Rudiger - via NW-Grat auf den Nordostgipfel


Publiziert von AIi , 10. August 2015 um 17:14.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Lechtaler Alpen
Tour Datum:26 Juli 2015
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 1250 m
Abstieg: 1250 m

"Eines der eigenartigsten und eigenwilligsten Felsmassive der Lechtaler Alpen, eine 1,2 Kilometer lange Ruine mit zahllosen wilden Türmen und Zacken. Dieser Berg aus Hauptdolomit ist so zerklüftet, dass das Geröll an manchen Stellen bis zum Grat reicht." - so charakterisiert der aktuelle Alpenvereinsführer den Rudiger. Zugegebenermaßen hört sich diese Beschreibung weder nach einem Wanderparadies noch nach einem Klettereldorado an, doch wer eine Tour zum Rudiger unternimmt der erlebt vor allem ein großes Abenteuer mit vielen Überraschungen.
Die sinnvollste Route über diesen Berg ist sicher die von Stefan
hier beschriebene Überschreitung vom Südwestgipfel über den Hauptgipfel zum höchsten Punkt des Massivs, dem Nordostgipfel. 
Im alten AVF, verfasst durch Heinz Groth, ist allerdings noch von einer anderen Route die Rede welche in höchsten Tönen angepriesen wird. Sogar fester Fels und schönste Kletterei im 3. bis 4. Grad soll es dort geben - nämlich am Nordwestgrat vom Rudigjoch zum Nordostgipfel.
Diese Beschreibung gelesen mussten wir natürlich vor Ort nachsehen ob es knapp 50 Jahre später immer noch so gut um die Felsqualität bestellt ist oder ob am Rudiger halt doch alles brüchig ist...


Start der Tour ist im kleinen Ort Namlos. Parkplätze sind am Abzweig der Forststraße Richtung Anhalter Hütte kurz unterhalb der Kehre der Hauptstraße vorhanden.
Die Tour beginnt noch gemütlich mit der Wanderung auf selbiger Forststraße immer entlang des Namlosbach hinein in die Lechtaler Gebirgswelt. Auf knapp 1500m erreicht man die Kesselwaldhütte welche man zunächst noch links liegen lässt und dem breiten Wanderweg weiter folgt. Ein Stück hinter der Kesselwaldhütte gilt es dann nach links in den Wanderweg zur Rudighütte einzubiegen - Beschildert ist hier nichts, bei etwas Aufmerksamkeit sollte der gut sichtbare Steig aber nicht zu verfehlen sein.
Der Steig führt einen dann durch schattigen Wald, im oberen Teil auch Wiesenabschnitte, hinauf zur idyllisch gelegenen Rudighütte mit schönem Blick zum Rudiger selbst und anderen Lechtalern wie Gabelspitze oder Tschachaun.
Kurzfristig entscheiden wir dann nicht direkt über die Almwiese zum Rudigjoch, dem Beginn des NW-Grats, aufzusteigen, sondern vorher noch dem Rudigerkopf einen Besuch abzustatten. Diesen netten Wisenhügel erreicht man von der Rudighütte am schnellsten, indem man direkt in Richtung Nord bzw. Nordost über den gut gestuften Grashang aufsteigt. Vom Gipfel des Rudigerkopfs steigen wir dann durch einfaches Gelände zum Rudigjoch ab - dem Beginn des Rudiger Nordwestgrats.

Der NW-Grat lässt sich grob in zwei Abschnitte unterteilen:
Der erste Teil ist von der Ausrichtung her wirklich ein Nordwestgrat und er leitet vom Rudigjoch bis zum Vorgipfel mit Markierungsstange. Hier finden sich sogar Steinmänner und die Schwierigkeiten liegen im Bereich T4 I-II.
Der zweite Teil zwischen Vorgipfel mit Markierungsstange und Rudiger Nordostgipfel ist dann ein NNW-Grat mit zahlreichen Türmen (der auffälligste wird Rudigturm genannt) und anderen Überraschungen.

Vom Rudigjoch gehts also meist am Grat manchmal auch rechts daneben langsam schwieriger werdend dem Vorgipfel mit Markeirungsstange entgegen. Die Wegfindung ist hier noch nicht allzu schwer (Steinmänner) und nur am Grat wird der 2. Schwierigkeitsgrad angekratzt. 
Vom Vorgipfel steigt man dann zunächst immer noch einfach ein kleines Stück ab bis sich die ersten Türme in den Weg stellen. Die Überkletterung der Türme scheint schlecht bis gar nicht sicherbar zu sein und auch die Schwierigkeit geht schon eher gegen V-  wodurch wir entscheiden kurz unterhalb der Türme auf der Westseite durch die unübersichtliche Flanke zu queren.
Hier gilt es möglichst weit oben direkt unter den Türmen (nicht von breiten Bändern weiter unten verleiten lassen) zu bleiben bis Rinnen einen erneuten Aufstieg zu Grat an den südlichen Wandfuß des Rudigturms ermöglichen. Von dort kann man die letzte, breite Graterhebung vor dem Aufbau des Nordostgipfel relativ gut erreichen. 
Beim Übergang in die Scharte vor dem Nordostgipfel stellt sich dann ein senkrechter Abbruch in den Weg welcher am leichtesten über zwei brüchige Risse und ein beide verbindendes Band überwunden wird. 
Den ersten Riss, ein mittlerer Dreier, seilen wir kurzerhand ab, da sich ein Köpfl an dessen Anfang gut dafür eignet. Der zweite Riss, genauso schwer, ist wegen fehlenden Felsnasen oder ähnlichem nicht abseilbar. 
Somit basteln wir uns aus Bandschlingen eine sehr dürftige Sicherung und Klettern durch die brüchige Rinne ab.
In der Scharte haben wir dann genug vom "Besten Kletterfels" und queren so wie Stefan im Abstieg über Schuttbänder auf die Südseite des Nordostgipfels und von dort dann leicht rechts (östlich) des Grats zum Gipfel.
Retour gehts dann zunächst am Grat zurück und über die Schuttbänder in die Scharte zwischen dem Nordostgipfel und der ersten Graterhebung des NW-Grats. Von dort folgt man der Schuttrinne im unteren Teil abfahrend zurück ins Rudigkar von wo wir über die Rudighütte wieder nach Namlos absteigen.

Schwierigkeiten:
Namlos - Kesselwaldhütte : T1 Forststraße
Kesselwaldhütte - Rudighütte: T2 unbeschilderter Steig
Rudighütte - Rudigerkopf: T3 weglose Grasflanke, gut gestuft
Rudigkopf - Rudigjoch: T2 Pfadspuren
Rudigjoch - Vorgipfel mit Markierungsstange: T4 I-II
Vorgipfel - Rudiger Nordostgipfel: stetig T6, viel Schuttauflage, brüchiger Fels, einige Stellen III-, am Riss III
Rudiger Nordostgipfel - Rudigkar: T5+ II via Schuttrinne

Ausrüstung: 
Helm, Kurzseil 10m, Bandschlingen, Klettergurt
(60m Halbseil, Friends, Klemmkeile)

Fazit:
Als Trainingseinheit in "Klettern in Bruchfels" sehr zu empfehlen ansonsten erscheint die Route von Stefan viel sinnvoller da man alle Gipfel mitnimmt (uns ging die Zeit aus) und sich die Schwierigkeiten auch in Grenzen halten.
Im Gegensatz zu mir meint mein karwendelbruchgewöhnter Kletterpartner dass der Fels noch ganz akzeptabel war, ich habe mittlerweile aber auch schon wieder im Arlberggebiet trainiert (Bericht folgt)


Tourengänger: AIi


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