Vom Toggenburg ins Appenzell: Alpsteindurchquerung mit Schneeschuhen
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In einem Buch über Schneeschuhtouren in der Ostschweiz, das mir neulich zufällig in die Finger kam, ist die winterliche Alpsteindurchquerung (wohlgemerkt mit Start auf dem Säntis!) als die "ultimative Herausforderung für alle Hochleistungs-Schneeschuhläufer" beschrieben. Damit war das bei mir schon lange gehegte Interesse an einer derartigen Unternehmung natürlich erst recht geweckt! Nicht, dass ich ein Hochleistungs-Schneeschuhläufer wäre - aber eben ein Alpsteinliebhaber, der gerne auch mal eine "Herausforderung" annimmt.
Allerdings wollte ich die Tour, die über den Widderalpsattel nach Brülisau führen sollte, nicht auf dem Säntis, sondern in Unterwasser im Toggenburg starten. Wenn schon, denn schon…
Eigentlich hatte ich diese Tour immer als Skitour durchführen wollen, für einen Alpsteinfan wie mich eigentlich Pflicht! Nachdem aber das SLF von nur "einigen Zentimetern Neuschnee" sprach und ich nicht wusste, wie weit ich die Skis rauf- bzw. runtertragen muss, nahm ich dann -nach langem Hin- und Herüberlegen- doch die Schneeschuhe. Der falsche Entscheid, wie sich im nachhinein herausstellen sollte!
In Tat und Wahrheit hat es speziell im Alpstein einiges an Neuschnee gegeben. 20-30 cm, teilweise sogar bis zu 40 cm! Dank eiskalter Temperaturen blieb der Schnee während der ganzen Tour pulvirg-fein, und das bis in die Täler. Verhältnisse, wie man sie in den Voralpen um diese Jahreszeit nicht oft antrifft!
Da ich nicht wusste, wie viel Zeit ich für diese Tour benötigen würde und für den Nachmittag bereits Wolken angekündigt waren, starte ich bereits um 7.15 Uhr in Unterwasser, Post (906 m). Nach einem halbstündigen "Warm-up" auf der schwarz geräumten Fahrstrasse nach Laui (1072 m) mit aufgebundenen Schneeschuhen, sollte die Tour am Alpli (1090 m), wo der gebahnte (Winterwander-)Weg endet, richtig lanciert werden. Dort treten jedoch unerwartete Schwierigkeiten auf, die zu einer erheblichen Verzögerung führen sollten: Wieder einmal hatte ich den Fehler gemacht, meine Stöcke nach der letzten Tour zuhause nicht auszutrocknen oder sie wenigstens noch im warmen Postauto auszuziehen. Bei Temperaturen von -10 ° C waren diese nun vollkommen eingefroren. Als alle bewährten Methoden (Feuerzeug, Anhauchen, Anwärmen unter dem warmen Wollpullover, warmer Tee, Gewalt etc.) nichts bringen (ausser einem blutigen Finger) und ich mich nicht in der neuen Handicap-Variante "Schneeschuhlaufen ohne Stöcke" versuchen will, bleibt mir nichts anderes übrig, als einen Abstecher auf die Westseite des Alpli zu machen, wo bereits die wärmende Sonne hinkommt. Dort geben die Stöcke dann nach einiger Zeit ihren Widerstand auf und lassen sich ausziehen, so dass die Tour doch noch ihre Fortsetzung finden kann.
Mit einer dreiviertelstündigen Verspätung beginne ich also den Aufstieg zum Rotsteinpass (2122 m), der zunächst dem Sommerweg via Thurwies (P. 1260) - Schafboden (1729 m) folgt und dann durch die Talmulde unter der Fliswand verläuft. Zwischen Thurwies und Gerstein (1360 m) ist ein steiler, erlenbestandener Hang zu queren, durch den sich ein breiter Lawinenkegel zieht. Danach einfach immer aufwärts, aufwärts, aufwärts. Trotz meines zeitlichen Verzugs schaffe ich es noch, vor den an diesem Tag allgegenwärtigen Säntisabfahrern (sowohl diejenigen, die von Stütze 2 abgefahren waren, als auch diejenigen, welche via Meglisalp kommen) den Rotsteinpass zu erreichen. Das heisst natürlich auch, dass es wieder einmal an mir liegt, eine erste Spur durch den frischen Schnee zu legen. Der gesamte Aufstieg verläuft im Schatten, doch erst oben am Rotsteinpass, den ich nach ca. 2 h erreiche, spüre ich die Kälte, die durch den schneidenden Wind noch massiv verstärkt wird. Auf der Kuppe etwas weiter westlich (P. 2154) lässt es sich jedoch in der Sonne leidlich aushalten.
Lang halte ich mich dennoch nicht auf, da nun ein regelrechter Rummel rund um den Rotsteinpass einsetzt. Es dürfte wohl der perfekte Tag für die Säntisabfahrt gewesen sein: Allein während meines Aufenthalts am Pass und dem anschliessenden Abstieg zum Spitzigstein (1617 m) strebten an die 100 Tourengänger dort hinauf. Die Säntisbahn - Fluch und Segen zugleich (wie man es eben sieht…).
Der vor allem im oberen Bereich steile und zum Zeitpunkt meines Abstiegs noch ohne eine einzige Abfahrtsspur daliegende Nordhang vom Rotsteinpass Richtung Oberschellen - Spitzigstein war hinsichtlich der Schneequalität allererste Sahne: Ein wahrhaftiger Pulvertraum - wie gerne hätte ich jetzt meine Powderlatten unter den Füssen! Immerhin geht auch der Abstieg mit den Schneeschuhen sehr rassig vonstatten, der Pulverschnee ist so leicht, dass es nur so stiebt und immer wieder kleine Lockerschneerutsche ausgelöst werden. Unterdessen fegt der starke Wind den feinen Schnee aus den Felsflanken des Altmannmassivs und löst in der Folge sogar eine kleine Lockerschneelawine aus, die 2 aufsteigende Tourengänger zu Boden reisst. Zum Glück harmlos, doch sollte man bei solchen Verhältnissen vielleicht sicherheitshalber etwas weiter westlich aufsteigen…
Möglichst direkt quere ich von Oberchellen (1665 m) hinüber zur Aufstiegsroute, welche via Bötzelsattel (P. 1865) zum Widderalpsattel (1856 m) führt. Hier hat es bereits eine vielfach getretene, harte Aufstiegsspur. Die höhehaltende Querung zwischen Bötzel und Widderalpsattel unter den Nordwänden von Freiheit und Hundstein hindurch schenke ich mir und steche stattdessen in die Senke mit anschliessendem Wiederaufstieg zum Widderalpsattel. Dies zum Einen, weil Querungen mit Schneeschuhen naturgemäss etwas mühsam sind, zum Anderen will ich den Skitourengängern ihre schöne Spur nicht zerstören. :-)
Auch der Abstieg vom Widderalpsattel unter den eindrücklichen Felswänden der Widderalpstöck verläuft in sehr feinem, angenehm weichen Pulverschnee, an der Widderalp (1644 m) fegt allerdings ein derart scharfer Wind den Schnee durch die Luft, dass ich mich zeitweilig in einem veritablen Schneesturm befinde. Im unteren, steilen Abschnitt ist der Schnee entsprechend ungleich verteilt und teilweise sehr tief (Triebschnee). Dies ist mit den Schneeschuhen nicht immer angenehm, insofern bin ich froh, als ich die sonnendurchflutete Ebene der Alp Sämtis erreiche. Ich lege an einer Alphütte nochmals eine Pause in der Sonne ein, doch selbst an der geschützten Hauswand ist der Wind etwas unangenehm, so dass ich mir eine längere Rast verkneife.
Schöner, aber etwas langatmiger Ausmarsch via Plattenbödeli und Brüeltobel zum Pfannenstil (941 m), von wo mich das telefonisch bestellte PubliCar nach Appenzell fährt.
Vom Plattenbödeli kann mit den Skis derzeit noch bis Brülisau (entweder via Brüeltobel oder Ruhsitz) abgefahren werden. Somit wäre tatsächlich nur auf dem ersten Abschnitt von Unterwasser bis zum Chüeboden (1032 m) wegen fehlender bzw. zu dünner Schneeauflage eine Portage erforderlich gewesen. Diese könnte mit dem Umweg von Wildhaus über Gamplüt umgangen werden, oder mit dem (Daumen-)Taxi…
Fazit:
Die winterliche Alpsteindurchquerung vom Toggenburg ins Appenzell über Rotsteinpass und Widderalpsattel ist seit jeher ein Skitouren-Klassiker. Die Tour kann aber auch für Schneeschuhe empfohlen werden und ist weitaus weniger fordernd als ich ursprünglich annahm. Zwar habe ich keinen einzigen Gipfel bestiegen, doch führt die Route durch eine eindrückliche, alpine Umgebung und gewährt sowohl fantastische Ausblicke (vom Rotsteinpass reicht die Sicht vom Bodensee bis zu den Berner Hochalpen) als auch atemberaubende Ansichten der wilden Alpsteinwände aus nächster Nähe. Ideale ÖV-Tour!
Allerdings wollte ich die Tour, die über den Widderalpsattel nach Brülisau führen sollte, nicht auf dem Säntis, sondern in Unterwasser im Toggenburg starten. Wenn schon, denn schon…
Eigentlich hatte ich diese Tour immer als Skitour durchführen wollen, für einen Alpsteinfan wie mich eigentlich Pflicht! Nachdem aber das SLF von nur "einigen Zentimetern Neuschnee" sprach und ich nicht wusste, wie weit ich die Skis rauf- bzw. runtertragen muss, nahm ich dann -nach langem Hin- und Herüberlegen- doch die Schneeschuhe. Der falsche Entscheid, wie sich im nachhinein herausstellen sollte!
In Tat und Wahrheit hat es speziell im Alpstein einiges an Neuschnee gegeben. 20-30 cm, teilweise sogar bis zu 40 cm! Dank eiskalter Temperaturen blieb der Schnee während der ganzen Tour pulvirg-fein, und das bis in die Täler. Verhältnisse, wie man sie in den Voralpen um diese Jahreszeit nicht oft antrifft!
Da ich nicht wusste, wie viel Zeit ich für diese Tour benötigen würde und für den Nachmittag bereits Wolken angekündigt waren, starte ich bereits um 7.15 Uhr in Unterwasser, Post (906 m). Nach einem halbstündigen "Warm-up" auf der schwarz geräumten Fahrstrasse nach Laui (1072 m) mit aufgebundenen Schneeschuhen, sollte die Tour am Alpli (1090 m), wo der gebahnte (Winterwander-)Weg endet, richtig lanciert werden. Dort treten jedoch unerwartete Schwierigkeiten auf, die zu einer erheblichen Verzögerung führen sollten: Wieder einmal hatte ich den Fehler gemacht, meine Stöcke nach der letzten Tour zuhause nicht auszutrocknen oder sie wenigstens noch im warmen Postauto auszuziehen. Bei Temperaturen von -10 ° C waren diese nun vollkommen eingefroren. Als alle bewährten Methoden (Feuerzeug, Anhauchen, Anwärmen unter dem warmen Wollpullover, warmer Tee, Gewalt etc.) nichts bringen (ausser einem blutigen Finger) und ich mich nicht in der neuen Handicap-Variante "Schneeschuhlaufen ohne Stöcke" versuchen will, bleibt mir nichts anderes übrig, als einen Abstecher auf die Westseite des Alpli zu machen, wo bereits die wärmende Sonne hinkommt. Dort geben die Stöcke dann nach einiger Zeit ihren Widerstand auf und lassen sich ausziehen, so dass die Tour doch noch ihre Fortsetzung finden kann.
Mit einer dreiviertelstündigen Verspätung beginne ich also den Aufstieg zum Rotsteinpass (2122 m), der zunächst dem Sommerweg via Thurwies (P. 1260) - Schafboden (1729 m) folgt und dann durch die Talmulde unter der Fliswand verläuft. Zwischen Thurwies und Gerstein (1360 m) ist ein steiler, erlenbestandener Hang zu queren, durch den sich ein breiter Lawinenkegel zieht. Danach einfach immer aufwärts, aufwärts, aufwärts. Trotz meines zeitlichen Verzugs schaffe ich es noch, vor den an diesem Tag allgegenwärtigen Säntisabfahrern (sowohl diejenigen, die von Stütze 2 abgefahren waren, als auch diejenigen, welche via Meglisalp kommen) den Rotsteinpass zu erreichen. Das heisst natürlich auch, dass es wieder einmal an mir liegt, eine erste Spur durch den frischen Schnee zu legen. Der gesamte Aufstieg verläuft im Schatten, doch erst oben am Rotsteinpass, den ich nach ca. 2 h erreiche, spüre ich die Kälte, die durch den schneidenden Wind noch massiv verstärkt wird. Auf der Kuppe etwas weiter westlich (P. 2154) lässt es sich jedoch in der Sonne leidlich aushalten.
Lang halte ich mich dennoch nicht auf, da nun ein regelrechter Rummel rund um den Rotsteinpass einsetzt. Es dürfte wohl der perfekte Tag für die Säntisabfahrt gewesen sein: Allein während meines Aufenthalts am Pass und dem anschliessenden Abstieg zum Spitzigstein (1617 m) strebten an die 100 Tourengänger dort hinauf. Die Säntisbahn - Fluch und Segen zugleich (wie man es eben sieht…).
Der vor allem im oberen Bereich steile und zum Zeitpunkt meines Abstiegs noch ohne eine einzige Abfahrtsspur daliegende Nordhang vom Rotsteinpass Richtung Oberschellen - Spitzigstein war hinsichtlich der Schneequalität allererste Sahne: Ein wahrhaftiger Pulvertraum - wie gerne hätte ich jetzt meine Powderlatten unter den Füssen! Immerhin geht auch der Abstieg mit den Schneeschuhen sehr rassig vonstatten, der Pulverschnee ist so leicht, dass es nur so stiebt und immer wieder kleine Lockerschneerutsche ausgelöst werden. Unterdessen fegt der starke Wind den feinen Schnee aus den Felsflanken des Altmannmassivs und löst in der Folge sogar eine kleine Lockerschneelawine aus, die 2 aufsteigende Tourengänger zu Boden reisst. Zum Glück harmlos, doch sollte man bei solchen Verhältnissen vielleicht sicherheitshalber etwas weiter westlich aufsteigen…
Möglichst direkt quere ich von Oberchellen (1665 m) hinüber zur Aufstiegsroute, welche via Bötzelsattel (P. 1865) zum Widderalpsattel (1856 m) führt. Hier hat es bereits eine vielfach getretene, harte Aufstiegsspur. Die höhehaltende Querung zwischen Bötzel und Widderalpsattel unter den Nordwänden von Freiheit und Hundstein hindurch schenke ich mir und steche stattdessen in die Senke mit anschliessendem Wiederaufstieg zum Widderalpsattel. Dies zum Einen, weil Querungen mit Schneeschuhen naturgemäss etwas mühsam sind, zum Anderen will ich den Skitourengängern ihre schöne Spur nicht zerstören. :-)
Auch der Abstieg vom Widderalpsattel unter den eindrücklichen Felswänden der Widderalpstöck verläuft in sehr feinem, angenehm weichen Pulverschnee, an der Widderalp (1644 m) fegt allerdings ein derart scharfer Wind den Schnee durch die Luft, dass ich mich zeitweilig in einem veritablen Schneesturm befinde. Im unteren, steilen Abschnitt ist der Schnee entsprechend ungleich verteilt und teilweise sehr tief (Triebschnee). Dies ist mit den Schneeschuhen nicht immer angenehm, insofern bin ich froh, als ich die sonnendurchflutete Ebene der Alp Sämtis erreiche. Ich lege an einer Alphütte nochmals eine Pause in der Sonne ein, doch selbst an der geschützten Hauswand ist der Wind etwas unangenehm, so dass ich mir eine längere Rast verkneife.
Schöner, aber etwas langatmiger Ausmarsch via Plattenbödeli und Brüeltobel zum Pfannenstil (941 m), von wo mich das telefonisch bestellte PubliCar nach Appenzell fährt.
Vom Plattenbödeli kann mit den Skis derzeit noch bis Brülisau (entweder via Brüeltobel oder Ruhsitz) abgefahren werden. Somit wäre tatsächlich nur auf dem ersten Abschnitt von Unterwasser bis zum Chüeboden (1032 m) wegen fehlender bzw. zu dünner Schneeauflage eine Portage erforderlich gewesen. Diese könnte mit dem Umweg von Wildhaus über Gamplüt umgangen werden, oder mit dem (Daumen-)Taxi…
Fazit:
Die winterliche Alpsteindurchquerung vom Toggenburg ins Appenzell über Rotsteinpass und Widderalpsattel ist seit jeher ein Skitouren-Klassiker. Die Tour kann aber auch für Schneeschuhe empfohlen werden und ist weitaus weniger fordernd als ich ursprünglich annahm. Zwar habe ich keinen einzigen Gipfel bestiegen, doch führt die Route durch eine eindrückliche, alpine Umgebung und gewährt sowohl fantastische Ausblicke (vom Rotsteinpass reicht die Sicht vom Bodensee bis zu den Berner Hochalpen) als auch atemberaubende Ansichten der wilden Alpsteinwände aus nächster Nähe. Ideale ÖV-Tour!
Tourengänger:
marmotta
Communities: ÖV Touren, Schneeschuhtouren
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