Kurzbericht 

Kesselkogel 3004m - Astrid und Georg


Publiziert von georgb , 3. August 2015 um 13:28.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum: 8 September 2009
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K2- (WS-)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 4 Tage
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Bozen-Tiers-Weißlahnbad
Kartennummer:tabacco Rosengarten

Als mir Werner den Rosengarten vorschlägt, bin ich wenig begeistert. Nach Italien fahren zum Bergwandern, es gibt doch auch in Deutschlands Alpen wunderschöne Gebiete und Gipfel, die viel einfacher zu erreichen sind?
Doch einmal im Leben kann man sich auch treiben lassen und dem Schicksal die Führung überlassen. So willige ich ein und informiere mich über dieses mir unbekannte Gebiet.
Als leidenschaftlicher Tourenorganisator habe ich auch schnell einen Plan. Statt übers Tierser Alpl aufzusteigen, entscheide ich mich für die Grasleitenhütte, kommt mir sympathischer vor!? Und so nebenbei sticht mir der Kesselkogel ins Auge, immerhin ein 3000er, sowas hat man in Deutschland nicht. Die Gipfelbesteigung ist meine Bedingung und Werner erklärt sich murrend einverstanden.
So greifen wir in die Brieftasche, zahlen artig die Vignette einschließlich Brennermaut und stehen nach 8 Stunden am Weißlahnbad. Werner ist gut trainiert und stapft mit dem schweren Rucksack zackig voraus bis zur Grasleitenhütte. Unser Eindruck bestätigt sich, wir werden sehr nett empfangen und eine sympathische Dame weist uns das Lager zu. Mit der kleinen Greta auf dem Arm scheint sie die Hüttenwirtin Margot zu sein? "Nein, ich bin Astrid und helfe nur meinen Freunden aus!" Sehr angenehm, wie sie mit dem Kind umgeht und uns nebenbei das Abendessen serviert. Spontan beschließen wir, auf dem Rückweg nochmal vorbeizukommen.
Unsere nächste Etappe allerdings ist auch gleich der Härtetest, zumindest für Werner. Er zieht normalerweise lange Höhenwanderungen vor, ausgesetzte Passagen oder gar Klettersteige sind ihm zuwider. Doch ich bestehe auf den Kesselkogel und er folgt mir brav, was soll er auch sonst tun? Bei den ersten Versicherungen krallt er sich in die Eisen, dass sie sich fast verbiegen, Kraft hat er ja im Überfluss! Schweißüberströmt und etwas blass um die Nase kraxelt er mit mir bis zum Gipfel, Respekt! Auch er scheint ein wenig stolz zu sein, sein erster Klettersteig und 3000er ist geschafft!
Unten erkennen wir die Hütten im Vajolettal und halten darauf zu. Doch der Trubel gefällt uns nicht, gut in der Zeit, beschließen wir weiterzugehn übers Tschagerjoch bis zur Rosengartenhütte. Der Gegenanstieg zwickt ein wenig in den Beinen, aber rechtzeitig zum Abendessen stehen wir vor der Küche. Was für ein Kontrast, im Gegensatz zur Grasleitenhütte ist hier Massenabfertigung und keine nette Astrid ;-) Noch dazu schnarcht uns ein Zimmergenosse beinahe von der Matratze, es ist nur mit allerlei Tamponaden in den Ohren zu ertragen.
Am nächsten Morgen, nach einem erschreckenden Blick in den Spiegel queren wir wieder hinüber ins Vajolet, die Antermoiahütte soll der nächste Stützpunkt sein. Über den Larsecweg gelangen wir ins ruhige Lausatal, die Touris aus dem Vajolettal kommen nicht bis hierher, nur ein paar Weitwanderer wie wir auf dem Weg zur Antermoiahütte. Schön gelegen mit dem netten See hat die Hütte schon einen deutlich italienischeren Touch, wir befinden uns hier schließlich im trentinischen Teil des Rosengartens oder besser im Catinaccio. Trotzdem versteht man Deutsch und wir essen und schlafen gut, diesmal ohne Kettensägengerassel.
Aber ich freue mich schon auf morgen, die Grasleitenhütte und die nette Bedienung fehlen mir. Auch Werner hat langsam genug von Felsen und Klettereinlagen und lässt sich nicht mehr zur Cima Scalieret überreden. So springe ich alleine hinüber auf den einfach zu erreichenden Gipfel, bevor es gemeinsam weiter geht über den Grasleitenpass Richtung Ciamintal, Grasleitenhütte und Astrid.
Müde sitzen wir später auf der Terrasse und freuen uns auf ein kühles Getränk. Schön, die nette Bedienung ist auch wieder da und wir kommen sogar ein wenig ins Plaudern. Doch die Heimat ruft und schweren Herzens verabschieden wir uns, mit einem Händedruck und einem tiefen Blick in die Augen. Schöne braune Augen denk ich mir und werde sie mein Leben lang nicht mehr vergessen!
Könnte ein netter Schluss der Geschichte sein, doch hier beginnt sie erst und im Vergleich zu dem, was dann folgte, war der Nervenkitzel am Klettersteig Entspannung.
Schon wenige Tage später muss ich an der Hütte anrufen, die Begegnung mit Astrid lässt mir keine Ruhe. Nach mehreren Versuchen erwische ich sie am Telefon, aufgeregt und mit klopfendem Herzen. Doch das Gespräch verläuft äußerst angenehm und harmonisch, nebenbei erfahre ich, dass sie Physiotherapeutin ist. Der gleiche Beruf, Zufälle gibts!?
Nach mehreren Telefonaten, das Hüttenpersonal witzelt schon, verabreden wir uns in Deutschland zum näheren Kennenlernen. Was soll ich sagen, 6 Wochen später sind wir verlobt und ein Jahr danach steh ich mit meiner Ehefrau Astrid in Bruneck am Standesamt, mit Werner als Trauzeugen!
Wenn es nicht tatsächlich so geschehen wäre, müsste irgendjemand die Geschichte erfinden und sie als Groschenroman verkaufen.


Tourengänger: georgb


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