Wettersteinwand und Rotplattenspitze...


Publiziert von kardirk , 19. Oktober 2011 um 17:09.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Wetterstein-Gebirge und Mieminger Kette
Tour Datum:18 Oktober 2011
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   D 
Zeitbedarf: 11:00
Aufstieg: 1500 m
Abstieg: 1500 m
Strecke:12km

.... oder Steinglein,Steiglein an der Wand, wo gehst du bloß umanand - naja, ok., der Reim ist nicht so toll.
Hier ein "kurzer" Bericht über eine zuweilen sehr abenteuerliche Tour bei besten Wetter-Verhältnissen - im Gegensatz zum dem Bericht von trainman hier bei hikr.
Start ist in Lochlehen, dort gibts eine gute Parkmöglichkeit direkt im Ort, Abzweig links zu einigen Wanderwegen (Gelbe Schilder) - großer Platz und Kreuzung diverser Forststrassen.
Die Routenwahl sah laut Karte eigentlich recht einfach aus: Von Lochlehen über einen kleinen Steig zur Jagdhütte am Rauhen Kopf, von dort über einen der diversen S-Grate auf die Wettersteinwand, Abstieg entweder ins Berglental oder über das Kar Flecken wieder zurück. Soweit die Planung.
Jetzt aber die Realität - der Beginn ist einfach, ich folge dem Forstweg am Waldesrand, gehe bei seiner links-Kurve geradeaus weiter und folge dem Weg dann bei einer Biegung nach links. Laut meinem GPS soll nun die Steigspur abgehen und siehe da, bei einem Rücken gehen Spuren den Berg hinauf. Ich folge Ihnen, sie sammeln sich zu einem richtigen Steig, das GPS wandert in die Tasche. Nach ca. 20min komme ich auf ein Geröllfeld, ein improvisierter Jagdstand, das Steiglein verliert sich im Geröll.
Also kurz das GPS konsultiert, wo der Steig weitergeht. SCH......, laut GPS bin ich 100hm zu hoch, der Steig soll sich nach links wenden. Also wieder zurück, das GPS in der Hand, ich nähere mich der Abzweigstelle, hmm mit gutem Willen wäre da was zu erkennen, also ab ins Gebüsch. Was nun  folgte war sozusagen Bergsteigen aus Urzeiten - nur das die damals kein GPS hatten. Ich versuche also einem Steiglein zu folgen, auf dem ich laut GPS bin, das aber nicht zu sehen ist. Also quer durchs Unterholz, der Wald wird Gott-sei-Dank lichter, ah da, eine Spur, die sich aber nach wenigen Metern wieder verliert.
So geht das Spiel eine ganze Zeit, das Gelände wird steiler, erste Felsschrofen, durch die man sich hinaufwindet. Manchmal ist sogar sowas wie ein Steig vorhanden, nach ein zwei Kehren verliert er sich wieder. Mit dem GPS taste ich mich in der richtigen Richtung links aufwärts vorsichtig hinauf. Jetzt wirds richtig romantisch, ich komme mir wie in einem der schlechten Wildererfilm der 50ziger, oder einem dieser miesen TV-Heimat-Filmchen vor - dummer Tourist steigt ins unwegsame Berggelände und...- fehlt nur noch das Edelweiss - gabs aber keins. Über steile Schrofen gehts jetzt wirklich steil und ausgesetzt aufwärts - upps da krabbelts über meine Hände, ein riesiger Ameisenhaufen direkt über mir mitten in den Felsplatten. Eigentlich ist es nicht schwerer als I, aber dafür das ich hier einen schönen Jägersteig erwartet hatte - und prompt stehe ich an einem Steinmännlein und einer schönen Steigspur. 2 Kehren weiter verlieren diese sich in diverse Richtungen, aber immerhin, so falsch kann ich nicht sein. Dann endlich an die ersten Latschen und deutliche Steigspuren, eine ausgeschnittene Latschengasse, jetzt bin ich richtig. 3-4 Kehren und ich stehe vor dem kleinen Jagdhüttlein. Schlappe 2,30h hat mich dieser Ausflug gekostet, für 700hm - puh. Kurze Rast, dann gehts weiter. Zwei Gassen bieten sich an, eine rechts hinab ins Kar, eine den Rücken aufwärts. Ich geh den Rücken aufwärts. Frische Schnitte weisen auf menschliche Anwesendheit, die Gasse kommt mir jetzt wie eine Autobahn vor. Es geht auf den nächsten Kopf und booh,eh, steht doch da ein schmuckes Jagdhaus, mit allen Schikanen ausgerüstet, Sonnenpanel, Wasserzisterne und einer Aussichtsterrasse aller erster Kajüte, alles wirkt nigel nagel neu. Bleibt nur die Frage, wie die Jungs hier raufkommen - gibts ne U-Bahn, oder per Helikopter.
Über den kaum vorhanden Steig?? oder gibts nen Geheimweg?
Egal.
Was nun folgt wäre eigentlich Genuss, steckten einem die letzten 2h nicht in den Knochen.
Auf gutem ausgeschnittenen Steig gehts rechts um die Basis des nächsten steilen Köpfel herum, der Rauhe Kopf, dann über steile Graspleisen und Schutt aufwärts, zuletzt noch eine Priese gefrohener Schnee, und man steht auf dem kleinen Sattel hinter dem Kopf.
Nun hatte man freie Bahn, es bieten sich drei Wege an:
Links der S-Grat zur Wettersteinwand, an der Basis steiler Fels wohl II-III, oben sieht er harmlos aus...brr das ist mir zur haarig.
In der Mitte ein kleiner Felssporn, sieht oben und unten gut gangbar aus, in der Mitte aber eine Steilstufe, die auch im Fernglas nicht allzuverlockend wirkt. Ne, dann doch nicht.
Rechts der S-Grat der Rotplattenspitze, hauptsächliches steile Graspleisen, das sieht gut aus, ich mache mich auf den Weg.
Kurze Querung, dann steil über Gras hinauf auf den Grat und über ihn gerade hinauf, eine Steilstufe umgehe ich kurz rechts, bleibe dann aber immer am First. Nahe zu alles Gehgelände, ein zwei Stellen vielleicht I - macht Laune.
Nach knapp 5,15h erreiche ich den Gipfel der Rotplattenspitze - Geniale Aussicht. Kurze Rast und weiter über den schönen Grat zur Wettersteinwand (ca.35min), einfach nur schön, fast alles Gehgelände, ein,zwei Stellen I, nur wenige Schneestellen.
Am Gipfel geniesse ich erstmal die Super-Aussicht und das milde Wetter. Kein Wind. Orginelles Gipfelbuch im Marmeladenglas. Ich erbarme mich des zerfetzten Gipfelkreuzes und richte es notdürftig wieder her - wird wohl nicht lange halten bei den nächsten Stürmen.
Dann Abstieg. Meinen Plan ins Berglental über den Wettersteinwandkopf abzusteigen lasse ich dann doch sein, zwar sieht der Grat machbar aus, aber die steile Flanke und der verschneite Wanderweg im Berglental - ne nicht heute, bei dem knappen Zeitfenster bis zur Dunkelheit.
Also wieder zurück über den aussichtsreichen Grat bis zur Rotplattenspitze. Dort wendet sich der Grat nach Norden und es wird kurz etwas steiler. Am Grat zur Mittagsscharte hab ich schon ein Grasflecken ausgemacht, dort steige ich in die Flanke ein. Die ist doch verdammt steil, übers Gras gehts noch gut abwärts. Weiter unten wirds dann erwartet unübersichtlich, besonders wenn man von oben kommt. Ich halte mich erst nach links, doch dann kommen die Abbrüche, ich quere nach rechts, da solls doch irgendwo gangbare Rinnen geben und schon stehe ich vor einer. Hier ist doch etwas heikle Kletterei nötig und ich steige vorsichtig eine gefühlte IIer Stelle hinab. Beim Zurückblicken denke ich, hmm ist wohl doch nur I.
Weiter hinab über bekannte brüchige, Schuttbedeckte Schrofen, erreiche ich nach 45min das Geröllfeld.
Abfahren ist nur bedingt möglich, meine Hoffnung auf die paar Schneefelder muß ich begraben, zu weich und genau über den grobblöckigen Bereichen, dann lieber da wo die Gemsen runterrutschen.
Der Rest ist dann eher easy, über steile Grasflecken gehts zu den Latschen, immer links der Abflussrinne.
Schließlich erreicht man beim 2ten Steinmann die Latschengasse, die ziemlich pfeilgrade neben der Rinne hinabführt. Lustig das es eine so großräumig ausgeschnitte Latschengasse mitten in der Landschaft gibt, aber keinen Weg darüber oder darunter. Über das Ende war ich noch in Zweifel, war aber halb so schlimm, die Gasse führt dann direkt in den Graben. Den Beginn hab ich mal provisorisch mit einem Steinmanndl markiert, vielleicht überlebt er die Lawinen dieses Winters. Dann den Graben hinab, die Steigspuren sammeln sich auf der rechten Seite und münden direkt in das Weglein, über den mein Aufstieg begann.

Fazit:
Aufstieg zu den Jägerhütten sehr abenteuerlich, Steig vielfach verfallen und kaum zu finden, Stellen I in steilen Wald- und Wiesenschrofen, mühsam und anstrengend.
Aufstieg über S-Grat Rotplattenspitze steil, aber leicht, Gehgelände, wenige Stellen I.
Wettersteingrat zwischen Wettersteinwand und Mittagsscharte ebenso.
Abstieg durchs Kar Flecken oben sehr steil, brüchig, Stellen I + II je nach Wegfindung,
unten leichter, aber alles sehr steil im weglosen Gelände.
Gesamteindruck: Anspruchsvolle Tour, lang und anstrengend, Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und ein gehöriges Maß an Orientierungssinn sind von Nöten.

Hinweis: GPS Garmin etrex mit ÖsterreichTopo V2

Tourengänger: kardirk


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Kommentare (2)


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83_Stefan hat gesagt:
Gesendet am 19. Oktober 2011 um 20:38
Gipfelbuch? Gipfelkreuz? Da hab ich wohl was verpasst denn vor zwei Jahren gab es werder das eine noch das andere...
Gratuliere zum erfolgreichen Saisonabschluss!

algi hat gesagt:
Gesendet am 24. Oktober 2011 um 20:08
Super Tour.
Ein Anwohner hat mir auch was von dem Weg zu dieser Jagdhütte erzählt. Gut, dass ich mich nicht darauf eingelassen habe. Das hätte ich wohl nie gefunden. Gratulation zu diesem Abenteuer.

Viele Grüße, Albert


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