Lugano Trekking


Publiziert von Günter Joos (gringo) , 26. Juli 2011 um 23:04.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Sottoceneri
Tour Datum:23 Juli 2011
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Zeitbedarf: 2 Tage 16:00
Zufahrt zum Ausgangspunkt:per Standseilbahn von Lugano aus auf den Monte Brè
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Zug-bzw. Busverbindungen ab Ciubiasco.
Unterkunftmöglichkeiten:Capanna San Lucio, Rifugio San Lucio (ital.), Rifugio Garzirola (ital.)
Kartennummer:1333 Tesserete 1334 Porlezza 1353 Lugano

Diese zweitägige Tour basiert auf den Beschreibungen zweier Webseiten und folgt bis zum Gipfel der Garzirola dem schweizerisch-italienischen Grenzkamm:
www.wandersite.ch
www.lugano-tourism.ch
In beiden Publikationen wird das Lugano Trekking als Mehrtageswandertour mit von der Länge her variablen Möglichkeiten beschrieben. Bis zum Gipfel der Garzirola verläuft meine Route identisch mit dieser Vorlage, die Variante über den Camogè mit Abstieg nach Bellinzona habe ich selbst modifiziert.

23.07.2011:
Ein blöder Fehler bei der Anfahrt führt dazu, dass ich an meinem Ausgangspunkt Monte Brè (925 m) reichlich spät, nämlich erst um 12 Uhr mittags, ankomme. Die Auffahrt per Standseilbahn spart Zeit und war für mich aus vorbenanntem Grund schon obligatorisch. Neben dem San Salvatore gilt der Monte Brè als einer der beiden Hausberge Luganos.

Vom Gipfel aus steige ich über einen Treppenweg hinab ins Dörfchen Brè und durchquere dessen pittoresken Ortskern. Luftfeuchtigkeit und sich aufbäumende Gewitterambosse gemahnen schon: es wird mit Sicherheit nicht trocken bleiben. Noch im Buchenwald marschierend, ergießt sich nach einer guten Wegstunde der erste Regenschauer übers Blätterdach. Auf dem Monte Boglia (1516 m) angekommen, entzückt mich eine wundervolle Aussicht über den Lago di Lugano hinweg. Indes, die graue Wolkendecke darüber sorgt für eine etwas gespenstische Atmosphäre. Dieses Wolkengrau, sowie ein ständiger Wechsel aus leicht gewittrigen Schauern und trockenen Phasen sollen mir für den Rest des Tages erhalten bleiben. Die kecken Kalkspitzen der Denti della Vecchia warten immer noch darauf, von mir beklettert zu werden. Jetzt komme ich eben mal vorab als Wanderer und darf schon mal  den herrlich festen Kalk rekognoszieren :-). Den kurzen, aber knackigen Abstecher zum Hauptgipfel Sasso Grande (1491 m) möchte ich mit T5 - Klettern 2 bewerten. Durch die jetzt nassen Felsen des zu durchsteigenden Kamins erhält diese Passage einen zusätzlichen Charme ;-)!

Unter mir taucht die Capanna Pairolo auf. Ein erneuter Regenguss geht auf mich nieder. Ich zögere und zaudere. Einerseits verspüre ich große Lust, es für heute gut sein zu lassen und es mir in der trockenen Capanna gemütlich zu machen. Andererseits würde dies bedeuten, dass ich meine geplante Tour möglicherweise nicht zu Ende führen könnte, da die morgige Etappe dann zu lang werden würde. Der Ehrgeiz siegt und so lautet mein erklärtes Tagesziel Passo  San Lucio mit der gleichnamigen Capanna.

Die Überschreitung der Cima di Fojorina (1810 m) fällt der gewittrigen Wetterlage zum Opfer. Ich nehme die gut markierte Umgehung, welche unterhalb des Grates verläuft und, gleichwohl wie auch die Überschreitung, in die Bocchetta di San Bernardo (1586 m) hineinführt. Um 19.40 h treffe ich auf San Lucio ein, just als dort das Abendessen serviert wird. Die freundlichen Wirtsleute bitten mich sogleich zu Tisch, und nach einem schmackhaften Essen schafft es die Sonne noch kurz vor dem Eindunkeln ein Wolken-Licht-Inferno herbeizuzaubern, welches Seinesgleichen sucht und allen Anwesenden großes Kino bietet. Neben einem italienischen Rifugio befindet sich in Hüttennähe ein sehr altes, kleines Kirchlein. Bücher zur Geschichte dieses Kleinods, sowie seinem Gründer und Namensgeber San Lucio, gibt es übrigens in der Capanna für SFR 10.- käuflich zu erwerben.

24.07.2011:
Acht Uhr Colazione, das ist wahrlich keine Bergsteigeruhrzeit! Dennoch, um 8.30 h bin ich aufbruchbereit und wenn ich zügig marschiere, dann sollte es mit der Zeit hinhauen. Noch im Bett liegend hatte ich in den frühen Morgenstunden das Pfeifen und Heulen des um die Hütte fegenden Windes vernommen. Aha, endlich ist er da, der Fön! Und so starte ich dann auch in einen wettermäßig perfekten Tag, allerdings zunächst unter fönstürmischen Bedingungen. Erst gegen Mittag legen sich die Windstärken etwas zurück. Eine Prachtaussicht entfaltet sich auf meinem Weg zum Gipfel der Garzirola (2116 m): Monte Rosa, Täschhorn, Dom, Alphubel und Nadelgrat auf Südwest, die Rheinwaldhorngruppe im Osten. Comersee, Luganer See und Lago Maggiore, sowie die in den Horizont ausgleitende Poebene im Süden ... die Gotthardberge sind hingegen in dichtes Gewölk gehüllt. Aber auch hier im Süden ist nicht alles perfekt: Östlich des Comersees zeugen schwarze Wolken von einem morgendlichen Gewitterguss. Das vom Passo San Lucio aus bereits sichtbare Kreuz am scheinbar obersten Punkt des schnittigen Kammes ist dann nicht etwa der Gipfel der Garzirola. Man erreicht  in weiteren 20 Gehminuten eine unscheinbare Geländekuppe, wo der Gipfel per Wegeschild signalisiert ist.

Mangels besserer Alternative (ich habe die Tour recht kurzfristig anberaumt und sozusagen mit der heißen Nadel gestrickt) folge ich nun recht umständlich dem Abstiegsweg in Richtung Monte Bar bis in einen kleinen Pass hinein. Ich umrunde nun den oberen Talabschluss der Valle di Caneggio, um anschließend dem Camoghè aufs Haupt zu steigen.

Der Camoghè ist ein Berg mit Klasse: der Höchste und der Schönste in weiter Umgebung ist von sämtlichen Ausgangspunkten aus nur über lange Wege mit viel Schweiß und Fleiß zu erreichen. Er bietet seinem Besteiger eine umfassende Aussicht und er birgt in seiner Gipfelregion sogar noch einen Hauch von Kultur: ein kleines Kapellchen schmiegt sich direkt unter seinen Gipfelgrat, daneben steht ein halbverfallenes Gebäude, dessen Sinn und Herkunft ich bislang noch nicht eruiert habe. Ich tippe aber auf entweder sakrosankte oder aber militärische Zwecke.

Dem ruppigen Abstiegspfad durch die Nordflanke möchte ich zum T3 zusätzlich noch ein deutliches + hintanfügen, für all Diejenigen, die solche Nuancen bei der Tourenplanung benötigen. Gut 2000 Höhenmeter sind nun im Abstieg zu bewältigen, um nach Camorino, einem Vorort von Bellinzona, zu gelangen. Von dort aus marschiere ich noch weitere 20 Minuten zum Bahnhof von Giubiasco,  wo  ich Zuganschluß zurück in die Heimat finde.


Tourengänger: Günter Joos (gringo)


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