Schortenkopf und "Schortenköpfl": neue Kreuzgipfel in Wendelsteins mildem Osten


Publiziert von Vielhygler , 16. Oktober 2014 um 17:53.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Bayrische Voralpen
Tour Datum:28 September 2014
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 3:00
Aufstieg: 350 m
Abstieg: 350 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Parkplatz Arzmoos an der Straße Bayrischzell nach Oberaudorf
Unterkunftmöglichkeiten:Nicht nötig, es gibt bewirtschaftete Almen
Kartennummer:LfV Bayern: Mangfallgebirge und DAV BY 16

 
Der Schortenkopf (1322m) und sein südlich vorgelagertes Köpferl (1245m) über dem Arzmoos im Osten des Wendelsteins sind keine Besuchermagnete und werden es wohl auch nie werden. Dennoch handelt es sich um wunderschöne, einsame und aussichtsreiche Kreuzgipfel im Osten des Wendelsteins. Wir haben sie heute aufgesucht und waren begeistert!
 
Wenn man in die Websuchmaschinen „Schortenkopf 1322m“  eingibt, kommt ihr ruheloses Räderwerk zum Stillstand. Auch unser Forum hat auch noch "keinen Tourenbericht für diesen Wegpunkt" und fordert mich auf,  einen Bericht zu verfassen, „wenn ich will“.
Blickt man von unten, vom Förchenbachtal oder vom Arzmoos auf die beiden Gipfelhügel, ist das Urteil schnell gefällt: unlohnende Waldhügel. Von weiter entfernten und höher gelegenen Plätzen, etwa Hirschnagel, Rotwandlspitz oder Wildalpjoch fällt das Urteil nicht besser aus, weil man die Details, auf die es ankommt, nicht genau genug erkennen kann.
Ich war kürzlich auf dem direkt gegenüberliegenden Ostfelsen des Jackelbergs (1322m) und einige Tage später über den großen Abbrüchen des Gipfelgrates des Dümpfels gleich südlich gegenüber auf etwa 1320 m und habe Fotos gemacht. (siehe Berichte)  Aus der Nähe und auf etwa gleicher Höhe waren die Einzelheiten (siehe Fotos) an Schortenkopf und -köpferl so vielversprechend, daß auch die Mithüglerin meines Herzens sofort begeistert war und heute mit dabei ist.

Oans, zwoa, drei...

Sonntags- wir starten zeitversetzt- an der Sudelfeldstraße ist der riesige Arzmoosparkplatz brechend voll. Schon vor der ersten Alm nach der Brücke: Musik und Biergartenstimmung - eine letzte große Almfeier vor dem Abtrieb. "Da Summa is dahi". Blasmusiker auf einer Bretterbühne, Biertischgarnituren mit Hunderten von Gästen, Grillwägen, Brauereilaster, Klappthekenhänger, fesche Kellerinnen, zünftige Schankburschen…fast eine Art Alm-Outlet der noch laufenden Münchener Wies`n.
Wir gehen ein Stück weiter, setzen uns und warten bei einer Zigarette in banger Stimmung ab, wie sich das Ganze musikalisch weiterentwickelt, denn unsere Ziele liegen unmittelbar darüber. Aber es bleibt  zu unserem Glück einfach bei traditioneller Blasmusik: Defiliermarsch, oans, zwoa, drei, g`suffa, ein Prosit der Gemütlichkeit….Kein animierendes Moderatorengesülze, kein volkstümelndes Geschmalze und auch kein Alpen-Pseudo-Rock- es wird einfach nur blasmusiziert, getrunken und die Leut freuen sich und stoßen an. Das freut wieder uns und wir versöhnen uns mit der Aussicht einsame Gipferl in unserer Berglandschaft heute eben mit  Blasmusikbegleitung zu genießen.
Da haben wir Glück, denn wir haben es schon anders erlebt. Manchmal, vor allem in Tyrol, da geht, was die Begleitmusik betrifft, manchmal im den Bergen für den Wanderer nur noch eins: sofortiger Rückzug und die Gefahrenstellen großräumig umgehen! Vor allem im Winter sind Tyroler erbarmungslos profitorientierte Gaudiburschen und beschallen Berg und Tal, damit der Rubel rollt.. Unter solchen widrigen äußeren Verhältnissen muß so manche auch noch so schöne Schneeschuhunternehmung unmittelbar vor dem Start schon wieder abgebrochen werden, nicht wegen der Lawinengefahr durch Schnee, sondern wegen der musikalischen Schmalzschneebretter, die vor allem im almnahen Steilgelände schon durch die Zusatzbelastung durch einen einzigen tyrolensischen Alleinunterhalter ausgelöst werden können, geschweige denn von mehreren...Aber hier und jetzt und in Bayern sind wir nicht genervt. Oans, zwoa, drei..los geht`s! 

Das Vorköpferl P 1245m des Schortenkopfes

Wir starten dort, wo die Straße nach den letzten unteren Arzmooshütten eine Spitzkehre beschreibt und gelangen weglos nach einem kurzen Wiesenstück in sehr schönen nach oben lichter werdenden Bergwald. Der Anstieg ist überall gut gangbar und wird nach oben hin etwas steiler. Zu unserer Überraschung finden wir auf dem  Köpferl (P1245m) ein etwas improvisiertes kleines Kreuz und schöne freie Aussichten. (Fotos) Uns gefällts hier! Leider bietet das Kreuz keinen Hinweis, wie der schöne Punkt eigentlich heißt. Für uns ist`s eben das "Schortenköpferl". Wir gehen über die kleine Hochfläche nach Norden und können den Schortenkopf gegenüber schon sehen. (Foto) Sich bergan dort durch die Felsen zu schwindeln, sieht von hier nicht gut aus, wir werden vom Sattel aus in die Westseite hineinqueren.
Der Abstieg in den Sattel (nur etwa 70 hm) gestaltet sich ein bisserl hakeliger als der Aufstieg, aber man kann das Abklettern der Felsstufen vermeiden, indem man grasige Bänder benutzt. Wunderschöner Wald mit einer irgendwie „verwunschenen“ Stimmung (Foto). Das ist es, was uns an solchen Unternehmungen besonders gut gefällt: Das Abwechseln von Stimmungen und Schwierigkeiten von einer Minute auf die andere.

Der Schortenkopf (1315m)

  Im Sattel sehen wir dann Stoamandln und eine Schaukel am Baum und ein paar Haken im Fels: wie nett! Wir untersuchen nicht, ob es auch einen „Normalweg“ durch die Felsen gibt sondern begeben uns in wenigen Schritten auf die Westseite, von wo sehr gleichmäßiger und überall einfach zu gehender hübscher Bergwald bis unter den großen Felsen führt, den man vom Jackelberg so gut sieht (s.u. Bild 1). Jetzt sind wir gespannt, ob wir oben dann auch hinaufkommen. Wir gehen an ihm südlich vorbei über ein steileres Wiesenstück auf den südlichsten Punkt des Gipfelgrates, wo wir schon freie Aussicht haben. Nur ein paar Meter nördlich weiter sehen wir dann den Felsen, auf dessen höchsten Punkt wir dann ebenerdig hinüberschlendern können wie wir zuhause auf den Balkon  gehen. Den Gipfel schmückt ein schlichtes und  sorgfältig verfügtes Eichenkreuz. (Fotos). Wie schön, welche Überraschung! Wir fühlen uns dankbar und halten eine langen Rast, dösen und genießen den Nachmittag.... je nachdem wie der Wind steht, wehen Musikfetzen zu uns hinauf, warm ist es und sonnig. Schöner könnte es heute nirgendwo anders sein.

Rückweg und Ausklang

 Wir gehen den breiten und flachen Nordgrat bis wir kurz vor der Einsattelung zum Mutterberg nach links in eine der Holzerschneisen abbiegen, auf der wir bequem und schnell zur Straße hinunterkommen. Die Mithüglerin und ich kennen uns gut und ein Blick hat genügt, um uns einig zu werden, dass ein weiteres Herumstochern, also z.B. testweise den ganz nahen Mutterberg noch „mitzunehmen“ an einem so gelungenen Tag wie heute eine Entwertung des Erlebten, ja fast ein Sakrileg wäre. Die kleine beglückende Tour war eine runde Sache und mehr wäre weniger. (Abgesehen davon wollen wir den Mutterberg auch gar nicht mitnehmen, in`s Auto verladen und im Garten aufstellen). Ausklang heute bei Dinzler auf der Terrasse bei einem ausgezeichneten Doppio-Cappucino.

Tourengänger: Vielhygler, basthe


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