Überfordert in den Cairngorms


Publiziert von Frangge , 7. Oktober 2014 um 22:21.

Region: Welt » United Kindom » Schottland
Tour Datum:19 August 2014
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 1800 m
Abstieg: 1800 m

Gleich zu Beginn unseres Schottlandurlaubs wollen mein Bruder und ich auf eine viertägige Wanderung mit Zelt gehen. Die Cairngorm Mountains haben wir uns herausgesucht, weil es in Aviemore eine gute touristische Infrastruktur gibt, die Distillerien für das Entspannen nach der Wanderung nicht weit sind (Speyside) und auch weil im Osten Schottlands es nicht gar so viel regnen soll, wie z.B. am Atlantik. So weit der Plan. Die Realität war dann wie so oft anders.

Montag, 19.8.2014
Wir sind gegen Mittag in Aviemore angekommen und haben erst noch Proviant und die letzten fehlenden Utensilien eingekauft. Danach erstmal das überflüssige Gepäck im Hostel (Cairngorm hostel) loswerden. Schliesslich ist es schon nach fünf Uhr, bevor wir endlich loskommen. Wir gehen einen Halbkreis um den Loch Morlich, durchqueren ein Stück des Rothiemurchus Forest und halten auf das Lairig Ghru zu, jetzt auf der Suche nach einem geeigneten Zeltplatz, der dann auch bald gefunden ist - möglichst nicht allzu nass ist die Hauptanforderung. Der Wanderweg bis hierhin ist einfach und gut ausgebaut, einzig das viele Wasser hinterlässt manchmal schon stark seine Spuren auf dem Weg (T2). Pünktlich als wir unser Abendessen kochen wollen, fängt es auch schon an zu regnen. Zwischen den Schauern kochen wir dann schliesslich. Nach dem z'Nacht gehen wir recht müde früh in die Kojen, der nächste Tag sollte dann auch anstrengend werden.

Dienstag 20.8.2014
Nachts gab es immer wieder Schauer, es besteht keine Aussicht, das Zelt trocken zu bekommen, also brechen wir morgens recht zügig auf. Der Wetterbericht vom Vortag vom Hostel gibt eine kleine Chance an, Sicht auf den Hügeln zu haben. Kurze Schauer und kaum Wind sind angesegt. Denkste! Aber von vorne: Wir folgen dem Bach (Allt Druidh) bis kurz nach der Stelle, wo der Weg den Bach quert. Hier gabelt sich der Weg, einmal das Tal entlang zum Pass und dann auch hoch Richtung Sron na Lairige. Diesen nehmen wir und kommen recht zügig und vor allem noch trocken voran. Nach gut einer Stunde kommen wir an eine erste flachere Stelle und vor allem so langsam in den Nebel. Der Weg ist weiterhin gut sichtbar und laut Karte soll er das auch bleiben. Relativ gemütlich und weniger steil gehen wir weiter, es kommt allerdings ein kräftiger Wind auf, was das Ganze etwas weniger gemütlich werden lässt - aber wir sind ja in Schottland... (T2 bis hierhin)

Etwa zwei Kilometer vor dem Braeriach, gerade als der letzte Anstieg verliert sich der Weg früher als erwartet, der Nebel wird dichter und ein ungmütlicher Eisregen/Graupelniederschlag setzt ein. Wir folgen dem Plateau Nahe dem Abbruch, das ist ohnehin die geschickteste Wegführung und auch im Nebel gut erkennbar. Hin und wieder hat es Wegspuren. Zwischen dem Braeriach und dem Carn na Criche muss ein Bach gefurtet werden, was problemlos vonstatten ging. Der Aufstieg zu letzterem Hügel ist kurz und weniger steil. Mittlerweile sind wir aber trotz Regenkleidung gut durchnässt. Auch den Angel's Peak nehmen wir gerade in Sichtweite zu Abbruchkante gehend in Angriff. Oben bin ich mir nicht 100% sicher, ob wir nun auf dem Angel's Peak oder dam Cairn Toul stehen. Der Höhenmeter hilft hier auch kaum weiter... Der Kompass lässt jedoch richtigerweise vermuten, dass wir auf dem Angel's Peak stehen.

Dennoch lasse ich mich von Wegspuren am Pt 1140, die talwärts gehen dazu verführen, meine Meinung zu ändern. Erst als sich der Nebel für kurze Zeit und gerade weit genug lichtet, um den kleinen See Coire an Lochain Uaine zu erkennen, bemerken ich meinen Irrtum - also weiter geht es. Mein Bruder hat mittlerweile eigentlich genug. Dazu kommt nun, dass dieser Anstieg der mühsamste des Tages sein sollte. Viel grobes, nasses, rutschiges, flechtenbewachsenes Geröll und relativ steil. (T4 wohl auch wenn einigermassen trocken)

Am Gipfel des Cairn Toul angekommen, stehen wir wieder im dichten Nebel und ich kann den weiteren Weg nicht ausmachen. Es scheint überall steil weiter zu gehen. Also wieder zurück zum Pt 1140. Dort lichtet sich der Nebel abermals, diesmal länger und die Sicht ist auch besser. Ich kann mich eindeutig orientieren und muss meinem Bruder schonend beibringen, dass wir umsonst wieder abgestiegen sind. Wir umgehen den gerade bestiegenen Gipfel auf gleichbleibender Höhe und haben noch den Stob Coire an t-Saighdeir vor uns.

Eigentlich ist das nur ein kleiner Hügel, der letzte Anstieg ist auch nicht wirklich steil. Mein Bruder geht allerdings schon auf dem Zahnfleisch und wir beide sind auch schon durchnässt bis auf die Knochen, als es nach kurzer Pause wieder anfängt zu regnen/graupeln. Immer schön weiter bewegen, damit man nicht anfängt zu frieren... Selbst der Abstieg von eben erst erklommenen Hügelchen dauert gefühlt drei mal so lange als normalerweise. Es steht dann ausser Frage, dass wir den Devil's Point nicht mehr besteigen, sondern direkt zum Corroir Bothie absteigen.

Dort angekommen schlagen wir unser Zelt auf, mühen uns aus den nassen Klamotten und richten es uns 'gemütlich' ein. Das Bothie selbst ist diese Nacht überfüllt, selbst bevor eine zwölfköpfige Gruppe Offenbacher Pfadfinder ankommt, ist die kleine, sehr einfache Schutzhütte schon gut besetzt.

Mittwoch, 21.8.2014
Leider kommt bei meinem Bruder zur Erschöpfung noch ein leicht fiebriges Gefühl dazu, weswegen wir dann beschliessen, einen Tag dort zu bleiben. Mein Bruder scheint die Erholung nötig zu haben und auch ich unternehme wenig, ein kleiner Spaziergang um da Bothie liegt bei typisch schottischem Wetter gerade noch so drin.

Donnerstag, 22.8.2014
Nach dem Ruhetag geht es dann wieder einigermassen, das Wetter ist auch ein bisschen besser, mein Bruder ist allerdings nicht unbedingt motiviert, die vier geplanten Tagesetappen auch durchzuführen. Deswegen geht es dann zurück nach Aviemore. Immer dem Allt na Lairig Ghru auf gutem Weg (T2) folgend erklimmen wir die wenigen hundert Höhenmeter zum Pass. Vorbei an den Pools of Dee geht es dann schliesslich nur noch bergab, bevor uns während einer Regenpause (es regnet nur noch, keine Graupel und kein Wind im Tal...) eine Mittagspause gönnen. Als der Regen wieder einsetzt, setzen wir unseren Weg zur Rothiemurchus Lodge fort. Dort machen wir regengeschützt eine weitere Pause. Von hier gehen wir auf dem Forstweg zurück zur geteerten Strasse. Langsam wären wir froh, wieder am Hostel anzukommen. Selbst einer meiner Wanderschuhe gibt auf - die Sohle löst sich zur Hälfte! Eine Stunde später kommen wir tatsächlich an und freuen uns auf eine Dusche, trockene Klamotten und ein feines Stout aus der lokalen Brauerei.

Fazit: Ja, das Wetter in Schottland kann fürchterlich sein. Ja, das haben wir vorher gewusst. Man sollte also schon motiviert sein, durchnässt unterwegs zu sein und immer wieder rein in die nassen Schuhe zu müssen. Ich würde gerne eine Zelttour unternehmen, die länger als die beiden Tage dauert. Die Hügel in den Cairngorms sind nicht all zu schwierig zu begehen, man sollte sich allerdings bewusst sein, dass oft keine Wege vorhanden sind und wir durften ja auch selbst miterleben, dass die Orientierung dann nocht mehr so einfach ist.

Tourengänger: Frangge


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Kommentare (2)


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Seeger hat gesagt: = 4 Tage
Gesendet am 8. Oktober 2014 um 10:06
Ciao Frangge
Tapfer, Tapfer...
Montag - Dienstag - Mittwoch - Donnerstag...
Regen, Nebel, Volle Hütte, weniger Nebel, immer noch nass
= 4 Tage Durchhaltewille.
Gratuliere. Eifach s'zäni!
Gruss
Andreas

Frangge hat gesagt: RE:= 4 Tage
Gesendet am 19. August 2015 um 22:50
Njä Andreas,
die richtig zähen sind ja dort die Schotten, beim welchem Wetter und Temperaturen da biwakiert wird...
Ein Jahr später kann man das Ganze ja etwas romantisieren :), es war aber tatsächlich schon etwas zäh.


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