Go Steep! Punta Allobrogia und Mont Dolent Gallet-Grat


Publiziert von danski , 20. April 2013 um 15:31.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Unterwallis
Tour Datum:14 April 2013
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Ski Schwierigkeit: AS
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS   I 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 2850 m
Abstieg: 2850 m
Strecke:Sonntag: La Fouly - Pt. Col Ferret; Abfahrt Punta Allobrogia NE-Wand, Querung zu Biv. Dolent; Sonntag: Biv. Dolent - Gallet Grat - Mt. Dolent; Abfahrt auf Aufstiegsroute
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto oder ÖV bis La Fouly
Unterkunftmöglichkeiten:Biv. Dolent (La Maye), CAS Gruyère Kein Gas vorhanden! Sonst ist alles da.

Wenn gewisse personelle, wetter- und schneetechnische Konstellationen in Übereinstimmung kommen, dann sind unvergessliche Wochenenden garantiert. Muss auch der "Böög" Montags noch dran glauben, werden aus 2 sogar 3 Tage!

Der Auftakt zu diesen 3 Tagen war mit einer kurzen Skitour von Champex auf Grands Plans sehr gemütlich, dafür mit Hund und viel grosser Vorfreude auf die kommenden 2 Tage. Denn es war unschwer zu erkennen, dass die Berge trotz der warmen Frühlingstemperaturen noch in hochwinterlicher Pracht auf ihren Frühling warteten. Wenige Zentimeter lockerer Neuschnee liessen unsere Herzen höher schlagen. Doch bald waren wir wieder im Frühling angekommen und verbrachten den Rest des Tages grillierend, diskutierend und guten Wein und Essen unter der warmen Sonne geniessend. Natürlich auch mit dem Hintergrund, unsere Reservetanks mit dem nötigen Brennstoff für die kommenden Tage zu befüllen...

Punta Allobrogia, NE-Wand

Sonntag, 03:30 erklang der Ruf des Abenteuers aus unseren Weckern. Wenig später waren wir on the road nach La Fouly, das ich bisher nur vom Hörensagen kannte. Ein magischer Ort, soviel war mir klar! Um 05:00 starteten wir zügig in den dunklen, sternenklaren Morgen mit Zwischenziel Col Pt. Ferret. Die weite und geomorphologisch spannende Combe des Fonds durchschritten wir im Schnellzugstempo. Auf dem Pass gönnten wir uns eine kurze Pause und erwarteten gebannt die ersten Sonnenstrahlen, welche zuerst die höchsten Bergspitzen in goldenes Licht tauchten. Allen voran natürlich die Grandes Jorasses und Aig. de Triolet. Von der italienischen Seite näherten wir uns mit Blick auf den eindrücklichen Gl. de Prés de Bard und die Südflanke des Mont Dolent unserem Ziel, der Punta Allobrogia an. In der Ferne waren bereits einige kleine Punkte daran, die steilen Südflanken des Dolent zu erklimmen. Bald entfernten wir uns von der Hauptaufstiegsroute und zogen eine Spur hoch zur Einsattelung zwischen Punta Allobrogia und Petit Grépillon. Unweigerlich wuchs die Spannung, denn noch wussten wir nicht, wie sich die NE-Flanke tatsächlich präsentieren würde. Nic war der erste, der exponiert einen Blick über die Kante wagte und uns mit einem breiten Grinsen signalisierte, dass die Bedingungen wohl aussergewöhnlich sein mussten. Ich musste zuerst einmal leer schlucken... Es waren nicht mal unbedingt die 50°, sondern viel mehr die grossen Neuschneemengen, die in dieser Flanke scheinbar hingekleisterst hingen. Es sah ohne Übertreibung aus, wie in den einschlägig bekannten Bildern aus Alaska. Wahrhaftige "Spines" zogen sich vor uns in die Tiefe. Der prognostizierte Temperaturanstieg liess keine Zeit zur Musse und so waren wir um 08:30 abfahrbereit. Seilgesichert checkten wir die Schneestabilität. Das Resultat war ermutigend. Vorsichtig querten wir nacheinander in die Flanke. Nic zog als erster einmal mehr unglaublich souverän und mit viel Speed in die Tiefe. Abgesehen von erwarteten oberflächlichen Lockerschneerutschen, sog. "Sluff", war die Schneedecke sehr stabil. Nach einigen vorsichtigen Warm-up turns lösten auch Mika und ich die Handbremse und genossen AK-feeling made in Wallis! Zwei Felsbänder erzwingen ebensoviele Querungen der gesamten Flanke, bevor ein Flaschenhals uns auf die Ausläufer des Gl. du Dolent ausspuckte. Huch, das war ein wilder Ritt über Lawinenschnee! Aber hier will man keinen Augenblick zu lange verweilen, denn die Südhänge des Petit Grépillon entladen sich genau in diesen Flaschenhals. Die Erleichterung gefolgt von einer tiefen Befriedigung machte sich nun breit, als wir ungläubig zurück auf die Flanke schauten. Nic musste uns leider Richtung La Fouly verlassen, während Mika und ich uns auf den Weg ins Biv. du Dolent machten.
 
Gekrönt mit einem wohl über 2 Meter hohen Schneehut hob sich die leuchtend orange Biwakschachtel deutlich ab. Wie erwartet, hatte sich in letzter Zeit niemand hierher verirrt und so durften wir erst einmal schaufeln. Das Innere entpuppte sich als überraschend geräumig und gut ausgerüstet. Doch draussen an der fast zu warmen Sonne gefiel es uns natürlich viel besser. Fast wie am Strand, nur dass das Weisse nicht Sand sondern immer noch kalt und nass war. Kochend, lesend und die äusserst beeindruckende und intensive Lawinenaktivität beobachtend, fieberten wir dem Abend und dem grossen Abenteuer Mont Dolent, Gallet-Grat entgegen...

Mont Dolent, Gallet-Grat, Face Nord

Nach einer erholsamen Nacht unter 3 Wolldecken holte uns der Weckruf um 04:00 aus dem Schlaf. Noch verschlafen schlangen wir den klebrigen Porridge hinunter, räumten auf und packten alle unsere Sachen. Eine Rückkehr zum Biwak war je nach Verhältnissen in der Nordwand nicht zwingend. Einmal mehr starteten wir um 05:00 und folgtem dem östlichen Rand des Gl. du Dolent. Wir kamen auf der gefrorenen Schneedecke schnell voran, bis eines meiner Felle seine Klebefähigkeit aufgab... Mit Kabelbindern liess sich das Malheure zumindest zeitweise beheben. Es kam mir nicht ungelegen, dass ab ca. 3220m die Skis wegen einer ersten Steilstufe eh auf den Rucksack gehörten. War der Aufstieg mit den Skis angenehm, sanken wir zu Fuss nun teilweise bis zu den Oberschenkeln in den noch nicht tragend verfirnten Neuschnee ein. Sehr steil verlässt man auf ca. 3250m den Gletscherkessel ostseitig und gewinnt über einen kurzen Grat einen markanten Punkt auf. ca. 3400m. Wir wühlten uns auf allen vieren hoch, was uns Zeit und Kraft kostete. Mika gelang es, mit Skis sehr steil und exponiert den Punkt zu erreichen, während ich dank geringerem Gewicht zu Fuss etwas weniger einsank. Wow, schon auf 3400 ist das feeling sehr intensiv! Wir verdrückten schnell einen Gel und Powerbar bevor wir auf den flacheren Teil des NE-Sporns querten. Schöner Powder galt es während den folgenden 20min zu spuren. Dann steilte es erneut auf. Für einen weiteren Skiaufstieg wurde es nun definitiv zu steil. Steigeisen an die Füsse und Pickel in die Hände. Eine kurze, exponierte, nur dürftig mit Schnee bedeckte Stelle leitet in die eigentliche Nordwand über. Der Blick ging mittlerweile ins Argentière Becken während sich zu unserer linken blankes Eis hinaufzog. Vorsichtig folgten wir diesem in gutem Trittschnee. Bald bemerkten wir, dass das Schneeband gegen die Gipfelfelsen immer dünner und schmaler wurde. Ca. 70m unterhalb des Gipfels und die Gipfelstürmer von der Südseite in greifbarer Nähe, beschlich uns ein mulmiges Gefühl, denn das Blankeis zwang uns immer weiter Richtung Wächte. Als wir mit dem Pickel auf kein Eis mehr stiessen, hatten wir die Gewissheit, dass wir schon viel zu nah dem Abgrund waren. Rasch stiegen wir zurück, bis wir die Skis anschnallen konnten. Kein leichtes Unterfangen in dieser Steilheit, Schneeauflage und Exposition. Wie immer vermittelt das Gefühl auf den Skis zu stehen, ein vertrautes und sicheres Gefühl. Die ersten turns auf erstaunlich gutem Schnee fühlten sich grandios an und alle weiteren waren umso mehr ein Genuss. Die Aussicht und Tiefblicke waren natürlich atemberaubend! "Let's go freeriding" kündigte Mika nach den letzten technischen turns an und siehe da, das Gelände und der schöne Powder liessen wieder grosse Radien zu! Ab ca. 3400m waren die besonnten Hänge schon um 10:00 recht aufgeweicht. Auf dem Gletschter optisch makelloser Firn, jedoch nicht mehr ganz "al dente". Schnell vernichteten wir die anstehenden Höhenmeter, verabschiedeten uns fahrend vom Biv. Dolent und cruised durch die Combe des Fonds ins frühlingshafte La Fouly. Um 10:30 nach genau 1 Stunde Gesamtabfahrtszeit beglückwünschten wir uns zum Erfolg. Dass wir den Gipfel nicht erreicht hatten, tat nichts zu Sache, denn das eigentliche Ziel, die Skiabfahrt via Gallet-Grat, schafften wir problemlos.

Bei viel Flüssigem auf der Terrasse des Hôtel des Glaciers bestaunten wir die ästhetische NE-Flanke der Punta Allobrogia mit unseren Spuren. Noch beeindruckender war aber die unaufhörliche Soundkulisse donnender Lawinen aus den äussersten steilen Südhängen um La Fouly. Ein Augen- und Ohrenschmaus, der uns selbst aus sicherer Warte immer wieder sehr grossen Respekt und Ehrfurcht lehrt.

What's next? ;)



Tourengänger: nprace, danski


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Kommentare (3)


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Pat_Sey hat gesagt:
Gesendet am 21. April 2013 um 01:30
wunderschöne fotos, jungs! ;)

MaeNi hat gesagt: Grosses Kino...
Gesendet am 22. April 2013 um 08:49
....weit abseits unserer eigenen Möglichkeiten...!

Weiterhin gute und vor allem unfallfreie Touren!

IridePow hat gesagt:
Gesendet am 26. April 2013 um 23:43
Hammer danski !!!


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