Auf den Spuren der Gräflich Waldsteinschen Waldbahn Rečkov I


Publiziert von lainari , 13. Juli 2018 um 22:00.

Region: Welt » Tschechien » Jizerská tabule
Tour Datum:13 Juli 2018
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Zeitbedarf: 4:15
Aufstieg: 215 m
Abstieg: 215 m
Strecke:21,5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis Velký Rečkov
Kartennummer:1:50.000, KČT Nr. 15 Máchův kraj

Rečkovská lesní dráha
 
Einführung
Nördlich von Bělá pod Bezdězem (Weißwasser) erstreckt sich ein riesiges Waldgebiet, das einst zum Besitz der Grafen von Waldstein gehörte. Als wegen Schädlingsbefall um 1913 große Mengen Kiefernholz zum Abtransport anstanden, entschloss man sich zum Bau einer Waldbahnstrecke in der für Österreich-Ungarn typischen bosnischen Spurweite (760 mm). Mit dem Streckenbau beauftragte man die Firma Orenstein & Koppel. 1914 wurde der Abschnitt zwischen dem Sägewerk Rečkov, an der Hauptbahn zwischen Česká Lípa (Böhmisch Leipa) und Bakov nad Jizerou (Backofen an der Iser) liegend, und Stražov (Strassdorf) eröffnet. Zum Einsatz kamen zwei Dampflokomotiven, ein Zweikuppler von Krauss und ein Dreikuppler von Orenstein & Koppel. Später erweiterte man den Fuhrpark noch um eine Diesellokomotive. 1925 wurde die Strecke bis zum Forsthaus Trojzubec (Dreizipfel) bei Hradčany (Kummer) verlängert und erreichte somit eine Streckenlänge von 25,96 km. Ein Weiterbau durch das Kummergebirge bis Srní u České Lípy (Rehdörfel) war vorgesehen, kam jedoch nicht mehr zur Ausführung. An der Waldbahnstrecke gab es bei Radechov, in Strassdorf und am Streckenende beim Forsthaus Dreizipfel am Eingang zum Langen Grund Ladestellen, wo Züge Kreuzen, Umsetzen und Beladen werden konnten. Dort sollen auch jeweils Möglichkeiten zur Wasserversorgung der Lokomotiven vorhanden gewesen sein. In der ansonsten trockenen Landschaft war und ist Wasser eine Rarität. Ihre Blütezeit erlebte die Bahn in den 1920er-Jahren, als sie bis zu 120.000 Festmeter Holz jährlich abtransportierte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie verstaatlicht und lag zu einem Großteil auf dem jetzigen Truppenübungsplatz Ralsko. In der Folge wurde sie 1950 eingestellt und abgebaut. Der Streckenverlauf ist in der Generalstabskarte System S 1952 1:50.000 mit Bearbeitungsstand 1948 noch eingezeichnet, auf den Exemplaren 1:25.000 von 1952 jedoch bereits verschwunden. Ich machte mich gespannt auf den Weg, was Forstwirtschaft und Militär nach knapp 70 Jahren noch für verwertbare Spuren der Bahntrasse übriggelassen haben.
 
Erkundung der Bahntrasse
Aus logistischen Gründen habe ich die Erkundung in zwei Abschnitte aufgeteilt, wobei ich mit der Begehung von etwa Streckenmitte bis zum Streckenende begann. Als Fortsetzung kam nun die Erkundung des fehlenden Abschnitts von Streckenbeginn bis etwa Streckenmitte zur Ausführung. Nach zwei Regentagen sollte die Waldbrandgefahr in den ausgetrockneten Kiefernforsten deutlich gesunken sein. Der heutige Tag begann etwas trübe und erreichte moderate Höchstwerte um die 22° C. Ich fuhr bis Velký Rečkov und parkte dort. Vom dortigen einstigen Sägewerk ist nicht mehr viel Bausubstanz erhalten geblieben. Ich folgte der einstigen Trassenführung der Schmalspurbahn entlang der Normalspurstrecke. Das Sägewerk soll einst einen normalspurigen Anschluss zum Umladen von Holz, Holzprodukten sowie Kohle besessen haben. Im Verlauf sank die ehemalige Waldbahntrasse im Höhenniveau ab, bis sie mit einer Unterführung, eine von nur drei Kunstbauten auf der gesamten Waldbahnstrecke, unter der Normalspurstrecke hindurch geleitet wurde. Durch eine Taleinkerbung stieg die Trasse auf die Hochfläche hinauf. Ausgangs des Grundes bog sie stärker nach links, bevor nach einigen Metern gerader Führung der Gegenbogen nach rechts folgte. Der Rest ist schnell erzählt, die nächsten ca. 7 km gehen einfach geradeaus und sind auf heutigen Forstwegen gut zu begehen. Unterwegs wurde dabei die leichte Anhöhe des Kozí hřbet (Ziegenrücken) überquert und eine Fahrstraße gekreuzt. Dann wurde es wieder spannender weil der angrenzende Wald deutlich jünger wurde und der erwartete Linksschwenk der Trasse schwerer wahrnehmbar war. Instinktiv richtig, machte ich die einstige Ladestelle Radechov aus. Die gerade Strecke endete zu Betriebszeiten nach einem Ausweichgleis stumpf, das weiterführende Gleis bog kurz zuvor schräg nach links ab. Die weiterführende Strecke war durch eine Einkerbung und Aufschüttungen längs des Verlaufes gut auszumachen. Eine Quelle wurde in einem Becken gesammelt und diente wohl der Wasserversorgung der Dampflokomotiven. Nach einer Weile kam ich in der Nähe des einstigen Forsthauses Eier-Brunn/Vejčín zur Straße Bělá pod Bezdězem (Weißwasser) - Kuřivody (Hühnerwasser), die ich als Trennungspunkt der Trassenerkundung vorgesehen hatte.
 
Rückweg
Zum Rückmarsch nahm ich ab der Straße den Mariánská cesta (Marien Weg). Diesem folgte ich bis zur Erhebung des Radechov. An der Flanke des bewaldeten Berges befand sich das býv. hájovna Radechov (Forsthaus/Jagdschloss). Da das Gebäude zu dieser Jahreszeit als Kinderferienlager genutzt wird, beließ ich es bei einer Besichtigung von Weitem und ging weiter bis zur Straße. Hier wandte ich mich ein kurzes Stück nordostwärts und bog auf einen asphaltierten Waldweg ein. Nach längerem Marsch traf ich an einer Kreuzung auf die Fläche des býv. hájovna U Bílého kříže (Forsthaus Am Weißen Kreuz). Das Forsthaus ist abgetragen aber ein weißes Kreuz wurde wieder aufgestellt. Nach einer kurzen Pause lief ich geradeaus weiter, mittlerweile war der Weg als grüner Wanderweg markiert. Von links kam der Zaun des Obora Klokočka (Wildgatter) an den Weg heran. Der Waldweg mündete in eine Straße ein, auf die ich nach rechts aufbog und auf der ich kurz darauf zum Ausgangspunkt Velký Rečkov zurückkam.
Die Begehung des beschriebenen Trassenabschnittes ist somit bis auf die Wegfindung bei der einstigen Ladestelle Radechov recht einfach zu bewerkstelligen.
 
Die pausenbereinigte Gehzeit betrug 4 h 15 min. Die Schwierigkeit ist als T1 zu bewerten.

Historische Karten: archivnimapy.cuzk.cz

Tourengänger: lainari


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