Lamsenspitze (2508m) über Nordostkante


Publiziert von steindaube , 7. Oktober 2012 um 13:12. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Karwendel
Tour Datum: 6 Oktober 2012
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K2 (WS)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 11:00
Aufstieg: 1250 m
Abstieg: 1250 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Nach Pertisau, dann über Mautstrasse (aktuell 4,50 Euro) bis zur Gramai-Alm mit großem Parkplatz
Unterkunftmöglichkeiten:Gramai-Alm, Lamsen(joch)hütte
Kartennummer:Alpenvereinskarte Nr. 5/3: Karwendelgebirge Ost

Überblick:
Relativ einfache Kletterei in alpiner Umgebung auf einen tollen Aussichtsgipfel. Die Route selbst ist mit wenigen dafuer aber geklebten Haken abgesichert, mobile Sicherungen sind also auf alle Fälle anzuraten. Eher versehentlich sind wir von der eigentlichen Route im unteren Teil nach links abgekommen, wo die Absicherung recht abenteuerlich wird. Das hat zwar Zeit gekostet, war aber trotzdem eine gute Sache -- komplett selbst gebaute Stände eingeschlossen. Schade nur, dass der Gipfel über den Normalweg (einfacher Klettersteig...) ziemlich überrannt wird. Die Gipfelrast verlegt man also vielleicht besser zum Vorgipfel mit Holzkreuz wo man noch seine Ruhe hat.

Zustieg:
In etwa zwei Stunden Aufstieg von der Gramai-Alm (Start um kurz nach sieben) vorbei an der Lamsenjochhütte weiter entlang dem Normalweg Richtung Lamsenspitze (Weg über Lamsscharte nicht durch Brudertunnel). Unmittelbar bevor man den Wandfuss der Lamsenspitze erreicht zweigt man rechts ab und folgt dem Grashang bis zum höchsten Punkt. Der Einstieg ist dann nicht zu übersehen: In roter Schrift ist die Route angeschrieben als "NO-Kante" und direkt am Einstieg gibt es einen geklebten Ringhaken.

Absicherung:
An den Ständen in der Regel ein geklebter Ringhaken, nicht jeder wirkte auf mich uneingeschränkt vertrauenerweckend. Man kann öfter mal ein Felsköpfl oder einen Friend mit dazu hängen. Als Zwischensicherungen gibt es hin und wieder geklebte Haken, aber nicht sehr viele, in manchen Seillängen auch mal gar nichts. Das bedeutet zum einen, dass es durchaus Sinn macht Köpfelschlingen und Friends zur zusätzlichen Absicherung mitzuführen, zum anderen aber auch dass die Orientierung mitunter nicht gar so einfach ist.

Route:
Einstieg auf etwa 2200m Höhe. Knapp 300 Höhenmeter, elf Seillängen meist um die 40 Meter.

Die einschlägigen Topos die man zur Route im Internet findet sind mitunter zweifelhaft, ungenau oder sogar falsch! Relativ brauchbar ist noch die Beschreibung auf bergsteigen.at, uneingeschränkt verlassen sollte man sich darauf aber nicht.

Der Einstieg gilt gleich als Schlüsselstelle der Route, würde ich als IV+ einschätzen, aber nur eine einzige Stelle wodurch das nicht sehr tragisch ist. Die meisten Seillängen bewegen sich irgendwo zwischen II und IV wobei teilweise durchaus brüchige Bereiche und loses Geröll vorhanden sind. Helm ist also Pflicht und gerade im oberen Teil ist grosse Vorsicht geboten um nachfolgende Seilschaften nicht zu "bombadieren". Mit uns waren noch etwa sechs Seilschaften unterwegs, etwa die Hälfte langsamer und die andere Hälfte schneller als wir.

Im unteren Bereich sind wir relativ schnell nach links von der eigentlichen Route abgewichen. Das lag zum einen an einem irreführenden Topo, zum anderen an der nicht gar so einfachen Orientierung bei den wenigen Zwischensicherungen (dabei fehlt uns auch einfach noch ein bisschen die Erfahrung). Wir haben hier drei Seillängen (teils die 60 Meter unseres Seils ausgegangen) abseits der normalen Route in ziemlich alpinem Gelände verbracht (Schwierigkeiten III, IV, II) mit sehr wenigen geschlagenen Haken, meist auch schlechten Absicherungsmöglichkeiten mit Köpfelschlingen und Friends. Das hat eine Menge Zeit gekostet. Immerhin eine schöne Möglichkeit mal den Standplatzbau nur mit Friends zu üben... auf die normale Route zurück gekommen sind wir dann bei dem Standplatz unmittelbar vor dem Kamin (der als einzige Stelle wirklich sehr gut abgesichert ist).

Insgesamt sind wir die Route bis zum Vorgipfel (Holzkreuz) in elf Seillängen gegangen mit einem 60-Meter-Einfachseil. Im Falle eines Rückzuges hätten wir damit natürlich eher alt ausgesehen, Halbseile wären also durchaus zu überlegen. Andererseits ist die Vorstellung durch die Route abzuseilen auch nicht gerade verlockend...

Abstieg:
Vom Vorgipfel problemlos hinüber zum Hauptgipfel (I-II) und nach wohlverdienter Gipfelrast dem Normalweg folgend (einfacher Klettersteig) hinab. Wir haben dann den Abstieg durch den Brudertunnel/Lamstunnel (wenig schwieriger Klettersteig; Klettersteigset wäre angesichts einiger loser Griffe/Tritte eventuell doch zu überlegen) gewählt, schneller und einfacher ginge es über die Lamsscharte. Gerade im direkten Kontrast zu unserer wirklich lohnenden Klettertour ist mir mal wieder klar geworden, warum ich Klettersteige nicht mag. Ich empfinde sie (ganz subjektiv) einfach als langweilig und stupide. Schöner Nebeneffekt: Hajo mag sie auch nicht, ich verliere meinen Kletterpartner also nicht an die Drahtseilfraktion... (Kommentar von Hajo: nach der Klettertour den Klettersteig mit der Hütte bereits im Blick abzusteigen fühlt sich doppelt schräg an. Wenn man sowas machen muss dann wohl besser aufwärts.)
Nach kurzer Einkehr an der Lamsjochhütte wieder hinab zum Parkplatz an der Gramai-Alm wo wir Punkt 18 Uhr angekommen sind.

Tourengänger: steindaube, Hajo (hajotka)


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Kommentare (3)


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Chiemgauer hat gesagt: durchaus hilfreich
Gesendet am 5. Juli 2014 um 18:38
Servus Matthias,
dank deiner Info mit dem Versteigen (zu weit links) haben wir gestern nur den dritten Stand verpasst. Ansonsten für mich als Anfänger (in Sachen Mehrseillängenklettern) eine nahezu ideale Route, die meistens zum Glück sehr übersichtlich ist. Wie du ja erwähnst kann man alle Topos vergessen!
Ist dir zufällig etwas ähnliches wie diese Route bekannt, bzw. hast du anderweitig einen Tipp für mich?
Gruß und schon mal Danke,
Hans

steindaube hat gesagt: RE:durchaus hilfreich
Gesendet am 7. Juli 2014 um 08:09
Servus Hans,

freut mich, dass die Tourenbeschreibung Dir was gebracht hat.

Empfehlen kann ich "Koenig der Loewen" (http://www.hikr.org/tour/post54320.html), schwerer aber unheimlich gut abgesichert. Hab ich grad erst nochmal in Kombi mit Treffauer/Tuxegg gemacht (http://www.hikr.org/tour/post81388.html).

Ebenfalls etwas schwerer und recht gut abgesichert ist Fleischbank ueber Via Classica (http://www.hikr.org/tour/post57555.html). Wir haben nur die halbe Route gemacht und den Rest ungesichert ueber den recht spektakulaeren Nordgrat (II). Abstieg heisst hier einige Seillaengen abseilen.

Eine ganz einfache Plattenkletterei gibt's mit dem Plattenweg (http://www.hikr.org/tour/post52110.html), der sich mit einer lohnenden Kletterei auf die Schaertenspitze (diese hab ich noch nicht gemacht) verbinden laesst.

Super war auch die Schaertenwand-Verschneidung (http://www.hikr.org/tour/post52115.html), ist auch recht gut abgesichert.

Super ist Vordere Karlspitze Suedostgrat (http://www.hikr.org/tour/post64555.html). Das ist eine lange recht alpine Unternehmung, vom Klettern her aber nicht schwierig. Besonders wichtig ist gutes Schuhwerk fuer den Abstieg (sehr steile Restschneefelder).

bergsteigen.com bietet eine Menge Infos oft mit guten Topos.

Viel Spass, bin gespannt auf Berichte von Dir!
Matthias.

Chiemgauer hat gesagt: RE:durchaus hilfreich
Gesendet am 7. Juli 2014 um 21:17
Danke für deine Tipps! Mehr per pn, da "offtopic"


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