Jubigrat im Winter - Wo bitte gehts zum Ausgang?


Publiziert von Mandinka , 15. Januar 2013 um 12:56.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Wetterstein-Gebirge
Tour Datum:29 Dezember 2012
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Strecke:Zugspitzgipfel - Jubigrat - Zugspitzgipfel
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Zugspitzseilbahn
Unterkunftmöglichkeiten:Biwak auf dem Jubigrat

Man hat schon manchmal dumme Ideen, so wie wir kurz vor Silvester. Jubigrat im Winter – krasse Tour, krasse Leute. Ja das wollen wir auch. Das Wetter bescherte uns dann kurz vor Jahreswechsel ganz viel Hochdruck mit noch mehr Sonne. Zusammen mit Lukas und Max habe ich mich dann direkt auch für Freitag verabredet und kaum getan ging es auch schon los. Erstmal mit dem Zug bis München. Hier habe ich mich mit Max getroffen und wir sind weiter bis Garmisch. Dass wir hier die Nacht im Wechsel bei McDonald, im Bahnhof und auf den Straßen verbracht haben…war sogar geplant. Wobei so eine Nacht ohne Schlaf nicht wirklich förderlich für den kommenden Tag war.
Es war schon fast wie eine Erlösung, als am frühen Morgen Lukas in den Bahnhof kam um uns abzuholen. Schließlich wollten wir die erste Bahn auf die Zugspitze nehmen. Das hat nicht ganz geklappt, denn außer uns, wollte noch ein ganzer Mob zum Skifahren hinauf. Wir mussten uns also fein in die Schlange stellen und waren immerhin vor Neun auf der Gipfelstation der Zugspitze. Hat dann eine Weile gedauert, bis wir den Ausgang Richtung Gipfel gefunden haben. Aber wer ahnt auch schon, dass der im Winter gesperrt ist…wir zumindest nicht. Die ersten Meter über die Treppe waren zwar eingeschneit und etwas rutschig, aber in dieser Schwierigkeit hätte es meinetwegen weitergehen können. Leider kam dann mehr und mehr Fels und noch viel leidiger war, dass offensichtlich kein Mensch in den letzten Tagen (Wochen?) auf dem Grat unterwegs war. Und es lag wirklich allerhand neuer und lockerer Schnee auf dem Grat. Vom Gipfel aus konnte man den Grat dann auch das erste mal in seiner ganzen Länge überblicken. Sieht schon gewaltig aus, aber irgendwie auch machbar.
Auf dem Grat ging es dann meines Erachtens auch ziemlich zügig voran, zumindest für die Verhältnisse. Das änderte sich dann wohl schlagartig, als die ersten Kletterstellen vor uns lagen. Das Gelände ist verdammt ausgesetzt (ja das habe ich doch irgendwo immer wieder gelesen). Wenn man, wie ich, im vornherein Videos und Fotos aus von Sommerbegehungen zur Hand nimmt und versucht, daraus Schlüsse für den Winter zu ziehen – vergesst es! Ich weiß nicht mehr genau, was mir bei einigen Kletterstellen wirklich durch den Kopf ging, aber es hat sich angefühlt wie ganz viel gequirlte Scheiße. Ich habe ehrlich an mir selbst gezweifelt und tue das jetzt immer noch. An einer 3er Stelle habe ich mich doch eigentlich mit Sack und Pack hinaufgeschwungen. Mittlerweile sind wir auch nicht mehr wirklich auf dem Grat vorangekommen. Es geht hoch, es geht runter, mal sehr schwierig, an der nächsten Stelle ziemlich schwierig, aber niemals leicht. Aber insgesamt muss man sich pausenlos konzentrieren und hat kaum Zeit einfach mal dahinzudösen, so wie man das bei vielen anderen Touren durchaus mal gewohnt ist.
Der Blick zurück in Richtung Zugspitzgipfel verheißt auch nichts Gutes. Wir kommen einfach nicht weg davon, selbst nach 4 Stunden scheint der Weg bis zum Biwak noch in weiter Ferne zu sein. Später rücken auch noch drei Niederländer zu uns auf, verraten uns, dass ihr GPS noch 1,7 km Luftlinie bis zum Biwak hat. Klingt wenig, aber in diesem Gelände? Und es war nun schon gegen 15:00 Uhr. Den nächsten Felszacken – an Ausgesetztheit das Maß der Dinge – sind wir noch rauf. Auf dem Grat sitzend, das rechte Bein rechts, das linke Bein links hinunter baumelnd muss ich wohl in diesem Moment meine Motivation in Richtung Zugspitzplatt verloren haben. An der nächsten Abseilstelle finden wir einfach keine Sicherungsmöglichkeit. Zu gefährlich sehen wir schließlich ein und starten zusammen mit den Niederländern den Rückzug.
Beim Weg zurück zur Zugspitze hat es mich dann wieder mal ordentlich erwischt – der fehlende Schlaf?/zu wenig getrunken?/der schnelle Aufstieg? – in jedem Fall habe ich mich oben auf der Station erstmal richtig schön ausgekotzt. Danach ging es mir wieder besser. Was ich mich im Nachhinein frage ist, ob die vielen Sicherungspunkte, die es ja im Sommer zu geben scheint, einfach unter dem Schnee waren…gerade an den Abseilstellen haben wir oftmals nichts gefunden, obwohl es hier im Winter am nötigsten wäre.

Tourengänger: Mandinka


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Kommentare (12)


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simba hat gesagt: Respekt!
Gesendet am 15. Januar 2013 um 13:23
Jubi-Grat im Winter ist wahrscheinlich "die Tour" was "Winterbergsteigen" in D angeht. Die Bilder sagen über Schwierigkeiten mehr als genug aus!
Gratuliere dir vorerst zum erfolgreichen Rückzug und hoffe, dass es bei dir beim nächsten Mal besser läuft!
Gruß
Si

Winterbaer hat gesagt:
Gesendet am 15. Januar 2013 um 13:28
Meine Güte, da wird mir ja schon beim Lesen schlecht und ich krieg eine Gänsehaut!
Ihr wisst, dass am 27. Dezember 2010 zwei Menschen es versucht haben, bis zur Biwakschachtel gekommen sind und dann erst im September, glaub ich, gefunden wurden?
Ich bin ja kein extremer Bergsteiger, aber ich hab auch schon Schneemassen, Kälte und Anstrengung fast bis zum Kotzen in den Bergen erlebt.
Ich habe die Videos vom Sommer vom Jubigrat auch ein paar mal angeschaut und ich stelle mir grad vor, was das für ein Gefühl im Winter ist. Besonders, wenn so gar keine Spuren da oben sind und Ihr ja auch so wahrscheinlich viel zu spät dran wart. Und dann eigentlich nicht geschlafen....da kann es einem den Kreislauf dann schon zusammenhauen.
Bei Eurer Beschreibung kann ich mir den Horror so richtig vorstellen und ich will es doch gar nicht.
Bloß gut, dass Euch nichts passiert ist! Der Jubigrat ist schon im Sommer für mich einige Nummern zu groß und er wird mich nie sehen. Aber den Bericht von Euch find ich ganz, ganz gruselig. So was will ich nie erleben!
Was ein Glück habt Ihr gehabt, dass Euch der Berg nicht gefressen hat.....

Mandinka hat gesagt: RE:
Gesendet am 15. Januar 2013 um 13:43
Aber einwas habe ich vielleicht falsch rübergebracht...neben all den Anstrengungen und Strapazen...es ist landschaftlich so ziemlich das geilste was ich bisher erlebt habe!

Winterbaer hat gesagt: RE:
Gesendet am 15. Januar 2013 um 14:12
Das glaub ich Dir gerne! Ich bin in Garmisch in die Schule gegangen, ich kenne einige, die den Jubigrat im Winter mehrmals begeistert begangen haben. Gerade wenn bei schönem Wetter da schon "tage-, wochenlang" keine Spuren waren, dann denke ich, hat das bei den Einheimischen schon seinen Grund. Aber das "Geilste", was man erlebt hat, ist nur dann so, wenn man es überlebt. Ich denke mir, seit ich das gelesen habe, was Deine Mutter denken würde, wenn sie das wüsste. Ich nehme an, Ihr seid noch jung und ich kenne die "Vorstellungen" über den "geilen" Jubigrat aus den Köpfen meiner Söhne. Das Problem, wenn was passiert, haben IMMER die anderen und sie müssen damit leben.
Trotzdem finde ich es gut, dass Du die "gequirrlte Scheiße" hier so ehrlich und unverblümt beschrieben hast. Dafür meinen Respekt und ich hoffe, es bringt viel negativen Ansporn für etwaige "Nachahmer". Vielleicht trägt Euer Bericht hier dazu bei, die Leute etwas mehr überlegen zu lassen und einige zukünftige Unglücke zu verhindern. Am Jubigrat sind schon so viele draufgegangen.....
Passt auf Euch auf! Jedes Menschenleben ist zu schade, auf`s Spiel gesetzt zu werden...für ein "geiles Bergerlebnis"!

83_Stefan hat gesagt:
Gesendet am 15. Januar 2013 um 13:54
Seawas! Ich kann euch schon sagen, warum der Grat unverspurt war: Am Tag eurer Anreise hatte der Lawinenlagebericht wegen des vielen Neuschnees die Stufe "erheblich" ausgegeben mit ansteigender Tendenz für die kommenden Tage (!). Da kommt kein Einheimischer auf die Idee, den Jubiläumsgrat anzugehen, der ja mit einer steilen Querung endet...
Mein Motto ist "alles zu seiner Zeit". Für den Jubigrat im Winter braucht's eben optimale Bedingungen, sonst wird die Tour ein reines Glücksspiel. Gut, dass nichts passiert ist! Nächstes Mal klappt's vielleicht...

PS.: Auch der Schwächeanfall wäre in der Biwakschachtel wesentlich unangenehmer gewesen als in der warmen Bergstation ;-) .

Allzeit ein gesundes Heimkommen!

Gelöschter Kommentar

Mandinka hat gesagt: RE:
Gesendet am 15. Januar 2013 um 14:00
Nicht ganz richtig...ich habe in zwei verschiedenen Bergschulen angerufen und beide haben gesagt, dass man ihn gehen kann und dass sie ihn auch führen würden an diesem Tag.

83_Stefan hat gesagt: RE:
Gesendet am 15. Januar 2013 um 14:03
Der Unterschied ist eben, dass der entsprechende Bergführer den Grat bereits kennt und die gefährlichen Stellen deswegen einschätzen kann.

Aber ist ja alles gut gegangen und es war wohl auch eine interessante Erfahrung... die Bilder vermitteln diesen Eindruck zumindest.

Sputnik Pro hat gesagt:
Gesendet am 15. Januar 2013 um 19:14
Hoppla, da habt Ihr ja eine der grossartigsten Wintertouren Deutschlands versucht. Die Fotos sehen toll aus, schade waren die Bedingungen nicht besser. Ich wünsche euch viel Glück beim nächsten Versuch der Winterbegehung.

Gruss, Sputnik

TeamMoomin hat gesagt: Sehr eindrückliche
Gesendet am 15. Januar 2013 um 21:07
Bilder von einer eher gewagten Tour bei den Schneeverhältnisen, aber zum Glück ging alles gut wünsche auch gutes Gelingen beim nächsten Versuch.

Grüsse oli und Moomin

trainman hat gesagt:
Gesendet am 15. Januar 2013 um 21:32
Schöne Bilder aus einer grausigen Winterwelt,in der der bleiche Sensenmann allgegenwärtig ist,auch wenn man ihn auf den Fotos nicht sieht!Gut,dass Ihr ihm nochmal davongelaufen seid,trotzdem eine bedenkliche Aktion.
Beste Grüsse
trainman

alpensucht hat gesagt: Meinung eines Einheimischen
Gesendet am 6. April 2013 um 02:10
Habe erst in den letzten Tagen am Wank mit dem Vater eines Garmischer Bergführers geplauscht. Der Jubigrat im Winter wurde dabei auch thematisiert. Er dazu:

"Das ist nur möglich [auf vernünftige Art und Weise], wenn du jeden Schritt am Grat genau kennst!"

Der Jubigrat im Winter bleibt normalerweise unbedingt erfahrensten, extremen Alpinisten vorbehalten. Sch... auf Ruhm und Anerkennung!!! (heißt nicht etwa: "versucht es nie wieder!" ;)

Gruß, as


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