Sakrale Felsenbildnisse bei Mařenice (Groß-Mergthal)


Publiziert von lainari , 14. April 2015 um 20:53.

Region: Welt » Tschechien » Lužické hory
Tour Datum:12 April 2015
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Zeitbedarf: 3:15
Aufstieg: 200 m
Abstieg: 200 m
Strecke:10 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis Juliovka (Juliusthal)
Kartennummer:1:50.000, KČT Nr. 14 Lužické hory

Eingeschränkte Perspektive - Schon wieder nur alter Kram!
 
Negative Emotionen sollen die Perspektive einschränken. Wenn das so ist, bin ich grad im Tunnel…
Ich gehe in mein Arbeitszimmer und bekomme nasse Füße, zum dritten Mal innerhalb von drei Wochen leckt das Heizungsrohr an derselben Stelle. Der Dienstleister meines Misstrauens möchte seine liebgewonnene Gratisbaustelle nun auch noch ins Wohnzimmer ausdehnen. Geht’s noch? Würde man den früheren Slogan „Meine Hand für mein Produkt“ wörtlich nehmen, könnten heute einige nicht mehr in der Nase bohren.
Ich mache draußen Frühjahrsputz. Die zwei Nachbarskinder lieben Motoren. Früh höre ich den Laubbläser - es gibt kein Laub, mittags höre ich den Laubbläser - es gibt immer noch kein Laub, nachmittags fahren sie auf zwei gewerblichen Aufsitzrasenmähern mit heulenden Turbomotoren vor meiner Nase rum - es gibt nichts zu mähen. Andere Leute nervt es auch - aber ich halte die Ansprache. Grimmige Rollen lagen mir schon immer gut, mal sehn wie lange die Show nachwirkt.
Das einzig Positive diese Woche, der Frühling hat mich angelächelt. Zwar flüchtig nur, ein Mal, aber dennoch ein hoffnungsvolles Zeichen. Plötzlich war er wieder mürrisch. Warum so unstetig?

Vielleicht kann ich die positiven Emotionen mit der heutigen Tour verstärken. So setze ich mich ins Auto und mache mich auf den Weg in Richtung Lužické hory (Lausitzer Gebirge). Es ist frühlingshaft und John Paul Young trällert im Radio „Love Is in the Air“. Jetzt grad noch nicht, aber das wird schon. Ein Einheimischer winkt freundlich am Straßenrand. Habe ich hier Fans? Ich fahre über eine holprige Straße und das Auto rumpelt. Ich erreiche die glatte Talstraße in Kytlice und das Auto rumpelt immer noch. Wie war das mit den positiven Emotionen? Nicht so tragisch - Radwechsel ist Routine für mich. Nur der Reifen ist nicht mehr reparabel.
 
Mit etwas Verzögerung komme ich nach Juliovka (Juliusthal). Am großen ungenutzten Eckgebäude des einstigen Gasthauses/Tanzsaales/Kinos Knobloch an der Kreuzung hängt ein verblichenes Halteverbotsschild, so dass ich am einmündenden Radweg 3061 parke. Über diesen laufe ich nach Hamr (Hammer). Am Talboden treffe ich auf den Hamerský potok (Hammerbach). Der namensgebende Hammer am Bach wurde im Laufe der Geschichte wie einige andere Gebäude auch abgerissen. Heute zieht die Villa Mitter der Firma Mitter und Weiss, die früher im Ort zwei Sägemühlen betrieb, den Blick auf sich. Ich biege auf den talwärts führenden Wanderweg ein, der laut Karte gelb gekennzeichnet sein soll, jedoch eine rote Markierung aufweist. Kurz nach dem Ortsende bemerke ich rechts vom Bach einen turmartigen Bau, eine Turbinenkammer, und Überreste einer Sägemühle. Wenn einst Wasser aus der Felswand in den Turm geleitet wurde, musste es ja irgendwie durch den Felsen gelangt sein. Ein Stück aufwärts finde ich den zunächst etwa 140 m offen geführten Mühlgraben und den Zugang zum gut erhaltenen ca. 80 m langen Mühlgrabentunnel, den ich dank mitgeführter Stirnlampe zur Pflege der eingeschränkten Perspektive sogleich befahre. Wieder am Tageslicht, setze ich den Weg talwärts fort. Links auf dem frisch abgeholzten Talhang sind zwei Bunker der Schöberlinie zu sehen. Nach einem Wehr folgen zwei heute ungenutzte Betonbecken, die einmal ein simples Waldbad dargestellt haben konnten. Beim nächsten Wehr verengt sich das Údolí Hamerského potoka (Hammerbachtal), so dass der abzweigende wasserführende Antriebsgraben links des Baches durch einen etwa 75 m langen Tunnel geleitet wird. Danach folgen ca. 250 m offener Verlauf, die vom Wanderpfad begleitet werden. Nach einem Teich erreiche ich die Einschicht Antonínovo údolí (Antonithal/Antoniethal). Das Hauptgebäude wurde ab 1824 als Baumwollspinnerei Schicht und Brandler betrieben, bis es dann 1878 abbrannte. Wiederaufgebaut produzierte hier die Maschinenschlosserei Neuwinger. Nach dem II. Weltkrieg diente das Haus als Altersheim, heute als Behindertenheim. Der Antriebsgraben wird unterhalb der einstigen Fabrik in der Felswand links des Baches als etwa 220 m langer Tunnel mit mehreren Lichtlöchern aufwändig talwärts weitergeführt. Mehrfache Verlängerungen und Vertiefungen der Sohle weisen darauf hin, dass gewisse Wasserkraftanlagen neben der Fallhöhe und der Wassermenge auch vom Saugzug des Unterwassers abhängig sind. Der Weg passiert nun die kleine Felsenkapelle des Heiligen Antonius von Padua. Nach einer Straßenüberquerung soll sich ein weiterer, mir bis dato unbekannter Mühlgrabentunnel befinden, aber die Erkundung bleibt einem späteren Besuch vorbehalten. Je tiefer man eintaucht…
 
Ich laufe auf einem ruhigen Fahrsträßchen durch das weite idyllische Tal nach Mařenicky (Klein-Mergthal). Hier biege ich auf die Hauptstraße ab und begehe sie bis zu den Kunratické rybníky (Kunnersdorfer Teiche). Die zwei Teiche wurden in den 1980er Jahren als Naturschutzausgleich angelegt. Über den Damm des Horní rybník (Oberer Teich) gelange ich auf die andere Talseite. Nach einem kleinen Schlenker laufe ich hinter der Svitávka (Zwittebach) in etwa gerade weiter, um nach einiger Zeit links abzubiegen. Dabei nehme ich den Weg nahe der rechten Kante des bewaldeten Seitentälchens. Kurz darauf entdecke ich rechts des Weges das großartige Reliéf Nejsvětější Trojice (Felsenbildnis der Heiligen Dreifaltigkeit), das um 1740 vom Tischler Franz Schier erschaffen wurde. Nach einer Anhöhe folgt hinter einer Wiese rechts des heutigen Weges ein alter Hohlweg. An seiner Flanke befindet sich das ebenfalls von Franz Schier angefertigte, beeindruckende Reliéf úték svaté rodiny do Egypta (Felsenbildnis der Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten). Im Verlauf passiert der Flurweg das Mařenicky rašeliniště (Klein-Mergthaler Torfmoor). Unterwegs pausiere ich kurz. Nun komme ich nach Mařenice (Groß-Mergthal). Hier steige ich nach wenigen Metern rechts hinauf zum Kalvárie v Mařenicích (Kalvarienberg in Groß-Mergthal). Ich besichtige die Anlage, deren zwischenzeitlich neugebaute Kapelle auf einen Vorgängerbau von 1750 zurückgeht. Dabei finde ich erneut Felsenbildnisse vor, die ebenso wie die gerade besuchten Franz Schier zugeschrieben werden. Wieder abgestiegen, nutze ich einen Rastplatz zur Mittagspause. Anschließend durchquere ich Mařenice entlang der Hauptstraße. Dabei zieht eine Statuengruppe neben der Straße, etwa in Ortsmitte gelegen, besondere Aufmerksamkeit auf sich. Des Weiteren begeistern mich auch hier Umgebindehäuser in allen Variationen. Wenig später komme ich nach Juliovka zurück und schaue noch nach einem Fabrikrest unterhalb einer Felskante. Weiter oberhalb sehe ich noch einen Aquädukt, finde aber keinen richtigen Zugang, beziehungsweise sehe wegen des kritischen baulichen Zustandes von einer genaueren Betrachtung ab.
Trotz eingeschränkter Perspektive habe ich für heute genug positive Emotionen gesammelt.
 
Die Gehzeit betrug pausenbereinigt 3 h 15 min.
Der Weg im Údolí Hamerského potoka und die Begehung des Mühlgrabens bei Hamr haben die Schwierigkeit T2, die übrige Strecke hat die Schwierigkeit T1.
Die Webseite www.luzicke-hory.cz ist eine wahre Fundgrube für Informationen und ist aufwändig mehrsprachig gestaltet.

Tourengänger: lainari


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