Wer hat’s erfunden? - Die Sachsen - den Bierdeckel.*


Publiziert von lainari , 4. April 2015 um 22:28.

Region: Welt » Deutschland » Östliche Mittelgebirge » Sonstige Höhenzüge und Talgebiete
Tour Datum: 3 April 2015
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 4:45
Aufstieg: 450 m
Abstieg: 450 m
Strecke:15,5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto oder Zug der ČD U 28 bis Goßdorf-Kohlmühle
Kartennummer:1:30.000, SK Nr. 90 Sebnitz und Umgebung

Wiedereröffneter Sebnitztalwanderweg
(Westlausitzer Hügel- und Bergland)
 
„Über sieben Brücken musst du gehn…“. Stopp - ich hätte derer nur fünf gebraucht. Nach dem von 2010-2015 währenden hochwasserbedingten Unterbruch des Sebnitztalwanderweges wurde vor Ostern die Fertigstellung von sieben Wanderwegbrücken gemeldet. Das kühle und leicht unbeständige Osterwetter, dass die Tourenwahl etwas beeinträchtigte, ließ mich kurzerhand zur Überprüfung dieser Information aufbrechen. Zum Auftakt fuhr ich nach Goßdorf-Kohlmühle.
 
An der Sebnitz flussaufwärts laufend, musste ich die Bahnstrecke überqueren. Unmittelbar am Bahndamm entlang, ging es über eine weite Wiese durch das Tal. Die Sebnitz querend, kam ich zu einem alten Bahnwärterhaus und wechselte über die Bahn hinüber, um gleich dahinter neben dem leeren Widerlager einer kleineren Bahnbrücke auf den Bahndamm der einstigen Schmalspurbahn Kohlmühle-Hohnstein (sächs. KH-Linie) hinaufzusteigen. In der Folge ging es auf einer Stampfbeton-Brücke über die Sebnitz und anschließend stand ich vor dem ersten Tunnel, der neu mit einem Bauzaun und einem Betretungsverbot geschmückt ist. Man wird nun über die Buttermilchmühle ins Schwarzbachtal geschickt. Hinter dem untertunnelten Höhenrücken, auf dem sich das Goßdorfer Raubschloss befindet, machte ich mich seitlich eines steilen Grabens erneut auf die Suche nach einem Bergbaurelikt. Dabei fand ich aber wieder nichts, was Götzingers Beschreibung (links des Schwarzweges, Mündung eines alten Bergstollens und eine sehr große und tiefe Pinge) ansatzweise entsprechen konnte. Am Rande der Talwiese fand ich nur eine kleine Halde vor, die nicht zwangsweise vom Bergbau stammen muss. Anschließend stieg ich auf dem Schwarzweg durch den steilen Graben hinauf. Oben auf der leicht schneebedeckten Offenfläche angelangt, bog ich zunächst nach links zum Hankehübel ab. Nach einem kurzen Aufenthalt auf der zugigen Anhöhe ging ich nach Goßdorf hinüber. Das Dorf duckt sich an die Flanke meines nächsten Zieles, des Gickelsbergs. Vorbei an einem einzelnen Gehöft absolvierte ich den steilen schneebedeckten Anstieg, an dem mir mein extra mitgeführter Wanderstock gute Dienste erwies. Vom bewaldeten Gipfel aus, bot sich nur ein kleiner Sichtausschnitt auf die Sächsische Schweiz.
 
Über eine Wiese, kurz durch den Wald und entlang einer Feldkante stieg ich in etwa nordwestlicher Richtung vom Berg ab. In der Fortsetzung kam ich über einen Feldweg und entlang einer Straße nach Lohsdorf. Das hier ansässige Schmalspurbahn-Wiederaufbauprojekt Schwarzbachbahn ist weiterhin mit Arbeiten im Bahngelände Lohsdorf befasst. Der Streckenbau talabwärts befindet sich in Planung, dabei wurden einige wichtige Meilensteine erreicht. Der Baubeginn wird durch eine erforderliche umfangreiche Umweltverträglichkeitsprüfung verzögert. In Lohsdorf legte ich eine kurze Pause ein. Vorbei am Bahngelände begab ich mich danach auf der alten Bahntrasse ins Schwarzbachtal, wo ich nach wenigen Metern das Tal nach links verließ. Nach dem Aufstieg im Wald auf der Höhe angekommen, spazierte ich zwischen Feldern Richtung Ulbersdorf. Hier lief ich durch den Ort hinunter zum Bahnhaltepunkt im Sebnitztal. Dort bog ich auf den Sebnitztalwanderweg ein, der teilweise ufernah aber auch in Hanglage in alpiner Ausprägung talwärts verläuft. Dabei sind mehrere Bachquerungen erforderlich, die durch die wiedererrichteten Wanderwegbrücken ermöglicht werden. Nach einiger Zeit traf ich auf die wenigen Überreste der Sputhmühle. Hier wurden zwischen 1882 und 1937 Holzschliff und daraus gefertigte Endprodukte aus Faserguss (eine Art Pappe) wie Bierdeckel und Bucheinbände hergestellt. Die relativ große Fabrik war nur über ein Zweiggleis der Sebnitztalbahn und Fußpfade mit der Außenwelt verbunden, eine Fahrstraße gab es nicht. Dies ist auch der Grund, warum beim Brand von 1937 nicht genügend Feuerwehren herangeführt werden konnten, so dass die ganze Fabrik bis auf ein einzelnstehendes Nebengebäude vernichtet wurde. Dieses wurde schließlich in den 1970er Jahren wegen Baufälligkeit abgerissen. Heute findet man nur noch das Wehr in der Sebnitz, den Mühlgraben, die Laderampe und einige Fundamentreste vor. Wenig unterhalb befindet sich der für die Fabrik einst wichtige Haltepunkt Mittelndorf an der Sebnitztalbahn, der heute aus Gründen der Fahrzeitoptimierung gar nicht mehr bedient wird, obwohl die Ausschilderung noch vorhanden ist. Weiter abwärts im Tal erreichte ich den einstigen Standort der Buttermilchmühle, die vor Jahren abgebrannt, auch längst verschwunden ist. Dazu musste ich auf einer Brücke die Sebnitz überqueren. Im Bereich des alten Mühlengeländes fand ich am Bachufer mehrere vom Biber gefällte Bäume. Später unterquerte ich noch die bereits erwähnte Stampfbeton-Brücke der einstigen Schmalspurbahn und traf am Bahnwärterhaus wieder auf den bekannten Zugangsweg. Hier gelangte ich abschließend zum Auto nach Goßdorf-Kohlmühle zurück.
 
Die Gehzeit betrug pausenbereinigt 4 h 45 min.
Der Weg im Sebnitztal hat die Schwierigkeit T2, die übrige Strecke hat die Schwierigkeit T1.
 
* Patent angemeldet 1892 von Robert Sputh auf Holzschliffplatten/Fasergussuntersetzer

Tourengänger: lainari
Communities: Flusswanderungen


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Kommentare (2)


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Felix hat gesagt:
Gesendet am 5. April 2015 um 05:54
mit gutem Blick fürs Detail (wie auch für die grosse Landschaft) und vielen Informationen: eine - wie gewohnt - sehr gefällige Bild- und Lesestrecke

lg Felix

lainari hat gesagt: RE:
Gesendet am 6. April 2015 um 08:35
Danke für den netten Kommentar!

Weil ich schon mehrfach vor Ort war, habe ich versucht alte Themen nochmals aufzugreifen und weiterzuverfolgen bzw. habe durch eine teilweise Routen- und Jahreszeitanpassung selbst für mich interessante Aspekte hinzufügen können.

VG Holger


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