Das Sonntagshorn (1961m) und der II. Schwierigkeitsgrad.


Publiziert von motomounty , 12. März 2010 um 15:45.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Chiemgauer Alpen
Tour Datum:19 September 2009
Wandern Schwierigkeit: T4- - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Zeitbedarf: 5:30
Aufstieg: 1310 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Ruhpolding, Großparkplatz in Laubau beim Holzfällermuseum
Unterkunftmöglichkeiten:Keine

Die andere Seite des Sonntagshornes – oder – Die Auslegung des II. Schwierigkeitsgrades.

 

Schon der Name des Berges assoziiert Stimmungen wie Ruhe, Kirchengeläut, erste warme Sonnenstrahlen auf der Haut, grüne Almwiesen, kurz; hier ist alles in Ordnung.

----außer am Sonntag----!!

Allein, währe diese Pyramide nicht so schön, fände sie keinen Platz  in der jährlichen Tourenplanung. Und das ist der Punkt bei nicht wenigen Individualberggehern.

 

Ergo, ich wähle den nordseitigen und weiten Weg zum S-Horn ab Laubau bei Rupolding über das Vordere Kraxenbachtal. Die Herausforderung: der Anstieg ist, wie man sagt, –offen gelassen- und im oberen Teil Kletterei im II. Grad.

 

Mein persönliches Handikap zu Beginn und am Ende der Tour besteht in der eingeschränkten Mobilität auf der mehrere Kilometer langen, ebenen Forststraße zum eigentlichen Anstieg nach der Schwarzachenalm. Aber bedauerlicherweise sind Fahrradständer für die Montage  auf Motorräder noch nicht erhältlich (währe auch einigermaßen komisch).

Ab besagter Alm zweigt der beschilderte Weg zum Sonntagshorn nach rechts in die Prärie ab. Nun heißt es aufgepasst, der bezeichneter Weg führt über das Hintere Kraxenbachtal, die nächste Wegteilung ins Vordere Kraxenbachtal ist nicht markiert (wie erwähnt –offen gelassen-).

Merke: geht der flache Weg in eine leichte Steigung über um nach links abzubiegen, dann geht der verehrte Alpinist in das unrichtige Tal. Korrekt ist, den mit der Nr. 36 Bezeichneten Weg genau an diesem Schild (Triftklause, Sonntagshorn) nach rechts zum Bachbett (Pfadspuren) zu verlassen. Richtig gedacht, es steht die Überquerung des Kraxenbaches auf irgendeine Weise an. Drüben geht’s dann mit Pfadfindergespür auf eigentlich klaren und teilweise steilen Steigspuren ins Vordere K.-tal  incl. weiteren Bachüberquerungen.

Nachdem eine im schütteren Hochwald versteckte Diensthütte auf ca. 1350m passiert ist, eröffnet sich nach wenigen Gehminuten das stille, weite Kar. Die eindringliche Ruhe im GROßEM SAND und die umgebenden Felsmauern sind fast bedrückend.

Eindeutige Steigspuren führen direkt zum ca. 60m hohen Felsriegel unter der Scharte von Hirscheck und Sonntagshorn.

Ein roter Farbstrich am Fels weist auf den Einstieg und inisono den Ernst der folgenden Passage hin. Die ersten Höhenmeter in einer festen aber mit Geröllsplitter bedeckten Felsrinne erfordern bereits meine volle Aufmerksamkeit. Ein Felsband führt etwa in Wandmitte aus der immer steiler werdenden Rinne. Das sehr exponierte Band leitet nach links zu einem ebenso freien wie  brüchigen, grasdurchsetzten Aufschwung, welcher in die Scharte leitet.

Soweit die Beschreibung.

In eine überaus gefährliche Lage gerate ich eben in diesem brüchigen Aufschwung der sich bereits im oberen Drittel befindet. Nicht beachtend der Steigspuren befinde ich mich plötzlich auf einen zunehmend brüchigen Sporn, mehr oder minder einem lockeren, grasdurchsetzten Steinhaufen, --- 40m unter mir das Kar-----!

Weiter? Unmöglich. Während tausend Gedanken durch den Kopf schießen verabschiedet sich der beste Tritt nach unten…..im freien Fall….!  Was bleibt zum festhalten: zwei Graspolster nebst fadenscheinigen Tritt. Ich denke an mein Telefon im Rucksack, verwerfe dieses Ansinnen jedoch umgehend. Mit fast übersinnlicher Konzentration taste, nein, fühle ich mich nach unten und, stehe nach bangen Minuten und verhaltenem Zittern wieder am Ausgangspunkt des letzten Aufschwunges. Eigentlich -jetzt einfach- zuerkennen der weitere Routenverlauf zur Scharte, alldieweil eine auftauchende rote Markierung dies bestätigt. Wenn jetzt etwas befreit, dann ist es der erste Blick in die Sonne und nach Süden; alles ist gut!

Mittels einiger Eisenstifte geht’s in  anregender Kletterei am Westgrat zum höchsten Punkt. Nicht unbekannt sind mir der Gipfel, das Kreuz und das unbändige Panorama von früheren Touren aus dem südlichen Heutal, und doch ist heute alles anders.

 

Nein, ich drücke mich nicht die Aufstiegroute im Abstieg zu nehmen, wähle aber trotzdem den Ostgrat des S-Hornes und das Hintere Kraxenbachtal als elegantere Abstiegsvariante. Ist dieser Weg doch offiziell mit der Nr.38 beschriftet und markiert. Kletterei gibt’s insofern als sturmgeschädigte Bäume den Steig als ihre Ruhestätte erwählten. Einige Bachüberquerungen verhindern obendrein die Überhitzung der Greif- und Gehwerkzeuge. Überaus Sehenswertes gibt es ohne Aufpreis in Form mehrerer Wasserfälle, der beeindruckenden Klamm und einer alten Triftsperre. Einzig der Weg zur Schwarzachenalm mit kurzem Anstieg zieht sich zunehmend in die Länge.

Der Kreis schließt sich am Schild „Sonntagshorn, Triftklause“, siehe oben. Übrigens hier wäre auch das Fahrraddepot, bedauerlicherweise ohne meins. Zur Strafe gibt’s einen mindestens dreiviertelstündigen  Forststaßenhatscher. Spätestens am Parkplatz in Laubau kommt alles zum guten Ende, nicht zuletzt beim Anblick meines Zweirades.

 

Fazit: Die Tour aufs Sonntagshorn durch das Vordere Kraxenbachtal  und Großen Sand ist nur für absolut schwindelfreie und trittsichere Berggeher zu empfehlen. In verschiedenen Foren wird sogar von Umkehr berichtet. Die Kletterroute des 60 m Aufschwunges ist zwar markier, Sicherungshaken oder gar Drahtseile gibt es jedoch nicht. Die Bewertung als II. Grat geht insofern in Ordnung als immer Haltepunkte vorhanden sind, auch wenn sie nur optisch den Eindruck vermitteln.
     !! Um Objektivität bemüht steht beschriebene Tour erneut in meiner Tourenplnung !!


Tourengänger: motomounty


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Kommentare (1)


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Erdinger hat gesagt:
Gesendet am 4. Juni 2014 um 20:10
Schön geschriebener Bericht, liest sich fast wie ein Thriller! Feine Tour im Übrigen! LG - Alex


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