Auf und ab über die Bergkette, die das Onsernone vom Centovalli trennt Tag 4 und 5


Publiziert von Regula52 , 1. November 2013 um 00:23.

Region: Welt » Italien » Piemont
Tour Datum: 7 Juli 2013
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Zeitbedarf: 2 Tage
Strecke:Punkt 2027, Passo di Campolatte, Punta di Pezza Comune, Pizzo di Campolatte, Pizzo della Forcola, Forcola di Larecchio, Punkt 2041, Punkt 2027, Alpe Soglio, Punkt 1837, Alpe Cugnolo, Croso fuori, Alpe Ovia, Bagni di Craveggio, Spruga
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Zu Fuss
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Postauto
Unterkunftmöglichkeiten:Biv. Campolatte CAI
Kartennummer:CD Ticino 1: 25000

Für die Wegpunkte schaue man die Minimap des Berichtes der ersten drei Tage an. 

Heute habe ich die  Gratwanderung von der Punta die Pezza Comune zum Pizzo della Forcola vor, auf die ich mich schon lange freute.
Erwachen am Morgen. Alles fühlt sich feucht an.  Offensichtlich wieder Regen nachts. Blick nach draussen: Nebelmaschine wieder an.  Das Wetter dieses Jahr ist wirklich verhext.  Auch bei strahlenden Sonnen in der Wettervorhersage regnet es.  Wenigstens sind die Tage lang. Ich schaue mich  um, erfreue mich an den wunderschönen Enzianwiesen mit vielen weisslich hellblauen Enzianen. 
Der Nebel lichtet sich etwas, der Passo di Campolatte  wird sichtbar und ich breche auf. Nur mit Tagesrucksack bestückt. Das Zelt lasse ich stehen. In der Flanke der Punta die Pezza Comune höre ich Glöckchen und sehe .... Ziegen.  Ums Himmels willen, hoffentlich fressen die mir mein  Zelt nicht weg. Nach dem Blitzgedanken sehe ich ein Bild aus meiner Kindheit vor meinem inneren Auge:  Weisse Leintücher auf der Wiese, (unsere Nachbarin hatte sie auf die Wiese gelegt zum bleichen in der Frühlingssonne) Ziegen, die daran zerren und kauen. Sie hatte sie kurz unbewacht gelassen, war nach Hause gegangen, um Kaffeewasser zu holen. Kaffeewasser das war stark verdünnter Kaffe, den man so zwischen hinein auf dem Feld trank. Das Getränk war sehr  Durst löschend.  Ich half ihr die Leintücher bewachen. Natürlich haben wir während des bewachens   gearbeitet. Lawinenholz und Steine zu Haufen zusammen getragen.  Das Gelächter im Dorf kommt mir in den Sinn; die Ziegen haben der Marie die Leintücher gefressen.... Soll ich umkehren und das Zelt holen?
Ich beschliesse weiter zu gehen und nicht mehr an die Ziegen zu denken. Aber immer wieder kommen mir Schreckensphantasien in den Sinn, was die Ziegen alles mit meinem Zelt anstellen könnten.
Auf den Passo di Campolatte hat es einen schmalen Weg.  Der Aufstieg zur Punta di Pezza Comune über den Grat ist schön und aussichtsreich.  Allerdings fliegen immer wieder Wolkenfetzen  über meinen Kopf. 
Ich halte Ausschau nach weiteren Unternehmungen für nächstes Jahr.  
Von der Punta die Pezza Comune geht's auf gleichem Weg zurück zum Passo di Campolatte.  Der Grat zum Pizzo di Campolatte sieht auf der Karte und vom Pass aus schwieriger aus, als er ist.  Die Sonne scheint jetzt. Der Aufstieg und der Weiterweg dem Grat entlang, ist wunderschön.  Der Gipfel der Pioda di Crana steckt schon bald in Wolken.  In der Nähe der Forcola di Larecchio sehe ich die schönste Enzianwiese, die ich je gesehen habe. Dunkelblaue, mittelblaue, hellblaue, violette, weisse, weisse mit lila und grün. Wunderschön. Ich mache mich ans photographieren.  Donnergrollen in der Ferne, das ich nicht gross beachte.  Es kommt dann sehr schnell näher, sodass ich das Gewitter ernster nehme. Da auf dem Grat stehen ist wohl nicht so ratsam. Schnell steige ich ab in die Flanke und suche bei niedrigen Felsen Schutz.  Das Gewitter ist jetzt direkt über mir. Blitz, Knall. Riesige Regentropfen und dann Hagel, Hagel, Hagel.  Es will nicht mehr aufhören zu hageln.  Es sieht aus als hätte es geschneit. Ganz steif vom langen kauern und der starken Abkühlung mache ich mich auf den Weiterweg.  Zurück auf den Grat. Die Enziane haben die Blüten geschlossen.  Die andern Blumen, die das nicht können sind zerfetzt. Vorsichtig steige ich ab zum Weg über die Forcola.  Der Untergrund ist stellenweise  glitschig wie Seife. 
Vorsichtig mache ich mich auf den Weg zurück  zur Alpe Piana. Die Sorgen um mein Zelt versuchen von meinem Gehirn Besitz zu ergreifen. Hagel macht Löcher, Ziegen fressen,... Vom Punkt 2014  sieht man auf die Alpe Piana hinunter. Die zwei Pferde und das Maultier stehen im Regen und fressen.  Die Kühe haben sich in den Stall zurückgezogen.  Ich beschliesse noch zur Alpe Soglio zu gehen, um den Weg für morgen auszukundschaften.  Ein Wegweiser, den ich da nie erwarte hätte lässt meine Stimmung zuversichtlicher werden.  Die Schuhe werden immer schwerer vor Nässe. Nun steige ich direkt schräg dem Hang entlang durch recht hohes Gras und Alpenrosenbüsche zurück zu Punkt 2027. Mein Zelt steht noch.  Es regnet. 
Nun gilt es die Nässe draussen zu lassen. Nach Menu Schokolade lege ich mich zur wohlverdienten Ruhe. Diese dauert nicht lange. Tropf, tropf, unter dem Mätteli hat es bereits Wasserpfützen. Offensichtlich hatte ich da nicht alles gut abgedichtet. Nach dem Kampf durch die Alpenrosen folgt jetzt der Kampf gegen die Wassertropfen. Heftpflaster hilft ein wenig, Umleiten der Wasserbächlein auch ein wenig. Zum Glück hört es irgendwann in der Nacht auf zu regnen. 
Am andern Morgen scheint  etwas die Sonne. Trocknungsversuch und dann alles packen.  Dann hinunter zur Alpe Soglio. Auf dem Wegweiser dort steht sage und schreibe Spruga CH. Durch ein schönes Hochmoor komme ich in die Nähe der Alpe Galeria.  Dort steht ein weiterer Wegweiser, der das Tal hinunter zeigt mit der Aufschrift Spruga.  Auf meiner Karte gibt's da keinen Weg, in Realität braucht es etwas Phantasie um ihn zu sehen.  Auf der Höhe von circa 1,50m abgeschnittene Baumstämme dienen als gelegentliche  Markierungen. Ich realisiere jetzt, dass der Weg zur Alpe Cugnolo führt. Kurz oberhalb steht eine mächtige alte Tanne, die innen ganz hohl ist. Nach Cugnolo geht es auf recht zuverlässiger Wegspur steil hinunter nach Croso di fuori. Im hohen Gras ist es dann schwierig den Weg zur Alpe  Ovia zu finden, es gibt aber gemalte Markierungen auf Steinen. Von Ovia an gibt es einen sehr schönen Saumpfad bis zur Schweizer Grenze. Nur einmal muss man wegen eines Bergsturzes ins Flussbett ausweichen. 
Meine Heimat begrüsst mich mit einer Asphaltstrasse und einer Verbotstafel. 
Die Schuhe sind schwer vor Nässe und die Füsse scheinen sich aufzulösen, die Asphaltstrasse ist nahrhaft, aber bis Spruga ist es nicht weit. 
Ich glaube es kaum, eine lange Tour schon vorbei, heil überstanden und unzählige  einmalige Erinnerungen bevölkern meinen Kopf.


Tourengänger: Regula52


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