Tief im Westen...


Publiziert von frmat , 2. Juni 2015 um 15:10.

Region: Welt » Deutschland » Westliche Mittelgebirge » Sauerland
Tour Datum:30 Mai 2015
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   Rothaargebirge 

...wo die Sonne verstaubt. Ist es besser, viel besser als man glaubt. Tief im Westen.
Mit diesen Zeilen schrieb Grönemeyer - lang lang ist's her - eine Hommage an Bochum und das Ruhrgebiet. Aber auch abseits vom ehemaligen "Pott" mit Fußball und Bier (wenngleich dies zwei wichtige identitätsstiftende Merkmale sind!) hat unser Nordrhein-Westfalen einiges zu bieten. Für den Hikr natürlich den westfälischen Teil des Rothaargebirges, das Sauerland. Bislang habe ich mich immer geziert die heimischen Hügel als Berge zu definieren. Aber wenn selbst der Allgäuer Steilgraspapst einen Hügel wie den Palmenberg bei Oberjoch für besteigungswürdig erklärt (Schartenhöhe 12m) und zum Abschluss einer Wanderung nebst Gefolge dort hinauf trottet, dann sollen die sauerländisch-heimatlichen Berge nicht länger ein Schattendasein fristen. Darf man hier überhaupt von "Bergen" sprechen? Und was ist ein Hügel?
Laut Wikipedia ist ein Berg eine natürliche Geländeform, die sich über ihre Umgebung abhebt. Insofern hat das Sauerland durchaus Berge, wird ja schließlich auch Land der 1000 Berge genannt. Einer Internetquelle zufolge sind es gar 2711 Gipfel. Viel Spaß, die alle zu besteigen. Egal, abseits vom ganzen Definitionswahn über Gipfel und Grenzen und Hügel und Höhen: Diese Gegend ist schön, landschaftlich reizvoll und für jeden Wanderer einen Besuch wert.
Bereits von Kindesbeinen an habe ich hier so manchem der 2711 Gipfel einen Besuch abgestattet. Keine Angst, ich komm jetzt nicht mit Kinderbildern aus den 80ern. Auch sonst werde ich mich bemühen, diesen Bericht über Spam-Niveau zu halten. Die letzten Tage boten die Gelegenheit einige Wanderungen zu wiederholen und so möchte ich im folgenden einige schöne Sauerland-Touren beschreiben, ist dieses Gebiet doch noch viel zu wenig behikrt. Also, los geht's... :)


Bruchhauser Steine
Die Bruchhauser Steine oberhalb des Olsberger Stadtteils Bruchhausen sind ein landschaftlicher wie geografischer Leckerbissen. Vier große Felsbrocken, der höchste bis 92m, verteilen sich auf wenige hundert Meter über die Bergkuppe des Istenbergs. Das Gelände ist in Privatbesitz und darf auf den erschlossenen Wegen gegen ein Entgeld besucht werden.

Die einzelnen Gipfel:
Bornstein (Gipfelhöhe: 700m; Felshöhe: 92m)
Ravenstein (Gipfelhöhe: 701m; Felshöhe: 72m)
 Goldstein (Gipfelhöhe: 712m; Felshöhe: 60m)
 Feldstein (Gipfelhöhe: 756m; Felshöhe: 45m)

Der Feldstein ist durch einen Wanderweg und eine in die Felsen gebaute Treppe erschlossen. Über seinen Gipfel führt der Rothaarsteig, ein über 154km langer Fernwanderweg, der Brilon im Norden mit Dillenburg im Süden verbindet. Alle anderen Gipfel sind nur durch weglose Kraxelei und Kletterei im teils heiklen Auspsychgelände zu erreichen. Zudem herrscht seit 1989 ein Kletterverbot. Als Jugendlicher dehnt man ja bekanntermaßen die Grenzen des Legalen etwas. So habe vor etlichen Jahren bereits alle Gipfel mal bestiegen, würde jedoch von einer Wiederholung dringend abraten. Zwar sind Bornstein und Goldstein durch nordseitige Rinnen und über einfache, bemooste Felsen noch recht leicht, wenn auch ausgesetzt zu erreichen. Spätestens am Ravenstein ist der Spaß jedoch schnell vorbei. Dieser steile Obelisk wehrt sich nach allen Seiten mit steiler Kletterei, die keine Fehler verzeiht. Abgesehen davon ist es illegal. Die Eingangstafel weist ein Wegegebot aus. Zu meiner Ehrenrettung muss ich sagen, dass ich davon früher nichts wusste und dachte, dass Kletterverbot gelte nur für die Felswände, nicht jedoch für die Gipfel.

Sei's drum, die schönste Aussicht bietet ohnehin der frei zugängliche Feldstein. Wer sich die Apothekenpreise für den Parkplatz unterhalb der Felsen ersparen möchte, der parke am besten unten im Ort. Auch für Wanderer, die das Besucherzentrum nicht passieren bleibt der Besuch der Steine kostenlos. Diese (zusammen) 8€ investiert man besser in zwei sauerländer Pils nach getaner Arbeit. Ansonsten kann man unterwegs viel über die Geologie, Flora und Fauna rund um die Steine erfahren. Der Besuch ist für naturbegeisterte Familien somit unbedingt empfehlenswert.
Strecke: 6km, Höhenunterschied: 300m, Gehzeit: 2h


Ohlenk opf
Der Ohlenkopf (729m) beherrscht mit seinen Nebengipfeln Steinhelle (613m) und Schmalenberg (714m) das Panorama südlich von Olsberg-Bigge. Die Wiedegge, höchster Punkt dieses Höhenzuges, versteckt sich bei der Anreise hinter den Fichten. Der Ohlenkopf bietet aufgrund seiner relativ freien Lage eine der besten Aussichten im Sauerland. Auf vielen Karten ist er fälschlicherweise als "Ohlenberg" ausgeschrieben.
Ausgangspunkt dieses etwas größeren Spaziergang ist Olsberg-Helmeringshausen, ein gepflegtes Dorf mit typischem sauerländer Fachwerk. Den Ort in südwestlicher Richtung verlassend wird bald eine kleine Mariengrotte passiert. Die traditionelle, katholische Frömmigkeit zeigt sich hier nicht nur in zahlreichen Bräuchen, auch kleine Kapellen und Wegkreuze prägen immer wieder das Landschaftsbild. An einer markanten Weggabelung wechselt die Teerstraße zu Schotter. Eine schöne Runde ergibt sich, wenn man sich hier links hält und den Berg auf der Nordseite in Richtung Osten umrundet. Nach einer halben Stunde ist der Sattel zur Steinhelle erreicht. Leider ist dieser Gipfel bis oben hin zugewuchert und ein Besuch somit nur wenig lohnend.
Stattdessen steht nun die Besteigung der "großen drei" an. Zunächst dem Fahrweg folgend rückt auf der rechten Seite bald der Gipfel des Schmalenbergs ins Blickfeld. Die letzten 10 Min. sind weglos, dann ist erste Anstieg genommen. Dank Sturm Kyrill kann man heute von dem ansonsten bewaldeten Gipfel die Aussicht nach Norden genießen.
Schnell geht's zurück auf den Fahrweg und nur wenige hundert Meter später wieder weglos, diesmal nach links zum Gipfelplateau der Wiedegge, dem mit 732m höchsten Punkt des Tages.
Einzig der Ohlenkopf ist abschließend über einen kleinen Pfad zu erreichen. Auf dem Gipfel steht ein 14,30m hohes Holzkreuz. Auch dieses fiel dem Orkan zum Opfer und wurde ebenso wie zahllose Bäume im Sauerland am 18. Januar 2007 wie ein Streichholz umgeknickt und erst Ende des Jahres wieder aufgebaut. Wer das massive Kreuz gesehen hat, kann sich eine ungefähre Vorstellung machen, welche Kräfte ein solcher Sturm entfachen kann.
Zurück auf dem Schotterweg steht nur noch der Abstieg an. Nun wieder rechtshaltend wird der Berg abschließend komplett umrundet, ehe man wieder seinen Ausgangspunkt erreicht. Die Tour ist auf zahlreichen Wanderwegen in Länge und Höhenunterschied beliebig zu variieren.
Strecke: 9km, Höhenunterschied: 450m, Gehzeit: 2-3h


Olsberg
Der 703m hohe Olsberg erhebt sich hinter dem gleichnamigen Ort und ist über beschilderte Wege leicht zu erreichen. Parkmöglichkeiten gibt es kurz hinter dem Wohngebiet am südlichen Ortsausgang Richtung Winterberg. Wie auch der Ohlenkopf wird der Olsberg zunächst an seiner nördlichen Flanke im Uhrzeigersinn halb umrundet. Alsbald wechselt der "Olsberger Kneippwanderweg" von Fahrstraße auf Bergpfad. Auch die Steigung nimmt deutlich zu, ehe nach einer knappen Stunde der lohnende Aussichtsgipfel erreicht ist.
Wem ein Gipfel am Tag nicht genug ist, der setzt seinen Weg nach der Gipfelrast in südlicher Richtung fort und erreicht so, vorbei am großen Sendemast, ohne großen Höhenverlust den 715m hohen Heidkopf. Etwas Orientierungssinn ist dennoch gefragt, das weiträumige Gipfelplateau der beiden Berge bietet genügend Möglichkeiten sich zu verlaufen. Auch hier sind die Orkanschäden noch deutlich sichtbar, mit aussichtsreichen Vorteilen für Wanderer. Unmengen an Weihnachtsbaumkulturen bilden den Auftakt zur Wiederaufforstung, sind teils aber schon so hoch gewachsen, dass die Orientierung zusätzlich erschwert wird. Der Gipfel selbst besteht nur aus einer kleinen Lichtung, markiert durch einen trigonometrischen Vermessungspunkt.
Wer mag, kann nun weiter nach Bruchhausen absteigen und die Tour auf die Bruchhauser Steine anhängen. Auch eine Kombination mit dem Ohlenkopf ist möglich. Dazu steigt man in westlicher Richtung zum E-Werk beim kleinen Stausee ab, und auf der gegenüberliegenden Seite zum Sattel bei der Steinhelle wieder hinauf. Ansonsten ist nach einer Stunde auf beliebig zu variierendem Rückweg der Ausgangpunkt Olsberg (Stadt) wieder erreicht.
Strecke: 8,5km, Höhenunterschied: 420m, Gehzeit: 2-3h

Tourengänger: frmat


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Kommentare (2)


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WoPo1961 hat gesagt:
Gesendet am 3. Juni 2015 um 20:21
Da kommen beim Schweizhutträger aber mal ganz alte Erinnerungen hoch. Mann, was waren das noch für Zeiten, als der Ravenstein noch seine Mittagsroute. der Felsstein seine Sekt-oder Selters und der Goldstein seine Goldsteinkante hatte. Alles tolle Klettereien in Schwierigkeitsgraden, die selbst ein damals noch recht junger Flachlandhausener klettern konnte. Zur Belohnung gab es abends den sogenannten Schneider (Schnaps) zu trinken. Selbst nach bald 30 Jahren ist mir immer noch nicht ganz klar, warum dieses tolle Kletterparadies für immer (und ewig??) geschlossen werden mußte. Denn wenn am Bornstein das Falkenpaar brütete, war der Felsen halt für ein paar Monate gesperrt. Dann wurden die restlichen Felsen eben etwas intensiver beklettert.
Wie du siehst, hab ich deinen Bericht recht wehmütig gelesen. Trotzdem ein merci vielmal!
Grüße aus Flachlandhausen
WoPo

frmat hat gesagt: RE:
Gesendet am 3. Juni 2015 um 22:31
Lieber WoPo,
es ist mir eine Ehre, dass mein kleiner Bericht bei einem so behikrten 4000er-Spezl Anklang findet! Danke!
An dieser Stelle großen Respekt vor und Gratulation zu vielen tollen Touren v.a. im 4000er Gelände, von denen ich noch nicht zu träumen wage. Deine Berichte sind gewürzt mit westfälischer Trockenheit und sehr amüsant zu lesen! Freue mich, wenn wir uns an einem der fehlenden Tops of Switzerland mal über den Weg laufen!
Für erste herzliche westfälische Grüße aus dem Sauer- ins Münsterland!


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