Schuflen 2823m


Publiziert von Sputnik Pro , 30. Juli 2011 um 14:12.

Region: Welt » Schweiz » Obwalden
Tour Datum:29 Juli 2011
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-OW   CH-UR 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 1000 m
Abstieg: 1100 m
Strecke:15km (total)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Luzern mit der Bahn nach Engelberg. Zu Fuss (15 Minuten) zur Talstation der Luftseilbahn Ristis und mit ihr hinauf. Weiter mit einem Sessellift zur Bergstation Brunni.
Zufahrt zum Ankunftspunkt:analog Zufahrt zum Ausgangspunkt. Ich konnte jedoch mit dem Auto von der Alp Rigidalstafel ins Tal fahren (kein offizieller Parkplatz!).
Unterkunftmöglichkeiten:Rugghubelhütte (SAC), 100 Plätze. Winterraum mit 40 Plätzen immer offen. Telefon: 041 637 20 64; Homepage: www.rugghubel.ch.
Kartennummer:LKS 1:25000 Engelberg (Nr. 1191)

HORRORTOUR AM SCHUFLEN !

Mein OW-Gipfel Nummer 128.

Geplant habe ich eine Gipfelrundtour von der Rugghubelhütte (2290m) über Schuflen,  Leist (2727m) und weitere kleinen Gipfel zum Wissberg (2627m) und snschliessendem Abstieg auf die Fürenalp (1845m). wobei mich das Gelände mich zu einigen Umwegen gezwungen hätte. Die Tour wäre jedoch von den Schwierigkeiten eine anspruchsvolle Bergwanderung gewesen - mit einem grossen Fragzeichen, nämlich dem verflixten Schuflen. Der Urner SAC-Führer beschreibt den Schuflen als "leicht" von Westen her. Jedoch zeigen Fotos auf HIKR, dass der Berg sicher nicht ganz so leicht werden wird. Dummerweise liess ich das Klettermaterial zu Hause was sich aber noch Rächen sollte!

Bei Regenwetter stieg ich in weniger als zwei Stunden am Vortag von der Bergstation Brunni (1860m) zur Rugghubelhütte. Nach einer erholsamen Nacht im Zimmer "Sättelistock" startete ich etwas vor sechs Uhr in Richtung Schuflen. Schon nach 50 Höhenmeter verliess ich den Bergweg und querte etwas absteigend zum Moränenschutthügel P.2297m im Griessental. Nun wurde das Gelände zusehnends wilder und ich gewann beim Aufstieg zum Griessenfirn über geschliffene Felsplatten rasch an Höhe. Auf dem Gletscher lag dann eine 25cm dicke Nassschneeschicht vom letzten Kälteeinbruch - das soll der Sommer 2011 sein? So stapfte ich über den Firn bis unter die steile Abbruchkante vom Schuflen Westgrat. Dort stellte ich fest dass, dies sicherlich nicht der richtige Aufstieg ist, denn die Kante ist sicher 50m hoch und besteht aus sehr brüchigem Gestein. Also querte unter der Nordwand ostwärts um eine Schwachstelle zu finden. Nach etwa 150m entdeckte ich ein schneegfülltes Couloir welches ich mir genauer ansehen wollte. Das Couloir endete unter einem überhängenden Fels wobei ein schneebedecktes Band nach rechts hinauf in die Nordwand leitet. Ich folgte dem aufsteigenden Band etwa 12m bis ans Ende. Zuerst wollte ich um einen Ecken was aber nicht ging, jedoch sah ich nun ein Band welches nach links oben in Richtung Westgrat zeigte. Ich wollte nun schauen wie weit es dort hinauf geht und kraxelte über das luftige und brüchige Band nach Oben. Hier passierte ich eine sehr ausgesetzte, brüchige Stelle von der ich sofort wusste dass ein Abstieg hier ohne Sicherung zu gefährlich ist.  So stand ich etwa 10m unter dem Westgrat mit einem gähnenden Tiefblick ins Couloir und suchte mir eine geeignete Route hinauf auf den Westgrat. Nun gab es nur noch die Möglichkeit: "Flucht nach Oben!". Über eine kurze IIIer-Kletterstelle fand ich eine Möglichkeit wo der Fels etwas fester war um wieder einige Meter in Richtung Grat zu steigen. Auch die letzten Meter zum Grat hinauf waren trotz eher technisch leichterem Gelände wegen dem brüchigen Fels und viel Luft unter den Bergschuhen dennoch heikel. So stand ich auf dem Westgrat und wollte zuerst den Gipfel besuchen. Der Westgrat selbst war schönstes T5- bis T6-Gelände und der Fels war nun endlich etwas stabiler. Einige Grattürme umging ich auf der Nordseite, blieb aber dennoch den grössten Teil auf dem Gratfirst. Eine Knacknuss erwartete mich nochmals vor dem Hauptgipfel wo ich eine 5m tiefe Scharte vorfand. Nachdem ich den Fels von oben studiert hatte, kletterte ich in die Scharte ab und war überrascht von den  festen Tritten und Griffen. Der letzte Aufschwung zum Vermessungspunkt war nochmals steil aber gut begehbar. So richtig glücklich war ich aber auf dem Gipfel nicht, denn während der ganzen Begehung des Westgrates fand ich keine Möglichkeit um wieder auf den Griessenfirn abzusteigen. Nach einer ausgedehnten Gipfelrast schaute ich mich noch kurz am Ostgrat um, fand dort aber ebenfalls keine Abstiegsmöglichkeit. Deshalb folgte ich nun dem gesammten Westgrat bis oberhalb von der senkrechten Abbruchstelle und wurde unterwegs auch nicht schlauer wie ich von dem "blöden" Schuflen ohne Seil wieder herunterkommen sollte. Gegen 10 Uhr rief ich dann auf der Hütte an um meine Situation zu erklären. Die Hüttenwartin kontaktierte einen Bergführer welcher zusammen mit einer Gruppe Lagerkinder und Leiter  in der Nähe unterwegs war. So rief mich Bergführer Thomas an und ich konnte ihm meine Lage erklären. Er meinte ich solle noch etwas abwarten, er würde sich bei Kollegen über den Schuflen Informationen einholen. Zudem wäre an eine Helikopterrettung wegen Nebel und Wolken sowiso nicht zu denken. So sass ich auf dem Schuflen Westgrat, suchte nochmals nach Abstiegsmöglichkeiten und baute aus Langeweile Steinmännchen. Gegen 13 Uhr rief mich die Hüttenwartin an dass Thomas nun auf dem Weg zum Schuflen sei. Ich sah ihn dann etwas später auf dem Griessenfirn aufsteigen. Zuerst schaute er sich das Couloir an durch welches ich aufgestiegen war, doch nach dem ersten Band stieg er wieder ab da für ihn das Gelände zu brüchig war. Wir machten ab, dass er nun östlich davon nachschauen geht. So verging die Zeit und ich konnte ihn nicht mehr sehen. Nach etwas mehr als einer weiteren Stunde tauchte er jedoch plötzlich am Westgrat auf. Ich querte zu ihm hinüber und war froh dass ich nun doch noch ins Tal kam. Da nicht einmal die Engelberger Bergführer den Schuflen kennen, musste er lange suchen um den richtigen Aufstieg zum Westgrat zu finden. Mit Seilsicherung stiegen wir zum Griessenfirn ab. Vom Grat war der Abstieg nicht ausmachbar, aber die Route weist festen Fels mit guten Griffen und Tritten auf, lediglich die obersten Meter waren etwas brüchig. Wenn ich's gewusst hätte, wäre der Abstieg dort auch alleine machbar gewesen. Glücklich stiegen wir zur Hütte ab und verpflegten uns dort mit einer warmen Suppe und Würstchen. Hier möchte ich meinen Dank an Thomas anbringen, denn sonst würde ich wohl immer noch auf dem Schuflen sitzen! Und gelernt habe ich sicherlich auch, dass ich in Zukunft bei solchen heiklen und unbekannten Gipfel immer ein Seil und einiges Klettermaterial mitnehmen werde...

Genaue Route: TAG 1 (28.7.:): Bergstation Brunni - Rappergütsch - P.1864m - Rigidal - P.1880m - Tüfelstein - Planggenstafel - P.2115m - Tritt - Rugghubelhütte. TAG 2 (28.7.): Hütte - P.2282m - Hinter Rugg - P.2330m - Höchen Griessbänder - P.2297m - Grissental - P.2371m - Griessenfirn - Schuflen - Sbstieg wie Aufstieg, ab P.1880m aber zur Alp Rigidalstafel.

Tourengänger: Sputnik
Communities: Projekt OW


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen

T5 ZS III
25 Jul 12
Kleine Hahnenrunde · ma90in94

Kommentare (19)


Kommentar hinzufügen

Alpinist hat gesagt:
Gesendet am 30. Juli 2011 um 16:00
Ciao Andi.
Krassi Tour hesch du da gmacht!! Und alles so ganz allei. Zum glück isch alles guet gange.
Gruess cornel

sven86 hat gesagt:
Gesendet am 30. Juli 2011 um 16:18
Interessanter Bericht, beim Lesen fiebert man ja richtig mit- hauptsache es ist sich gut ausgegangen!

Pfaelzer hat gesagt: Krass
Gesendet am 30. Juli 2011 um 17:10
Mensch Andi,
du machst Sachen...
Aber wirklich Respekt dass du kühlen Kopf bewahrt und auch genau richtig reagiert hast.
Zum Glück ist alles gut gegangen.

Viele Grüsse,
Wolfgang

marc1317 hat gesagt:
Gesendet am 30. Juli 2011 um 20:04
Joa, das ist echt nicht ohne... Aber wirklich gut zu wissen, dass man auch in solchen Situationen meist doch nicht ganz allein ist - sonst wär's wohl eher nicht so glimpflich ausgegangen?!

Sputnik Pro hat gesagt:
Gesendet am 31. Juli 2011 um 08:23
Hi Marcel,

Das funktioniert wohl so auch nur im Alpenraum. In anderen Gebirgen wäre man in so einer Situation wohl wirklich in einer Notlage. Nun ja, mir wird's wohl nie mehr passieren da ich in Zukunft ein Seil auf solch unbekannte Touren mitnehmen werde.

Gruss, Andi

Gelöschter Kommentar

Sputnik Pro hat gesagt: Kosten
Gesendet am 31. Juli 2011 um 08:27
Hallo Mark,

So viel mir Thomas gesagt hat läuft alles über die REGA. Er bekommt jedoch nicht so viel wie wenn er die Tour geführt hätte (Obwohl der Schuflen gar nicht im Angebot steht). Logisch dass die Aktion weit weniger gekostst hat als ein Helikopterflug oder eine grössere Rettungsmannschaft.

Gruss, Andi

silberhorn hat gesagt:
Gesendet am 31. Juli 2011 um 10:41
Uff, Ende gut alles gut!

roger_h hat gesagt:
Gesendet am 31. Juli 2011 um 14:54
Ciao Andi
Zom Glöck esch alles guet usgange. Lueg e chli zue der!
Gruess
Roger

Baldy und Conny hat gesagt: hi Andi
Gesendet am 1. August 2011 um 21:54
Hühnerhaut wenn man deinen Bericht liest. Zum Glück alles ok.
Kleine Anregung: Du bist ja viel alleine unterwegs, was ist wenn kein Handy Empfang? Ich/wir haben immer, auch wenn wir "nur" auf einfachen Touren unterwegs sind immer den Funk dabei.
Gruess und pass mir uf Angelo und Conny

Felix hat gesagt: schön, dass du wieder heil da runtergekommen bist!
Gesendet am 1. August 2011 um 22:21
Mensch Andi

da hast du ja selbst einige Nerven gebraucht - und daraus die richtigen Schlüsse gezogen ...

und toll, wie das hier, bei uns (bei Handy-Empfang - vgl. Angelo und Connys Kommentar) funktioniert!

Willkommen auf Erden; lieber Gruss

Felix

xaendi hat gesagt:
Gesendet am 2. August 2011 um 09:29
Hallo Andi

Ein Glück, dass es gut ausgegangen ist!

Grüsse
Alex

Bombo hat gesagt:
Gesendet am 2. August 2011 um 12:42
Glück gehabt und richtig reagiert - welcome back!

Gruzz
bombo

Tobi hat gesagt: Respekt...
Gesendet am 3. August 2011 um 13:30
..., dass du hier als erfahrener Alpinist uns von deinem Missgeschick berichtest und diesen "Anfängerfehler" nicht einfach unter den Teppich gekehrt hast.
Ich bin dir dankbar, dass du uns allen wieder mal den einfachen Grundsatz in Erinnerung rufst, dass man nur dort hinaufklettern sollte, wo man notfalls auch wieder abklettern könnte (sofern alternative Abstiegsrouten unbekannt sind).
Zum Glück hast du die richtige Entscheidung getroffen und in deiner misslichen Lage Hilfe angefordert, statt etwas zu probieren und abei noch abzustürzen. Auch dieses Eingeständnis kostete sicher einiges an Überwindung.

Ich wünsche dir weiterhin erfolgreiches und unfallfreies OW-Gipfelsammeln!

Gruss Tobi

ADI hat gesagt:
Gesendet am 3. August 2011 um 19:42
Hallo, Andi!

Wahrlich krasse Tour, Du machst Sachen.
Aber Ende gut alles gut, wichtig ist Deine heil gebliebene Gesundheit!

Ich wünsch Dir weiterhin vor allem UNFALLFREIE Unternehmungen; riskier' nicht zuviel!

VLG aus M., Gunter

Sputnik Pro hat gesagt:
Gesendet am 4. August 2011 um 14:52
Danke Euch für die netten, vielen Kommentare! Für mich war klar dass ich auch mein erstes "Negativ-Erlebnis" hier auf HIKR berichten werde - immerhin habe ich den Gipfel ja erreicht. Und wie schon geschrieben, ziehe ich dennoch eine positive Bilanz, da ich in Zukunft bei solchen Gipfel immer Klettermaterial mitnehmen werde - so kann man sich an heiklen Stellen selbst sichern und wenn nötig einfach abseilen.

Viele Grüsse,

Andrej

kopfsalat hat gesagt:
Gesendet am 4. August 2011 um 15:50
Herzlichen Dank an Thomas!

***

Da hast Du ja nochmal Schwein gehabt.

Auch wenn ich überhaupt kein Fan bin von elektronischem Schnickschnack, würde sich bei Deinen Solotouren vielleicht eine Investition in ein Notfallfunkgerät oder sowas lohnen. Die Natelabdeckung ist ja - auch in der Schweiz - nicht überall so bombig.

... und eben, sogenannte Anfängerfehler sind die schlimmsten, wie ich ja aus eigener Erfahrung weiss.

Gruss
dani

TeamMoomin hat gesagt: Was ich da lese...
Gesendet am 10. August 2011 um 01:59
wenn ich aus den Ferien zurückkomme lässt mir ja fast die Haare zu Berge stehen! Zum Glück verlief alles glimpflich und du bist wieder heil unten angekommen. Krasse Sache, ich glaube da wird nie mehr einer auf den Schuflen gehen, auf die anderen in dieser Reihe komme ich aber gerne mit.
Hoffe auf endlich gutes Wetter und Unfallfreie Zeit!

Grüsse

Oli

kopfsalat hat gesagt: RE:Was ich da lese...
Gesendet am 10. August 2011 um 09:58
> ich glaube da wird nie mehr einer auf den Schuflen gehen

im gegenteil, jetzt erst recht!

dieser einsatz von sputnik darf nicht umsonst gewesen sein. zumal wir ja jetzt wissen, wo's rauf- (und auch wieder runter) geht. ;-)


Kommentar hinzufügen»