Victoriafälle


Publiziert von Delta Pro , 25. Juni 2017 um 11:05.

Region: Welt » Zambia
Tour Datum:11 Juni 2005
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: Z   ZW 
Zeitbedarf: 2:00
Aufstieg: 120 m

Um die gewaltige Victoria-Fälle - was für ein Erlebnis in Afrika

Die Strasse im Gebiet zwischen Botwana und Sambia ist in einem schrecklichen Zustand. Niemand fühlt sich verantwortlich. Durch tiefe Schlaglöcher kämpfen wir uns bis ans Ufer des Sambesi. Der Strom trennt Botswana von Sambia. Zwei winzige Fähren transportieren Autos und vor allem Leute ins Nachbarland. Als wir die Menschenmassen sehen, die auf das Boot warten, stellen wir uns darauf ein, dass wir heute morgen Sambia nicht mehr erreichen werden. Doch ganz unerwartet werden wir nach vorne gewinkt, da unser Fahrzeug gerade noch als zweites Auto auf der Fähre hinter einem Lastwagen Platz findet. Die Überfahrt ist das erste Abenteuer. Auf der anderen Seite geht es aber so richtig los! Der Grenzposten von Sambia ist ein gewaltiges Chaos von Menschen, Waren und Autos. Mehrere kleine Hütten scharen sich um einen eingezäunten Platz. In der Mitte drängen sich unzählige Leute, laut hupfend bahnen sich Lastwagen einen Weg durch die Menge. Wir wären hoffnungslos verloren, wenn sich nicht ein gut aussehender und sauber angezogener Schwarzer uns annehmen würde. Er heisst Floyd und betont immer wieder, dass er von Regierung ausdrücklich die Erlaubnis erhalten habe, Touristen durch den Grenzposten zu führen. Wir folgen ihm und bestaunen das Durcheinander. Er eilt von Hüttchen zu Hüttchen, ruft da einem Beamten etwas zu und drängelt dort durch die Menge. Wir müssen ein Visum für Sambia kaufen. Das wird in US-Dollar bezahlt. Dann brauchen wir eine Autoversicherung, die ein ganzes Jahr lang gültig wäre. Die bezahlt man in Kwacha, der Währung von Sambia. Floyd tauscht auf dem Schwarzmarkt schnell die südafrikanischen Rand ein, die wir ihm dafür gegeben haben. Wieder müssen wir unzählige Formale und Listen ausfüllen, um den Toyota in Sambia zu importieren. Und das alles spielt sich in diesen stickigen, heissen, lärmigen, vollgestopften Büros ab.  Nach mehr als einer Stunde sagt uns Floyd, dass wir alles hätten und den Grenzposten verlassen könnten. 

Endlich, nach zehn Uhr, haben wir es geschafft.  Wir lachen darüber, wie niedergeschlagen wir während dieses stressigen Grenzübertrittes waren. So etwas muss man einmal erlebt haben, sonst hat man das wahre Gesicht von Afrika nicht gesehen. In Sambia herrschte noch bis vor einigen Jahren Bürgerkrieg. Das Land ist in seiner Entwicklung deutlich zurückgeblieben. Die Menschen am Strassenrand sehen ärmlich aus. Ihre Hütten sind aus Holz und Materialien gebaut, die man in der Natur findet. Die Strasse nach Livingstone ist gut ausgebaut. Das ist in Sambia aber bei weitem nicht der Normalfall. Es gibt deshalb die nicht ganz ernst gemeinte Warnung: „Wenn man in Sambia aus einem Schlagloch in der Piste zwei Ohren herausschauen sieht, dann sollte man sehr vorsichtig fahren. Es könnte ein Hase sein – aber es könnte auch eine Giraffe sein.“ Ein solches Rencontre mit einer Giraffe bleibt uns zum Glück erspart. Livingstone am Rande der Victoria-Fälle ist eine afrikanische Stadt wie aus dem Bilderbuch. Das Leben pocht in den Strassen, die Leute lachen, alles ist mit Coca-Cola-Werbung zugekleistert. 

Wir sehen endlich die Gischtfahnen der Victoria-Fälle in den Himmel steigen. Ich weiss nicht, ob es auf der Welt Wasserfälle gibt, die so gross und eindrücklich wie diese sind. Man nehme rund zwanzig Rheinfälle, reihe sie seitlich aneinander und mache sie fünfmal so hoch. Ungefähr so kann man sich die Dimensionen der Victoria-Fälle vorstellen. Wenn man allerdings vor ihnen steht, dann gelingt es nicht, diese Grösse auch nur im Entferntesten zu erfassen. Die Fälle sind ein Magnet für Touristen. Sambia macht kräftig Geld. Dafür gibt es im Innern gut ausgebaute Wege, auf denen man sich an die Wassermassen herantasten kann. Es ist nicht genug, dass die Victoria-Fälle so unheimlich gross sind. Zusätzlich stürzt das Wasser in eine rund fünfzig Meter breite Schlucht, die sich parallel zur gesamten Abbruchkante zieht. Das schäumende Wasser des Sambesi drängt sich durch eine schmale Öffnung aus der Spalte und folgt dann einem gewundenen Canyon. So sieht die Vogelperspektive der Fälle aus. Wenn man vor den stürzenden Wassermassen steht, dann ist alles ganz anders. Durch einen immergrünen Regenwald, der jahraus jahrein durch die Gischt Unmengen an Wasser erhält, nähern wir uns dem Naturwunder. Schon jetzt wehen ab und zu Schwaden von Wassertropfen zu uns hinüber. Das Getöse ist so laut, dass wir kaum noch miteinander sprechen können. Auf einer schnurgeraden Linie von zwei Kilometern Breite fällt das Wasser des Sambesi in einer einzigen senkrechten Stufe hundert Meter in die Tiefe und verschwindet in einer undurchdringlichen Wolke aus Wassertröpfchen. Aus der Schlucht werden Unmengen an Wasser auf der Gegenseite in die Höhe katapultiert. Das andere Ende der Wasserfälle, es gehört zu Zimbabwe, ist nicht zu sehen. Im Ostteil der Stufe haben sich unzählige kleine Wasserfälle gebildet. Je weiter man jedoch gegen die Mitte vorstösst, desto geschlossener und kraftvoller donnert das Wasser in die Schlucht.

Wir haben an alles gedacht, ziehen Regenjacken und Regenschirm aus dem Rucksack und verpacken die Kameras so gut es geht wasserdicht. Dann machen wir uns auf und stürmen mitten in den tropischen Regen unter dem wolkenlosen Himmel. Der befestigte Weg führt über der Schlucht auf gleicher Höhe den Fällen entlang. Wir schauen den Wassermassen direkt ins Gesicht. An gewissen Stellen prasselt der Regen mit grösserer Intensität auf uns nieder als in einer Dusche. Und das alles ist nur Wasser, das durch die Wucht des Sturzes als Gischt in die Luft geschleudert wurde. Es ist unglaublich schön diese Kraft zu spüren. Arm in Arm stehen wir unter dem Regenschirm und lassen uns ganz von dieser paradiesischen Menge an Feuchtigkeit einnebeln. Gegenüber bilden sich fantastische, doppelte Regenbogen in der feuchten Luft. Kaum bewegt man sich auf die andere Seite des Felsriegels, der vor den Fällen aufragt, wird es trocken. Die Pflanzen ändern ihren Charakter und werden sofort wieder zur üblichen Savannenvegetation. Wir wandern etwas flussaufwärts und setzen uns an einen besonders schönen Aussichtspunkt, um zu picknicken und um die Sachen zu trocken. Wir befinden uns direkt in der Verlängerung der Schlucht, die sich nur zu bald in Milliarden von Wassertropfen verliert.

Die Bewegung tut uns gut. In der letzten Woche kam der Sport vor lauter Tierbeobachtung definitiv zu kurz. Deshalb steigen wir mit Begeisterung auf einem Weg an den Sambesi unterhalb der Fälle hinab. Der Weg führt durch ein grünes Tal, in dem sich ein undurchdringlicher Urwald gebildet hat. Aus einer Lücke im Felsriegel strömt die Gischt wie eine Zunge hinab und erweckt die Natur zum Leben. Von unten sehen wir, wie die Wassermassen, aufgewühlt und schäumend, mit grossem Tempo aus der Schlucht hervorschiessen, in die sie gestürzt sind.

Tourengänger: Delta, Xinyca


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