Der Ammergauer Sunkenkopf (1766m) über den S/O- Grat: Wintertraumziel vis à vis der Zugspitze


Publiziert von Vielhygler , 22. Februar 2015 um 19:01.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Ammergauer Alpen
Tour Datum:20 Februar 2015
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT3 - Anspruchsvolle Schneeschuhwanderung
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 950 m
Abstieg: 950 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Parkplatz Ochsenhütte kurz vor Griesen (Ausschilderung: "Friederspitz" und "Rotmoosalm")
Kartennummer:AV - Karten BY 7 und BY 6 und LVA Werdenfelser Land / Ammergebirge

Der schöne  Bergstock der eleganten Schellschlicht entsendet zwei weit entfernte und aussichtsreiche Satellitengipfel:  nach Westen hin den Schellkopf und in  seinen  Osten den Sunkenkopf.
Der vielbesuchte  Schellkopf ist   mit einem liebevoll  geschnitzten  Holzkreuz geschmückt, sogar  sein Gipfelbuch wird regelmäßig von fürsorglicher Hand  in neue weiß - blaue Tüten eingebettet. Viele Hik.r`s waren schon dort und haben begeistert berichtet, fotografiert und sie werden nicht die letzten gewesen sein, denn der Schellkopf steht eindeutig auf den To - Do - Listen immer zahlreicher werdender Einsamkeitssucher.
Ganz anders sieht es mit dem wahrlich einsamen Sunkenkopf in Schellschlicht`s Osten aus. Sein Zugspitzblick ist der Hammer, doch er scheint kaum jemals Besuch zu erhalten. Ein so interessantes und eigenständiges Ziel, aber ich habe vergebens nach Berichten, nach Touren auf diesen Gipfel gesucht: Fehlanzeige auf der ganzen Linie! Wie schade, daß der schöne und freie Sunkenkopf auf die Not - To - Do - Listen nicht nur der Einsamkeitssucher geraten zu sein scheint. Das war uns Ansporn genug: wir waren heute oben und sind von einer anstrengenden Tour und einem tollen Gipfel begeistert!


Sehr lohnend, aber kein "Mitnahmegipfel"

Es gibt natürlich einen Grund, warum der lohnende Sunkenkopf so wenig Besuch erhält: Er ist nicht mit der Schellschlicht kombinierbar, denn man kann ihn vom Sunkensattel nicht einfach „mitnehmen“, wie der DAV - Führer meint, da bin ich mir ziemlich sicher, denn ich habe dort Ende November ziemlich lange herumgestochert und am Sunkensattel Felsen, Latschen und weiter unten Steilrinnen gefunden, aber keinen machbaren Weg und mache dazu auch noch ein paar Anmerkungen (Foto 1)
Es gibt aber noch ein weiteres: Wie man auf den Karten ganz deutlich erkennen kann, hat der Sunkenkopf auf etwa 1000 m bis 1200 m steile Abbrüche auf seiner gesamten südlichen Seite. Also: wie geht es überhaupt? Was man ebenfalls auf der Karte erkennen kann: wenn es geht, dann über den S/O - Grat, der dort beginnt, wo die Friederlaine in das Fiedergrieß fliesst. Dort sind die Schrofen vielleicht am wenigsten steil. Um mir einen besseren Eindruck zu verschaffen, bin ich im November noch auf den gegenüber liegenden Ofenberg gegangen und habe Fotos gemacht (siehe unten). Und der lange Grat sah vielversprechend aus, sogar so gut, daß ich mir gedacht habe: das könnte auch im Winter gehen.

Die Tour
 
Auch die sehr sorgfältig recherchierende Vielhyglerin war zu überzeugen und begeistert. Früh sind wir los, damit wir nicht schon vor dem Sunkenkopf in den Schnee des flachen Friedergrießes einsinken.
Zwei bange Fragen haben wir uns natürlich gestellt: Wie werden wir mit der unteren Steilstufe im verschneiten Wald und wie werden wir überhaupt mit dem vielen Schnee zurecht kommen, denn der sicher ungespurte Grat zieht vom Grieß 850 Hm zum Gipfel hinauf. Wir sind gespannt!
Der Parkplatz ist verwaist. Wir gehen zunächst den laut sprudelnden Schwarzenbach entlang. Es gibt Spuren und der Schnee ist noch hart. Wir verlassen das Tal des Schwarzenbachs an einer Weggabelung und gehen nach links in Richtung Friedergrieß. Im Grieß lassen wir eine Straße links liegen, die in südwestlicher Richtung nach Griesen führt. Wir kommen nun in den nördlichsten Teil des Grießes. Ein kleineres und ebenfalls gespurtes Wegerl führt uns am Waldrand nur etwa 10 Hm ansteigend mit schönen Aussichten auf das Grieß bis an die Stelle, wo der markierte Steig zum Frieder abzweigt (Holzschild und Baumpfeil, Foto). Hier gehen wir geradeaus weiter auf dem Wegerl und sind nach wenigen Minuten dort, wo die Friederlaine von Norden kommend in`s Grieß fließt. Über dem Bach eine gemütliche Bank. Dann dienen uns hingelegte Steine als Bachfurt über die Friederlaine. Die Steine sind komplett übereist. Jenseits des Baches sehen wir durch die Maschen eines Zauns lugend das auf der Karte verzeichnete Gebäude, P 920m.(siehe Foto 2). Es ist eine eingezäunte Wildfütterungsstation, wir sehen auch Jäger dort. (Der Zuweg zu dieser Station ist ein im Winter bis 15. April gesperrter Forstweg, der von Südwesten, von Griesen her kommend, im Winter mit einer Schneekatze von Jägern befahren wird. Diese Straße endet an der Futterstelle.)
Zunächst folgen wir einfach dem in nördlicher Richtung über der Friederlaine ansteigenden Zaun. Wir haben Glück, wir können über die schrofige Steilstufe in harten Schnee tretend teils direkt am Zaun, teilweise auch nach rechts ausweichend sehr gut hinwegkommen. Als nach etwa 150 Hm ein Geländeabsatz erreicht ist, biegt der Zaun nach links ab. Wir gehen wenige Schritte abwärts in ein kleines nasses Tälchen und auf der anderen Seite wieder hinauf. Hier (auf etwa 1100 m) ist der Grat noch sehr breit und wir konzentrieren uns darauf, immer an höchster Stelle und in nordwestlicher Richtung anzusteigen. Nach wenigen Minuten schon prägt sich der Grat deutlicher aus und wird zunehmend schmäler, aber niemals scharf. Wir steigen immer im Wald auf, teils ist der Schnee pulvrig, manchmal hält auch der dünne Harsch auf der Südseite. Der Grat wird landschaftlich immer schöner, es gibt auch zunehmend mehr Aussichten, aber auch immer mehr Schnee und es scheint zuletzt kein Ende mehr zu nehmen. Im Sommer wäre das ein Genußgang, aber im Winter ist so etwas für meine Kondition grenzwertig. Die Vielhyglerin tut sich da etwas leichter, nicht zuletzt natürlich deswegen, weil sie auch leichter ist, aber auch sie findet es sehr anstrengend. Sie spurt den oberen Teil. Danke! Wir machen gelegentlich Pausen, raffen uns dann aber schnell wieder auf und endlich sehen wir dann den Gipfelhang - es ist nicht mehr weit! Nach weiteren 30 Minuten und einigen wenigen Einbrüchen zwischen verschneite Latschen ist es soweit. Geschafft. Erst ganz zuletzt und am höchsten Punkt sehen wir die Schellschlicht. Die Umsicht ist großartig und die Freude groß. Warm ist es und windstill. Glück! Wir machen ein paar Fotos und Brotzeit und eine halbe Stunde sonst: nichts...

Der Abstieg..

..erfolgt auf dem Anstiegsweg. Die schrofigen Stellen unten am Zaun entlang gehen ganz gut, obwohl der Schnee weich ist und auf Laub und Fels rutscht. Wir passen auf und die Stöcke sind uns nützlich. Lange Pause auf dem Bankerl in der Sonne über der Friederlaine. Wir brauchen für den gesamten Abstieg einschließlich der Pausen und des Friedergrießhinauswärtshatschers im leider weichen Nachmittagsschnee knapp drei Stunden. Für den Aufstieg haben wir (mit Pausen) bald doppelt so lange gebraucht! Winterbedingungen eben...

         
Es folgt noch ein kurzer Steckbrief:
 
Die Charakteristik des weglosen Anstiegs:
 
Wenn man nach der Steilstufe und dem Tälchen richtig ansetzt, gibt es nicht die mindesten Orientierungsprobleme. Keine umgestürzten Bäume, der Mischwald ist dicht, aber nicht „verwachsen“, keine "Kriechpassagen". Am Gipfelhang superbreite und nicht zu verfehlende Latschengassen.
 
Ein Gipfel für alle Jahreszeiten?  
Definitiv ja, im Sommer schöner Schatten und nur wenige Meter unterhalb des höchsten Punkts ein großer Baum als Brotzeitplatz. Ideales Spätherbstziel, wenn der Grat selbst ohne Belaubung auch schon aussichtsreich ist. Im Winter bei sehr viel Schnee ist die Spurarbeit an diesem langen Grat bestimmt eine noch größere Tortur.  
Skitour? Sicher möglich, aber kein Abfahrspaß, als Skifahrer hätte man im Baumslalom eher die „Harschkarte", da die besser befahrbare Gratseite im Süden liegt…
 
Lawinengefahr?
Es mag merkwürdig klingen: denkbar gering. Der gesamte Grat befindet sich (außer dem Gipfelhang) im Wald und ist nur an der o.e. Stelle den Zaun entlang steil. Auch der freie breite Gipfelhang steigt sehr sanft an.
 
Schwierigkeiten?  
Nur an der o.e. Steilstufe von etwa 150 Hm beim Zaun muß man die Schrofen sorgfältig umgehen: Wir hatten gestern denkbar schlechte Bedingungen beim Abstieg: weiche Schneepolster auf einer Laubschicht und die wieder auf glatten Steinen  - und sind mit etwas Vorsicht ausgezeichnet zurechtgekommen. Bei Nässe sind Stöcke angenehm.
 
Die Fotos..
..sind diesmal nicht chronologisch, weil wir Details, die für den Aufstieg informativ sind, erst im Abstieg fotografiert haben. Außerdem war es am Gipfel so strahlend sonnig, daß wir auf  den Displays unserer Knipsen gar nichts haben sehen können. Jetzt hoffen wir, sie geben wenigstens einen Eindruck davon, wie schön es heute war.   

Tourengänger: Vielhygler, basthe


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Kommentare (10)


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WernerG hat gesagt:
Gesendet am 22. Februar 2015 um 20:13
Servus!

Sehr interessante Tour, Der Sunkenkopf ist mir auch schon mal auf der Karte aufgefallen, ist aber dann in Vergessenheit geraten. In der AV-Karte findet man auch noch den Steig die Sunkenlaine entlang. Den kennst aber nicht, oder?

Gruß
Werner

Vielhygler hat gesagt: RE:
Gesendet am 23. Februar 2015 um 10:35
Servus, Werner,

Ju_Wi haben den mal versucht auf einer Tour auf die Schellschlicht und haben den Pfad nicht lang verfolgen können und sind schließlich wieder auf dem Schellschlicht - Normalweg gelandet.

Wir haben es nicht probiert..

Gruß Andreas

trainman hat gesagt:
Gesendet am 22. Februar 2015 um 23:09
Gratuliere zu dieser schönen Tour auf einen selten bestiegenen Berg. Ich war 1993 mit ADI im Sommer dort oben-ein lohnendes Ziel ohne Schwierigkeiten. Leider damals ohne Kamera, deshalb gibt es darüber keinen Bericht.
Grüsse trainman

Bernhard76 hat gesagt: RE:
Gesendet am 23. Februar 2015 um 00:26
Hallo! Nach der Besteigung der Schellschlicht wollte ich - so wie im AVF beschrieben - aus dem Sunkensattel den Sunkenkopf erreichen, blieb aber im undurchdringlichen Latschendickicht hängen! Gratuliere zur interessanten Tour!
Benhard

Vielhygler hat gesagt: RE:
Gesendet am 23. Februar 2015 um 10:36
Danke!
Andreas

ReinerD hat gesagt:
Gesendet am 23. Februar 2015 um 01:48
>Was man ebenfalls auf der Karte erkennen kann: wenn es >geht, dann über den S/O - Grat, der dort beginnt, wo die >Friederlaine in das Fiedergrieß fliesst

Warum solls auch nicht gehn.
In der Amtlichen Karte ist der Steig zur alten "Niederen Sunkenalpe" noch drin (unten den Felsen querend hoch bis zum SO-Grat).
Satbild mit Pfad


In der Historischen (Vollzoom) ist sogar die Gratverbindung hoch zum Sunkenkopf drin.

Lediglich die oberste, direkte Verbindung zum Sunkensattel ,welche die Gratfelsen umgeht, ist zugewachsen - Säge mitnehmen , auf 2m Schnee warten oder Latschenkampftraining ;-).
Der Pfad auf ca 1600m ist leichter von Ost-nach-West zu finden - gut mögich dass dort aber die ständigen Erosionen Teile davon weggrissen hat.

Vielhygler hat gesagt: RE:
Gesendet am 23. Februar 2015 um 10:24
Der Steig zur verfallenen niederen Sunkenalpe, der in zwei Kehren den S/O - Grat vermittelt, ist eine Straße oder ein Karrenweg, ob dieselbe die div. Erosionen überstanden hat, weiß ich nicht. Wir hätten es auch so versucht, aber das Gebiet ist bis 15.4. wegen Wildfütterung durch den Zaun gesperrt. Ab 15.4. wird das jetzt abgesperrte Tor auf der Forststraße von Griesen zur Station wieder geöffnet.
Vom S/O - Grat kommt man bestimmt leicht auf die verfallene Alm. Vielleicht findet man den Pfad zum Sunkensattel von der Alm, von Osten aus, leichter. Wäre eine schöne lange Überschreitung, wenn man dann über die Schellschlicht, Schellalm vielleicht sogar Schellkopf weitergeht..

WernerG hat gesagt: RE:Jäger?
Gesendet am 25. Februar 2015 um 17:31
Wurde die von Euch begangene Route von den Jägern geduldet oder hattet ihr gar keinen entsprechenden Kontakt? Ihr wart ja in der Nähe der Wildfütterung.

Gruß
Werner

Vielhygler hat gesagt: RE:Jäger?
Gesendet am 26. Februar 2015 um 09:44
..nein, kein Kontakt, weil wir ja außerhalb des durch den Zaun abgesperrten Wildfütterungsgebiets geblieben sind. Durch die Zaunmaschen und das Gehölz konnten wir etwa 200 m entfernt Futterraufen und eine Gestalt mehr ahnen als richtig sehen..
Gruß
Andreas

WernerG hat gesagt: RE:Jäger?
Gesendet am 26. Februar 2015 um 18:04
Danke


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