Svolværgeita - Klettern unter der Mitternachtssonne


Publiziert von karstencz , 3. Oktober 2006 um 23:42.

Region: Welt » Norwegen
Tour Datum:28 Juni 2002
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Klettern Schwierigkeit: V (UIAA-Skala)
Zeitbedarf: 3:00
Aufstieg: 50 m
Abstieg: 50 m

Lofoten, Magic Islands, Traumland für Trekker, Kletterer, und mannigfache sonstige Natur- und Landschaftsbegeisterte. Dem Bergfreund fällt an allen Post­karten­ständern ein immer wiederkehrendes Motiv auf: Ein Kletterer, der mal mit, mal ohne Seilsicherung von einer Felszacke zu einer anderen springt, irgendwo hoch über den Schären. Nachforschungen bringen einen rasch zu dem Ergebnis, dass es sich dabei um Besteigungen des Svolværgeita handelt. Das müssen wir uns aus der Nähe ansehen. Wir finden tatsächlich einen Bergsport- und alles-mögliche-Laden, in dem es einen englischsprachigen, recht ausführlichen Kletterführer zu kaufen gibt. Schnell sind darin der gesuchte Gipfel gefunden und die an ihm für uns möglicherweise machbaren Wege, das sind so ein bis zwei, studiert. Ich versuchte, sie mir einzuprägen, aber dann haben wir das recht norwegisch-preisige Edelbuch doch gekauft.

Der turmartige Gipfel erhebt sich nördlich über der Siedlung Svolvær auf der Insel Austvågøy, der größten und nördlichsten in der Lofotenkette. Er steht am zum Ort hinab­ziehenden Hang des Finnøy, eines teils felsigen, überwiedgen grasigen Bergstocks. Von der Kirche, Parkplatz am Friedhof, führt ein schmaler steiler Pfad hinauf zur Scharte. Wir waren an diesem Tag, 28. Juni 2002, nicht die ersten, und auch nicht die letzten, Kletterer, die dem eindrucksvollen Kletterfelsen einen Besuch abstatteten. Auch ein mit großer Ausrüstung bewaffneter Fotograf traf bald ein und brachte sich am Berg etwas oberhalb der Gipfelhöhe in Position, offensichtlich um den berühmten Sprung abzulichten.

Wir entschieden uns für den mit „V+“ bewerteten „Ringweg“. Aus der Scharte geht es gleich recht schwer (IV) an dem rechtesten Riss in der Bergseite zu einem geneigten Absatz und weiter hoch zu bequemen Absatz. Von hier Wandstufe und gutgriffigen Riss zur Südwestschulter, von welcher nachgeholt wird. Die Schlüsselstelle stellt an dieser Stelle ein kleiner Überhang da, bei dem eine alte Normal-Ring-Öse zur Sicherung dient. Dann geht es leichter eine schräge Hangel (IV) rechts hinauf zu eine zweiten Ring-Öse, und schließlich wird deutlich leichter (III) hangelnd nach links gequert und bei der Südwestkante die etwas größere der beiden Gipfelspitzen bestiegen. Der spektakuläre Sprung zur andern Spitze, an der sich die Abseilöse (betoniert mit Kette) befindet, erweist sich als nicht unbeding notwendig, man erreicht diese auch mit einem beherzten Spreizschritt. Ein Gipfelbuch fanden wir nicht. Nach ausgiebiger Gipfelrast in der blendenden und wärmenden Sonne, mit schönem Blick auf kleine norwegische Häuschen, Boote, Fischerhafen, Schären, Fjordarme, Lofoten-Berge und Meer, seilten wir (45Meter!) zur Scharte ab. Bei dem Fels handelt es sich um wunderbar festen und rauen Granit. Das Wetter war so schön, dass wir in kurzen Hosen und T-Shirts unterwegs waren, und Insekten gab es auch nicht. Kurzum, eine Ideal-Kletter-Partie.

Und weil’s so schön war, beschlossen wir gleich noch den Finnøy, der eigentlich ein Wander­berg ist, kletternd über seinen nicht sehr kantenartig ausgeprägten Süd- / Südost­rücken zu besteigen. Von der Svolværgeita-Scharte gingen wir einige Meter hinan zum Fuß des geneigten Felsrückens, dann bei der Kante zwei mal 25m (IV) zu einen kleinen Kopf, 15m (III) über diesen, zu breitem grasigen Absatz. Weiter linkshaltend über Reibungsplatten (IV+, 25m), dann leichter (20m) auf einen kleinen Sporn. Von diesem rechts Überfall, und weiter nochmals zwei Seillängen (III und II), zum Schluss Schrofen und Gehgelände, über grasige Absätze zum breiten Vorgipfel. Wir fanden keinerlei Spuren früherer Begehungen dieser Route. Die Sicherung mit Schlingen und einigen wenigen Klemmkeilen und Friends bereitete keinerlei Probleme. Das Wetter bleib die ganze Zeit über so schön sommerlich, erst später, beim Abstieg gab es einen kühlenden kurzen Regenschauer. Vom Vorgipfel führt ein langer, fast horizontaler grasiger Grat nordostwärts zum Gipfel, den wir in 15 Minuten wandernd erreichten. Von seinem kleinen Felsaufbau (Blockkletterei I-II) weitet sich der Blick nach Norden und Westen, über die Fahrlinie der Hurtigruten nach Digermulen ... .


Tourengänger: karstencz



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