Trau, schau wem, am Wissgandstock Südgrat


Publiziert von Schlomsch , 31. Juli 2015 um 19:36.

Region: Welt » Schweiz » Glarus
Tour Datum: 9 Juli 2015
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GL   Glärnischgruppe 
Zeitbedarf: 7:45
Aufstieg: 1300 m
Abstieg: 1300 m

Abwechslungsreiche und lohnende Überschreitung des Wissgandstocks von Süden nach Norden.

Trau schau wem? Dem Clubführer oder besser dem *Bericht von Justus? Gemäss Führer steigt man durch den Klemmblock-Kamin auf, Justus ist aber nach Osten über Steilgras abgestiegen. Wegen Nebels hat mir am 28. Juni die Weitsicht gefehlt, um mir selber ein Bild zu machen, und ich bin den im Führer beschriebenen Klemmblock-Kamin hoch, welcher auch bei schlechter Sicht gut auszumachen ist.

Der erste Klemmblock ist leicht, der zweite war aber nass und rutschig. In der Folge kletterte ich ziemlich schwierig rechts auf die rechte Rippe. Oben auf dem Südgrat lichtete sich dann der Nebel, und ich wunderte mich entsprechend: Wie um alles in der Welt kommt der Führer dazu, die Kaminroute zu empfehlen, wenn es da drüben über Gras und Schrofen viel einfacher geht?
 
Zweck der heutigen Tour ist es, die einfachste Route auf den Wissgandstock Südgrat zu finden bzw. die Variante von Justus zu probieren. Aber nicht nur: Ich mache die Wanderung gerne noch einmal. Die Wissgandstock-Überschreitung von Süden nach Norden ist eine wahre Genusstour - fast überall in gutem Fels und mit schönem Kontrast zwischen der blumenreichen Südseite und der faszinierenden Geologie der Nordseite. 
 
Aufstieg via Südgrat
 
Ab der Bergstation der Brunnenbergbahn (1094m) der Alpstrasse entlang nach Unter Stafel bis Punkt 1119, dann über den Bach und die Abkürzung hinauf nach Mittler Stafel (1383m). Ein Insektenschutz empfiehlt sich - die Bremsen vor Ort sind äusserst hartnäckig!

Ab Mittler Stafel auf dem blau-weiss markierten Weg zur Zeinenfurggel bis etwas über Punkt 1777, wo bei einem Steinmann vom markierten Weg ein deutlicher Schafpfad nach links (westlich) abzweigt. Der Schafpfad leitet horizontal bequem durch den Hang, geht nach der zweiten Runse in einen Gämswechsel über, welcher schliesslich in die Rinne führt, über die der Kessel unterhalb des Wissgandstock Ostgipfels erreicht wird.

Den Kessel verlässt man zeitig und steigt über steiles aber gut gestuftes Gras in Richtung des ersten (südlichsten) Turms am Südgrat auf, und erreicht so den Sattel zwischen dem ersten und zweiten Turm. Vom Sattel am zweiten Turm vorbei hinunter in den Kamin, welcher nördlich des zweiten Turms den Grat erreicht. Nicht dem Kamin folgen, sondern gleich auf die nördliche Rippe, und über diese hoch zum Südgrat. 

Auf dem Südgrat bietet einzig der letzte Aufschwung unterhalb des Gipfelplateaus Schwierigkeiten. Am einfachsten quert man da nach dem ersten Brocken etwa 30m horizontal nach rechts (östlich) zu einer markanten Rinne, welche direkt unter das Gipfelplateau führt, und dort den Zugang zum Gipfelplateau vermittelt.

Das Gipfelbuch auf dem Wissgandstock Westgipfel ist immer noch trocken und in bester Verfassung, zählt aber erst acht Einträge. Wenn es so weiter geht, reicht das Gipfelbuch locker für ein halbes Jahrtausend ;)
 
Abstieg via Nordwand (Normalroute)
 
Der Abstieg über die Normalroute setzt beim tiefsten Punkt zwischen Ost- und Westgipfel an und ist relativ einfach (vgl. *Normalroute Wissgandstock). Allerdings reicht der Schnee heute noch erstaunlich weit hinauf und ist entsprechend steil. Für die Normalroute führt man ohnehin besser Steigeisen und Pickel mit. Meistens wird beides kurz benötigt.
 
Am 28. Juni bin ich in den Sattel zwischen Wissgandstock und Bösbächistock hinüber und dann durch die Bösbächirus hinunter. Der oberste Teil der Rus geht von der Bösbächistockseite her recht gut, danach wird die Bösbächirus aber echt mühsam - selbst Gamsspuren sucht man meist vergeblich. Erst im untersten Teil findet man gestuftes Gras. Die Bösbächirus kann ich also weder für den Aufstieg noch für den Abstieg empfehlen.

Heute bin ich darum dem Wissgandstock-Ostgrat entlang gewandert. Den Zeinenfurggel-Wanderweg erreicht man so an der Stelle, wo der Wanderweg den Ostgrat quert und dann durch die Schafalp Bösbächi (Vorder Chamm) talwärts führt. Unterwegs zur Brunnenbergbahn reicht es dann auch noch für ein Bierchen in der Bösbächibeiz.

Herdenschutzhunde am Vorder Chamm

Die Schafalp Bösbächi wird von der Älperfamilie Iglesias vorbildlich bewirtschaftet. Seit letztem Jahr sind die lästigen Herdenschutzhunde verschwunden und durch Lamas ersetzt worden. Diese wachsamen und neugierigen Tiere sind für den Wanderer keine Bedrohung sondern eine Bereicherung. Auch Ziegen werden gehalten, welche im Gegensatz zu den Schafen auch die Blätter und Rinde der Grünerlen abfuttern, und so dem Vormarsch des Erlentros Einhalt gebieten.
 
Fazit: Die Süd-Nord-Überschreitung des Wissgandstocks ist eine äusserst lohnende Tour. Die Schwierigkeiten dabei halten sich in Grenzen, so zwischen T5 und T6. Dank den Lamas erspart man sich zudem einen Zoobesuch.

Tourengänger: Schlomsch


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Kommentare (2)


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justus hat gesagt: Schöne Routenübersicht
Gesendet am 1. August 2015 um 11:53
Danke Schlomsch für diese schöne Übersicht über den Südaufstieg auf den Wissgandstock. Toll das dieser einsamme Berg doch manchmal aufgesucht wird. Ich habe das auch als eine der schönsten Hebstwanderungen in dem Gebiet in Erinnerung.

Ich glaube da bisst Du ziemlich genau auf meiner Abstiegsroute entlang.

Von oben schien mir die Klemmblockrinne vor vier Jahren zu schwierig. Und aus der Rinne hinaus hatte ich ein etwas adrenalinförderndes Erlebnis mit brüchigem Fels.

Gruss
/justus

Schlomsch hat gesagt: Danke für den Kommentar
Gesendet am 2. August 2015 um 21:57
Die Klemmblock-Kamin war auch für mich zu schwierig. Habe Deinem Bericht sowieso mehr "getraut" als dem Führer. Im Nebel fehlte aber die Weitsicht - und schon steht man vor dem Klemmblock-Kamin!

Der Klemmblock-Kamin ist eigentlich die direkteste Route zum Südgrat. Vielleicht müsste man die überhängenden schmierigen 2.5m mit einem Seil entschärfen, wie hier. Wie denkst Du darüber?

So oder so ist der der Wissgandstock von Süden auch in der fortgeschrittenen Jahreszeit noch lange zu machen. Das weiss ich Dank Deinem Bericht. Werde dann den Südgrat auch mal im Abstieg machen :-)

Gruss Schlomsch



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