Gamsberg 2385 m (durch den Kamin) oder die Eroberung einer Diva


Publiziert von Ivo66 , 19. September 2010 um 19:54.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum:19 September 2010
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: Alvier Gruppe   CH-SG 
Zeitbedarf: 5:30
Aufstieg: 1230 m
Abstieg: 1230 m
Strecke:Voralp - Unterlänggli - Oberlänggli - Ostkamin - Gamsberg Hauptgipfel
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Geteerte Alpstrasse entweder von der Strasse Wildhaus - Buchs abzweigend, oder aus Grabs Richtung Grabserberg bzw. Voralp. Parkgebühr CHF 6.-- (Automat)
Kartennummer:1:25'000 Buchs

Genau vor einer Woche verwehrte mir der Gamsberg mit seiner abschüssigen Nordflanke den Zustieg auf sein Haupt. Die entscheidende Schrofenstelle kurz vor dem Grat erschien mir zu steil, da fast senkrecht und ausserdem war mir die Passage zu lange, als einfach mal nach dem Motto "Augen zu und durch" alles drumherum auszublenden.

Der Gamsberg ist offenbar wie eine stolze Frau: Er will vom Bergsteiger umschwärmt und erobert werden und zeigt ihm zuerst mal ganz selbstbewusst seine kalte Schulter, im Wissen, er kommt wieder... Und tatsächlich, ich hielt es nur eine Woche aus ohne meinem grossen Gamsberg. Nachdem ich mir gestern in der Ostwandrinne am Wildhuser Schafberg mein kürzlich am Gamsberg liegen gelassenes bergsteigerisches Selbstvertrauen zurückholte, konnte es heute mit gestärktem Rückgrat losgehen. Dieses Mal sollte es nicht die Nordflanke sein, sondern die sich von Osten hinaufziehende, markante Doppelrinne - im SAC-Führer als "Kamin" bezeichnet und auf hikr.org. oftmals mit "Eisenbahngeleise" betitelt. Gut, für einen Kamin ist die Rinne zu wenig, für eine Eisenbahnschiene dann aber doch zu steil... Dieser Aufstieg ist nicht nur genussreicher als die trostlose Nordflanke. Sie bietet auch mehr Reize in Form von leichter Kletterei in kleingriffigem, recht guten Fels und ist eine absolute Augenweide. Einfach ein herrliches Gefühl, hier unterwegs zu sein.

Die Rinne beginnt recht steil, wird in der Folge wieder flacher, um dann wieder an Steilheit zuzulegen. Oft dachte ich während dem Aufstieg daran, welche Technik für den Abstieg wohl am besten ist (rückwärts oder vorwärts). Man muss im Aufstieg doch recht zulangen und ist meistens auf allen Vieren unterwegs. Meine Überraschung war dann später gross, als ich den Abstieg weit weniger anspruchsvoll  als den Aufstieg empfand. Dies ist in der Regel umgekehrt und lag wohl daran, dass von oben die kleinen Tritte und Griffe sehr gut zu erkennen waren und im Aufstieg eher mal gesucht werden mussten. Auch schien mir die Rinne von oben weniger steil als von unten, sodass der Abstieg vorwärtsgehend auch psychisch keine Probleme bot.

Das Tragen eines Helms ist sicher zu empfehlen und unerlässlich, wenn sich noch andere Bergsteiger in der Rinne befinden. Wir waren heute alleine am Berg. Übrigens wäre sogar ein Kreuzen innerhalb der Rinne - mit Ausnahme des obersten Viertels - problemlos möglich.

Ein toller Berg, der Gamsberg. Schade, dass sich das Wetter heute nicht ans Drehbuch hielt und Nebel und Wolken keine Weitblicke vom Gipfel zuliessen. Denn das Panorama auf dem Gamsberg muss überwältigend sein. Man kann sich dies gut vorstellen, da dieser markante Berg von vielen andern Gipfel immer wieder ins Auge sticht. So haben wir dieses Jahr bereits mehrmals aus den Bündner Bergen im Albula- und Juliergebiet den Gamsberg klar erkennen können. Für uns steht jetzt schon fest: Diese Tour werden wir in jedem Fall wiederholen. Und dann bei bester Fernsicht und mit dem Wissen, dass auch der Abstieg von diesem Koloss problemlos zu bewältigen ist.

Aufstieg von der Voralp zum Oberlänggli (T3)

Vom hintersten, grossen Parkplatz auf der Voralp geht es zunächst etwas zurück (Wegweiser "Margelchopf" beachten) durch den Wald. Es gibt zwei Aufstiegsvarianten, wir wählten die vielleicht bequemere via Unterlänggli. Von dort führt der Bergweg etwas ruppig und zum Teil steil durch Gestrüpp zur Alp "Oberlänggli".

Zum Einstieg in die Rinne bzw. Kamin (T3)

Von der Alphütte Oberlänggli geht es ohne Markierungen, hin und wieder auf Wegspuren genau auf den Gamsberg zu, immer Richtung Sattel zwischen Gamsberg und Sichli haltend. Man trifft früher oder später auf Wegspuren durch Geröll, welche im Zickzack weiter hinaufführen. Irgendwann öffnet sich an der Ostflanke des Gamsbergs der doppelgleisige Kamin - der Einstieg ist nicht zu verfehlen.

Durch den Kamin auf den Grat (T5)

Wir wählten von den beiden begehbaren Rinnen für den Aufstieg die rechte. Etwa in der Hälfte des Aufstiegs wechselten wir in die linke Rinne. Dies ist notwendig, da weiter oben ein "Umsteigen" immer heikler würde und sich die rechte Rinne dann irgendwo im steilen Gelände verliert.

Die linke Rinne wird nun immer enger und bisweilen auch steiler. Hin und wieder ist schon ein gewisser Kraftaufwand erforderlich um die eine oder andere Stufe zu meistern. Meistens bewegt man sich jedoch im Schwierigkeitsgrad I für Klettern. Der Aufstieg ist äusserst spannend, die kleinen Tritte und Griffe dürfen als durchaus zuverlässig bezeichnet werden. Und wie schon erwähnt: Keine Angst, der Abstieg durch die Rinne ist halb so wild, auch wenn man es kaum glauben wird. Kurz vor dem Erreichen des Grats verliert die Rinne wieder an Steilheit und wird breiter. Zur Zeit liegt dort noch ein unproblematisches Restschneefeld, das wohl aus einem der zahlreichen Wintereinbrüchen dieses "Sommers" stammt.

Über den Grat zum Hauptgipfel (T5)

Vom Ausstieg aus der Rinne zweigt man nach rechts ab, wo man den Ostgipfel des Gamsbergs vor sich hat (Aufstieg über Schrofen). Man umgeht den Hauptgipfel auf der Südseite auf guten Pfadspuren durch steiles Gelände. Der gesamte Aufstieg über den Grat ist durch gute Pfadspuren durchwegs vorgegeben. Nachfolgend weicht der Pfad zweimal in die Nordflanke aus, wobei die zweite Passage sehr ausgesetzt ist und bei mir doch einiges an Überwindung verlangte. Zuletzt erreicht man direkt über den schmalen Grat den Hauptgipfel.


Tourengänger: Ivo66, Lena


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