Old Rag Mountain (996m)

Nachdem ich so viel Gutes über den Appalachian Trail in den USA gehört hatte, und ich zufällig in der Nähe war, wollte ich mir die Sache mal etwas näher anschauen. Für den gesamten, 3500km langen Trail reichte aber bei mir definitiv weder die Zeit noch die Lust. Eine lohnende Alternative schien mir daher die Besteigung des Old Rag Mountain (996m) in Nordvirginia zu sein, die von Tasaio unter Shenandoah NP - Old Rag Mountain schon beschrieben wurde. Dieser Berg ist zwar für Appalachenverhältnisse weder sonderlich hoch, noch ist die Besteigung sehr schwierig. Trotzdem wurde diese Tour auf alltrails.com zur Nummer 1 in Virginia gewählt. Wahrscheinlich weil es eine der wenigen Touren westlich des Mississippi ist, bei der man durchaus ordentlich Hand an den Fels legen muss.

Old Rag Mountain (996m) liegt im beliebten Shenandoah-Nationalpark. Man muss also Eintritt bezahlen, oder einen der diversen Pässe vorweisen können (obwohl ich niemanden gesehen habe, der kontrolliert hätte). Die Tour ist eine der beliebtesten Wanderungen in den gesamten Appalachen. Schon Bill Bryson erwähnt in seinem Buch "A walk in the woods", dass man an schönen Sommerwochenenden am Gipfel Schlange stehen müsse. Das liegt wahrscheinlich auch an der Nähe zu den großen Ballungsgebieten der Ostküste.

Wie dem auch sei, ich war an einem recht kühlen aber trockenen Werktag Anfang April da, und habe kaum Leute gesehen. Die Warnung, dass die Überschreitung 7-8h dauern würde, ist m.E. auch völlig übertrieben. Die Tour ist am ehesten mit einer typischen, 4-5-stündigen, leichten Mittelgebirgswanderung (Bayr. Wald, Schwarzwald, etc.) vergleichbar, wobei man zusätzlich etwas klettern muss.

Ich habe mich in einem Motel in Culpeper/VA einquartiert, das östlich etwa 1/2h mit dem Auto entfernt liegt. Am gut ausgeschilderten Old Rag Trailhead gibt es einen großen, kostenlosen Parkplatz. Dort ist auch eine Hütte des Shenandoah-Nationalparkservice, wo man falls nötig, die Gebühr für den Park bezahlen kann.

Zuerst ging's ca. 1.5km auf der Straße bis zum eigentlichen Trailhead, dann etwa 3.5km/500Hm auf einem sehr einfachen Wanderweg (T2) durch den Wald. Auf ca. 800m Höhe trifft man dann zum erstenmal auf größere Felsen, und es geht schon gleich gut los: Ich muss an einer Engstelle den Rucksack abnehmen, um mich durchzuzwängen. Ab jetzt wird viel aber einfach geklettert (I), um die restl. paar Höhenmeter bis zum breiten Gipfel zurückzulegen. 

An einer Stelle muss man in einen ca. 1m breiten und 3-4m tiefen Spalt absteigen, dessen Wände nur wenige Tritte aufweisen. Hier habe ich eine Dreiergruppe von Wanderern getroffen, die wieder umgekehrt sind. Die Stelle ist allerdings überhaupt nicht ausgesetzt, und wenn man den richtigen Tritt findet, ist sie schnell überwunden. Ein anderer "Höhepunkt" ist eine erstaunlich treppenartige Stelle, an der man einen Klemmblock unterkriechen muss. 

Insgesamt habe ich für den Felsgrat allein etwa 1h gebraucht (mit vielen Fotopausen). Der Gipfel selbst ist ein schöner, geräumiger Picknickplatz. Der Gipfelblock am höchsten Punkt selbst verlangt noch einmal etwas "schärfere" Kletterei (II). 

Am Gipfel hab ich etwas später dann ein paar andere Wanderer getroffen. Mit einem etwas älteren Solowanderer bin ich dann über die bequeme Westroute (T2) abgestiegen. 

Fazit:

• Eine für Hikr-Verhältnisse völlig unproblematische, harmlose Mittelgebirgswanderung gewürzt mit Blockkletterei auf dem O-Grat.
• Landschaftl. sehr schön aufgrund der Felsszenerie.
• Bei Nässe evtl. heikel.