch irgend etwas tun zu können. Ebenso ist es für mich auf jedem Gletscher obligatorisch, Steigeisen und einen scharfen Pickel dabei zu haben.

Wie soll man sonst je herasukommen, falls man doch einen unwahrscheinlichen Sturz handlungsfähig übersteht.

Wenn ein Gletscher gefährlich = sehr spaltig oder mit großen Spalten auf der Route ist, dann Kamerad und anseilen im Aufstieg.

Einen Gletscher den man angeseilt abfahren sollte, würde ich gar nicht befahren.

Delta Pro hat gesagt:
Gesendet am 16. Februar 2019 um 16:54
Ob man auf Gletschern im Winter (mit Ski an den Füssen - bessere Lastverteilung!) angeseilt geht, hängt schon sehr stark von der Verspaltung, sowie von der Schneemenge ab.

Bei kleinen Gletschern wie den oben genannten, wo es schon im Sommer kaum Spalten gibt, darf man gut ohne Gletscher-Ausrüstung hin im Winter. Bei grossen Gletscher (also solche, die aktiv fliessen und deren Spalten sich auch im Winter ständig neu öffnen können) sollte man aber auf jeden Fall den Klettergurt anhaben und ein Seil für den Notfall dabei. In Zonen, wo es offensichtlich Schneebrücken gibt (sehr grosse Spalten, oder sehr geringe Schneemenge), sollte man auch im Winter anseilen, dies in Aufstieg und Abfahrt. Dies ist aber eher der Ausnahmefall.

Soweit meine persönliche Einschätzung.

Gruss Delta

jimmy hat gesagt: Tageszeit
Gesendet am 16. Februar 2019 um 17:06
Die Tageszeit spielt ebenfalls eine grosse Rolle:
Brücken, die am Morgen noch steif und fest gefroren sind, können tagsüber gehörig aufweichen und nicht mehr halten, auch wenn sie zuvor von Dutzenden von Leuten passiert wurden.
pass uuf!
Jimmy

N_Altitude hat gesagt: Merci!
Gesendet am 16. Februar 2019 um 19:05
Sali zäme!
Danke für die zahlreiche Teilnahme. In erster Linie geht es mir wirklich drum, wie es jeder handhabt. Ich habe meine Meinung schon gebildet (Gstältli an mit Nabelschnur, Seil dabei, und mind. ein anderer noch eine lange dünne Reepschnur, falls der mit dem Seil reinfliegt - Lehrmeinung wäre meines Wissens, dass nicht nur 1 Seil dabei wäre, denn wenn der reinfliegt, tja. - aber eben, hierfür ist meine Praxis eine lange Reepschnur 3mm, um das Seil 'heraufzuholen').

Ich denke, es ist einfach spannend zu sehen, wie es andere handhaben. Es geht nicht um richtig oder falsch (das ist sowieso sehr subjektiv...), und jeder der eine Entscheidung trifft (die meisten von uns zumindest), begründet für sich seine Entscheidung auch.

Daher find ich es sehr spannend. Also freue ich mich auf weitere Teilnahmen an meiner "Umfrage" oder um einen konstruktiven Meinungsaustausch. Ich denk, es hat ja schon mal gut angefangen :)

Euch allen noch ein schönes Wochenende mit viel Sonne ^_^

Herzliche Grüsse
Nick

Alpin_Rise hat gesagt: Notfall- vs Sicherheitsausrüstung
Gesendet am 18. Februar 2019 um 12:11
Ergänzung zu meinem Kommentar oben: Das Seil auf Gletscher dient für mich persölich auf Skitouren als Notfall- und nicht als Sicherheitsausrüstung. Gleich wie LVS/Schaufel/Sonde.
Notfallausrüstung macht meine Bergtour nicht sicherer (ist nicht oft das Gegenteil der Fall...?), erweitert dafür den Handlungsspielraum im Ernstfall.

Mir ist bewusst, dass die Begriffe nicht trennscharf sind, es lohnt sich dennoch, darüber nachzudenken was man zu welchem Zweck mitschleppt.

G, Rise



nprace hat gesagt:
Gesendet am 6. März 2019 um 11:26
Salüs. was für Seile nutzt ihr?
Ich habe ein 9mm Einfachseil 40m was mir etwa so wie einen Schiffstau vorkommt wenn ich manche andere Seile sehe.
Kollegen von mir nutzen 6mm Reepschnürs 30m oder Static Lines für Gletscher bzw. Abseilen oder mobile (keine feste Verankerung) sichern im Eis oder Fels.
Wäre dankbar für Tipps um Gewicht und Volumen zu reduzieren.
Thanks und Grüsse
N

Chrichen hat gesagt: RE:
Gesendet am 6. März 2019 um 17:48
Hier ein Artikel aus bergundsteigen, der zum Thema passen könnte:
Statisches Dyneema vs dynamisches Seil (PDF)

yuri_be hat gesagt: RE:
Gesendet am 24. Dezember 2021 um 17:34
Neuer Link:
https://www.bergundsteigen.com/wp-content/uploads/2021/08/60-65statisches-dyneema-vs-dynamisches-seil.pdf


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