Pinnacle (715 m)

Die zweite Tour, die ich Euch (nach der Besteigung des Mount_Wood) von unserer Reise nach Australien vorstellen möchte, haben wir in den Grampians gemacht. Dieses Berggruppe ähnelt dem Schwarzwald, dem Harz oder dem Bayerischen Wald; sie befindet sich etwa mittig zwischen Melbourne und Adelaide und ist von beiden Orten in knapp 4 Stunden zu erreichen. Dadurch wird sie vor allem von Melbourne aus zum erklärten Naherholungsziel an langen Wochenenden - was wir erkennen mußten, als der Zeltplatz Smith Mill im Zentrum der Grampians, den wir uns als Stützpunkt auserkoren hatten, fast überbelegt war (es war Labour Day, die Melbourne Citizens hatten von Freitag bis Montag Kurzurlaub).

Ausgangspunkt für die Besteigung des Pinnacle, einer Felsnase hoch über Halls Gap, der zentralen Ortschaft der Grampians, ist der Wonderland Carpark. Wegen der vorhersehbaren Touristenfülle starteten wir relativ früh am Morgen (was in diesem Fall etwa 9 Uhr bedeutet); gleich vom Parkplatz geht es, der Beschilderung folgend, über ein Brückchen hinein in den Grand Canyon der Grampians. Hinter diesem Namen verbirgt sich nicht annähernd ein Naturwunder wie der Grand Canyon der USA, man muß sich eher einen Aufstieg durch eine Art kleinere Schlucht vorstellen, die von etwa 30m hohen Felswänden eingefaßt ist und durch die ein Bächlein fließt.

Immer wieder ist das Wasserspiel des Baches von eigenem Reiz; er bildet kleine Tümpel, plätschert über Felsabsätze, windet sich zwischen den Felswänden hindurch und ist als Lebensgrundlage einer reichen Flora anzusehen. Da wir nahezu allein in dieser romantischen Gegend waren, konnten wir diese in absoluter Stille erleben - später am Tag ist es wegen der Menschenmassen, die sich zumindest an Feiertagen bei gutem Wetter hindurchwälzen, sicher weniger ruhig. Wir hatten mit dem Wetter allerdings weniger Glück: zumindest während des Aufstiegs zum Pinnacle hing eine geschlossene Wolkendecke nebelartig über den Bergketten der Grampians, und es war eher kühl denn australisch warm.

Am oberen Ende des Grand Canyon betritt man eine Art Hochfläche, über deren Steinplatten der markierte Wanderweg weiter bergauf führt. Überhaupt ist die Geologie hier von eigenartiger Gestalt - kompakte Felsklötze, die skurile Formen aufweisen, mal erblickt man eine versteinerte Schildkröte, dann wieder sitzen Drachen neben dem Weg, wenn man etwas Phantasie hat.

Vorbei geht es an der Cool Chamber und den Bridal Veil Falls - einige Zeit danach betritt man die Silent Street und damit ein weiteres Highlight des Aufstiegs. Fast wie der Geheimgang einer alten Burganlage geht es hier weiter bergauf, die seitlichen Felswände sind zwar nicht mehr so hoch, rücken aber noch enger zusammen. Am oberen Ende der Silent Street noch ein Holztreppchen mit Durchschlupf - und kurz danach steht man an der Gipfelbastion des Pinnacle, die mit einem Geländer absturzsicher verbarrikadiert ist. Zu recht: diese Felsklippe fällt ziemlich steil ab, hinunter zur Wald- und Buschebene, in der Halls Gap liegt.

Es klarte zwar minimal auf, aber leider hatten wir nicht im entferntesten die Aussicht, die man sonst gewöhnlich im Internet auf Fotos des Pinnacle präsentiert bekommt. Außerdem pfiff ein schneidiger Wind, so daß wir uns nach kurzer Rast wieder an den Abstieg machten. Wir gingen einen Rundweg, wie er der Aufzeichnung des GPS zu entnehmen ist, zunächst ein Stückchen der Ausschilderung Richtung Sundial Carpark folgend, bis später dann ein Wegweiser wieder zum Wonderland Carpark zurückleitet.

Die Grampians bieten noch viele andere Wandermöglichkeiten, viele davon auf einsamen Weglein in völliger Abgeschiedenheit, teils auch richtig lange Marschetappen. Wir mußten allerdings an einem der nächsten Tage von Melbourne aus wieder nach Europa zurückfliegen. G'day, Mate - see you!