Um den Flusslauf des Ugab


Publiziert von Delta Pro , 30. Juni 2017 um 17:51.

Region: Welt » Namibia
Tour Datum:30 Mai 2005
Wegpunkte:
Geo-Tags: NAM 
Zeitbedarf: 1:00
Aufstieg: 100 m

Ein Erlebnisbericht aus einer wilden, einsamen aber traumhaft schönen Region Namibias

Ins Innere der unbewohnten und unzugänglichen Gebirgsregion nördlich des Ugab-Flusses kann man nur auf nicht markierten Spuren (keine Strassen!) mit 4x4 Fahrzeug eindringen. Von einem Ortskundigen hatten wir eine skizzierte Karte und eine kurze Beschreibung erhalten, welche Flussbette fahrbar seien und welche nicht. Die Region würde sich ideal für Wanderungen und Bergtouren eignen, doch aufgrund der Abgeschiedenheit und der wilden Tiere ist einen das nicht ganz geheuer. So blieb es bei ein paar kurzen Ausflügen zu Fuss (30min).

Wir verlassen das Flussbett des Ugab in nördlicher Richtung. Über steinigen Boden fahren wir in einem Seitencanyon bergauf. Das ist keine Piste, die wir da benützen. Niemand hat diese Strasse durch die wilde Berglandschaft gebaut. Sie ist nur durch die Reifen der Geländewagen gebildet worden. Mehr als einmal in der Woche kommt wohl kaum jemand an dieser Stelle vorbei. Da kann einem schon etwas unheimlich werden, besonders da erzählt wurde, dass kürzlich Touristen in dieser Region nach einer Panne verdursteten...  Die Landschaft ist ein Traum. Wir winden uns durch eine schmale Schlucht aufwärts. Angenehme Sandebenen wechseln sich mit Abschnitten ab, bei denen wir uns mitten durch Geröllhalden quälen müssen. Die Felsen sind braunrot, wahrscheinlich dank ihres hohen Gehaltes an Erzen. Nach einer Stunde gelangen wir auf eine Hochebene und steigen auf ein hübsches, felsiges Gipfelchen. Von hier oben hat man einen prächtigen Rundblick. Die Gesteinsschichten sind durch die Kräfte der Erde steil aufgestellt und ziehen sich in geraden Linien vom Ugab herauf. Kahle Gipfel dehnen sich bis an den Horizont aus. Weit hinten ragt das gewaltige Massiv des Brandbergs in die Höhe. Sein Gipfel scheint uns verschwommen zu sein. Dunst hüllt ihn in der Höhe ein, während die unteren Felsaufschwüngen in hellem Rot der Morgensonne leuchten. Wir können auch die weitere Route überblicken. Von jetzt an wird die Strecke besser fahrbar. Eine karge, steinige Ebene dehnt sich unter uns aus.

Nach der von unserem Informanten vorausgesagten Distanz biegen einige Spuren nach links ab. Wir sind froh, das GPS als letzte Sicherheit bei uns zu haben, falls wir uns verirren würden. Es sieht alles gleich aus. Unser hilfsbereiter Kollege hat uns eine Sehenswürdigkeit beschrieben, die er selbst als „die Kathedrale“ benannt hat. Wir glauben nicht, dass wir diese einfach so finden, doch als wir den Blick gegen die fast senkrechte Flanke eines Tälchens heben, wird uns die Bezeichnung sofort klar. Aus der roten Felswand stehen unzählige Säulen aus Stein hervor. Es sieht aus wie die winzigen Türmchen auf dem Dach des Mailänder Münsters. Die steinernen Säulen sehen aus, als ob sie Menschen aufgeschichtet hätten. Sie sind nicht aus solidem Fels geformt, sondern bestehen aus einzelnen, backsteinförmigen Steinen, die lose aufeinander liegen. Man glaubt, die Türme nur mit der Hand anstossen zu müssen, um sie zum Umstürzen zu bringen. Neben dem Weg werden wir auf merkwürdig geformte Felsen aufmerksam. Wir stehen mitten in einem versteinerten Wald. Bis zu zehn Meter lange Baumstämme aus Stein liegen in der Wüste. Wenn man ganz genau hinschaut, sind die Jahresringe der Bäume sogar noch zu erkennen. Eine solche Attraktion liegt in Namibia unbeachtet in der Wildnis. 

Durch eine sanfte Hügellandschaft geht es weiter. Die Piste ist jetzt gut erkennbar. Dürre Gräser spriessen zwischen den Steinen hervor. Die Luft flimmert über dem Horizont. Wir werden Zeugen einer typischen Fata Morgana. Weit weg scheint sich ein grosser See auszudehnen. Zwei einsame Strausse waten durch dieses imaginäre Wasser. Unvermittelt tauchen vor uns die Ruinen von drei Rundhütten auf. Wenig weiter liegt eine dreckige Pfütze in einer Vertiefung. Wir haben den Brunnen von Gai-As erreicht. Diese Quelle muss früher genug hergegeben haben, dass Menschen in dieser lebensfeindlichen Umgebung leben konnten. Heute profitieren nur noch ein Oryx, der nach unserer Ankunft ohne Eile davon trottet, und ein paar Vögel vom lebensspendenden Nass. Ein schmaler grüner Streifen zieht sich um das schlammige Wasserloch, einige verdorrte Kameldornbäume runden das Bild ab. Die Stille ist fast unheimlich und die von Wind und Wetter gebleichten Gebeine eines Oryx passen in diese Stimmung, durch die ein Hauch des Todes weht.

Mit etwas Glück erwischen wir auch die nächste Abzweigung und rollen in einen lieblichen Felskessel. Gelbe und rötliche Sandsteinwände umgeben den idyllischen Platz. Einige hohe Bäume spenden Schatten. In Klein Gai-As fliesst nach der Regenzeit wohl ebenfalls Wasser. So hat die Vegetation an dieser Stelle eine gute Voraussetzung die trockenen Monate zu überstehen.  Die Landschaft wird noch farbiger. Die Felsen leuchten in allen Tönen, als wir den Spuren im Sand gegen die Bergkette folgen, die das Bett des Ugab umgibt. Bald sind wir wieder mitten drin im Gebirge. Dieser Abschnitt ist noch eindrücklicher als die Querung der Berge heute Morgen. Der Weg windet sich durch eine verwinkelte Schlucht. Neben uns ragen schön geschichtete und bizarr verfaltete Gesteine senkrecht in den Himmel. Wir fahren auf der schmalen Ebene aus feinem Sand mitten durch diese Felswände. Mehr als einmal glauben wir, in einer Sackgasse zu stecken, aber immer wieder öffnet sich ein Durchlass. Im Grund des Canyons wachsen einzelne Kameldornbäume. Nach Regenfällen ist dort, wo wir jetzt unterwegs sind, ein reissender Strom. Diese Einsamkeit wäre eine ideale Heimat für die sehr seltenen Wüstenelefanten. Wir erwarten hinter jeder Biegung einer dieser Riesen zu sehen, treffen aber keinen.

Zurück im Flusslauf des Ugab biege man nicht wie wir nach links zurück Rhino-Camp ab, sondern nach rechts! Unsere Route endete beinahe im Fiasko und unser Fahrzeug konnte dem Sumpf erst nach Stunden der Plackerei entrissen werden. Dazu aber keine Erzählung an dieser Stelle. 

Tourengänger: Delta, Xinyca


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