Hrad Hamrštejn (Burg Hammerstein)


Publiziert von lainari , 12. Juli 2015 um 10:35.

Region: Welt » Tschechien » Ještědský hřbet / Jeschkengebirge
Tour Datum:11 Juli 2015
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CZ 
Zeitbedarf: 4:30
Aufstieg: 500 m
Abstieg: 500 m
Strecke:15,5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto oder Trilex-Zug nach Chrastava - Andělská Hora
Kartennummer:1:50.000, KČT Nr. 14 Lužické hory

Am Oberlauf der Lužická Nisa (Lausitzer Neiße)
 
Meine Ausflüge in den Teufelsgrund und in den Höllengrund hatten offenbar die finsteren Mächte herausgefordert. In der Folge bewarfen sie mich mit Krankheitserregern, die kurz und heftig dafür sorgten, dass das Innere völlig durcheinandergewirbelt wurde, gleichzeitig schürten sie das Höllenfeuer derartig ein, dass das irdische Wetter auf neue Temperaturrekorde zusteuerte. Dann ergriffen sie auf Arbeit von der Chefin des Hauses Besitz, die mir eröffnete, dass ich in der internen Aufgaben-Lotterie (ohne dem Bewusstsein mitgespielt zu haben) zwei neue Jobs gewonnen hätte. Einen der per sofort anfangen sollte, konnte ich mit Verweis auf mein Pensum abwehren und dabei beruhigt den Griechen geben - einfach OXI sagen. Der Zweite blieb leider hängen. Ich werde mich sicher damit arrangieren können, aber ich befürchte, dass es an anderer Stelle wenig Begeisterung auslösen wird, weil der Entscheid wenig Rücksicht auf die Befindlichkeiten der anderen Betroffenen nimmt. So gebe ich mich heute geläutert, mache einen Bogen um finstere Orte und wende mich auf meiner Wanderung Plätzen mit himmlischen Namen zu.
 
Am Morgen begebe ich mich dazu an den Fuß des Ještědský hřbet (Jeschkengebirge/Jeschkenkamm) zum Bahnhaltepunkt Chrastava - Andělská Hora - zastávka (Engelsberg). Die vorbeiführende Bahnstrecke wird auf der Relation Liberec - Zittau - Varnsdorf - Rybniště von Triebwagen der Vogtlandbahn unter dem Markennamen Trilex bedient. Ein Sträßchen mit blauer Wanderwegmarkierung führt mich ans Ufer der Lužická Nisa (Lausitzer Neiße), der ich flussaufwärts folge. Später wechselt der Untergrund auf Schotterbelag und der Weg steigt etwas an, um den recht unscheinbaren Haltepunkt Machnín hrad - zastávka (Machendorf Burg) zu erreichen. Ohne Markierung muss hier das Bahngleis überquert werden (Vorsicht zulässige Streckengeschwindigkeit 80 km/h!). Auf dem anschließenden Pfad finden sich verblichene Markierungen, was darauf hindeutet, dass der Zugang durchaus mal offizieller als jetzt war. Vermutlich handelt es sich um eine pragmatische tschechische Lösung, kein Wegweiser also kein Überweg erforderlich, jeder der hin will findet seinen Weg, alle sind zufrieden und es ist kostengünstig. Nach kurzem steilem Aufstieg komme ich zur Burgruine Hamrštejn (Hammerstein), die sich hier auf einem von drei Seiten von der Nisa umflossenen Höhenrücken befindet. Die Burg soll um 1350 durch die Herren von Bieberstein gebaut worden sein. Sie hatte die Aufgabe, den Handelsweg nach Zittau zu schützen. Im 16. Jahrhundert wurde sie dann aufgegeben. Der Name weist auf ein in der Nähe befindliches Hammerwerk hin, dessen Standort aber heute nicht mehr bekannt ist. Der Bergbau in dieser Gegend wurde im 14. Jh. von deutschen Bergleuten initiiert. Die Burgruine besteht aus den Resten von zwei Türmen und der Umfassungsmauer, man geht deshalb davon aus, dass sonstige Gebäude einst aus Holz bestanden haben. Eine Sitzgruppe lädt zu einer kurzen Pause ein. Danach steige ich zum Haltepunkt Machnín hrad ab und gehe zur Nisa hinunter. Unterhalb der großen Bahnbrücke befinden sich das Druckrohr eines Wasserkraftwerkes und eine Schwebefähre. Obwohl ich eigentlich nicht hinüber muss, probiere ich das Gefährt aus.
 
Nach dieser Spaßeinlage steige ich geführt von einer gelben Markierung hinauf auf den bewaldeten Ovčí hora (Schafsberg), dessen Gipfel etwa 50 m links des Weges recht schnell zu finden ist. Später will ich eigentlich am Abhang nach Bergbaurelikten suchen, aber die Karteneinträge sind recht ungenau. Zudem hat die im Bereich von Schonungen dichte Vegetation eine der beiden Bunkerreihen verschluckt, so dass diese geplante Orientierung wegfällt. Das Hochlicht des Sommers ist ebenfalls nicht ideal, um die Konturen von Schachthalden herauszustellen. So schiebe ich die weitere Suche auf. Eine Tafel im Ort verrät dann, dass die Suche von der Talseite erfolgversprechender ist. Zufällig entdecke ich links des Weges noch eine größere Vertiefung. Es könnte sich dabei um eine alte Erzgrube handeln, da das Gestein sonst bestenfalls als Schotter tauglich wäre. Ein historischer Abbau auf dem Berg muss wegen beschränkten Transportmöglichkeiten etwas Höherwertigem gegolten haben. Weitergelaufen, komme ich im Anschluss hinunter nach Chrastava (Kratzau). Die Siedlung fand 1352 Ersterwähnung unter dem Namen Craczauia und wurde anfangs von Pirnaer Bergleuten bewohnt. Nach dem Bahnhof führt mich eine diagonale rot-weiße Markierung zum Jeřice-Ufer (Görsbach), ein Gewässer das nach Starkregen im Jahre 2010 schwere Verwüstungen verursacht hat. Unterhalb des Ortes mündet es in die Nisa, der ich auf abwechslungsreichem Uferpfad flussabwärts folge. Unterwegs wird ein Teil ihres Wassers zu einer Wasserkraftanlage abgeleitet. Nach einem Uferwechsel durchquere ich Bílý Kostel nad Nisou (Weißkirchen an der Neiße). Die Wanderwegmarkierung führt an der Bahnstation vorbei und verlässt den Ort bergwärts. Im Wald wird ein Forstweg mit verschiedenen Untergründen begangen. Ein Rastplatz an einem kleinen Teich bietet sich zur Mittagspause an. Gestärkt und erwartungsfroh komme ich im Anschluss leicht fallend hinunter nach Panenská Hůrka (Frauenberg). Dort sind enttäuschender Weise nur vereinzelt Namensgeberinnen anzutreffen. Doch liegt diese Deutung überhaupt richtig? Eine frühe Erwähnung spricht hier von Frawenbeg. Die (Sprach-)Wissenschaft meint heutzutage mit großer Akribie und Genauigkeit die Bedeutung der oft komisch anmutenden Worte bestimmen zu können. Meine Erklärung des Unerklärlichen ist einfacher: Nachdem der edle Grundherr einige Krüge Met gebechert hatte, diktierte er seinem Schreiber einen Urkundentext. Dabei nuschelte er derart in seinen struppigen Bart, dass es kaum verständlich war. Da der gewiefte Schreiberling ohnehin als einziger die Schrift verstand, schrieb er einfach das Erstbeste auf, getreu dem Motto: So könnte es gemeint sein! Zurück zu den Tatsachen. Der Ort, eine Besitzung der Grafen von Dohna, wurde im 14. Jh. zum Bergflecken erhoben und in der Umgebung wurden Silber, Eisen und Kupfer abgebaut.
 
Nach Verlassen des Ortes ist die Bergbauvergangenheit im Gelände deutlich sichtbar. Etagenartige Schachtpingen zeigen, dass hier ein Erzgang ausgebeutet wurde. Die Annahme, dass dieses Grubenfeld talseitig durch (einen) Erbstollen entwässert wurde, habe ich wegen den Licht- und Vegetationsverhältnissen heute nicht überprüft. Das Gelände ist aber sicherlich nochmals eine genauere Betrachtung wert. Nach einem Taleinschnitt folgt nun ein ruppiger Steilanstieg zur Überquerung eines Höhenzuges. Anschließend fällt der Weg vorbei an einem alten Forsthaus hinunter nach Andělská Hora (Engelsberg). Der einstige Bergflecken wurde im 14. Jh. ebenfalls von deutschen Bergleuten gegründet. Mit Engelsgeduld suche ich auch hier erfolglos nach Namensgebern. Vorbei am Dorfplatz drehe ich noch eine Runde durch den größtenteils an der Talflanke liegenden Ort und gehe schließlich zum Bahnhaltepunkt Chrastava - Andělská Hora zurück. Nach einer kurzen Pause nehme ich zur Rückfahrt den Weg über Nebenstraßen, überquere den Gebirgskamm und genieße eine entspannte Reise durch unzählige Böhmische Dörfer…
 
Die pausenbereinigte Gehzeit betrug 4 h 30 min. Die Schwierigkeit des unmarkierten Burgzuganges und der Besichtigung der Bergbaurelikte liegt bei T2. Der übrige absolvierte Weg mit der Kategorie T1 ist durchgehend markiert.

Tourengänger: lainari
Communities: Flusswanderungen


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Kommentare (2)


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Felix hat gesagt:
Gesendet am 20. Juli 2015 um 10:19
wieder abgelegen - doch interessant, lehrreich und hübsch

lainari hat gesagt: RE:
Gesendet am 20. Juli 2015 um 20:52
Abgelegen trifft es vielleicht nicht ganz. Etwa 10 km entfernt befindet sich das Siedlungsgebiet von Liberec (Reichenberg) mit seinen 102.000 Einwohnern...also am Rande der Urbanität sozusagen.

Interessant, lehrreich und hübsch kann ich nur bestätigen und danke recht herzlich für Deine zusammenfassende Einschätzung.

VG Holger


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