Dürrenhorn
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WARNUNG: Dies ist (m)ein sehr persönlicher und zugleich ein sehr trauriger Bericht über eine Tour, die ich in meinem Leben NIE wieder vergessen werde.
Es war der Jahrhundertsommer 2003, das Thermometer kletterte täglich in immer höhere Bereiche und die Zeitungen meldeten immer wieder neue Temperaturrekorde. Ich befand mich schon 3 Tage vor der eigentlichen Tourenwoche im Wallis zwecks Einwandern und Akklimatisieren, denn unsere Tourenpläne waren mal wieder recht anspruchsvoll. Zusammen mit meinem Bergfreund Reinhard hatten wir diesmal nur 8 Tage Zeit und die wollten genutzt sein. So stand quasi als Einlauftour das Dürrenhorn auf dem Programm, um dann als krönenden Abschluß zur italienischen Seite des Matterhorn zu wechseln und über den Liongrat aufs berühmte Haupt zu steigen.
Der Weg hinauf von Gasenried zur Bordierhütte nahmen wir erst mit einiger Verspätung in Angriff, denn viel zu gut schmeckte der Salat und das Bier im Biergarten zu Gasenried. Mittlerweile zum dritten Male in den letzten 6 Jahren wurde dann der schwere Rucksack gehuckepackt, um ihn hoch zur Hütte zu tragen. So richtig lieb gewonnen hatte ich den Hüttenzustieg noch nie, aber die Aussicht endlich meinen vorletzten noch fehlenden Walliser 4000er Gipfel zu besteigen, trieb mich irgendwie doch hinauf.
Der Rest des Tages verging damit, den Rucksack tourengerecht zu packen und alles unnötige Zeug in der Hütte zu lassen.
Wie immer vor solchen Touren schlafe ich die Nacht davor recht unruhig und bin froh, wenn das Weckerklingeln endlich den Morgen einläutet.
Es war der 26. Juli 2003 und dieser Tag sollte sich in meinen Kopf einbrennen wie kaum ein Zweiter. Er fing an, wie selten vor einer großen Tour, mit einer absoluten Ruhe beim Frühstück. Wir genossen das liebevoll hergerichtete Bufett in vollen Zügen und mußten uns fast schon zwingen, endlich die schweren Stiefel zu schnüren, um diese Hochtour in Angriff zu nehmen. Hatten wir in anderen Jahren Schwierigkeiten den richtigen Weg durch den Schutt und Geröll zu finden, war mein Freund diesmal schlafwandlerisch sicher durch diesen Schutthang gegangen. In vollkommender Stille machten wir uns gletscherfertig und zogen nach einer kurzen Trinkpause weiter auf dem Gletscher hoch zu den mittlerweile unangenehmen Gletscherbrüchen. Eine 2er Seilschaft, die schon einige Zeit mit der Suche eines günstigen Zugangs beschäftigt war, holten wir nun ein und zusammen schafften wir es binnen kürzester Zeit den besten Durchstieg zu finden. Danach trennten sich unsere Wege; ihr Ziel hieß heute das Ulrichshorn. Nun mußte der Riedgletscher gequert werden,aber der Firn war hart gefroren und bereitete keinerlei Probleme. Unsere Spannung wuchs, denn 2 Jahre zuvor waren wir im linken Couloir auf Grund Massen von Weichschnee gescheitert. Doch diesmal waren die Verhältnisse dort optimal und wir kamen mit den Steigeisen gut voran.
Leider sind wir dann viel zu früh nach rechts in die Felsen gequert und eh wir unseren Fehler so recht bemerkten, hatten wir auch schon die Steigeisen nicht nur abgezogen, sondern am bzw im Rucksack verstaut. Deshalb beschlossen wir nun die Felsen anzugehen. Diese entpuppten sich jedoch als sehr unangenehm, sehr brüchig. Sicherungen konnten nirgends angebracht werden und so wurde auch das Seil im Rucksack gelassen. Ich höre noch die Worte meines Freundes: "Durch die Seilsicherung lösen wir womöglich noch Steine, das ist zu gefährlich! Und richtig sichern können wir in diesem Bruch sowieso nicht".
Wir wühlten uns einige Zeit durch diese Felsen bis ich an einem Riss nicht so recht weiter wusste. War das der richtige Weg oder ging es wo anders besser weiter bzw hinauf. Aber wo ich auch hinschaute, eine bessere Alternative kam für mich nicht in Betracht. So ging ich diesen Riss an, der sich erstaunlicherweise gut klettern ließ, denn ab dieser Stelle war der Fels merklich fester. Danach kam ein kleiner Quergang und am Ende sah ich die erste Sicherungsstange. Mein Freund war nun am besagten Riss angelangt und ich teilte ihm meine Entdeckung mit. Gleichzeitig wollte ich den weiteren Aufstieg erkunden............
... und dann hörte ich dieses seltsame Geräusch; wie ein unterdrückter Aufschrei. Instinktiv drehte ich mich um, aber was ich dann sah, konnte mein Gehirn, konnte ich nicht fassen. Ich sah meinen Freund stürzen; Es gab kein Halten, kein Fels erfassen, kein Sturz abwenden durch eine glückliche Fügung; kein Hindernis hielt ihn mehr auf. Nein, mehrmals überschlug er sich und war binnen von Sekunden aus meinem Blickfeld entschwunden. Und ich stand tatenlos da und konnte nichts machen, konnte nicht helfen, nichts tun....nur schauen..........
Ein unheimliche Stille machte sich breit und ich stand noch einige Sekunden reglos da, immer noch nicht fassen könnend, was meine Augen gerade gesehen hatten. Als ich endlich begriff, was vor wenigen Augenblicken geschehen war, bekam ich eine unheimliche Angst. Angst vor dieser Stille und Angst, das ich vor lauter Panik selbst in den Abgrund stürzen könnte. Ich zitterte am ganzen Körper und begann nun laut mit mir selbst zu reden. "Du mußt dich jetzt sichern, WoPo........ nimm die Bandschlinge und den Schrauber und mach dich an der Sicherungsstange fest"
Nachdem es mir gelungen war, diese Dinge in die Tat umzusetzen, suchte ich einige Zeit verzweifelt mein Handy, in der Hoffnung schnelle Hilfe herbei holen zu können. Doch beim ersten Versuch hatte ich nur schwachen Empfang und die Leitung brach ab, oder konnte sich noch nicht mal richtig Aufbauen. Glücklicherweise gelang mir beim 2. Versuch der Kontakt zur REGA Hubschrauber Flugrettung. Nach meiner Beschreibung der Unglücksstelle und einem kurzen Unfallhergang wurde mir unverzügliche Bergung bzw Rettung zugesagt.
Nach Beendigung des Gesprächs sah ich oben auf dem Grat 2 Bergsteiger und machte mich durch lautes Schreien und Rufen bemerkbar. Nachdem sie mich ebenfalls bemerkt hatten, konnte ich mich einigermaßen verständlich machen und fragte, ob sie meinen Bergkameraden sehen könnten. Die Antwort war leider Nein. Auf ihre Frage, ob ich Hilfe benötigte, verneinte ich, da die Rettung schon unterwegs sei. Daraufhin zogen sie weiter den Nadelgrat hinauf Richtung Hohberghorn und ich war mit meinen Gedanken für einige Minuten alleine. Der Kopf wollte nicht realisieren, was wohl offensichtlich war und es keimte sogar Hoffnung auf, das mein Freund doch noch lebend gerettet werden könnte. Doch als nach ca 15 Minuten der Heli auftauchte, löste sich alsbald meine Hoffnung in nichts auf. Denn nachdem ich mit Handzeichen die Richtung der vermutlichen Fundstelle zeigte, konnte die Besatzung innerhalb weniger Minuten meinen Freund bergen, ein lebloses Bündel am Ende des Seiles.
Eine totale Leere machte sich in mir breit, ich konnte nichts sagen, ich konnte nicht mehr fühlen und ich konnte auch nicht weinen.... ich war einfach nur leer. Ein Hülle mit nichts mehr drin
Nachdem mich die Retter sehr sicher und routiniert aus der Wand geborgen und per Longline bis zur Bordierhütte geflogen hatten, vergingen die nächsten Stunden mit der Unfallaufnahme und mit meiner Zeugenvernehmung.
Was wirklich in jenem Augenblick passierte, kann ich nicht sagen. War es ein Stein, der ihn aus der Balance geholt hatte oder ein Felsgriff beim Belasten heraus brach oder ob einfach nur das Gleichgewicht verloren wurde.... ich weiß es nicht. Aber das nicht benutzte Seil in unseren Rucksäcken drückt arg auf mein Gewissen. Trotz der gemeinsamen Entscheidung, es nicht zu benutzen.
Leider können wir am Berg getroffene Entscheidungen im nachhinein nicht wieder rückgängig machen und leider treffen wir am Berg nicht immer die richtigen Entscheidungen! Dessen sollten wir uns immer bewusst sein.
Dieser Tourenbericht ruhte lange in der Rubrik "Entwürfe", ich war sehr unsicher, ob ich das Geschriebene überhaupt veröffentlichen sollte. Aber vielleicht kann ich mit dieser Geschichte noch einmal sensibilisieren, Entscheidungen immer wieder neu zu überdenken und prüfen.
Ich wünsche allen Hikr-Lesern einen tollen Sommer, mit vielen neuen Touren und kommt immer heile und gesund zurück.
Obwohl es mir seltsam vorkommt nach meinem Bericht noch eine Tourenbeschreibung anzuhängen, möchte ich es dennoch einstellen, da bisher auf hikr noch keine vorhanden ist!
Von der Hütte aus kurz den Abstieg Rtg St. Nicolaus nehmen, an der Verzweigung links haltend schräg hinauf zu einem Sattel und auf die rechte Seitenmoräne des Riedgletschers. Man folgt diese Moräne bis zum Beginn des Gletschers und steigt in der Gletschermulde am Fuss des Biggerhorns hinauf bis zum Beginn des Balfrinhorns. Hier ist der Gletscher meist zerrissen und man kann je nach den Verhältnissen entweder am Gletscherrand nahe der Felsen einen günstigen Durchschlupf suchen oder die Felsen des Balfrinhorns benutzen (sind aber sehr lose!). Durch eine weitere Gletschermulde muß nun links ausholend der Riedgletscher bis zum Fuss des Couloirs gequert werden. Eine genaue Beschreibung der Begehung des Couloirs hängt in der Bordierhütte aus; auch wo sich die einzelnen Sicherungsstangen befinden! Nur bei wirklich guten Verhältnissen kann das Couloir bis zum Dirrujoch hinauf benutzt werden. Sobald die ersten Sonnenstrahlen die Felsen am oberen Couloirrand erreichen, ist die Rinne Steinschlag gefährdet und man sollte tunlichst nach rechts in die Felsen ausweichen!!
Hierbei folgt man nur auf ca 60m der Schneerinne bzw dem Couloir und steigt rechtsseitig auf eine Felsrippe. Diese folgt man bis zum Dirrujoch, bei Schwierigkeiten weicht man nach rechts in eine Rinne aus, danach geht es wieder zurück zur Felsrippe. Etwas oberhalb des eigentlichen Jochs wird dann der SE-Grat des Dürrenhorns erreicht. Auf diesem in ca einer halben Stunde unschwer zum Gipfel.
Von der Bordierhütte benötigt man ca 4,5-5 Std. Einen Abstieg über die Aufstiegsroute wird eigentlich nicht empfohlen, da die Steinschlaggefahr schon erheblich ist. Dann geht es über Hohberghorn, Stecknadel- und Nadelhorn bis zum Windjoch und von dort über den Riedgletscher zurück zur Bordierhütte. Alternativ gibt es noch den Abstieg vom Windjoch zu den Mischabelhütten.
Für die gesamte Begehung des Nadelgrates (also Dürrenhorn bis Nadelhorn + Abstieg zur Hütte) muß mit ca 10-12 Stunden gerechnet werden.
W I C H T I G:
(Nachtrag am 02.August 2010)
Der von mir beschriebene Weg durch das Couloir wird auf Grund der katastrophalen Verhältnisse (Steinschlag, etc) seit ein paar Jahren nicht mehr empfohlen! U.A auch der Hüttenwirt der Bordierhütte empfiehlt nunmehr den Weg vom Galenjoch über den Nordgrat auf das Dürrenhorn!!
Ein allerletzter Satz:
Ich werde auch weiterhin von alten Touren mit meinem Freund Reinhard berichten, weil es tolle, gemeinsame und unvergessliche Erlebnisse waren. Er wird für IMMER einen festen Platz in meinem Herzen und Erinnerungen haben und oftmals begleitet er mich auch heute noch gedanklich in den Bergen.
Es war der Jahrhundertsommer 2003, das Thermometer kletterte täglich in immer höhere Bereiche und die Zeitungen meldeten immer wieder neue Temperaturrekorde. Ich befand mich schon 3 Tage vor der eigentlichen Tourenwoche im Wallis zwecks Einwandern und Akklimatisieren, denn unsere Tourenpläne waren mal wieder recht anspruchsvoll. Zusammen mit meinem Bergfreund Reinhard hatten wir diesmal nur 8 Tage Zeit und die wollten genutzt sein. So stand quasi als Einlauftour das Dürrenhorn auf dem Programm, um dann als krönenden Abschluß zur italienischen Seite des Matterhorn zu wechseln und über den Liongrat aufs berühmte Haupt zu steigen.
Der Weg hinauf von Gasenried zur Bordierhütte nahmen wir erst mit einiger Verspätung in Angriff, denn viel zu gut schmeckte der Salat und das Bier im Biergarten zu Gasenried. Mittlerweile zum dritten Male in den letzten 6 Jahren wurde dann der schwere Rucksack gehuckepackt, um ihn hoch zur Hütte zu tragen. So richtig lieb gewonnen hatte ich den Hüttenzustieg noch nie, aber die Aussicht endlich meinen vorletzten noch fehlenden Walliser 4000er Gipfel zu besteigen, trieb mich irgendwie doch hinauf.
Der Rest des Tages verging damit, den Rucksack tourengerecht zu packen und alles unnötige Zeug in der Hütte zu lassen.
Wie immer vor solchen Touren schlafe ich die Nacht davor recht unruhig und bin froh, wenn das Weckerklingeln endlich den Morgen einläutet.
Es war der 26. Juli 2003 und dieser Tag sollte sich in meinen Kopf einbrennen wie kaum ein Zweiter. Er fing an, wie selten vor einer großen Tour, mit einer absoluten Ruhe beim Frühstück. Wir genossen das liebevoll hergerichtete Bufett in vollen Zügen und mußten uns fast schon zwingen, endlich die schweren Stiefel zu schnüren, um diese Hochtour in Angriff zu nehmen. Hatten wir in anderen Jahren Schwierigkeiten den richtigen Weg durch den Schutt und Geröll zu finden, war mein Freund diesmal schlafwandlerisch sicher durch diesen Schutthang gegangen. In vollkommender Stille machten wir uns gletscherfertig und zogen nach einer kurzen Trinkpause weiter auf dem Gletscher hoch zu den mittlerweile unangenehmen Gletscherbrüchen. Eine 2er Seilschaft, die schon einige Zeit mit der Suche eines günstigen Zugangs beschäftigt war, holten wir nun ein und zusammen schafften wir es binnen kürzester Zeit den besten Durchstieg zu finden. Danach trennten sich unsere Wege; ihr Ziel hieß heute das Ulrichshorn. Nun mußte der Riedgletscher gequert werden,aber der Firn war hart gefroren und bereitete keinerlei Probleme. Unsere Spannung wuchs, denn 2 Jahre zuvor waren wir im linken Couloir auf Grund Massen von Weichschnee gescheitert. Doch diesmal waren die Verhältnisse dort optimal und wir kamen mit den Steigeisen gut voran.
Leider sind wir dann viel zu früh nach rechts in die Felsen gequert und eh wir unseren Fehler so recht bemerkten, hatten wir auch schon die Steigeisen nicht nur abgezogen, sondern am bzw im Rucksack verstaut. Deshalb beschlossen wir nun die Felsen anzugehen. Diese entpuppten sich jedoch als sehr unangenehm, sehr brüchig. Sicherungen konnten nirgends angebracht werden und so wurde auch das Seil im Rucksack gelassen. Ich höre noch die Worte meines Freundes: "Durch die Seilsicherung lösen wir womöglich noch Steine, das ist zu gefährlich! Und richtig sichern können wir in diesem Bruch sowieso nicht".
Wir wühlten uns einige Zeit durch diese Felsen bis ich an einem Riss nicht so recht weiter wusste. War das der richtige Weg oder ging es wo anders besser weiter bzw hinauf. Aber wo ich auch hinschaute, eine bessere Alternative kam für mich nicht in Betracht. So ging ich diesen Riss an, der sich erstaunlicherweise gut klettern ließ, denn ab dieser Stelle war der Fels merklich fester. Danach kam ein kleiner Quergang und am Ende sah ich die erste Sicherungsstange. Mein Freund war nun am besagten Riss angelangt und ich teilte ihm meine Entdeckung mit. Gleichzeitig wollte ich den weiteren Aufstieg erkunden............
... und dann hörte ich dieses seltsame Geräusch; wie ein unterdrückter Aufschrei. Instinktiv drehte ich mich um, aber was ich dann sah, konnte mein Gehirn, konnte ich nicht fassen. Ich sah meinen Freund stürzen; Es gab kein Halten, kein Fels erfassen, kein Sturz abwenden durch eine glückliche Fügung; kein Hindernis hielt ihn mehr auf. Nein, mehrmals überschlug er sich und war binnen von Sekunden aus meinem Blickfeld entschwunden. Und ich stand tatenlos da und konnte nichts machen, konnte nicht helfen, nichts tun....nur schauen..........
Ein unheimliche Stille machte sich breit und ich stand noch einige Sekunden reglos da, immer noch nicht fassen könnend, was meine Augen gerade gesehen hatten. Als ich endlich begriff, was vor wenigen Augenblicken geschehen war, bekam ich eine unheimliche Angst. Angst vor dieser Stille und Angst, das ich vor lauter Panik selbst in den Abgrund stürzen könnte. Ich zitterte am ganzen Körper und begann nun laut mit mir selbst zu reden. "Du mußt dich jetzt sichern, WoPo........ nimm die Bandschlinge und den Schrauber und mach dich an der Sicherungsstange fest"
Nachdem es mir gelungen war, diese Dinge in die Tat umzusetzen, suchte ich einige Zeit verzweifelt mein Handy, in der Hoffnung schnelle Hilfe herbei holen zu können. Doch beim ersten Versuch hatte ich nur schwachen Empfang und die Leitung brach ab, oder konnte sich noch nicht mal richtig Aufbauen. Glücklicherweise gelang mir beim 2. Versuch der Kontakt zur REGA Hubschrauber Flugrettung. Nach meiner Beschreibung der Unglücksstelle und einem kurzen Unfallhergang wurde mir unverzügliche Bergung bzw Rettung zugesagt.
Nach Beendigung des Gesprächs sah ich oben auf dem Grat 2 Bergsteiger und machte mich durch lautes Schreien und Rufen bemerkbar. Nachdem sie mich ebenfalls bemerkt hatten, konnte ich mich einigermaßen verständlich machen und fragte, ob sie meinen Bergkameraden sehen könnten. Die Antwort war leider Nein. Auf ihre Frage, ob ich Hilfe benötigte, verneinte ich, da die Rettung schon unterwegs sei. Daraufhin zogen sie weiter den Nadelgrat hinauf Richtung Hohberghorn und ich war mit meinen Gedanken für einige Minuten alleine. Der Kopf wollte nicht realisieren, was wohl offensichtlich war und es keimte sogar Hoffnung auf, das mein Freund doch noch lebend gerettet werden könnte. Doch als nach ca 15 Minuten der Heli auftauchte, löste sich alsbald meine Hoffnung in nichts auf. Denn nachdem ich mit Handzeichen die Richtung der vermutlichen Fundstelle zeigte, konnte die Besatzung innerhalb weniger Minuten meinen Freund bergen, ein lebloses Bündel am Ende des Seiles.
Eine totale Leere machte sich in mir breit, ich konnte nichts sagen, ich konnte nicht mehr fühlen und ich konnte auch nicht weinen.... ich war einfach nur leer. Ein Hülle mit nichts mehr drin
Nachdem mich die Retter sehr sicher und routiniert aus der Wand geborgen und per Longline bis zur Bordierhütte geflogen hatten, vergingen die nächsten Stunden mit der Unfallaufnahme und mit meiner Zeugenvernehmung.
Was wirklich in jenem Augenblick passierte, kann ich nicht sagen. War es ein Stein, der ihn aus der Balance geholt hatte oder ein Felsgriff beim Belasten heraus brach oder ob einfach nur das Gleichgewicht verloren wurde.... ich weiß es nicht. Aber das nicht benutzte Seil in unseren Rucksäcken drückt arg auf mein Gewissen. Trotz der gemeinsamen Entscheidung, es nicht zu benutzen.
Leider können wir am Berg getroffene Entscheidungen im nachhinein nicht wieder rückgängig machen und leider treffen wir am Berg nicht immer die richtigen Entscheidungen! Dessen sollten wir uns immer bewusst sein.
Dieser Tourenbericht ruhte lange in der Rubrik "Entwürfe", ich war sehr unsicher, ob ich das Geschriebene überhaupt veröffentlichen sollte. Aber vielleicht kann ich mit dieser Geschichte noch einmal sensibilisieren, Entscheidungen immer wieder neu zu überdenken und prüfen.
Ich wünsche allen Hikr-Lesern einen tollen Sommer, mit vielen neuen Touren und kommt immer heile und gesund zurück.
Obwohl es mir seltsam vorkommt nach meinem Bericht noch eine Tourenbeschreibung anzuhängen, möchte ich es dennoch einstellen, da bisher auf hikr noch keine vorhanden ist!
Von der Hütte aus kurz den Abstieg Rtg St. Nicolaus nehmen, an der Verzweigung links haltend schräg hinauf zu einem Sattel und auf die rechte Seitenmoräne des Riedgletschers. Man folgt diese Moräne bis zum Beginn des Gletschers und steigt in der Gletschermulde am Fuss des Biggerhorns hinauf bis zum Beginn des Balfrinhorns. Hier ist der Gletscher meist zerrissen und man kann je nach den Verhältnissen entweder am Gletscherrand nahe der Felsen einen günstigen Durchschlupf suchen oder die Felsen des Balfrinhorns benutzen (sind aber sehr lose!). Durch eine weitere Gletschermulde muß nun links ausholend der Riedgletscher bis zum Fuss des Couloirs gequert werden. Eine genaue Beschreibung der Begehung des Couloirs hängt in der Bordierhütte aus; auch wo sich die einzelnen Sicherungsstangen befinden! Nur bei wirklich guten Verhältnissen kann das Couloir bis zum Dirrujoch hinauf benutzt werden. Sobald die ersten Sonnenstrahlen die Felsen am oberen Couloirrand erreichen, ist die Rinne Steinschlag gefährdet und man sollte tunlichst nach rechts in die Felsen ausweichen!!
Hierbei folgt man nur auf ca 60m der Schneerinne bzw dem Couloir und steigt rechtsseitig auf eine Felsrippe. Diese folgt man bis zum Dirrujoch, bei Schwierigkeiten weicht man nach rechts in eine Rinne aus, danach geht es wieder zurück zur Felsrippe. Etwas oberhalb des eigentlichen Jochs wird dann der SE-Grat des Dürrenhorns erreicht. Auf diesem in ca einer halben Stunde unschwer zum Gipfel.
Von der Bordierhütte benötigt man ca 4,5-5 Std. Einen Abstieg über die Aufstiegsroute wird eigentlich nicht empfohlen, da die Steinschlaggefahr schon erheblich ist. Dann geht es über Hohberghorn, Stecknadel- und Nadelhorn bis zum Windjoch und von dort über den Riedgletscher zurück zur Bordierhütte. Alternativ gibt es noch den Abstieg vom Windjoch zu den Mischabelhütten.
Für die gesamte Begehung des Nadelgrates (also Dürrenhorn bis Nadelhorn + Abstieg zur Hütte) muß mit ca 10-12 Stunden gerechnet werden.
W I C H T I G:
(Nachtrag am 02.August 2010)
Der von mir beschriebene Weg durch das Couloir wird auf Grund der katastrophalen Verhältnisse (Steinschlag, etc) seit ein paar Jahren nicht mehr empfohlen! U.A auch der Hüttenwirt der Bordierhütte empfiehlt nunmehr den Weg vom Galenjoch über den Nordgrat auf das Dürrenhorn!!
Ein allerletzter Satz:
Ich werde auch weiterhin von alten Touren mit meinem Freund Reinhard berichten, weil es tolle, gemeinsame und unvergessliche Erlebnisse waren. Er wird für IMMER einen festen Platz in meinem Herzen und Erinnerungen haben und oftmals begleitet er mich auch heute noch gedanklich in den Bergen.
Tourengänger:
WoPo1961
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