Im Sommer 2007 haben wir in Finnland unsere 2. von unterdessen 3 grossen Kanutouren unternommen. Die Faszination liegt bei finnischen Kanutouren vor allem in der Einsamkeit, so haben wir in einer Woche nur gerade 2 andere Kanus mit 4 Personen und einige wenige Blockhütte getroffen. Ansonsten gibt es nur Wald und Seen soweit das Auge reicht.
Da ich gesehen habe, dass von
Alpin_Riseschon ein Bericht über eine Kanutour existiert, gebe ich hier auch noch meinen Beitrag dazu.
Auf eine Kanutour, bei der man 7 Tage fast keine Zivilisation antrifft, muss man sich vorbereiten. So sind vor allem abwechslungsreiche Mahlzeiten eine grosse Herausforderung. Ausserdem sollte man eine solche Tour nur in Angriff nehmen, wenn man sich gut mit Karte (und Kompass) orientieren kann und etwas Erfahrung mit dem Bewegen in der Wildnis hat (ein wenig Wetterkunde u.ä.). Ausserdem sollte man sich im Voraus schon einmal in einen Kanadier bzw. Kajak gesetzt haben ;-)
Ich werde nicht auf die exakte Route eingehen, da es in Finnland unzählige Möglichkeiten für Kanutouren gibt. An dieser Stelle werde mich auf einige Organisatorische Hinweise zu Kanutouren in der Abgeschiedenheit und die Bilder beschränken.
Wir haben auf unserer Tour täglich etwa 20km zurückgelegt. Das mag nach wenig tönen, doch es ist schon ziemlich viel, vor allem wenn man auf Seen oder kurvenreichen, kaum fliessenden Flüssen unterwegs ist. Der grösste Gegenspieler beim paddeln ist der Wind. Gerade an nicht windstillen Tagen ist eine intelligente Routenwahl wichtig (nicht Direktlinie, sondern Windschatten von Landzungen u.ä. nutzen). Wenn der Wellengang zunimmt muss man darauf achten, dass man nie parallel zu den Wellen fährt, sondern immer die Wellen "schneidet". So kann es durchaus nötig werden, dass man wie beim Segeln aufkreuzen muss.
Auf unserer Tour hatten wir sehr wenig fliessende Abschnitte, doch bei diesen hatten wir oft mit Stromschnellen zu kämpfen. Mit etwas Übung kann man Stromschnellen aber "lesen" und sich problemlos hindurch manövrieren.
Nachfolgend habe ich wichtige Dinge, die für solche Touren beachtet werden sollten zusammengefasst:
Vermieter/Organisator: Grundsätzlich sollte man sich im Voraus einen Vermieter im Internet suchen und mit ihm Kontakt aufnehmen. Achtung: Auch wenn die Homepage in Englisch oder sogar Deutsch verfügbar ist, heisst dies noch lange nicht, dass der Vermieter diese Sprachen tatsächlich beherrscht. Der Vermieter bringt einen i.d.R. mit dem Material an den Startpunkt der Tour und holt einen am Ende wieder ab.
Kanadier oder Kajak: Grundsätzlich ist es eine Philosophiefrage, ob man sich für einen Kanadier (offenes Kanu, einseitiges paddeln) oder ein Kajak (geschlossenes Kanu mit Sitzluken, zweiseitiges paddeln) entscheidet. Wir haben festgestellt, dass in den skandinavischen Ländern vermehrt Kanadier benutzt werden, während z.B. in Polen praktisch ausschliesslich Kajaks vermietet werden. Am besten lässt man sich vom Vermieter beraten und wählt das von ihm empfohlene Material. Da wir grossgewachsen sind haben wir bisher immer Kanadier benutzt, welche jedoch in Sachen Stabilität und Geschwindigkeit klar schlechter sind als Kajaks.
Gepäck: Grundsätzlich gilt, dass man versuchen muss, sein Gepäck so kompakt wie möglich zu halten. Vor allem bei den Kleidern bietet sich viel sparpotential, wenn man ein natürlich abbaubares Waschmittel mitführt und so die Kleider unterwegs reinigen kann. Das Gepäck wird in wasserdichten Seesäcken, Fässchen oder den Staulucken (nur Kajak) transportiert. Grundsäzlich sollten keine losen Gegenstände im Boot liegen, vor allem nicht, wenn sie nicht schwimmen oder anfällig auf Feuchtigkeit reagieren.
Kleider: Grundsätzlich empfehlen sich zum Paddeln Handschuhe (z.B. Fahrradhandschuhe). Zum Paddeln eignen sich synthetische Kleider, da diese schnell trocknen. Kopfbedeckung und Sonnenbrille sollten auch immer mit dabei sein.
Wasser: Das Seewasser hat an den meisten Orten Trinkwasserqualität. Auf unserer ersten Tour in Schweden haben wir keinen Filter mitgeführt und das Wasser immer direkt aus dem See getrunken. Jedoch hat das Wasser so einen sehr erdigen, moorigen Geschmack und es braucht etwas Überwindung genug zu trinken. Um dem Moorgeschmack etwas entgegenzuwirken führen wir seither immer einen Keramik-Aktivkohlen-Filter mit, der das Wasser säubert und auch geschmacklich neutralisiert. Zum Kochen benutzen wir weiterhin Seewasser
Esswaren: Dies ist der aufwendigste Punkt zum planen. Wir haben zum Morgenessen ein wenig Toastbrot und vor allem Roggenbrot mitgeführt, sowie kompaktes Müesli. Milchpulver, Kaffe und Teebeutel verleihen dem nicht immer sehr schmackhaften Seewasser etwas Geschmack. Für den Mittagsrast haben wir uns ebenfalls meist mit Roggenbrot und Trockenfleisch über die Runden gebracht, während wir zum Nachtessen Teigwaren und Reis zubereitet haben.
Kochen: Gekocht wird entweder mit einem Kocher oder auf dem Feuer.
Übernachten: In Finnland ist wildes campieren offiziell legal. Ausserdem gibt es ab und zu an der Route Biwakplätze die mit einer Feuerstelle, einem Plumpsklo und z.T. sogar einem kleinen Shelter ausgestattet sind. Jedoch sind diese Plätze nicht direkt von z.B. Bauern betreut (wie in Polen) sondern inmitten der Wildnis.
Mücken: Viele Leute meiden den Norden nicht zuletzt wegen den Mücken. Grundsätzlich kann man sagen, dass es, je höher man im Norden ist, immer mehr Mücken gibt. Jedoch können die Tatsächlichen Mengen saisonal oder auch von Jahr zu Jahr variieren. Zum Schutz empfehlen sich vor allem finnische Anti-Brumm-Sprays (viel wirksamer als unsere)
Handynetz: Man hat fast überall Handyempfang, was auch nötig ist, um eventuell den Abholungsort zu ändern. Achtung: Akku einteilen
Wetter: Das Skandinavische Sommerwetter ist i.d.R. besser als man es sich denkt. So kann man mit relativ warmen Temperaturen rechnen. Doch auch im Sommer gibt es relativ viele Regentage, so sollte man unbedingt auch für Regen eingerichtet sein. Für einen Paddler ist jedoch der Wind viel entscheidender als Regen, denn das paddeln mit Gegenwind ist ziemlich harzig. Bei Gegenwind sollte man sich vor allem an den Küsten halten, da die Bäume guten Windschutz bieten.
Finanzielles: Auf der Suche nach Billigferien ist man in Finnland definitiv an der falschen Adresse, die Preise bewegen sich in einem ähnlichen Rahmen wie in der Schweiz. Eine Kanutour ist trotzdem eine vergleichsweise billige Ferienform, da man für die Übernachtung nichts bezahlen muss...
Eine solche Tour ist genau das Richtige für Leute, die Ruhe, Natur und etwas Abenteuerliches suchen. Die Natur ist wirklich überwältigend und mit etwas Glück können auch viele Tiere beobachtet werden.
Wir konnten Biber, eine Elchkuh, einen Fischotter und vieles mehr beobachten.
Auf einer solchen Tour wird man oft mit unerwarteten Problemen konfrontiert. So mussten wir z.B. einen kleinen, alten Holzfällerkanal entlangfahren und blieben immer wieder stecken, da Biber alle ca. 20m Blockaden errichtet hatten.
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