Traumtour im Verwall: Gratüberschreitung von der Fatlarspitze (2986 m) zur Saumspitze (3039 m)


Publiziert von Ford Prefect , 7. Juli 2015 um 20:31.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Verwallgruppe
Tour Datum: 4 Juli 2015
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   Paznaun 
Zeitbedarf: 13:00
Aufstieg: 1800 m
Abstieg: 1800 m

Lohnende Hitzeschlacht und Besuch auf einem einsamem Verwallgipfel

Angesichts von Temperaturen die sich im heimischen Schwabenland laut Wetterbericht an diesem Wochenende beunruhigend nahe der menschenverachtenden 40°-Schwelle nähern sollten, versuchten wir diesen zumindest eingeschränkt durch die Flucht nach oben zu entkommen. So wirklich gelingen konnte dies natürlich bei der hier beschriebenen Tour nicht, da wir a) noch gefühlte 5000 m zu tief waren um von merklich kühlerer Luft umgeben zu sein und da wir uns b) sinnigerweise für einen Aufstieg von Süden entschieden hatten.
Abgesehen von der Thermalproblematik war die Tour aber ein Volltreffer und meine vermutlich bisher schönste Tour im Verwall.


Start der Tour war Ischgl, wo wir das Auto glücklicherweise in einer Tiefgarage zurücklassen konnten. Ich vermute die Gummimischung der Autoreifen wäre auf Grund der Temperaturen andernfalls bis zum Zeitpunkt unserer Rückkehr eine vormals unbekannte chemische Verbindung mit dem Asphaltuntergrund eingegangen.
Wir folgten dem beschilderten Weg Richtung Vergrößsee und Kieler Wetterhütte zunächst bis nach Versahl.
Es folgten ein steiler Anstieg durch Wiesen und Wälder, sowie viele Trinkpausen und wüste Beschimpfungen der Sonne unsererseits, bis wir schließlich die Baumgrenze und nach ca. 3 h 45 min den Vergrößsee (2539 m) erreichten.
Nach einer viertelstündigen Pause machten wir uns auf den Weiterweg. Markierungen und Wegspuren folgend trifft man nach kurzer Zeit auf den Hoppe-Seyler-Weg, dem man rechts abbiegend (rote Markierungen am Fels, nicht vorbeilaufen!) zur Kieler Wetterhütte (2800 m) folgt. Wir erreichten diese nach ca. einer Stunde und rasteten hier nochmals kurz um die körpereigenen Flüssigkeitsreserven aufzufüllen. 
Von hier steigt man zunächst das Schneefeld unterhalb der Ostwand hinauf bis zu einer Geröllrinne, die in die Scharte zwischen Fatlarspitze und Fatlarturm hinaufführt. Aus der Entfernung sah diese wirklich steil und gruslig aus, beim Näherkommen legte sie sich jedoch immer weiter zurück und wurde weniger abweisend.
Sie erwies sich als unschwierig und erreicht maximal den I. Grad.
Jedoch ist nicht alles in ihrem Umfeld hundertprozentig fest und da bei uns zusätzlich noch Steinböcke auf dem Grat herumturnten und in unregelmäßigen Abständen Steinschlag auslösten, empfiehlt es sich definitiv spätestens vor dem Einstieg in die Rinne einen Helm aufzuziehen. In der Scharte angekommen klettert man linksseitig über gut griffigen und für Verwallverhältnisse recht festen Fels im II. Grad in wenigen Minuten auf den Gipfel der Fatlarspitze (2986 m). Unter einem Steinhaufen befindet sich das Gipfelbuch, welches von eher bescheidener Besucherfrequenz zeugt. Wenn man dem Buch glauben schenken darf, waren wir in diesem Jahr bisher sogar die einzigen Besucher. Von der Kieler Wetterhütte aus benötigten wir auf den Gipfel eine knappe Stunde.
Nun lagen nach Auskunft des Alpenvereinsführers 1,5 h Gratkletterei im maximal II. Grat bis zur Saumspitze vor uns. In ca. 30 min stiegen wir recht vorsichtig etwas über 100 Hm von der Fatlarspitze ab bis zur tiefsten Stelle des Verbindungsgrates. Es folgte leichtes Gehgelände, bevor sich der Grat zur Saumspitze wieder etwas aufsteilte. Eine genaue Wegbeschreibung für den folgenden Wegabschnitt zu geben ist überflüssig. Es gilt die Devise: Man folge dem Grat!
Den Weg des geringsten Widerstandes zu finden gelang uns nicht immer auf Anhieb. Hin und wieder erlagen wir der Versuchung Aufschwünge in vermeintlich leichterem Gelände umgehen zu wollen, was sich fast immer als schlechte Idee erwies. In den meisten Fällen empfiehlt es sich in unmittelbarer Nähe des Grates und der Grattürme zu bleiben. Das Gelände wird zwischendurch immer wieder einfacher, die Hände benutzt man aber dennoch recht anhaltend. Teilweise klettert man recht ausgesetzt am wunderbar scharfen Grat entlang und die Gesteinsqualität ist an diesen Stellen hervorragend. Wir hatten großen Spaß und erreichten mit etwas Verzögerung durch das ,,Rechts oder links am Turm vorbei oder doch lieber drüber?" Rätselraten etwa 2 h nach Aufbruch von der Fatlarspitze die Saumspitze (3039 m).
Im Abstieg zum Schneidjöchli (2841 m) folgten wir - die Seeköpfe bewundernd, für die wir sicher wiederkommen werden - recht unspektakulär dem Südgrat (ca. 30 min). Von dort ging es in östlicher Richtung auf dem Hoppe-Seyler-Weg und dann dem Aufstiegsweg wieder zurück zum Vergrößsee und nach einer Rast von diesem wieder hinab ins Tal.

Wir fanden noch einige Schneefelder vor und waren froh die Pickel dabei gehabt zu haben.
Hinsichtlich der Bewertung war ich mir nicht sicher. Finde die Hochtourenskala hier eher unangebracht und würde sagen T6 könnte schon passen, aber am besten machen sich nachfolgende Begeher noch ein zweites Bild! ;-)
Wir können die Tour nämlich nur wärmstens empfehlen und haben die abwechslungsreiche Kletterei sehr genossen! Man kann sich zudem recht sicher sein zumindest die Fatlarspitze für sich alleine zu haben.

Tourengänger: Ford Prefect


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen

T6- II
26 Aug 15
Die etwas andere Verwallrunde · kneewoman
T4
26 Aug 07
Saumspitze (3039m) · belvair
II
14 Jul 15
Zwei Klettergipfel über der Kieler Wetterhütte · Heidelberger Gipfelsammler Ötzi II
II
15 Jul 15
Hochtour auf die schroffen Seeköpfe (1983 hielt ich sie als... · Heidelberger Gipfelsammler Ötzi II
T4
30 Jul 15
Verwallrunde Ost · poudrieres
T4 I L

Kommentare (12)


Kommentar hinzufügen

gstuermer hat gesagt: Klasse
Gesendet am 8. Juli 2015 um 09:14
Glückwunsch zur schönen Überschreitung, sieht wirklich sehr lohnend aus. Vor x Jahren war ich ja bereits auf der Fatlarspitze - in Verbindung mit der Gratüberschreitung zur Saumspitze werde ich diese aber vielleicht mal wieder besuchen. Im Verwall kann man schon wirklich klasse Grattouren machen. Danke für den Bericht.

Viele Grüße,
Thorsten

Ford Prefect hat gesagt: Danke dir!
Gesendet am 8. Juli 2015 um 10:33
Du hast Recht, das Verwall ist prädestiniert für solche, meist recht einsamen Touren.
Und dazu passend: Ich hab gesehen, du hast vor ein paar Tagen die Vollandspitze bestiegen! Glückwunsch auch dazu! ;-)
Die hab ich auch schon lange auf meiner Agenda. Ist halt auch die höchste bis zum Patteriol.
Wir waren vor ein paar Jahren auch schon einmal auf dem Grat zwischen Mitterspitze und Vollandspitze unterwegs, haben dann aber in der Scharte auf Grund von Schneeregen leider abbrechen müssen.
Dein Bericht und deine Bilder machen definitiv wieder Appetit! Mal schauen ob es in diesem Sommer noch hinhaut. :-)

Liebe Grüße,
Steffen

gstuermer hat gesagt: RE:Danke dir!
Gesendet am 8. Juli 2015 um 11:32
Auch dir danke. ;-)
Vollandspitze Nordgrat ist ne feine Sache, kann ich nur empfehlen. Nur leider viel zu kurz... eine Überschreitung zu den Fasulzwillingen wäre noch interessant, aber nachdem sich sogar der AVF darüber ausschweigt gehe ich mal davon aus, dass die Kletterschwierigkeiten jenseits des 3. Grades liegen.
Und falls du mal Lust auf ne gemeinsame Tour hast, meld dich einfach. Genug zu tun gibt es noch... ;)

Weiterhin schöne Touren,
Thorsten

Ford Prefect hat gesagt: RE:Danke dir!
Gesendet am 8. Juli 2015 um 16:20
Haha, die Sache mit dem fehlenden Übergang zu den Zwillingen ist mir auch schon einmal aufgefallen. :-D
Aber wenn ich mich recht erinnere, sieht man zumindest aus Westen im Profil ziemlich ausgeprägte Gratzacken und Türme zwischen den beiden Gipfeln und die Vollandspitze fällt zunächst auch recht schroff ab in Richtung Süden.
Denke daher auch, man sollte vermutlich zum Seil greifen, wenn man sich das aus der Nähe anschauen möchte. Ich versuche zunächst aber auch erstmal die Nordgrat-Steinböcke zu besuchen! ;-)
Klar! Gerne, vielleicht geht sich ja mal was aus!

Grüße,
Steffen

ADI hat gesagt:
Gesendet am 8. Juli 2015 um 12:38
megastarke Tour.....
gratuliere....

VLG!

ADI

Ford Prefect hat gesagt: RE:
Gesendet am 8. Juli 2015 um 16:24
Danke auch dir!
Ist zur Nachahmung empfohlen! ;-)

Liebe Grüße,
Ford Prefect

gstuermer hat gesagt: Wiederholung
Gesendet am 17. Juli 2015 um 20:42
Habe die Tour nun am letzten Sonntag wiederholt. Wirklich eine feine Sache und leichter als ich es in Erinnerung hatte (der Aufstieg zur Fatlarspitze).
Der Abstieg von der Fatlarspitze fand ich besonders bequem (würde sagen max. I / T5). Den Grat bei der Saumspitze habe ich teilweise unten im Schnee und Nordflanke umgangen, war aber nicht so schlau denn nach dem Schnee wurde es richtig heftig brüchig. Bin dann vor dem letzten Gratturm wieder am Grat angekommen.
Achso, bin dann auch den Südgrat runter und (teilweise) die Nordkante (bei ner IVer Stelle bin ich ne Rinne ausgewichen) der Seeköpfe hoch. Bei richtiger Routenwahl kommt man da übrigens im II. Grad hoch, hab das dann auch im Abstieg gemacht.
Kurzbeschreibung: vom Schneidjöchli dem Grat folgen. Vor der Nordflanke findet man einen markanten Steinmann. Leicht rechts hoch in eine Rinne (die eigentliche Nordkante ist rechts neben der Rinne). Bis kurz vor einen messingfarbenen Bohrhaken - nun sieht man rechts auf der Nordkante einen weiteren Steinmann. Dorthin queren (bißchen tricky, vielleicht kurz III). Am einfachsten nun in die Rinne rechts neben der Kante wechseln und hoch bis kurz vor den Gipfel. Dann nochmal Stelle II und du bist oben. :)

Hatte meine GoPro dabei, von beidem wirds irgendwann noch ein Video geben.
So, ab Sonntag gehts erstmal ins Wallis. :)

Viele Grüße,
Thorsten

Ford Prefect hat gesagt: RE:Wiederholung
Gesendet am 20. Juli 2015 um 17:58
Hallo Thorsten,
Wow! Dir auch Glückwunsch zur Tour! Die Verlängerung zu den Seeköpfen setzt dem ganzen natürlich noch die Krone auf! :-)
Was meinst du bezüglich der Bewertung zum Grat zur Saumspitze: Passt T6- oder ist das zu hoch gegriffen?
Hatten am Anfang auch ab und an mal die Flanke angetestet, aber kamen auch zu dem Schluss, dass es meist oben direkt am Grat angenehmer war. Das sah oft zwar im Vorfeld steiler und schwerer aus, war aber dann meist effektiv sicherer als sich auf dubiosem Material in der Flanke zu bewegen.

Liebe Grüße,
Steffen

gstuermer hat gesagt: Video
Gesendet am 3. Januar 2016 um 14:27
Hallo Steffen,

hab nun endlich mal das Video fertig geschnitten:
https://youtu.be/HQr6oDYAe10
Wie du im Video sehen kannst, hatte ich den größten Teil des Grates ja (leider) umgangen, deswegen kann ich auch nicht viel zur Schwierigkeit sagen. Die Bruchflanke war aber sicher eher T6... ;-)

Viele Grüße und schöne Touren im neuen Jahr,
Thorsten

gstuermer hat gesagt: Video Seeköpfe
Gesendet am 8. Januar 2016 um 21:58
Und hier noch das Video zur Besteigung Seeköpfe via Nordkante: https://youtu.be/caA8ORKExoA

Grimpeur hat gesagt: Zustieg zur Tour
Gesendet am 24. Juli 2016 um 11:00
Servus Ford Prefect,

hast Du ne Ahnung ob man die TOur auch von St. Anton aus machen kann. Komme immer vom Bodensee her angefahren und nach ISchgl wäre es oben noch weiter zum anfahren. Ist die Kieler Wetterhütte eigentlich Übernachtungs-tauglich?

VG
Grimpeur (nördlich von Stuttgart stationiert)

Ford Prefect hat gesagt: RE:Zustieg zur Tour
Gesendet am 26. Juli 2016 um 20:06
Hallo Grimpeur,

Die Kieler Wetterhütte ist eine Biwakschachtel mit 4 Lagerplätzen. Zur Ausstattung kann ich dir leider nicht viel sagen, da ich selbst nur kurz reingespickt habe.
Wenn du die Tour in unserer Richtung angehen willst, macht es vermutlich am meisten Sinn von St. Anton aus über die Niederelbehütte aufzusteigen. St. Anton-Niederelbehütte über Kartellspeicher und Seßladjöchli ist im AVF mit 5 1/2 h angegeben. Niederelbehütte-Kieler Wetterhütte wären dann noch einmal 2h oben drauf.
Vielleicht gibt es noch bessere Möglichkeiten, aber diese wäre jetzt spontan für mich die naheliegendste.
Hoffe ich habe dir ein kleines bisschen weitergeholfen!

Liebe Grüße,
Steffen


Kommentar hinzufügen»