Überschreitung Nördl. - Südl. Stuhlkopf via N-Grat, eine klassisch einsame Karwendeltour


Publiziert von kardirk , 27. Mai 2011 um 12:38.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Karwendel
Tour Datum:26 Mai 2011
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 1050 m
Abstieg: 1050 m
Strecke:12,5 km

Kühn streben die beiden Stuhlköpfe von Hinterriss aus gesehen in den Himmel. Nachdem ich den südl. schon vor Jahren über den wenig erquicklichen Steinkargraben und die Stuhlscharte  erstiegen hatte, sollte jetzt endlich auch der Nördliche erklommen werden und zwar von Norden über den prägnanten N-Grat. Vor Jahren bin dort knapp beim Beginn der Felsen gescheitert, nachdem ich stundenlang in der östlichen steilen Schroffenflanke nach der im AV-Führer beschriebenen "leichteren" Variante gesucht hatte, aber außer steilen ungangbaren Felschroffen und Latschenfeldern nichts geeignetes vorfand.
Ich startete  früh schon um 7:00, da der Wetterbericht für den Rest des Tages nichts Gutes verhieß.
Start ist der Parkplatz P2 bei Hinterriss. Dort der Forststrasse Richtung Falkenhütte folgen bis zum Abzweig des Klammweges. Noch einige Meter weiter, dann ,in einer leichten rechts-Kurve, nach rechts in den Wald steil hoch, zunächst noch in östl. Richtung, bis man den Kamm erreicht, dann über diesen auf das Luchsegg (1307m) - 30min, teilweise Spuren (Wildwechsel) - hier fühlte sich augenscheinlich ein Hirsch gestört und gab dem lautstark Ausdruck.
Über den zunächst flachen Rücken nun nach rechts aufwärts, vorbei an einer Lichtung, teilweise Rot-Weisse Markierungen an den Bäumen, einzelne Grenzsteine, zuletzt steil auf das Stuhlegg (1538m).
Nun wendet man sich wieder nach links und steigt über den latschenbestandenen Rücken weiter aufwärts. Es braucht nun  etwas Orientierungs und Spürsinn, da die Latschgassen nicht alle zum Ziel führen und manche auch Sackgassen sind und man zusätzliche Trainingseinheiten verpasst bekommt. Am besten immer auf der linken Seite des Rückens suchen - teilweise Steigspuren. Man kommt so zum ersten steilen Aufschwung des Grates bei einem Sendefunkmast für Hinterriss, der plötzlich unvermittelt vor einem steht.
Hier über die Wiese steil empor und gerade in Latschengassen.Auch hier muß wieder etwas suchen - die Hauptgasse ist direkt in der Mitte des Rückens.
So gelangt man an den nächsten felsigen Steilaufschwung. Man weicht nach rechts aus über kleinsplittriges Geschröff zun einem ca. 5m hohen Wandl, dass man erklimmen muß - II. Ich fand es die schwierigste Stelle des ganzen Anstiegs, da die Griffe und Tritte alle abwärts geneigt sind, dazu kleingriffig und schmierig. Oben nun auf den Grat und über die flachen Latschen, teilweise auf Spuren immer am Grat über ein paar kleine Köpfe hinweg zum eigentlichen felsigen Beginn des N-Grates.-2,30h
Den ersten Aufschwung bin ich in der linken Flanke geklettert, dann immer am Grat entlang über einen ersten Turm hinweg in die kleine Scharte - I-II. Die im AV-Führer beschriebenen Umgehung dieses Türmchen ist unnötig, da er unschwierig abzuklettern ist.
Dann steht man auch schon vor der "Schlüsselstelle", der "kleingriffigen Rampe". Ich fands nicht schwerer als II, man muß allerdings alle Griffe und Tritte gut prüfen, der Fels ist zwar insgesamt ganz ordentlich für Karwendelverhältnisse, aber eben doch brüchig. Weiter gehts gerade am Grat über eine große Platte weiter, die von weiter unten noch ganz bedrohlich aussah, dann aber ebenso harmlos war, wie der anschließende kecke Gratturm, der nämlich in der Mitte gespalten ist und durch diesen Spalt erreicht man unschwierig die dahinterliegende Scharte. Typisch Karwendel, wenns von der Ferne schlimm aussieht, ists meistens harmlos und umgekehrt.
Weiter wieder etwas links des Grates über den nächsten Aufschung und nun immer am Grat über die letzten Meter zum Gipfel des Nördlichen Stuhlkopfes. 3,10h
Aufgrund der etwas unsicheren Witterung blieb ich nur kurz am Gipfel und stieg über steile Pleisen weiter zur Scharte zwischen den beiden Köpfen. Der Anstieg auf den Südl. Kopf ist dann nochmal sehr steil und anstrengend. Unten eine kurze Kletterpassage II links in der Flanke, aber gute feste Griffe, dann teilweise sehr steiles Gras.
Damit war auch der Südl. Gipfel erklommen (30min) und eine kleine Rast wohlverdient.
Abstieg  über die steilen Pleisen und Schroffen hinab zur Stuhlscharte (1871m) und dort über die Wiesenfläche zum Steinkargraben, den man oberhalb der ersten Latschen betritt.
Hier wurde es dann leider ziemlich eklig. Ich hatte den Graben gar nicht so schlimm in Erinnerung, aber hier stimm einfach garnichts, volle Konzentration ist gefragt, das Geröll ist extrem rutschig, aber nicht so, dass man etwa abfahren könnte. Zu allem Überfluß verlor ich auch noch bei einer meiner kurzen Rasten meinen grünen AV-Führer - vermutlich ganz unten bei dem schon begrünten Hang. Falls es jemand finden sollte und es noch nicht komplett vom Regen aufgelöst sein sollte, wäre eine kleine Nachricht nett.
Von der Tortalalm ging es dann über die Forststrasse bequem zum Ausgangspunkt zurück. Kaum beim Auto angelangt fielen auch schon die ersten Tropfen - perfektes Timming.
Fazit:
Klasse Tour, mega einsam, fast vollkommen Weglos, Klettern bis II, leider etwas getrübt im Abstieg durch den Steinkargraben.
Übergang zur Talelespitze sieht auch interessant aus.

Nachtrag:
3 Tage später war ich nochmal in der Gegend und habe einen kleinen Abstecher zum Beginn des Grabens gemacht, um zu sehen, ob ich bei meiner letzten Pause meinen AV-Führer verloren hatte. Leider war nichts zu finden. Da kamen aus dem Graben 2 junge Bergkameraden herab. Als ich Sie fragte ob Sie einen AV-Führer liegen gesehen hätten, lächelten Sie verschmitzt und überreichten mir den gefunden Führer. Von dieser Seite noch einmal herzlichen Dank für die Ehrlichkeit und das Finden.
Trotz des verregneten Freitags und der Lage in einem Bachbett war er nur leicht angefeuchtet. Gute Qualität würde ich sagen.

Tourengänger: kardirk


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Kommentare (6)


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ADI hat gesagt:
Gesendet am 27. Mai 2011 um 18:13
Klasse-Tour, die Überschreitung!
Muß ich mir mal vormerken.

VLG, ADI

Bergfex73 hat gesagt: Überschreitung
Gesendet am 15. August 2011 um 08:59
Auf den Bericht hin hab ich mich dazu animiert gefühlt, die Überschreitung nach 2007 auch mal wieder zu machen. Irgendwie hatte ich das ganze "fester" in Erinnerung, aber so ists halt, das Karwendel ;-)
Schöne Grüße,
Michael

algi hat gesagt:
Gesendet am 17. September 2011 um 19:03
Wirklich gute Tour.

Dank dem Autor, durch seine Tipps konnten nervige Latschenverhauer vermieden werden. Finde, dass der Fels für Karwendelverhältnisse ganz in Ordnung ist.
Da ich noch gut in der Zeit lag, habe ich die Anregung von kardirk aufgenommen, und noch den Nordgrat der Talelespitze drangehängt. So kann man den offensichtlich grausligen Steinkargraben gegen ein paar zusätzliche Klettermeter tauschen.

Gruss Albert

kardirk hat gesagt: RE:
Gesendet am 27. Oktober 2011 um 13:10
Hallo Albert,

bin gerade auf Deinen Kommentar gestossen - wie war denn die Tour auf die Talelespitze N-Grat - gibts noch nen Bericht von Dir, würde mich persönlich sehr interessieren. Bist Du oben zum O-Grat gequert, oder gerade durch die Kamine zur Scharte zwischen Vorgipfel und Gipfel gestiegen ?

Viele Grüße
Dirk

algi hat gesagt: RE:
Gesendet am 28. Oktober 2011 um 08:47
Hallo Dirk,

einen eigenen Bericht wird es nicht geben, dafür ist der Nordgrat ein bisschen zu kurz.
Im unteren Teil habe ich mich für die Rechtsvariante mit Umgehung der Zacken am Grat entschieden. Nach den Zacken steigt man ein paar Meter östl. ab, und klettert eine grasige, teiweise brüchige Rinne hoch. Der Ausstieg aus der Rinne ist wg. dem abschüssigen und brüchigen Gelände heikel. Danach Querung über eine Rinne hinüber zur Grasschroffenflanke, die auf den Grat führt. Am Grat über steile Schroffen im Zick-Zack weiter, bis man nach links in die Nordflanke abgedrängt wird. Noch ein paar Meter hoch, dann erreicht man das oberste, große Grasband. Geradeaus weiter kommt man zum markanten Kamin, hätte mich schon gereizt, aber aufgrund der Feuchtigkeit bin ich lieber nach links auf den Ostgrat ausgewichen. Nun habe ich mich, bis unmittelbar vor der Scharte, immer direkt an den Grat gehalten( I - II ). Kurzer Abstieg zur Scharte durch eine kleine, nach Osten ausgerichtete Rinne, und danach die Überschreitung der Scharte ( III ), dies ist die klare Schlüsselstelle ( ausgesetzt, abschüssig und etwas bröselig ). Danach geht es durch eine kurze Rißverschneidung mit festem Fels wieder auf den Grat ( II ) und in wenigen Schritten zum Gipfel.

Ich hoffe, dieser Kurzbericht vermittelt dir einen gewissen Eindruck. Die besten Verhältnisse ( auch für das Steilgras ) findest du wohl nach einer längeren Trockenphase vor.

Gruss Albert

Nic hat gesagt:
Gesendet am 28. Mai 2018 um 16:47
Servus Dirk,

haben uns heute auch mal am Nordgrat versucht. Das Wanndl am Einstieg haben wir als relativ harmlos empfunden. Für dich die Schlüsselstelle?? Die eigentliche Schlüsselstelle ist unserer Meinung nach die Stelle unterhalb der Platte. Das hat mit einem Zweier nichts mehr zu tun und ist min. III-. Zudem sehr ausgesetzt. Wir haben an der Stelle abgebrochen. Uns war es heute zu heikel. Man steht auf ganz kleinen Tritten an einer kleinen geneigten Platte und muss abdrängend unter dem kleinen Überhang nach links rüberspreizen, um den guten Tritt zu erreichen.. Für mich ein klarer IIIIer. Wohl die IIIer Stelle aus dem AVF. Evtl bist du deutlich größer und kommst daher leichter rüber?

VG Nico


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