Das war knapp... - Selbst "Wiesenzweitausender" können ganz schön gefährlich sein!


Publiziert von mountainrescue , 15. November 2014 um 17:58. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Rottenmanner und Wölzer Tauern
Tour Datum:15 November 2014
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 3:45
Aufstieg: 1008 m
Abstieg: 1014 m
Strecke:12,83 km / Goldwaschanlage Pusterwald-Jaurisalmhütte 1564-Wildalmhütte 1753-Kleinhansl 2217
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Über Judenburg nach Möderbrugg und dort links abzweigen und der Straße etwa 3,5km folgen bis bei einem weiteren Hinweisschild (Pusterwald) wieder links abgebogen wird. Durch Pusterwald fahren und bei auf der Karte ausgewiesenen Bauernhof Simbürger wiederum links abzweigen und der Straße bis zur Goldwaschanlage folgen. Dort habe ich mein Auto geparkt, da schon kurz darauf Fahrverbotstafeln am Wegesrand standen.
Unterkunftmöglichkeiten:Pusterwald, Möderbrugg
Kartennummer:Amap Digital

Ich habe lange überlegt, diesen Bericht online zu stellen; auf der anderen Seite kann es vielleicht ganz nützlich sein, dass andere Bergsteiger daraus etwas lernen bzw. für ihre weitere Bergsteigerlaufbahn etwas "mitnehmen" zu können, nämlich die Erkenntnis, einen Berg nie zu unterschätzen, selbst, wenn er auf den ersten Blick recht harmlos wirkt! Wie tückisch selbst ein "Wiesenzweitausender" sein kann, wurde mir heute eindrücklich vor Augen geführt, doch dazu etwas weiter unten in meinem Bericht!
Nebel, schlechte Sicht, Vereisung, Glätte - und ganz schnell kann das zu einer schwierigen Situation am Berg führen!
Wir (Luca und meinereiner) haben die Tourensaison ja bereits mit drei netten Touren eröffnet. Inzwischen hat jedoch der Föhn mit voller "Härte" zugeschlagen und der schöne Schnee hat sich, bis auf einige kleine Schneefleckerl, komplett in Luft aufgelöst ;-) Da ich heuer mein Tourengebiet etwas ausweiten möchte und einige neue Berge am Programm stehen, die ich noch nicht bestiegen habe, war heute eine Tour auf den Kleinhansl angesagt.

Ich mache mir ganz gerne im Sommer/Herbst ein Bild vom jeweiligen Berg; wie ist seine Lage, wie schaut es schifahrerisch aus, wie schaut es mit Lawinen aus und so weiter und so fort - alles im Sinne einer guten Tourenvorbereitung. ☺
Heute war eine Erkundungstour auf den Kleinhansl angesagt!
Am Vorabend wurde ein Track auf das GPS geladen und wir sind heute früh nach Pusterwald, das im weitesten Sinn den Ausgangspunkt unserer Tour darstellt, gestartet. Die Zufahrt erfolgt über Judenburg und Richtung Triebener Tauern bis bei Möderbrugg ins Zielgebiet abgebogen wird. Der genaue Ausgangs-Startpunkt wurde ebenfalls am GPS gespeichert und das war die Goldwaschanlage im Tal des Scharnitzbaches. Dort haben wir das Auto stehen gelassen, denn schon kurz danach gibt es die erste Fahrverbotstafel am Wegesrand. 
Bei der Goldwaschanlage bleibt das Auto zurück
Die Wettervorhersage prophezeite einen schönen Tag in der Höhe, allerdings mit teilweise starkem Föhnwind. Die Wettervorhersage ließ die Vorfreude auf einen schönen Spätherbsttag steigen. (Ab und an kommt es jedoch anders als gedacht ☺)

Gemütlich ging es nach der Goldwaschanlage, entlang einer Forststraße, in das enge Tal des Scharnitzbaches. Vorbei an der Christophoruskapelle und der Rupbauerhütte führt der Weg zur Jagdhütte wo sich schließlich teilt.
Vorbei an Christophoruskapelle...
...und der Rupbauerhütte
Geradeaus Richtung Großhansl - wir wenden uns nach rechts Richtung Wildalmhütte/Kleinhansl
Geradeaus weiter führt der Weg über den Hanslgraben und das Weittal auf den Großhansl; wir allerdings wenden uns nach rechts und folgen der Forststraße weiter vorbei an der Jaurishütte

Jaurisalmhütte zur Wildalmhütte.
Wildalmhütte - ein wirklich idyllisches Platzerl
Bei der Wildalmhütte endet auch die Forststraße und es leitet ein markierter Steig Richtung Jauriskampel 2064m und unserem Ziel, dem Kleinhansl 2217m. In diesem Teil der Steiermark gibt nur einige wenige markierte Steige, doch diese sind sehr schön "ausgetreten". Immer wieder blinzelt der blaue Himmel durch die Wolken, doch mit zunehmender Dauer der Tour beginnt es sich immer mehr einzutrüben und dichte Nebelschwaden ziehen über den Gipfel des Kleinhansl "herein" und es beginnt auch der angekündigte starke Föhnwind zu blasen.
Kurz haben wir das Ziel der Tour, den Kleinhansl, kurz bewundern können...
Es ist mir bald zu kalt und daher wird eine weitere Bekleidungsschicht angezogen. Der Weg windet sich zuerst durch ein großes Latschenfeld bis ein großes Hochtal erreicht wird, rechts begrenzt vom Jauriskampel und gerade vor uns steigt der Kleinhansl in die Höhe. Je höher wir kommen, desto stürmischer wird der Wind und ab ca. 2000m Seehöhe sind die Gräser mit einer Eisschicht "ummantelt", die um so dicker wird, je höher wir kommen ☺ Nach ziemlich genau zwei Stunden ist der Gipfel des Kleinhansl erreicht.
Nach ziemlich genau zwei Stunden stehen wir am Gipfel des Kleinhansl
Ich habe mir vorgenommen über den Kamm zum Großhansl zu queren. Schnell wird noch am GPS der Wegpunkt fixiert und es geht los. Die Sicht ist sehr schlecht und durch den Wind und die Nässe beschlagen meine Brillen sehr schnell. Vom Gipfel des Kleinhansl sind Steigspuren die anscheinend Richtung Großhansl führen. Ich folge einige Meter diesen Spuren und stehe gleich an einem ziemlich steilen Fels/Wiesenabhang. Die Gräser sind alle dick mit einer Eisschicht bedeckt und der Fels ist sehr nass und rutschig. Luca genehmigt sich einen kurzen Blick und schon ist er über den Felsabbruch "verschwunden". Bedächtig setze ich einen Fuß vor den anderen - es geht fast senkrecht zehn Meter in die Tiefe und der anschließende Wiesenhang ist auch sausteil; hier nur nicht ausrutschen... und schon ist es geschehen.
Selbst ein "Wiesenzweitausender" kann bei heikeln Verhältnissen gleich einmal gefährlich werden...
Ein abwärtsgerichteter Tritt gibt nach und ich rutsche über die Felsen hinunter. Geistesgegenwärtig versuche ich mich zum Berg zu drehen und bekomme nach einigen Metern einen herausragenden Felsbrocken zu fassen, der zumindest die Talfahrt etwas bremst und ich komme auf einem kleinen Absatz zu liegen. Benommen bleibe ich liegen und versuche mich zu sammeln.... und da ist auch schon Luca von seiner "Erkundung" zurück und beginnt mich von oben bis unten abzuschlecken... Jaja, alles Okay, mein Großer, es ist nichts passiert! Vorsichtig strecke ich mich und schaue ob alles in Ordnung ist - Gott sei Dank ist nichts passiert - alles da wo es sein soll, nix steht irgendwo oder irgendwie falsch! ☺ Allerdings reicht es mir nach diesem "Abflug", denn der Weiterweg liegt im dichten Nebel und ich kann nicht einschätzen wie es weitergeht, außerdem sehe ich auf meinem GPS, dass es auf der geladenen Hangneigungskarte links und rechts ziemlich schwarz (steil) beiseitig in die Tiefe geht! Okay, also wieder zurück Richtung Gipfel und über den Aufstiegsweg zurück ins Tal. Vorsichtig, mit ziemlich zittrigen Knien, steige ich über den rutschig-vereisten Felsen/Steilgrasabbruch zurück zum Gipfel. Von dort geht es auf dem Weg, auf dem wir gekommen sind, zurück ins Tal - den Übergang zum Großhansl hebe ich mir für einen anderen Zeitpunkt auf! ☺



Fazit der Tour: Leider hat uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung gemacht. Zu meinem kleinen Missgeschick: da sind mehrere Faktoren zusammen gekommen. Es war nass, rutschig und auch noch alles ziemlich vereist. Die Sicht war unter jeder S.. und deshalb war die Entscheidung nach dem "Ausrutscher" umzudrehen sicher die Richtige, denn weder der Weiterweg noch die Wegbeschaffenheit war einzuschätzen. Als Alleingänger muss man sich einfach noch einen größeren Sicherheitsspielraum setzen!
Bei weiteren Nachforschungen zu der Tour bin ich drauf gekommen, dass der heikle Abstieg großräumig umgangen werden kann. Ca. 200 Meter vor dem Gipfelkreuz des Kleinhansl kann man nach rechts in die Flanke ausweichen und, relativ unschwierig, den Felsgrat umgehen. Durch den dichten Nebel habe ich diese Umgehung leider nicht wahrgenommen.



Twonav Aventura 3*/CGPSL 7*
Dauer: 3:39
Zeit in Bewegung: 3:08
Zeit im Stillstand: 0:31
Strecke: 12,83 km
Maximale Höhe: 2217 m
Maximale Höhendifferenz: 933 m
Kumuliertes Steigen: ↑ 1008 m
Gesamt Abstieg: ↓ 1014 m

Tourengänger: mountainrescue


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Geodaten
 22998.kmz Track der Tour

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Kommentare (4)


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Sputnik Pro hat gesagt:
Gesendet am 15. November 2014 um 23:15
Hallo,

Aber sicher soll man nicht nur "Hurra, ich war Oben und alles war Super"-Berichte schreiben. Erstens wenn es nur solche Berichte von einem Autor gibt, glaubt mans irgendwann nicht mehr dass alles so 100% der Berichte stimmen und zweitens, so wie du geschrieben hast, lernt man aus Fehler Anderer. Ich zumindest nehme (meistens) einen Pickel und/oder Steigeisen für steile Grasflanken mit wobei man schon komisch auf Wanderwegen im Voralpengelände angeschaut wir wenn ein Pickel am Ricksack baumelt :-)

Hauptsache ist nichts schlimmeres passiert. Ich wünsche dir weiterhin tolle und unfallfreie Touren,

Gruss Sputnik

mountainrescue hat gesagt: RE:
Gesendet am 16. November 2014 um 07:22
Grüß dich Sputnik!

Ich glaube auch, dass solche Beinahe-Unfallberichte für Andere ganz nützlich sein können, um für sich etwas zu lernen; deshalb habe ich ihn schließlich auch online gestellt!

Pickel und Steigeisen wären sicher sehr hilfreich gewesen, allerdings waren diese Verhältnisse für mich nicht vorhersehbar - das nächste Mal bin ich sicher klüger ☺

Auch dir noch viele, schöne und vor allem unfallfreie Touren
Erich

©bergundradlpeter hat gesagt:
Gesendet am 17. November 2014 um 16:50
Servas Erich, weist das noch...?

"So ein erfahrener "Bergfuchs" ;-) wie du (ich) braucht uns (Bergretter) ganz sicher nicht - haha.
Es geht manchmal schneller als man denkt. Aber man könnte auch sagen, aus Erfahrung lernt man dazu, oder wird evtl. durch solche Berichte mal wieder daran erinnert, wie schnell es doch gehen kann, das man in eine verzwickte Situation kommt, auch wenn man sich noch so sicher fühlt oder einschätzt.

Also immer schön aufpassen und festhalten!
Gut das Du den Bericht eingestellt hast.

VG
Peter

mountainrescue hat gesagt: RE:
Gesendet am 17. November 2014 um 17:03
Servus Peter!

Ja, wir "Erfahrenen" sind die "Gefährdetsten" ;-) , obwohl ich von mir selbst behaupte ein ziemlicher Hosensch... zu sein ☺

Nachträglich darf man gar nicht genauer analysieren, denn es hätte ganz schön lange gedauert bis die Kollegen auf diesem Klapf gewesen wären... aber gut is gangan - nix ist gschehn und nach dem Schreck die Erkenntnis, den Sicherheitsspielraum nochmals um 100% zu erhöhen! ☺

Werde mir deinen Ratschlag zu Herzen nehmen ☺ und danke nochmals fürs positive Feedback!
LG
Erich


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