Durch das Herz des Fiordlands – der Dusky Track


Publiziert von t2star , 8. Februar 2013 um 20:48.

Region: Welt » New Zealand » Fjordland Nationalpark
Tour Datum: 9 Januar 2006
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: NZ 
Zeitbedarf: 8 Tage
Strecke:84 km

Tausend Beschreibungen findet man zu den Great Walks im Fiorlands, den Milford Track, den Routeburn Track, den Kepler Track – so viele wie diese jedes Jahr auch begangen werden. Ganz anders sieht das für den Dusky Track aus. Der wird jährlich nur von wenigen Hundert Wanderern in Angriff genommen. Dies liegt nicht daran dass er weniger schön oder spektakulär ist als seine bekannteren Geschwister, sondern eher daran dass er:  1.) bedeutend länger ist, 2.) die Wege bei weitem nicht so gut präpariert sind und er daher weitaus anspruchsvoller ist, 3.) man Gas und Kocher zusätzlich zum Essen selbst mitbringen muss, und 4.) man aufgrund von Punkt 1 und 3 einen signifikant schwereren Rucksack hat, der aufgrund von Punkt 2 auch unangenehmer sein kann.

Gleich im Vorfeld: ich verzichte hier auf eine Beschreibung der einzelnen Etappen, dafür kann man sich im DOC TeAnau (oder auf der DOC Webpage) die DOC-Brochure besorgen. Üblich ist dass der Track vom Lake Hauroko (der tiefste See in NZ) begonnen wird und am Lake Manapouri endet. In den Sommermonaten gibt es an zwei Tagen die Woche (zumindest war das 2006 der Fall) einen Transport via Bus/Auto/Boot zum Beginn des Tracks. Der Track folgt 3 Tälern und geht über zwei Pässe. Beim zweiten Pass, dem Centre Pass (1051 m und höchster Punkt des Tracks), soll sich ein Abstecher auf den Mt Memphis (1405 m) lohnen – wir hatten allerdings kein gutes Wetter auf dieser Etappe und von daher verzichteten wir drauf. Infos darüber sind aber gerne Willkommen auf Hikr…

Für den gesamten Track sollte man 8-12 Tage einplanen, wenn man die Etappen wie in der DOC-Brochure beschrieben gestaltet (sehr fitte Leute können auch gerne mal 2 Etappen zu einer zusammenlegen). Der Abstecher von der Loch Maree Hut zur Supper Cove beim Dusky Sound ggfs kann auch weggelassen werden, dann verkürzt sich die Wanderung um 2 Tage. Aber ganz wichtig: man sollte vorbereitet sein auf einige Tage Wartezeiten. Das liegt nicht unbedingt daran dass es bei Regen keinen Spaß macht zu Wandern und man deswegen lieber in der Hütte bleibt, sondern daran dass einige Abschnitte bei starkem Regen nicht mehr passierbar sind – und das gilt aufgrund starker Strömungen auch für versierte Schwimmer;-) Zwei Tage heftiger Regen kann dazu führen dass ein Bach von einigen cm Tiefe seinen Pegel auf mehrere Meter anschwellen lässt, sodass komplette Drahtseilbrücken (die 3-Seilbrücken, Walkwires) unter reisendem Wasser sind.

Auch wir hatten 2 Wartetage auf Hütten,was eher wenig  war im Vergleich zu den Trekkern, die einige Tage vor uns gestartet waren, ganz mieses Wetter hatten und allein 2 1/2 Tage in dem offenen Shelter unmittelbar (~200 m!) vor der Loch Maree Hut festgesteckt sind – die Sandflies haben sich bestimmt gefreut! Solche ‚grauenvolle‘Infos kann man übrigens in den Hüttenbüchern finden;-) Ich denke eines ist sicher: 8 halbwegs stabile Tage im Fiordland wird es kaum geben, und so ist die Wahrscheinlichkeit enorm hoch dass man Zusatztage benötigt. Sollte man äußerst schlechtes Wetter auf dem Track haben, d.h. Starkregen über mehrere Tage, so kann man Berichte im Internet finden, wo wirklich fitte und erfahrene Trekker an ihre physische und mentale Grenze gehen mussten. Wir hatten alle 4 Jahreszeiten, d.h. auch schöne sonnige Abschnitte, aber auch Schnee im Hochsommer im Tal (bei der UpperSpey Hut)!

Die Hütten (7 DOC-Hütten mit jeweils 12 “Bunks”) kosten im Vergleich zu denen auf den Great Walks ein Appel und ein Ei, sind aber nur sehr rudimentär ausgestattet, d.h. ein kleiner Raum mit den Bunks um einen kleinen Ofen herum und einen Tisch – was für eine heimelige Atmosphäre, wenn denn auch Brennholz da ist. Ausgerechnet in der Hütte, wo wir erst nach Schneefall, dann übergehend in starken Regen, einem Wartetag einlegen mussten, war natürlich kein Brennholz vorhanden. So haben wir mit einer vorhandenen Axt ein bis zwei Bohlen aus der Veranda entfernt (und wieder angebracht), so dass wir an trockene Holzstückchen kamen, welche vom Holzhacken vergangener Jahre durch die Schlitze gefallen war – zumindest hatten wir so ein kleines Feuerchen angekriegt, was natürlich nicht ausgereicht hat um irgendetwas von unseren Klamotten oder Schuhen zu trocknen;-) Ach ja, ganz besonders fühlt es sich an  morgens in herrlich klamme Socken und Schuhe zu schlüpfen!

Ich würde sagen dass ein typisches Wandertempo auf dem Dusky Track ca. 1 ½ km/h sind. Dieses doch eher geringe Tempo kommt schlichtweg durch den hohen Anspruch des Weges: man geht die meiste Zeit über ein enormes Wurzelwerk und die An- und Abstiege zu den Pässen sind äußerst steil und verlangen den Einsatz der Hände im Wurzelwerk über viele Abschnitte (einige Stellen sind mit Ketten abgesichert). Hinzu kommt noch dass alles stets nass ist, selbst bei Sonnenschein trocknet hier nix ab. Dies erfordert ein hohes Maß an Konzentration bei fast jedem Schritt – und das ganze mit einem 15-20 kg Rucksack über einen Zeitraum von 6-8 h am Tag über mind. 8 Tage hinweg. Da weiß man was man getan hat;-) Trotz durchgehender Markierung muss man übrigens schon des Öfteren mal schauen wo oder wie es weitergeht.

Das Charakteristischste des Dusky Track sind die unzähligen Schlammpassagen (das wichtigste Dusky-Wort: Mud;-) welche durchquert werden müssen, bei welchen man am besten mit den Wanderstöcken (ohne die Teller!) testet wie tief denn der Schlamm gerade ist (von meinen beiden Wanderpartnern ist jeder einmal im Laufe des Tracks so tief stecken geblieben dass wir mit vereinten Kräften denjenigen wieder heraushelfen mussten). Wie anspruchsvoll das Gelände sein kann vermitteln auch gut die Bilder in der DOC-Brochure. Außerdem findet man äußerst unterhaltsame Bilder, Berichte und Eindrücke wenn man in Google mal Dusky Track eingibt.

Als eine Besonderheit empfand ich die Einsamkeit in der abgelegenen Wildnis des Fiordlands. Außer den insgesamt 7 Wanderern (wir 3 und noch 2 Paare) haben wir in den 8 Tagen keine Menschenseele getroffen. Der einzige Kontakt, welchen man zur Außenwelt hat, ist durch ein 2 kg schweres Moutain Radio gegeben, mit welchem man morgens und abends die Wettervorhersage abhören kann, oder bei Bedarf auch selbst Mitteilungen zum DOC Te Anau geben kann. Der aufwendige Aufbau mit den ca. 50 m Kabel ließ uns das allerdings nicht täglich machen. Man bekommt auch mit, wie lange irgendwelche Wanderer auf irgendwelchen Hütten stecken, weil es wegen Regens kein vor und zurück gibt. So haben wir während unserer Zeit auf dem Dusky mitbekommen, wie 2 Wanderer schon über eine Woche vermisst wurden, d.h. die Zeit über deren sogenanntes „Panik Date“ hinaus, welches man bei der Anmeldung beim DOC Te Anau angeben muss. Gibt man danach nicht per Mountain Radio Bescheid wird ein Hubschrauber zur Suche losgeschickt (den hatten wir dann einige Male gesehen). Die angesprochene Einsamkeit sorgt zugleich für ein seltsames Gefühl wenn man wieder in die Zivilisation zurückkommt, wo mir am Anfang alles wie ein zu schnell abgespulter Film vorkam.

Vom Wanderanspruch ist der Track zwar nur T4, doch fühlt er sich aufgrund des häufigen Kampfes durch die Schlammpassagen eher anspruchsvoller an – zumindest was den mentalen Anspruch betrifft (die SAC-Skala berücksichtigt auch keinen Regenwald-Fight durch metertiefe Schlammlöcher). Wenn man zum x-ten Male mehr als knietief im Schlamm stecken bleibt oder durch schlüpfriges Wurzelwerk auf dem Allerwertesten landet (im Schlamm tut’s wenigstens nicht weh), fühlt sich das an als wäre es T7;-)) Ein Tipp noch: gar nicht erst versuchen sich die Schuhe bzw. Füße trocken halten zu wollen – es wird eh früher oder später schiefgehen;-)

Nun fragt man sich vielleicht nach dem Lesen dieses Berichtes ob sich die Strapazen auf dem Dusky Track denn lohnen. Und wie! So viele Tage in der Einsamkeit im Herzen des Fiordlands, einer Landschaft aus tausend und einer Nacht, das äußerst intensive Erleben der Natur, und das besondere Gefühl wieder in die Zivilisation zurückzukehren – ich wollte es nicht missen!

Tourengänger: t2star


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