Chironico andata & ritorno...


Publiziert von Polder , 3. Juli 2011 um 11:51.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Bellinzonese
Tour Datum: 1 Juli 2011
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   Gruppo Madöm Gross 
Zeitbedarf: 2 Tage

... und dazwischen gaaanz viel (Ausblicke, Einblicke, Höhenmeter, Mühsal...):

1. Tag: Chironico/Grumo - Garnei - Pce. Croara (N-SE) - Pianzel - Cpa. Cognora (T4 und T5, eine Stelle T6-/II; ca. 2200 Hm)

Schon der Einstieg über den kunstvollen Felsenpfad hinauf auf die duftenden Wiesen der Maiensässe von Usedi wäre eine Reise wert. Da ich letztes Jahr vom Pizzo dei Merli sowohl einen Weg durch die unwegsame Flanke des Vallone als auch einen Durchschlupf durch den Felsriegel der Croara-N-Flanke ausgemacht zu haben glaubte, ging ich der Sache mal auf den Grund: Von Fopa auf undeutlichen Wegspuren neben einer feudalen Jägerhütte (Pt. 1789) auf Riva di Löita hinauf, wo in der Tat eine gut  unterhaltene Wegspur in die aussergewöhnlich wilde und steile N-Flanke hinausführt. Eine Passage über eine plattige Rinne hinweg ist sogar mit Eisengriffen versehen. Nach steilem Anstieg senkt sich der Pfad in exponiertem Gelände wieder und führt unter Motta di Pizzo hindurch zu Pt. 1904, wo eine kleine Jägerhütte steht (der Pfad scheint gegen den Laghetto weiter zu queren). Ich verlasse ihn 100m vor der Hütte und kämpfe mich über den Sporn hoch (zuerst Gemswechsel, dann kurz recht mühsam - besser wäre wahrscheinlich, bis zur Hütte zu queren und erst dort in der Mulde hochzusteigen). In der Mulde westlich von Motta di Pizzo wird das Gelände angenehm und der Aufstieg offensichtlich: Zunächst hart am N-Sporn entlang aufwärts, bis man gegen Westen zur Schwachstelle des sperrenden Plattenriegels queren kann (Details s. Bilder). Am Ende des Bandes exponiert auf die Kante hoch und ca. 10m über besten Fels empor, bis die Rippe sich verflacht und auf 2300m in einen breiten Boden mündet (kurz T6-/II, exponiert). Von da wieder problemlos empor und über eine weitere kurze Stufe auf den WNW-Rücken des P. Croara, den man ca. 50m unterhalb des Gipfels erreicht. Ein Brenna-WS mit auch im Abstieg aufwartenden III-er-Stellen traue ich mir nicht zu, zumal der Grat gegen die Cima Bianca auch dergestalt aussieht. Auf der "Normalroute" (nach Führer L+) habe ich irgendwie eine falsche Linie im Kopf und finde keinen Durchschlupf durch den Felsriegel hinunter in die Geröllhalden von Remie (richtigerweise müsste man der W-Flanke des SW-Grates viel weiter nach unten folgen...), sodass ich zähneknirschend wieder aufsteige und mich die sehr steile ESE-Flanke nach Pianzel hinuntermühe und -taste (T5). Dort läge eigentlich die Cantina Vecchia in der Nähe, die aber gerade im Schatten versinkt, sodass ich wegen ein paar Strahlen Abendsonne noch den Weg über die Bassa della Cognora (Achtung; Durchgang von Pianzel nicht sichtbar; ziemlich weit gegen den Mezzodi!) auf mich nehme.
Fazit: Der Nordaufstieg auf den Croara ist m.E. wirklich lohnend, da äusserst vielseitig. Die Schwierigkeiten beschränken sich auf 10m.

2. Tag: Cognora - Pizzo di Mezzodi - Cima di Piategn - Cascine d'Afata - Pern - CHironico / Grumo (1250 Hm / Abstieg 2400; T5)

Die Normalroute auf den Mezzodi ist etwas eintönig und geröllig; erst beim Ausstieg auf den sonnigen Grat taue ich auf... Auch hier traue ich mir die direkte Überschreitung nicht zu (nach alpi-ticinesi.ch T6 und kompliziert), sodass ich den E-Grat vor Pt. 2559 verlasse und mich wiederum in eine steile, unwegsame Grasflanke stürze. Oberhalb Piano della Chiesa (welche chiesa?) quere ich zur Prachtsterrasse auf ca. 2100 sowie den (ausgetrockneten) Riale dei Cristalli und steige steil hinauf auf den Gipfelfirst der Cima die Piategn (oben im Bereich einiger Felsriegel schon T5). Der Abstieg über den N-Grat - der als sicher einfachste und bequemste Route im Führer ebenso wenig drin ist, wie die Croara-N-Flanke!! - nimmt sich zwar von oben einschüchternd aus, ist aber in Tat und Wahrheit erstaunlich gut gangbar (T5-); der Fels ist griffig und gut gegliedert, und häufig sind Umgehungen auf der Usedi-Seite möglich. Zuletzt umgeht man einen Gratturm auf einem deutlichen Ziegenpfad und erreicht so den Grassattel, von dem eine schon vom Gipfel sichtbare Pfadspur zunächst fast horizontal ins Val d'Afata hinüberführt. Steil ins selbige hinab und zu den Cascine. Von hier wähle ich den Abstieg über Pern, der zunächst über einen bezaubernden Rücken führt. Der Pfad ist dort kaum sichtbar; er wird auch unten nicht wirklich besser, ist aber aufgrund des federnden Bodens doch angenehm zu begehen und infolge des steilen Geländes auch recht eindrücklich (mit Ausnahme der hässlichen Jägerhütte auf Pèrn). So schliesst sich in Chironico eine eindrückliche Runde, welche versierte T6-ler noch perfektionieren könnten, indem sie die Grate Croara-Cima Bianca sowie Mezzodi-Piategn integral begehen..... Monstertouren-T6-ler könnten die Runde sogar an 1 Tag machen...

P.S.: Die einzige Tour, bei der ich ein (kurzes) Zwischenstück unfreiwillig per Heli zurücklegte - im Rückblick auch die besorgniserregende Erfahrung, wie die Verkettung von Irrtümern (die man aber nicht als solche erkennt) in eine Sackgasse führen kann: Es fing damit an, dass ich die Beschreibung im Brenna-Führer dahingehend interpretierte, dass der Übergang der Bassa della Cognora wenig südlich der tiefsten Stelle zu finden sei. Hinzu kam, dass ich (ohne dies je verifiziert zu haben) in festem Glauben davon ausging, dass die Westseite der Bassa problemlos begehbar sei. In der Folge stieg ich bei der letzten (für mich sichtbaren, verblassten) Markierung in eine steile Grasrampe wenig südlich der tiefsten Stelle ein, kam aber dort nicht auf den Grat hoch. Die tiefste Stelle hingegen schien mir erreichbar, ist doch nur eine wenig hohe Plattenwand zu überwinden. Von rechts führt ein gut gangbares (aber zunehmend ausgesetztes) Band direkt unter die tiefste Stelle, die ich mit einem einzigen beherzten Kletterzug auf wackligem Tritt erreichte - klarerweise eine "point of no return"-Stelle. Aber die Westseite ist ja völlig problemlos, dachte ich..., bis ich oben in eine weit höhere Plattenflucht blickte... Aber der richtige Übergang ist ja nicht weit entfernt... Deshalb kraxle ich über exponierte Bänder in der Westseite und über den Grat Richtung Süden, ein Abstieg will sich aber nicht öffnen. Vor einem steilen Aufschwung gebe ich auf, zurück kann und will ich nicht, weiter auch nicht, zumal es schon 7 Uhr abends ist. Recht schnell entscheide ich mich, die Rega anzurufen, die nach ca. 30 Min. auch anschwirrt. Der Wind erlaubt keine Landung und verhindert zunächst auch den Absprung eines Rega-Helfers. Im dritten Versuch klappt's dann, und ich bin nicht mehr allein auf dem schmalen Grat. Der Heli kommt zurück, versucht möglichst tief über dem Grat zu stehen, sodass ich mich an den Landeschienen festhalten kann; von oben ziehen und von unten stossen mich die Helfer in den Heli, der mich in Kürze in die Cap. Cognora fliegt. Seltsames Gefühl, dort eigentlich gesund (und einigermassen munter) per Heli einzufliegen; irgendwie schäme ich mich, weiss aber auch, dass die Entscheidung, die Rega zu aktivieren, anders als viele Entscheide zuvor richtig war...

Tourengänger: Polder
Communities: Ticino Selvaggio


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Kommentare (3)


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Zaza hat gesagt:
Gesendet am 4. Juli 2011 um 14:56
eine interessante Runde hast du da gemacht! War viel los in Cògnora?

Die Info zur Querung aus dem Val d'Usèdi zur Jägerhütte bei P. 1904 ist interessant. Beim Laghetto findet sich der Anfang einer Markierung (blau), so dass die Verbindung gut gehen sollte.

So könnte man dank der vielen kleinen Hütten in etwa 7 Tagen eine fantastische Höhenquerung von Seitental zu Seitental machen, z.B. von Mornera bis Nante!

Polder hat gesagt: RE:
Gesendet am 4. Juli 2011 um 21:20
..nö, neben mir noch 3 Personen - sehr gemütlich also! Ja, der Pfad führt sichtbar gegen Laghetto weiter, und beim Sporn von Motta di Pizzo hat's auch eine einsame blaue Markierung :-)!
Wie bist du auf den Croara gelangt? Über die Brenna'sche "Normalroute" von Remie, an der ich im Abstieg kläglich gescheitert bin? War schade, denn die Cima Bianca-Normalroute hätte ich mir gerne angeschaut - sieht reizvoll aus!

Zaza hat gesagt: Croara
Gesendet am 5. Juli 2011 um 20:41
ich hab das Ding überschritten, weiss aber nicht mehr, welches der Auf- und welches der Abstieg war. Vermutlich von Pianzel rauf, zuerst zum Ponc. la Fopa, dann Croara, Segel gestrichen beim Verbindungsgrat Richtung Cima Bianca, runter nach Remie und von dort wieder rauf zur Cima Bianca (und dann wohl nach Cògnora).


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